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Alf

Neue Figur am Ende des Romans einführen

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Hallo miteinander!

 

Mir geht nun schon seit längerem eine Frage durch den Kopf, und sie verunsichert mich, seit meine Agentin angemerkt hat, dass es ungeschickt sein kann, wenn man an später Stelle des Romans eine neue Figur einführt.

 

Ich schreibe aus der personalen Perspektive, weil ich es liebe, die Geschichte immer wieder mal mit anderen Augen zu sehen (und zu zeigen), und sie durch einen anderen Mund zu erzählen. Es passiert so wahnsinnig viel, wenn eine Szene z.B. aus der Perspektive einer Figur erzählt wird, die bisher immer wieder aufgetaucht ist, aber die man noch nicht so wirklich einschätzen kann. Nebenfiguren sind eben die Gewürze, mit denen ich sehr gern abschmecke :) Deswegen habe ich immer einen größeren Strauß an Perspektiventrägern - natürlich ohne den Fokus auf die Hauptfiguren zu verlieren.

 

Mir geht es ganz konkret um folgenden Fall: Ich bin gerade am Finale meines Romans und frage mich schon die ganze Zeit, warum ein gewisser Szenenkomplex so furchtbar schal ist. Die Hauptfiguren stehen da, die Zeit drängt, und das eingeschaltete Polizeiteam glaubt den Aussagen der Figuren nicht. Konflikt, Spannung, schön. Nur langweilt es mich ohne Ende, aus den Köpfen der Figuren zu schreiben, die der Leser schon kennt, weil diese Figuren natürlich Sorgen wälzen, die der Leser ebenfalls schon kennt ("Die müssen doch aber wissen, dass (hier das szenisch schon längst Erlebte einfügen)..., hoffentlich glauben die endlich, dass ..., hoffentlich handeln die endlich so, dass ..." usw). Umgeben sind sie von namenlosen Polizeibeamten, die sie in Schach halten, und von einem EInsatzleiter, der höflich aber kühl ist. Punkt.

 

Jetzt hab ich gestern spaßeshalber die selben Szenen aus der Perspektive des Einsatzleiters erzählt, und plötzlich hat das Ding gerockt! DIe "namenlosen Beamten" haben ein Gesicht bekommen, und der Leser erlebt den inneren Konflikt des Einsatzleiters: Wer von den Figuren erzählt jetzt die Wahrheit? Die schluchzt mir aber arg theatralisch! Oh, der da drüben, sieht aus, als ob er gleich eine Heldentat vor hat, stellen wir ihm mal Kollegen XY vor die Nase, der kann so etwas in der Regel gut deeskalieren, und falls er doch versucht durchzukommen, wird er sich da die Zähne ausbeißen ...", etc.

 

Die Geschichte gewinnt also an Tiefe, und spannender fühlt es sich für mich ebenfalls an. Aus meiner eigenen Sicht, wäre die Entscheidung also gefallen, wenn nur nicht dieser Satz in meinem Hinterkopf lärmen würde: "So spät noch neue Figuren einführen? Wirklich?"

 

Daher meine Frage: Wie seht ihr das? Wie handhabt ihr das? Und wie würdet ihr als Leser darauf reagieren?

 

Vielen Dank schonmal!

 

Ciao,

 

Alf.

Bearbeitet von Alf
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Hallo Alf,

 

das Problem, das Du beschreibst, ist die Namenlosigkeit der Polizeibeamten. Das ist es, was Dich stört.

Mir persönlich kommt bei der Begründung der Eindruck, dass Du hoffst, das zügig zu lösen, indem Du eine neue Perspektive einführst. Ob das klappt, kann ich auf die Ferne nicht beurteilen. Klappt dann die Identifikation noch? Bleibt die eine Persektive eventuell trotzdem blass, weil die anderen schon bekannter und auch intensiver sind?

 

Der Schritt mit der neuen Perspektive macht für mich nur Sinn (persönlich), wenn ich vorher folgende Möglichkeiten verworfen hätte:

- Polizeiperspektive schon vorher einführen

- die Charakterisierungen der Polizeibeamten jetzt vollständig ausarbeiten und in den bestehenden Kapiteln einfügen und auf Individualität / Unterscheidbarkeit bearbeiten, den Polizisten dann nachträglich ein "Gesicht" geben.

