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SusanneL

Das U und E des deutschen Krimis

Empfohlene Beiträge

Es gibt nur zwei Arten von Büchern: Gute und schlechte.

Das lässt sich auch auf Krimis übertragen.

 

Zugegeben, jeder hat da seine eigene Unterteilung, was zu was gehört, aber wer ein Buch kauft, weil es E ist (oder eben nicht, weil der Feuilleton es nicht für besprechungswürdig hält und zum bösen "U" gehört), der soll in seiner kleinen, beschränkten Welt glücklich werden. Im Literaturclub bei 3Sat findet er auch schnell Gesinnungsgenossen.

 

Bzgl. des Artikels war mir nach zwei Abschnitten klar, dass Frau Lisa Kuppler keine Ahnung von Krimis bzw. von der deutschen Krimiszene hat.

Bearbeitet von AlexanderH
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Ich fand den Artikel gar nicht schlecht. Und auch ganz treffend.

Die Montalban-Reihe, Die Normannen-Saga, Die Wikinger-Trilogie, Bucht der Schmuggler, Land im Sturm, Der Attentäter, Die Kinder von Nebra, Die Mission des Kreuzritters, Der Eiserne Herzog, www.ulfschiewe.de

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".. ein guter deutschsprachiger Krimi ist eine Seltenheit." finde ich (generalisiert) eine … harte Aussage, denn es gibt gute Autoren wie Franz, Fitzek oder auch Klüpfel und Kobr. Weiterhin ist nicht jeder deutsche Krimi ein Regional-Krimi.

 

Auch wenn man es im Feuilleton nicht gerne hört, sind Vorauszahlen ein Kriterium für Qualität, nicht unbedingt für literarische Qualität, aber jeder Top-Seller (auch wenn er schlecht geschrieben ist) hat etwas, was den Leser interessiert bzw. bewegt. Damit hat er seine Berechtigung nicht weniger, als die Literatur die in der FAZ besprochen wird.

 

Was soll man sonst als Kriterium für ein gutes Buch heranziehen?

* Eine Besprechung in der FAZ oder im Literaturclub?

* Irgendein Literaturpreis?

 

Verkaufserfolg ist das Votum des Lesers für ein Buch.

 

 

 

 

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Kritisiert werden in diesem Artikel weder E- noch U-Schreiber und ihre Werke, sondern die Vertriebsabteilungen der Verlage, die Autoren zu dem gerade als gängig ausgemachten Modell (Regionalkrimi etwa) nötigen. Das scheint eine Tatsache zu sein, jedenfalls glaube ich das einer Autorin wie Lisa Kuppler, die auf diesem Gebiet sehr zu Hause ist. (Wer sich erinnern mag: Irgendwann war sie auch in Oberursel mit dabei).

 

Angelika

Laudatio auf eine kaukasische Kuh. Eichborn 2021. 

Alicia jagt eine Mandarinente. dtv premium März 2018. Die Grammatik der Rennpferde. dtv premium Mai 2016

www.angelika-jodl.de

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Dass Lisa Kuppler hier augenblicklich in den Feuilleton-Sack gesteckt wird (auf den dann alle draufhauen), dürfte sie ziemlich amüsieren. ;D

 

Ich verstehe ihren Artikel so, dass sie tatsächlich genau dem hier widersprechen will:

 

 

Was soll man sonst als Kriterium für ein gutes Buch heranziehen?

* Eine Besprechung in der FAZ oder im Literaturclub?

* Irgendein Literaturpreis?

 

Verkaufserfolg ist das Votum des Lesers für ein Buch.

 

Das sind alles drei Kriterien für Erfolg. Nicht für Qualität.

Über Kriterien für Qualität wird beim deutschen Krimi eben kaum geredet – das beklagt sie, so habe ich sie verstanden. Und mein persönlicher (begrenzter) Eindrurck ist, dass sie damit recht hat.

Bearbeitet von BarbaraS
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Was soll man sonst als Kriterium für ein gutes Buch heranziehen?

