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(AlexanderH)

Artikel: Von Beruf Lektor

Empfohlene Beiträge

Nun, dieser Artikel ist das Ergebnis eines anonymisierten Kurzinterviews über das Berufsbild "Verlagslektor". Es ist keine Checkliste für Neuautoren, kein Ratgeber und kein Report über Veröffentlichungschancen, sondern eine Skizze des Lektorenalltags. Was darin erzählt wird, entspricht weitgehend dem, was man aus eigenen Erfahrungen kennt oder indirekt erfahren hat. Man mag das oberflächlich finden oder darin enthaltene Aussagen verurteilen, aber aus der entsprechenden Perspektive ist das fraglos stimmig und gültig.

 

Herzlich,

Tom

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Macht euch nichts vor. Es ist schon so wie beschrieben. Von tausend MS-Einsendungen wird eines für gut genug befunden, publiziert zu werden. Und selbst die sind nicht alle so toll, wie wir wissen. Natürlich werden mit dem unbrauchbaren Material auch mal Perlen ausgekehrt, die übersehen wurden, aber es ist nicht von der Hand zu weisen, dass viele sich berufen fühlen zu schreiben, die kein Talent oder auch sonst keine Vorraussetzungen dafür haben. Es kann ja auch nicht jeder, der auf der Gitarre klimpert, ein Rockstar werden.

 

Durch die Auswahlmühle zu kommen und publiziert zu werden, ist schon mal ein großes Ding, aber auch noch keine Garantie, gut zu verkaufen. Der kommerzielle Erfolg hängt von vielen Faktoren ab, aber ein erstklassiges Manuskript hilft. Ich sage das nicht, um zu entmutigen. Nur eine Dosis Realismus schadet hier niemandem. Andererseits, keiner hat es bisher nach oben geschafft, der nicht an sich glaubt. Die eigenen Fähigkeiten richtig einschätzen lernen, an sich arbeiten, lernfähig bleiben und mit dem Ziel vor Augen an seinen Erfolg glauben. Und auch in den Durststrecken durchhalten. :)

Die Montalban-Reihe, Die Normannen-Saga, Die Wikinger-Trilogie, Bucht der Schmuggler, Land im Sturm, Der Attentäter, Die Kinder von Nebra, Die Mission des Kreuzritters, Der Eiserne Herzog, www.ulfschiewe.de

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Solche Statements habe ich schon öfter gelesen, und dieses sagt mir absolut nichts Neues. Der Wunsch vieler Menschen, ein Buch zu schreiben und zu veröffentlichen, ist nach wie vor da, vielleicht mehr als je zuvor. Schon vor mehr als zehn Jahren erzählte mir ein Lektor beim Kaffeetrinken, dass jemand sogar seine Mutter vorgeschickt habe, damit sie sich für die Veröffentlichung seines Werkes einsetzt.

Wenn man schon einige Bücher bei Verlagen herausgebracht hat, kann man sich angesichts dieser Situation fragen, wie man es überhaupt geschafft hat, "einer unter tausend" zu werden. Was Ulf und Tom dazu sagen, ist richtig und realistisch. Wobei man nicht nur an sich arbeiten sollte, sondern vor allem an seinem Handwerk. ;)

 

Grüße

Christa

Bearbeitet von Christa
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Hallo, Christa.

 

Nun, die Antwort auf die Frage, wie man das selbst geschafft hat, ist meistens recht naheliegend. ;)

 