 

LG

Heike

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Hallo Heike,

 

die Polizeiperspektive kann ich aus dramaturgischen Gründen nicht schon vorher einführen. Eigentlich gibt es örtliche Beamten, die jedoch sind verwickelt, also müssen in diesem "zugespitzten Notfall" Kollegen den Fall übernehmen, die gar nicht zuständig wären, und die das Ganze dann auch "kalt erwischt".

 

Ich habe es versucht, die anderen Beamten durch die Augen der Hauptfiguren sichtbar zu machen, aber das klingt nach der Hand des Autors. Das Problem ist, dass den Hauptfiguren völlig wurscht ist, welches Gesicht die Kollegen haben. Die glotzen nur auf den Einsatzleiter und hoffen, dass der endlich in die Puschen kommt - tun können sie nichts, weil sie in Schach gehalten werden, und DAS zu beschreiben ist das Unbefriedigende ;) (Das war mir bisher in dieser Deutlichkeit noch gar nicht klar).

 

Ciao!

 

Alf.

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Würde ich nicht machen, besonders nicht, wenn dieser Perspektivwechsel spät im Roman erfolgt. Es verwirrt. Besonders wenn diese Figur im Roman nicht so wichtig ist. Wenn dir das innere "Gelaber" der Hauptfigur zu langweilig ist (geht mir auch manchmal so), dann verzichte darauf, lass Taten sprechen.

 

Man kann natürlich einer Nebenfigur vorübergehend die Perspektive zuteilen, aber eigentlich eher nur, wenn es sich um einen wichtigen Nebenstrang handelt, den man vernünftigerweise nur so darstellen kann. Ansonsten würde ich mich aber auf 2-3 Perspektiven der Hauptfiguren beschränken.

Die Montalban-Reihe, Die Normannen-Saga, Die Wikinger-Trilogie, Bucht der Schmuggler, Land im Sturm, Der Attentäter, Die Kinder von Nebra, Die Mission des Kreuzritters, Der Eiserne Herzog, www.ulfschiewe.de

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Eigentlich verstehe ich das Problem nicht. Wenn es sich doch gut einfügt und passt, warum nicht zum Ende noch den Einsatzleiter einfügen. Wen sollte das stören? Es gibt keine Regel, die das verbietet. Und wenn es die Langeweile aus dem Text nimmt - nur zu, mach es.

Vielleicht aber sollte der Mann zumindest vorher schon mal namentlich erwähnt werden.

 

Oder Du baust die ganze Story neu auf und bringst die Geschichte des Einsatzleiters mit Frauen und Kindern und Scheidung und Affären darin unter :) .

 

Andrea

Bearbeitet von Andrea S.

Neu: Das Gold der Raben. Bald: Doppelband Die Spionin im Kurbad und Pantoufle

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Hi Alf

 

Wenn damit die Geschichte rockt, würde ich das doch einfach tun. Was nützt es dir, dieser "Regel", die jemand irgendwann mal aufgestellt hat, zu folgen, wenn dir damit die Spannung flöten geht? Also meine Absolution erhältst du. ;)

Eine Möglichkeit wäre vielleicht, wenn deine Figur/en hört/en, wie der Polizist seine Sicht einem Kollegen/Untergebenen schildert. Oder er gibt einem Journalisten, der sich dort rumtreibt, einen kurzen Abriss darüber. Es gäbe sicher noch andere Möglichkeiten, eine weitere Erzählstimme zu vermeiden. Bemüht sollte es meiner Meinung nach jedoch nicht werden, dann doch lieber den Bruch. Letztenendes "stört" dieser oft mehr die Autoren/Lektoren als den Leser.

 

Grüsse

Margot

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Hm, ich sehe schon, verschiende Köpfe, verschiedene Meinungen :) Na, ich hab ja beide Versionen. Ich werde die alte Version jetzt einfach mal speichern und dann beides an den Verlag geben, wenns so weit ist. Gefühlt kommt der Perspektivenwechsel tatsächlich besser. Und, liebe Andrea, leider kann ich den Burschen nicht schon eher erwähnen, weil der Leser sich sonst zurecht die Frage stellt, warum zum Teufel ihn jetzt das Liebesleben dieses komischen Bullen interessieren sollte. Und es würde die Spannung zerstören, weil nämlich viel von der Frage abhängt, ob jetzt die örtliche Polizei eingreifen wird, oder nicht! Und na ja, wenn vorher noch ein fremder Polizist erwähnt wird, dürfte so manch ein Leser die Flöhe ziemlich laut husten hören ;D

 

Danke sehr :)

 

Ciao,

 

Alf.