* Eine Besprechung in der FAZ oder im Literaturclub?

* Irgendein Literaturpreis?

 

Verkaufserfolg ist das Votum des Lesers für ein Buch.

Verkaufserfolg ist definitiv ein Votum des Lesers, aber kein Kriterium für Qualität. Das Buch hat einen Nerv getroffen, heißt das, mehr aber auch nicht. Millionen schauen Dieter Bohlen auf RTL. Aber heißt das, seine Sendung ist hohe Fernsehkunst ???

 

Ich lese gerne Thriller, finde aber Fitzek (nur mal als Beispiel) eher langweilig. Hab es schon ein paarmal probiert und komme über Seite 100 nicht hinweg. Stieg Larsson fand ich gut, auch viele Angelsachsen, aber die Deutschen haben mich bisher nicht so inspiriert, trotz diverser Versuche. Aber das ist natürlich Geschmacksache.

Die Montalban-Reihe, Die Normannen-Saga, Die Wikinger-Trilogie, Bucht der Schmuggler, Land im Sturm, Der Attentäter, Die Kinder von Nebra, Die Mission des Kreuzritters, Der Eiserne Herzog, www.ulfschiewe.de

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Ich finde den Artikel sehr gut. Ich habe so oft genickt, dass ich schon Nackenverspannungen verspüre.

Die einzige Passage, die ich eher umformuliert hätte, wäre diese hier:

 

 

 

Der deutsche Krimi ist erfolgreich. Aber trotzdem irgendwie nicht gut. „Das lese ich nur zur Unterhaltung“, höre ich weiter, „zur Entspannung. Ohne Anspruch.“ Gibt es ihn wirklich nicht, den guten deutschen Krimi?

 

Bei diesem Zitat kann der Eindruck entstehen, dass Unterhaltungskrimis, die nichts anderes wollen, als die Leser zu unterhalten, per se schlecht sind. Was nicht stimmt - wenn sie den Leser gut unterhalten, dann haben sie ihr Ziel erreicht. Es gibt viele gute Unterhaltungskrimis, aber hier wären wir wieder bei der "Messlattenproblematik". 

 

 

 

Der Regionalkrimi wird manchmal als der neue Heimatroman gefeiert, doch mit einem wieder erwachten Heimatgefühl oder einer echten Wertschätzung des Regionalen hat er wenig zu tun.

 

Stimmt, wie ich finde. In den Regio-Krimis, die ich gelesen habe, ist "die Heimat" eher eine Kulisse. Die Geschichte kann eigentlich überall spielen. Tauscht man ein Setting gegen ein anderes, verändert sich nicht viel an der Geschichte selbst, außer dass der Kriminalkommissar nicht bayrisch spricht sondern friesisch und die Leiche in den Dünen versteckt liegt und nicht in einer Alpenschlucht.

 

 

 

 Der brutale Folterprolog ist schon Klischee, doch kein Thriller, der etwas auf sich hält, verzichtet darauf. 

 

Stimmt auch. Sehr viele Thriller, die ich gelesen habe, setzen auf Schock-Elemente gleich am Anfang. Ja, es ist mitunter schon fast ein Klischee. In Schreibratgebern wird oft davor gewarnt, mit den Wetter-Beschreibungen zu beginnen. Ich glaube, inzwischen sollte man solche Folterprologe zu den Klischee-Warnungen dazunehmen. Man kann den Leser auch anders ködern, finde ich.

 

"Die Handlung ist oft solide geplottet, ganz im Sinne von Spannungsliteratur, der Pageturner-Effekt stellt sich ein. Dass sich die Figuren meist nach einer platten Küchentischpsychologie verhalten, scheint verzeihlich, denn die Themen sind ja wichtig, nicht die Figuren. Die Schreibe ist dürftig: Es geht rein um Inhaltsvermittlung, Figuren sind an Stereotypen angelehnt, sprachlich wird mit unsäglichen Klischees gearbeitet"

 

Stimmt zum größten Teil auch. Sprache wird in solchen Thrillern wirklich nur für die Inhaltsvermittlung gebraucht. Ich kann mich auch an ein paar Montségur-Themen erinnern, in denen wir darüber diskutiert haben, dass viele Figuren leider stereotypisch sind und eben nur nach einer hanebüchenen Küchenpsychologie handeln.