Im Jahr 2003 saß ich in der Vorjury für einen Kurzgeschichtenwettbewerb, und ich hatte fast tausend Einsendungen zu prüfen. Mal davon abgesehen, dass sich die meisten Einsender für die naheliegendste und deshalb recht unoriginelle Annäherung an das Thema entschieden hatten, waren gut und gerne 900 Beiträge schlicht Murks - vorsichtig geschätzt. Die Einsender konnten nicht erzählen, zuweilen nicht einmal mit der Sprache umgehen - das Zeug war ungenießbar. Ich erinnere mich an eine Nacht kurz vor dem Abgabetermin für das Jurorenvotum, da habe ich in der Kneipe gesessen und hatte noch zweihundert Beiträge vor mir. Also habe ich das Volontärsprinzip angewendet und einfach meinen Tresennachbarn ein paar Stapel hingeschoben. Nach der Lektüre einiger Beiträge begannen sie damit, sich so zu verhalten, wie ich das längst tat - sie lasen nur noch die ersten Seiten. Gegen halb vier am Morgen waren nur noch zehn, zwölf Storys übrig, die ich zu den anderen dreißig, vierzig legen konnte, die es bis dahin geschafft hatten, mich halbwegs zu überzeugen. Trotzdem ist es der Schlussjury meiner Erinnerung nach sehr schwer gefallen, daraus wiederum zwölf Preisträger auszuwählen. Die Erstplatzierten, also drei, vier Geschichten von fast tausend, die waren wirklich gut. Ich erinnere mich noch heute an die Siegergeschichte, "Flughunde" von Christoph Willumeit. Die war brillant. Aber schon ab Platz vier bis sieben lautete das Urteil nur noch bei äußerst gutem Willen "preiswürdig".

 

Ich erzähle diese Geschichte in der einen oder anderen Fassung immer wieder gerne, weil sie nach meinem Dafürhalten exemplarisch ist.

 

Herzlich,

Tom

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Hallo, Tom,

 

das erinnert mich an eine ähnliche Aktion, bei der ich ebenfalls -allerdings nur etwa 120 - Kurzgeschichen lesen musste. Es war zum Verzweifeln, und danach konnte ich nachvollziehen, wie es vielen Lektoren ergehen muss. Das Ergebnis war dann, dass ich zur Belohnung ein Buch mit den besten Geschichten bekam, die ich gar nicht mehr lesen wollte. So ein Experiment habe ich niemals wiederholt. Das betrifft jetzt vor allem den Auswahlprozess. Die anderen, von Ulf angeführten Dinge sind natürlich ebenso wichtig wie eine gute Geschichte. Für mich besonders die richtige Einschätzung der eigenen Fähigkeiten und die Überwindung von Durststrecken.

Ich kenne eigentlich kaum einen Autor, der nicht mal von einem Bestseller geträumt hat oder noch träumt, der, wenn auch nicht gerade reich, dann doch berühmt werden wollte. Dieser leichte Größenwahn ist nur durch Erfahrung herunterzubrechen. Und das Aushalten von Wartezeiten und Durststrecken - ich habe von vielen Autoren gehört, dass sie zwanzig Jahre und länger geschrieben haben, bevor sie ein Buch veröffentlichten. Und erst dann war es richtig gut.

 

Herzlich

Christa

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Ich denke, der Artikel zielt nicht direkt auf die Personen ab, die veröffentlicht werden wollen und wie gut bzw. schlecht deren Manuskripte sind. Sondern wohl eher auf den Beruf "Lektor" und wie frustrierend dieser sein kann. Möglicherweise stellt man sich ihn wahnsinnig spannend und erfüllend vor und bedenkt nicht, wie viel Frustration dahinter steckt. Mir kam beim Lesen eher dieser Gedanke.

Ich kann mich natürlich täuschen, aber eventuell startet jeder in dieser Branche mit der Hoffnung, den nächsten Steinbeck oder die nächste Rowling zu entdecken und landet dann kurz oder lang auf dem Boden der Realität.

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Es geht nicht um die Frage, ob der Job eines Lektors angesichts der Menge an unaufgeforderten Einsendungen hart verdientes Brot ist. Ebenso wenig darum, dass viele Menschen mit bescheidenem Talent sich zum Schriftsteller geboren fühlen. Das steht wohl außer Frage.

 

Mich hat an dem Artikel der latent überhebliche Tonfall gestört, der - wie immer - die Musik macht. Zum Beispiel dort, wo der Lektor seine "Zusammenarbeit" mit dem dann doch gnädiger weise unter Vertrag genommenen Autor beschreibt.

 

Ich habe über die Thematik - warum wollen so viele ein Buch schreiben? wie soll ein Lektor die Auswahl leisten? - schon deutlich positivere Berichte gelesen.

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