Bearbeitet von Alf
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Hm.

Schwierige Frage, Alf, und schwierige Antwort.

Meinen Vorrednern stimme ich zu und widerspreche gleichzeitig.

Prinzipiell habe ich persönlich beim Lesen keine Schwierigkeiten mit vielen Perspektiven. Und beim Schreiben reizt es mich, wie dich, eine Geschichte (oder auch nur einzelne Aspekte) aus verschiedenen Blickwinkeln zu erzählen.

Aber die Einführung einer neuen Perspektive kurz vor Schluss halte ich für problematisch. Es kann funktionieren. Aber die Gefahr, dass es beim Leser ankommt wie ein Kistenteufelchen, ist groß.

Deshalb ein Vorschlag: Lege deiner Story einen neuen, ganz feinen dünnen Faden zu. Nur ein paar Szenen, so dass der Leser sich fragt, wer das ist, was derjenige mit dem Fall (es geht doch um Thriller oder Krimi, oder?) eigentlich zu tun hat. Ob er vielleicht sogar der "Oberschurke" ist. Und dann - in deiner wichtigen Szene - entpuppt er sich als Einsatzleiter. Im Film wird das oft mit Objekten gemacht: Da taucht zum Beispiel wie nebenher ein Objekt auf, dann wieder. vielleicht sogar noch einmal. Und erst in der entschieidenden Szene wird dem Zuschauer die Bedeutung des Objekts klar. Planting of object, hat das mal ein Seminarleiter genannt. Warum nicht "Planting of Einsatzleiter"?

 

LG und viel Erfolg!

Yvonne.

Bearbeitet von Yvonne

Neu: "Rosenwein und Apfeltarte" Roman, Juni 2018

http://www.yvonnes-romanwelten.de

Mit wem das Pferd nie durchgeht, der reitet einen hölzernen Gaul (Friedrich Hebbel)

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Ich würde es einfach ausprobieren. Wenn es sich gut und richtig anfühlt, dann ist es das möglicherweise auch. Und selbst wenn nicht - zumindest gibt es DIR einen neuen Blickwinkel und hilft dir vielleicht, eine noch bessere Lösung zu finden.

 

Gruß

 

Astrid

Meine Homepage

 

Rabenzeit 1 gibt's als E-book und gedruckt bei Amazon. :)

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Hallo Alf,

 

die Thematik des Problems finde ich sehr interessant. Kannst Du vielleicht noch ein wenig mehr über das Finale (= Showdown?) verraten?

Haben Deine Hauptfiguren z. B. einen Plan oder stehen sie passiv rum und schauen, was passiert?
Sofern sie einen Plan haben, finde ich die Gedanken des Einsatzleiters in dem Sinne interessant, indem sie die Fallhöhe der Hauptfiguren erhöhen könnten, sprich die Spannung steigern.

Möglicherweise erhältst Du einen konkreteren Rat, wenn Du uns schreibst, wie die Szene ausgehen soll? Sehen die Beamten ein, dass die Hauptfiguren Recht haben? Überwältigen die Hauptfiguren die Beamten? Oder bleiben alle passiv und die Lösung kommt von draußen?

Ich hatte für meinen Roman ebenfalls für das Finale eine neue Figur eingeführt, und das hat alles noch einmal für alle Beteiligten gedreht, weil dieser Jemand noch mal sein ganz eigenes Süppchen kochen wollte.

Schöne Grüße,

Holger

Bearbeitet von Holger
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Ob ich das gerne lesen würde? Keine Ahnung, hängt vom Rest ab. Jedenfalls lege ich kein spannendes Buch zur Seite, nur weil eine Schreibregel nicht befolgt wurde. Schreiben würde ich es wahrscheinlich nicht, weil ich keine "multiperspektivischen" Romane schreibe. Nicht aus Prinzip - meine Geschichten hatten es bislang nicht verlangt.

 

Aber das Problem scheinbar langweiliger Szenen kenne ich auch :(

 

Die Spannung in der Szene soll sich also daraus ergeben, dass auf die Antwort zum Einsatz der örtlichen Polizei gewartet wird. Dann wäre doch ein Mittel, hier Spannung mit den bisherigen Perspektivträgern zu erwirken, dass irgendwelche Ereignisse den Beamten davon abhalten, zu antworten. Störende Telefonate, allergische Niesanfälle, ein Kollege, der immer weiter argumentiert. Die Antwort durch Handlungen hinauszögern wäre doch auch eine Möglichkeit, anstatt in den Kopf des Entscheiders zu schlüpfen und zuzuhören, wie er die Entscheidung trifft.