 

"Was Literatur eigentlich soll – eine Erfahrung vermitteln, die komplex ist, faszinierend und widersprüchlich, und etwas von der Welt zeigen, das über einen Zeitungsartikel oder regionalen Reiseführer hinausgeht –, das schaffen nur wenige deutsche Krimis, und selten sind es die, die auf den Bestsellerlisten stehen"

 

Stimmt auch. Literatur ist nicht nur Unterhaltung, und beides zu vermitteln - das schaffen nur wenige Bücher.

 

"Literatur, bei der Anspruch und Unterhaltung sich nicht gegenseitig ausschließen, sondern im Gegenteil zusammengehören, gibt es selten in Deutschland."
 

Absolut richtig, und ich finde es gut, dass die Autorin hier diese Trennung zwischen E und U kritisiert. Ein ganz, ganz toller Absatz, wie ich finde! Auch wird hier kritisiert, dass derjenige, der Genreromane schreibt, für ein literarisches Stipendium praktisch ausgeschlossen ist (egal, wie gut seine Texte sind, nehme ich an). Später wird übrigens auch die Vorgehensweise des Feuilletons kritisch betrachtet, wie ich finde: "Das literarische Feuilleton zeigt größtenteils Desinteresse an Genreliteratur und geht offenbar davon aus, dass man bei Besprechungen von Krimis die Latte tiefer hängen muss"

 

"Die pauschale Verurteilung ganzer Genres als nicht ernst zu nehmende Literatur gibt es dort so nicht (mehr): Es gibt gute oder schlechte Bücher, egal, welchem Genre sie angehören"

 

Ein ganz wichtiger Hinweis, meiner Meinung nach! Es wäre schön, wenn dieser Gedanke mehr Verbreitung in Dt. fände!

 

"In Deutschland dagegen herrscht die Meinung vor, es sei leicht, Genreliteratur zu schreiben. Hobbyautoren verfassen gerne im Urlaub mal schnell einen Krimi. Autoren von E-Literatur finden es schick, ohne jede Kenntnis des Genres einen - oft ironisch-persiflierenden – Krimi zu schreiben. Man denke an Sibylle Lewitscharoff oder Juli Zeh. Gute Bücher werden das selten."
 

Auf der ersten Seite wurde Fitzek kritisiert. Und hier kritisiert die Autorin Lewitschroff und Zeh. Was mir zeigt, dass die Autorin des Artikels nicht auf eine Ohrfeige für die Genre-Autoren aus ist, sondern genauso kritisch bei literarischen Autoren vorgeht. Hut ab!

 

"Krimiautoren, die oft vom angloamerikanischen oder skandinavischen Krimi beeinflusst sind und mehr wollen, fehlt es an deutschen Vorbildern. Sie wagen inzwischen nichts Neues mehr, besonders dann nicht, wenn sie vom Schreiben leben wollen. Es wird nach einem Markt geschrieben, der sich alle sechs Monate ändert"

 

Stimmt auch, und das haben wir bei Montségur doch auch schon so häufig kritisiert! So oft habe ich hier in den Threads gelesen, wie schwer es ist, etwas wirklich Neues, Eigenes unterzubingen.

 

"Die Vertriebsabteilungen haben das Sagen in den großen Publikumsverlagen, und von dort kommt die Devise „Ein guter Krimi ist ein Krimi, der sich gut verkauft“. Woher die innovativen Ideen für die nächsten Bestseller kommen sollen, steht in den Sternen"

 

 

Absolut richtig. Für die Verlage zählen oft nur die  Verkaufszahlen.