Oder (aber das ist ein ganz ketzerischer Gedanke) - wenn die Szene mit deinen bisherigen Perspektivträgern langweilig war - brauchst du sie dann überhaupt?

Kann man dann nicht einfach mit einer Szene weitermachen, die die örtliche Polizei im Einsatz zeigt. Oder eine, die zeigt, was alles schief geht, nur weil sie Feierabend machen?

 

Aber das sind alles nur Fragen, die mal eine andere Perspektive  ;)  in die Fragestellung bringen sollen.

Mach das, womit du dich wohlfühlst.

 

LG Ulrike

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Guten Abend miteinander!

 

Eine Menge Input, super :)

 

Liebe Ulrike, Du hast recht: Normalerweise würde es diese Szene nicht unbedingt brauchen, man hätte durchaus so plotten können, dass das Ganze schneller zum Punkt kommt. Allerdings: Es ist eine Verzögerungsszene. Ein Teil der Figuren hat sich versteckt und verbarrikadiert, während ihnen ein schlimmer Finger ans Leder will, und ihrem Versteck immer näher kommt. Und, lieber Holger, das bringt mich zu DIr: Deine Idee, tatsächlich detailiert an dem Ding zu arbeiten, finde ich nämlich spitze und genau das werde ich tun! Allerdings nicht hier, sondern im etwas privateren Kämmerlein der "Textkritiken" ;) Vorher werde ich mich aber noch zum Ende der Geschichte durcharbeiten :)

 

Zum Thema "multiperspektivisch": so schreibe ich schon immer.  Das ist einfach meine bevorzugte Perspektive und ich lese auch sehr gern Bücher, die so geschrieben sind. "Hellstroms Brut" von Frank Herbert zum Beispiel betreibt sein Infodropping genau mit dieser Perspektive, und das macht es für mich u.A. auch so gut! Oder George R.R. Martin natürlich, der im "Sturm der Schwerter" Jaime Lannisters Perspektive einführt, und es tatsächlich schafft, Sympathie für den "Königsmörder" zu erzeugen. Aber der gute George ist natürlich auch ein Meister seines Faches.

 

Mit dem multiperspektivischen fange ich schon gleich am Anfang des Romans an. Perspektive Hauptfigur, Wechsel, Perspektive ihr Kollege, der sich Sorgen macht, ob sie das, was sie da vorhat auch wirklich stemmen kann. Später: Erster Arbeitstag der Hauptfigur im Internat, sie wird einem zukünftigen Kollegen vorgestellt. Auch hier habe ich nicht ihre Perspektive gewählt, sondern die dieses Kollegen. Hätte ich ihre Perspektive gewählt, hätte sie einen schweigsamen Kollegen erlebt, der irgendwie höflich aber seltsam distanziert ist, und sie hätte angefangen rumzurätseln, warum das so ist. (Das tut sie natürlich auch so, aber das zu zeigen, finde ich nicht spannend). Also habe ich die Perspektive des Kollegen gewählt, ich kann dem Leser erklären, warum er so distanziert ist, und ich kann das wunderbar zum Infodropping und zum Spannungsaufbau verwenden:

 

 

Die Neue streckte ihm die Hand entgegen. "Ich bin Juliana", sie lächelte, "aber alle nennen mich Jana." Timminger ergriff ihre Hand und meißelte sich ein Lächeln ins Gesicht. Aber alle nennen mich Jana. Ich nenne dich die Neue, dachte er. Ich gewöhne mich gar nicht erst an dich. Er wurde langsamer, warf einen Blick hinüber zu Stumpes Büro. Wusste genau, was der Chef im Schilde führte. Ich habe mich doch bemüht!, würde er vor der Heimaufsicht beteuern, Ich habe jemanden eingestellt! Es ist wohl kaum meine Schuld, wenn die Kollegin entschieden hat uns noch während ihrer Probezeit zu verlassen! Und bis zur Probezeit würde das nicht dauern. Wahrscheinlich würde die Tinte auf ihrem Kündigungsschreiben noch vor dem Abendessen getrocknet sein, dafür würde Stumpe schon sorgen. Und damit wäre der Neuen die Flucht gelungen, die ihnen allen hier schon längst versagt war.

 

 

Das nur, um mal zu zeigen, wie ich dieses Instrument verwende ;)

 

Danke und Ciao,

 

Alf.

Bearbeitet von Alf
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Ich habe ja nichts gegen multiperspektivisch ;)  Meine Geschichten haben es bisher nur nicht gebraucht.

Die eine erzählt von zwei Frauen und ihrem, nun ja, komplizierten Verhältnis zueinander. Da habe ich natürlich die beiden Frauen als Perspektivträgerinnen. Weitere erschienen mir langweilig zu sein, da sie mir nichts neues gebracht hätten. Und im aktuellen Projekt geht es um das, was eine junge Frau fühlt und erlebt. Weitere Perspektiven hätten sein können (die der Mutter), aber ich befürchtete, dann zu viel an Infos zu früh weiterzugeben. Bei einer auf einen Überraschungseffekt hingeschriebenen Geschichte wäre das nichts gewesen.

Großartige Epen wie GoT können gar nicht anders als mulitperspektivisch oder auktorial erzählt sein.

Vielleicht ist es auch eine Art des Schreibens, so wie es verschiedene Planungsweisen gibt. Ich vertiefe mich in eine Figur und erzähle, was diese im speziellen Fall erlebt. Mehr nicht. Und wenn sie einen schweigenden Kollegen hätte, dann würde sie rätseln, warum das so ist (und der Leser rätselt mit -Spannung!). Später wird es dann eine Szene geben, die genau das klärt.

Draufsichten von anderen Personen auf meine Hauptfigur würden mich stören. Und vor großartigen Nebenhandlungen, die wichtig sind, bei denen meine Hauptfigur aber nicht anwesend ist, habe ich mich bisher gedrückt ;)

Wie gesagt: mach es, wie du es brauchst. Wenn der Tipp von Alf der passende war: super!!

Freue mich schon auf deine Textprobe!

LG Ulrike

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Guten Morgen :)

 

Das hängt wahrscheinlich auch vom Genre ab ;) Ich kann mir gut vorstellen, dass es bei einem Familien- oder Entwicklungsroman wirklich sehr störend sein kann, wenn aus mehreren Perspektiven erzählt wird. Da geht es ja um die innere Entwicklung, das Gefühlsleben, die eigene Geschichte. Ich schreibe so Thrillerzeug, und da gehört (für mich) auch die Geschichte zu den Hauptfiguren (also das perfide Konstrukt um das sich alles dreht, oder das Mordkomplott, oder oder oder) - deswegen brauche ich Möglichkeiten um den Hintergrund von mehreren Seiten zu beleuchten (ohne das erst durch mühselige "Ermittlungsarbeit" der Hauptfigur an den Leser heran zu tragen). Außerdem kann ich so eines meiner liebsten Spannungswerkzeuge nutzen: Der Leser weiß mehr als die Hauptfigur.

 

Wahrscheinlich ist das wirklich eine Frage der Herangehensweise, wie die Frage ob Plotter oder Bauchschreiber oder irgendwas dazwischen. Und irgendwie hab ich mir das angewöhnt: Ich schaue was ich erzählen will, und gucke, welcher Perspektivträger das am besten bewerkstelligen kann. Tatsächlich hab ich mich damit schon ordentlich verzettelt ;) Und beim Überarbeiten habe ich dann gemerkt: Äh, ja, nett, wäre ja nicht schlecht, wenn die Hauptfigur auch mal wieder zu Wort kommt ;D Und dann wirds geändert. Das ist aber nie verlorene Zeit, weil mir der Besuch im Kopf einer anderen Figur, immer neue Wege zeigt, wie die Geschichte gehen kann - genau das also, was AstridV in ihrem Beitrag angesprochen hat ;)

 

Bei diesem aktuellen Szenenkomplex ist mir das auch so ergangen. Als ich gestern auch die ersten beiden Szenen aus der Perspektive dieses "neuen" Polizisten schreiben wollte, hat sich was gesperrt. Also bleibt es bei der Perspektive der bekannten Figuren (so unspannend fühlt sichs plötzlich auch nicht mehr an). Und wenn der neue Polizist schließlich die Szene geschenkt bekommt, die mir so gut gefällt, kennt ihn der Leser schon :)

 

Ciao :)

 

Alf.