 

"Und es ist dringend nötig, dass wir endlich anfangen, über Krimis als Literatur zu reden"

 

Unbedingt!

 

"Ein wenig hat diese Diskussion angefangen, bei Autoren wie Wolf Haas oder neuerdings Zoran Drvenkar. Da wird über die Erzählerstimme gesprochen, über Drvenkars Experimente mit der Perspektive. Doch auch andere Krimiautoren haben es verdient, dass man darüber spricht, was sie sprachlich können, wie sie literarisch arbeiten. Denn das ist es, was gute Bücher ausmacht. Darauf kommt es an, wenn aus Worten auf Papier eine literarische, eine ernsthaft unterhaltende Erfahrung werden soll"

 

Kann ich nur unterschreiben. Es muss möglich sein, mehr zu wagen, E und U zu verbinden. Schwebende Perspektive? Kein Problem. Ein Du-Erzähler? Gerne! Eine unsympathische, dafür aber psychologisch tief ausgearbeitete Figur? Her damit!

 

Das sind meine ganz persönlichen Eindrücke zu diesem Artikel - und ich bedanke mich bei der Autorin, dass sie ihn geschrieben hat.

 

Liebe Grüße,

Olga

 

P.S. Ich habe mehr Zitatblöcke verwendet als erlaubt. Muss also editieren.

Bearbeitet von Olga
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Liebe Olga,

 

du hast genau die Sätze zitiert, die mich auch angesprochen haben, und deine Bewertung unterschreibe ich ebenso. Ich finde auch, dass das ein sehr guter und ausgewogener Artikel ist!

 

Andreas

"Wir sind die Wahrheit", Jugendbuch, Dressler Verlag 2020;  Romane bei FISCHER Scherz: "Die im Dunkeln sieht man nicht"; "Die Nachtigall singt nicht mehr"; "Die Zeit der Jäger"

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Eine Diskussion über Qualität eines Buchs/Krimis, und wer glaubt, die Kriterien für so etwas festlegen zu dürfen, führt jetzt zu weit vom eigentlichen Thema weg.

Das sollte man separat besprechen.

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Ich stimme dir auch in vollem Umfang zu, liebe Olga.

 

Allein für diesen Satz (den du oben zitierst) möchte ich der Autorin am liebsten einen Sekt spendieren:

 

"Literatur, bei der Anspruch und Unterhaltung sich nicht gegenseitig ausschließen, sondern im Gegenteil zusammengehören, gibt es selten in Deutschland."

Vor allem für dieses "im Gegenteil zusammengehören". Weil ich wirklich finde, dass Anspruch den Unterhaltungswert steigern kann und umgekehrt Aspekte wie Spannung, Tempo, Humor etc. einem Roman zu mehr Tiefe verhelfen können, statt ihn flacher zu machen. Aber die Beispiele, an die ich dabei denke, stammen tatsächlich nicht von deutschsprachigen Autoren.

 

PS @Alexander: Jetzt kann ich dir nicht mehr ganz folgen, fürchte ich. Die Frage nach der Qualität ist in dem Artikel doch ganz zentral?

Bearbeitet von BarbaraS
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Ich habe den thread nicht eröffnet, daher wollte ich nicht abschweifen, aber wenn Qualität ein zentrales Thema ist, dann kann es gerne diskutiert werden, wenn es Susanne nicht stört.

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Natürlich nicht, Alexander :)
Ich finde den Artikel übrigens auch gut, und ich stimme Olga ebenfalls zu.
Und dieser Satz: Literatur, bei der Anspruch und Unterhaltung sich nicht gegenseitig ausschließen, sondern im Gegenteil zusammengehören, gibt es selten in Deutschland - ist einfach nur großartig!
Ich glaube, da hat so mancher von uns heftig genickt.

Die Elemente des Lebens - Januar `24 (Aufbau Verlag) ~ Agatha Christie - Juni `24 (Aufbau Verlag)

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Ich kann mich nur anschließen: Ich finde, dass der Artikel sehr treffend wiedergibt, was ich auch empfinde.