 

 

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Das hängt wahrscheinlich auch vom Genre ab ;) Ich kann mir gut vorstellen, dass es bei einem Familien- oder Entwicklungsroman wirklich sehr störend sein kann, wenn aus mehreren Perspektiven erzählt wird. Da geht es ja um die innere Entwicklung, das Gefühlsleben, die eigene Geschichte. Ich schreibe so Thrillerzeug, und da gehört (für mich) auch die Geschichte zu den Hauptfiguren (also das perfide Konstrukt um das sich alles dreht, oder das Mordkomplott, oder oder oder) - deswegen brauche ich Möglichkeiten um den Hintergrund von mehreren Seiten zu beleuchten (ohne das erst durch mühselige "Ermittlungsarbeit" der Hauptfigur an den Leser heran zu tragen). Außerdem kann ich so eines meiner liebsten Spannungswerkzeuge nutzen: Der Leser weiß mehr als die Hauptfigur.

 

Zunächst mal, jemand hatte hier etwas von "Regeln" gesagt. Von sogenannten Regeln halte ich gar nichts. Es geht m.E. weder darum, irgendwelche Regeln einzuhalten, noch darum, unbedingt welche zu brechen. Es geht einzig darum, die richtige Wirkung zu erzielen, eine, die den Absichten des Autors entspricht, aber auch beim Leser entsprechend ankommt. Dazu sind viele Mittel möglich und natürlich auch, eine Geschichte aus verschiedenen Perspektiven zu erzählen.

 

Allerdings sollte man sich auch in den Leser hineinversetzen. Wenn man nicht nur flüchtig, sondern über mehrere Seiten oder sogar Kapitel aus einer Figurenperspektive erzählt, beginnt der Leser dieser Figur doch eine gewisse Bedeutung beizumessen. Er muss sich mit der Figur nicht unbedingt identifizieren, aber er hat das Gefühl, die Figur spielt eine wichtige Rolle. Wenn sich hinterher aber herausstellt, die Figur hat gar keine wichtige Rolle, sondern ist nur ein Trick des Autors, ihm eine andere Sicht zu vermitteln, und das auch noch am Ende des Romans, könnte der Leser sich verwirrt oder sogar etwas betrogen fühlen. Das ist zumindest meine Meinung dazu.

 

Hinzu kommt, dass allzu viele Perspektiven verwirren und/oder die Perspektive der Hauptfiguren verwässern können. Deshalb würde ich vorsichtig, wenn nicht sparsam mit Perspektivwechseln umgehen. Sie sollten für den Leser einen nachvollziehbaren Grund haben. Eben weil die Hauptfigur zu dem Zeitpunkt nicht vor Ort sein kann, zum Beispiel. Eine alte Dame findet das dritte Mordopfer z.B. und vermittelt uns den ersten Eindruck, bevor der Ermittler eintrifft. Da versteht auch der Leser, dass die alte Dame keine tragende Rolle haben wird, und nimmt es nicht krumm, wenn sie nie wieder auftaucht. Aber wenn man jetzt aus ihrer Sicht lang und breit die Beamten am Tatort beschreiben würde, das würde schon etwas verwirrend wirken, meine ich. :)

Die Montalban-Reihe, Die Normannen-Saga, Die Wikinger-Trilogie, Bucht der Schmuggler, Land im Sturm, Der Attentäter, Die Kinder von Nebra, Die Mission des Kreuzritters, Der Eiserne Herzog, www.ulfschiewe.de

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Oh ja, das Problem mit dem Verwässern der Hauptfigur ist tatsächlich kein zu unterschätzendes! Auch besteht immer die Gefahr, dass es sich nach Autorentrickkiste anfühlt. Ich hoffe jetzt einfach mal, dass es vom Leser als "Stil des Romans" empfunden wird, dass Figuren, die auftauchen, durchaus eine Szene bekommen können. Letzten Endes wird das Lektorat da vermutlich auch ein Wörtchen mitreden, und notfalls schreib ich das Ding halt nochmal um :)

 

Und was die alte Dame angeht - na ja, und wenn es eine sehr neugierige alte Dame ist? Hihihi, ich hab die gerade förmlich vor Augen, wie sie ihren Kopf zwischen zwei Beamten durchschiebt, um auch genug sehen zu können (und sich dann furchtbar über diesen Muskelprotz von Polizisten aufregt, der sie einfach wieder vom Tatort hinfortzukomplimentieren versucht) ;D Nun ja. Ein Thriller-Ton wäre das vermutlich nicht :)

 

Ciao!