Und mal ehrlich: Werden diese Bestseller-Krimis wirklich alles gelesen? Ich kann gar nicht zählen, wie viele deutsche Krimis ich schon aus gut gehenden Reihen von Bestsellerkrimiautoren geschenkt bekommen habe, die ich sofort weiter verschenkt habe ohne sie zu lesen.

Jedenfalls in meinem Bekanntenkreis werden sehr viele Krimis verschenkt oder andere Bestseller. Auch zu dem "Hundertjährigen, der aus dem Fenster sprang" bin ich auf diese Weise gekommen und habe nur die ersten zehn Seiten gelesen...

 

Meine These ist: In vielen Bücherregalen von Haushalten stehen Bestseller, die nicht gelesen werden.

Und so stellt sich mir immer wieder auch die Frage:

Müssen hohe Verkaufszahlen automatisch in Korrelation stehen mit einer großen Masse an geneigten Lesern?

Eine Studie dazu fände ich sehr spannend. Aber damit führe ich ja nun total vom Thema weg... ;)

 

Beste Grüße,

Juliane

"Man kann auf seinem Standpunkt stehen, aber man sollte nicht darauf sitzen."

Erich Kästner Vorträge und Lesungen einstudieren  und  Autorenseite Juliane Breinl

Mein YouTube Kanal

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Meine These ist: In vielen Bücherregalen von Haushalten stehen Bestseller, die nicht gelesen werden.

Und so stellt sich mir immer wieder auch die Frage:

Müssen hohe Verkaufszahlen automatisch in Korrelation stehen mit einer großen Masse an geneigten Lesern?

Eine Studie dazu fände ich sehr spannend. Aber damit führe ich ja nun total vom Thema weg... ;)

 

Das wäre aber einen Thread wert.

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Ich habe den Eindruck, der Krimi gilt seit Längerem als feuilletonwürdig, im Gegensatz zu anderen Genres. Es gibt eigene Bestenlisten, neue Romane werden in den wichtigen Zeitungen besprochen. Aber mir scheint auch, dass das bis auf Ausnahmen eher angloamerikanische Titel sind.

 

Weshalb traut man deutschen Autoren nicht zu, unterhaltsam UND tiefgründig zu schreiben, obwohl das von der Leserschaft offensichtlich geschätzt wird?

Beim historischen Roman sieht es ähnlich aus. Warum haben wir keine Hilary Mantel bzw. werden anspruchsvolle historische Romane nicht auch als anspruchsvoll vermarktet, sondern durch Titel, Cover und Klappentext auf reine Unterhaltung getrimmt?

 

Oder habe ich einen falschen Eindruck?

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Weshalb traut man deutschen Autoren nicht zu, unterhaltsam UND tiefgründig zu schreiben, obwohl das von der Leserschaft offensichtlich geschätzt wird?

Beim historischen Roman sieht es ähnlich aus. Warum haben wir keine Hilary Mantel bzw. werden anspruchsvolle historische Romane nicht auch als anspruchsvoll vermarktet, sondern durch Titel, Cover und Klappentext auf reine Unterhaltung getrimmt?

 

Oder habe ich einen falschen Eindruck?

Dem kann ich nur zustimmen. Im Grunde lassen wir uns dieses Schubladen- und Regaldenken des Buchhandels aufzwingen. Ich frage mich, in welches Regal man heute einen noch unbekannten Lion Feuchtwanger stellen würde.