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Hallo Alf,

 

Es klingt so, als sei dein Hauptproblem in der Szene als solches angelegt. Sie aus einer dritten Perspektive zu erzählen, erscheint mir hier eher eine Notlösung zu sein. In der Tat würde mich das an dieser kritischen Stelle vermutlich entweder verwirren und mir wie ein bemühter Kniff vorkommen.

 

Es gibt solche Momente, wie Ulf schon schreibt, in denen ein Statist verwendet werden kann. Stellt es dir vor wie bei einer Kamerafahrt: Ein namenloser Ober schlängelt sich durch ein mehr oder weniger ausführlich beschriebenes Café, auf seinem Tablett bringt er zwei Kaffees, aus seiner Sicht werden zwei Menschen, denen er serviert, beschrieben, er schnappt Satzteile ihrer Unterhaltung auf, dann entfernt er sich, und der Blick bleibt bei den beiden am Tisch, und um die es eigentlich geht, und man erfährt, worüber sie sich unterhalten. Das funktioniert als Einführung am Anfang einer Szene. In deinem konkreten Fall würde der Perspektivwechsel willkürlich wirken, es sei denn der Leser wäre bereits daran gewöhnt, dass du das methodisch im Roman machst.

 

Ich würde deine Szene grundsätzlich überprüfen. Warum ist sie so statisch, wenn sie doch spannend sein soll? Warum geschieht nichts spannendes? Sollte überhaupt etwas spannendes passieren? Oder ist es eine unterschwellige Spannung, die sich aus der Gegenüberstellung, dem Lauernden, dem Abwarten ("High Noon" - wer schiesst zuerst) speist? Tarantino ist ein Meister dieser bedrohlichen Szenen, die jeden Augenblick explodieren werden. Möglicherweise hast du das Potential der Szene nicht ausgenutzt.

 

Eine interessante Alternative könnte auch sein, den gleichen Moment nacheinander aus den Perspektiven der beiden Hauptpersonen zu schildern. Oder in vielleicht kurzen Blöcken zwischen ihnen hin und her zu springen. Je nachdem, was die Spannung des Konfiktes ausmachen soll. Eine dritte Figur würde ich an dieser Stelle nicht einführen.

 

Lieben Gruss,

 

Andreas

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Hi Andreas,

 

waaaah, langsam werde ich doch etwas verunsichert, was meinen Umgang mit Perspektiven angeht :/

 

Ich muss mal nochmal in mich gehen, den Text aus etwas Entfernung ansehen, ein komplett durchschriebenes WE hat mir jetzt auch ein bisschen die Urteilsfähigkeit genommen. Die Fragen jedenfalls sind interessant! Ich werd mich nochmal melden ;)

 

Die Sache mit dem Ober finde ich allerdings schonmal großartig :)

 

Ciao,

 

Alf.

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Hallo Alf,

 

etwas verspätet, aber vielleicht hilft Dir ja ein Zahlenverhältnis der Meinungen. Auch mir als Leser würde es wie "aus dem Hut hervorgezaubert" vorkommen, wenn am Ende Deiner Geschichte eine Figur beginnt, zu erzählen, die als Charakter nicht weiter wichtig ist.

 

Wenn das Verhalten der Beamten so wichtig ist, wäre es vielleicht möglich, dass sich die erzählende Figur den Kopf über deren Verhalten zerbricht? Und es so nebenbei erzählt?

 

Gruß

 

A

www.klippenschreiber.de

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Oder, Du erzählst die Geschichte vom Ende her: Beginnst mit dem Einsatzleiter und der Situation, die sich ihm präsentiert. Er weiß nicht, wem er glauben soll, warum sich die Personen so verhalten, wie sie es tun.

 

Und dann erzählst Du die Geschichte. Und steigst am Ende wieder bei der bereits erzählten Endszene ein.

www.klippenschreiber.de

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Hi Andreas,

 

als eine Art Prolog sozusagen? Wie in "Ausgebrannt" von Andreas E, bei dem die Geschichte damit anfängt, dass der Prota mit den letzten Tropfen Öl fährt, eine Stelle, an die der Roman erst viel später wieder ankommt? Nette Idee :) Ich muss mich dem ganzen Thema beim nächsten Deadline-Marathon nächstes WE einfach nochmal genauer widmen, und das alles durchdenken :)

 

Danke Euch!

 

Ciao,

 

Alf.

Bearbeitet von Alf
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