Die Montalban-Reihe, Die Normannen-Saga, Die Wikinger-Trilogie, Bucht der Schmuggler, Land im Sturm, Der Attentäter, Die Kinder von Nebra, Die Mission des Kreuzritters, Der Eiserne Herzog, www.ulfschiewe.de

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Das Schubladendenken des Buchhandels, das sich bis in die Lektorate fortsetzt, ist sicher ein großes Problem, aber wichtiger bzw. schlimmer scheint mir noch zu sein, dass Erfolg, und zwar schneller Erfolg über allem steht. Denn in der Regel werden ja nur die unkonventionellen Titel aus dem Ausland eingekauft, die sich in ihren Ländern bereits gut verkauft haben. Ein deutscher Roman, der sich noch nirgends bewährt hat, ist ein unkalkulierbares Risiko, ein im Ausland erfolgreicher ist nur ein kalkulierbares Risiko.

 

Andreas

"Wir sind die Wahrheit", Jugendbuch, Dressler Verlag 2020;  Romane bei FISCHER Scherz: "Die im Dunkeln sieht man nicht"; "Die Nachtigall singt nicht mehr"; "Die Zeit der Jäger"

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Weshalb traut man deutschen Autoren nicht zu, unterhaltsam UND tiefgründig zu schreiben, obwohl das von der Leserschaft offensichtlich geschätzt wird?

 

Ich glaube nicht, dass man es deutschen Autoren nicht zutraut. Das Problem liegt in meinen Augen beim Vertrieb & Co. Wie soll ein unterhaltsames UND tiefgründiges Buch in Deutschland vermarktet werden? Beim Attribut  "tiefgrüdig" wird der Vertrieb (& Co.) befürchten, dass die Leser, die nach Unterhaltung suchen, abgeschreckt werden. Man wird es nicht in einem Zug mit einem ChickLit- oder Heimatroman verkaufen können.

Bei einem tiefgründigen, aber unterhaltsamen Buch wird befürchtet, dass er in wichtigen Medien wie Feuilleton nicht besprochen wird. Verkaufstechnisch wäre dies vermutlich der Tod für den Roman.

Somit müsste die ganze Branche umdenken, damit die Autoren mehr Chancen für E/U bekommen, und die Leser, die diesen Segment schätzen, die Bücher auch finden (und ich finde, diese Problematik wird im Artikel sehr gut angesprochen).

 

Liebe Grüße,

Olga

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AngelikaL - Laura Albers

 

 

Weshalb traut man deutschen Autoren nicht zu, unterhaltsam UND tiefgründig zu schreiben, obwohl das von der Leserschaft offensichtlich geschätzt wird?

 

Ich setze auf deine Frage noch eines drauf: Warum werden wir von AgentInnen und LektorInnen zurückgepfiffen mit Worten wie "das ist wieder viel zu tiefgründig/schwermütig" und "Keep it simple, keep it straight"?

 

Und im übrigen finde ich, dass Regionalkrimis gar keine Regionalkrimis sind. Meine jedenfalls nicht. Gut, sie sind auch keine genretypischen Krimis und haben es deshalb sowieso schwer. Eine Geschichte muss halt irgendwo verortet sein. Dass man sie deshalb aber auch nur noch dort in den Buchhandlungen findet, ist für die AutorInnen bedauerlich (Das sagt Lisa Kuppler auch in ihrem Artikel, und auch dort habe ich heftig genickt).

 

Handwerklich mal etwas zu wagen, neue Perspektive, Erzählweisen, Rahmenhandlungen, was weiß ich - das alles wird beschnitten. So ist meine Erfahrung.

 

Und ansonsten stimme auch ich Olgas Kommentaren zu den einzelnen Zitaten zu.

Hier noch ein Zitat von Olga:

"Somit müsste die ganze Branche umdenken, damit die Autoren mehr Chancen für E/U bekommen, und die Leser, die diesen Segment schätzen, die Bücher auch finden (und ich finde, diese Problematik wird im Artikel sehr gut angesprochen)."

 

Stimme absolut zu.

 

Liebe Grüße

Angelika

Bearbeitet von Angelika Lauriel
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Das Schubladendenken des Buchhandels, das sich bis in die Lektorate fortsetzt, ist sicher ein großes Problem, aber wichtiger bzw. schlimmer scheint mir noch zu sein, dass Erfolg, und zwar schneller Erfolg über allem steht. Denn in der Regel werden ja nur die unkonventionellen Titel aus dem Ausland eingekauft, die sich in ihren Ländern bereits gut verkauft haben. Ein deutscher Roman, der sich noch nirgends bewährt hat, ist ein unkalkulierbares Risiko, ein im Ausland erfolgreicher ist nur ein kalkulierbares Risiko.

 

Andreas

 

Dem kann ich mich nur anschließen. Und das gilt, meines Erachtens, mittlerweile für das Kinder - und Jugendbuch auch.

Neben Buchhandel und Lektoren bzw. Programmleitungen in Verlagen, spielen auch die Agenten eine Rolle. Die meisten Manuskripte müssen ja erst einmal diese Hürde packen. In den Agenturen fängt die kritische Betrachtung von allem, was nicht eindeutig einem Genre zuzuordnen ist oder explizit von Verlagen gesucht wird - beispielsweise ein Kinderbuch was frech und witzig ist, aber auch Tiefgang hat, weil sich die kindlichen Protagonisten entwickeln und einen inneren Konflikt durchleben - an.

 

Aber ich denke, wir Autoren müssen uns auch an die eigene Nase fassen. Wer den schnellen und sichereren Vertrag will, der passt sich im vorauseilenden Gehorsam den vermeintlichen Erfordernissen an. Das schließt auch ein, dass man Manuskripte nicht lang genug wachsen lässt. Ich denke, Projekte, die wirklich rund und ausgereift sind mit gerüttelt Maß Eigensinn und natürlich auch nicht völlig am Markt vorbeigeschrieben wurden, mit solchen Projekten kann man vielleicht auch einen  "ängstlichen" Agenten/Lektor/Programmleiter überzeugen.  Wenn man als Autor voll hinter dem steht, was man anbietet, kann man durchaus auch etwas auf den Weg bringen,was nicht allen Markterfordernissen entspricht.

Natürlich ist mir bewusst, dass auch uns Autoren der wirtschaftliche Druck genauso im Griff hat, wie die anderen Beteiligten des Buchmarktes. Als Autoren, denke ich, bleibt uns aber eigentlich nur diese Stellschraube, an der wir drehen können, um nicht Teil der Dynamik zu sein: nicht schnell und angepasst für den "schnellen Markt" schreiben.

 

Juliane

Bearbeitet von Juliane Breinl

"Man kann auf seinem Standpunkt stehen, aber man sollte nicht darauf sitzen."

Erich Kästner Vorträge und Lesungen einstudieren  und  Autorenseite Juliane Breinl

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Natürlich ist mir bewusst, dass auch uns Autoren der wirtschaftliche Druck genauso im Griff hat, wie die anderen Beteiligten des Buchmarktes. Als Autoren, denke ich, bleibt uns aber eigentlich nur diese Stellschraube, an der wir drehen können, um nicht Teil der Dynamik zu sein: nicht schnell und angepasst für den "schnellen Markt" schreiben.

 

Der wirtschaftliche Druck ist aber einer der größten. Im Grunde können wir unsere "schwierige" Projekte nur mit den schnellen Verträgen finanzieren. Ich könnte zum Beispiel zu einem "schnellen Vertrag" nicht "Nein" sagen.

 

Liebe Grüße,

Olga

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Ganz kurz in die Diskussion hinein: Lisa Kuppler schreibt auf FB, dass sie mitliest. Ich (hoffe, ich) darf sie hier zitieren:

 

 

 

Ich habe die Diskussion auf Montségur Autorenforum mitverfolgt und bin ganz begeistert, wie da der Artikel diskutiert wird. Genau solche Diskussionen wollte ich anstoßen.

Laudatio auf eine kaukasische Kuh. Eichborn 2021. 

Alicia jagt eine Mandarinente. dtv premium März 2018. Die Grammatik der Rennpferde. dtv premium Mai 2016

www.angelika-jodl.de

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