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CorneliaL

Wissen des Erzählers vs. der Figur

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Ich bin gerade am Überlegen, ob man diesen Satz so schreiben kann: "Sie las den Brief, den ihr der Mörder geschrieben hatte."

 

Erklärung: "Sie", also die Figur, soll nicht wissen, dass ihr Briefpartner ein Mörder ist. Das ist eine Information, die nur der Erzähler (und jetzt auch der Leser) hat (Perspektive 3. Person personal), und die an dieser Stelle dazu dienen soll, den Leser an den Haken zu kriegen bzw. Spannung zu erzeugen.

 

Ich denke mal, dass das rein erzähltechnisch so möglich ist. Frage ist nur, ob der Leser diesen Unterschied kennt, oder ob er annimmt, dass auch die Figur weiß, dass es sich um einen Mörder handelt. Bzw. sich später, wenn aus dem Text hervorgeht, dass die Figur eben nicht weiß, weshalb dieser Mann im Knast sitzt, wundert, weil dieser ja schon früher als Mörder bezeichnet wurde.

 

Ich weiß nicht, ob ich das Problem rüberbringen konnte.

 

LG Cornelia

 

 

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Hallo Cornelia,

ich bin keine Expertin, aus dem Bauch heraus würde ich aber sagen, dass dieser Satz ein Perspektivbruch ist. Wenn du dich in einer personalen Erzählsituation befindest, bist du im Kopf der Figur, und wie du ja selbst sagst, kann sie nicht wissen, dass der Brief von dem Mörder kommt. Und jeder Perspektivbruch reißt einen beim Lesen aus dem Lesefluss, in diesem Fall würde man beim Lesen davon ausgehen, dass das Wissen um den Absender der Briefes auch das Wissen der erzählenden Figur ist

Wenn es sich vermeiden lässt, würde ich versuchen, den Satz umzuschreiben und der Perspektive treu zu bleiben.

Lg

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Es heißt nicht automatisch, dass du damit einen auktorialen Erzähler hast. Auch ein personaler Erzähler muss ja nicht ständig in der Figur hocken, aus ihr rausgucken oder an ihr kleben, er kann auch auf Abstand gehen. Alledrings hast du in deinem Fall einen Erzähler mit Mehrwissen, einen quasi-auktorialen Erzähler. Und ich gebe Nicole recht: Wenn dieser Erzähler nicht eingeführt ist - durch andere, vielleicht nur wenige Sätze, die, eventuell ganz unaufdringlich, seinen Überblick zeigen - , dann wird man beim Lesen stocken und sich wundern bzw der Figur ein Wissen zuschreiben, das sie nicht hat.

Ich persönlich finde solche Mehrwissen-Erzähler interessant und mitunter auch ganz erfrischend zwischen den vielen szenischen, an ihren Figuren klebenden Erzählern, die sich ja bei manchen Genres anbieten. (Kenn ich selbst gut genug :))

Herzliche Grüße

Claudia

Baronsky&Brendler: Liebe würde helfen  Ein Staffelroman 
Februar 21, Kampa

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Ich bin gerade am Überlegen, ob man diesen Satz so schreiben kann: "Sie las den Brief, den ihr der Mörder geschrieben hatte."

 

und die an dieser Stelle dazu dienen soll, den Leser an den Haken zu kriegen bzw. Spannung zu erzeugen.

Ich glaube, ich würde mich auch wundern, wenn ich diesen Satz lesen würde. Woher weiß sie das?, würde ich mich fragen. Viel spannender wäre es für mich, wenn der Brief bei ihr ungute Gefühle, Ängste oder Verwirrung hervorrufen würde.

 

LG

Christa

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Das, was Claudia schreibt, ist interessant, aber wenn mich nicht noch jemand vom Gegenteil überzeugt, werde ich jetzt auf Nummer Sicher gehen und statt "Mörder" Unbekannter schreiben.

 

LG Cornelia

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Ich würde auch nicht "Mörder" schreiben. Das verwirrt. Ist auch m. M. n. zu direkt, zu plump. Lieber Fragen aufwerfen: seltsamer Brief eines Unbekannten. Etwas im Inhalt löst Unbehagen aus, was könnte das bedeuten?, etc. etc.

Die Montalban-Reihe, Die Normannen-Saga, Die Wikinger-Trilogie, Bucht der Schmuggler, Land im Sturm, Der Attentäter, Die Kinder von Nebra, Die Mission des Kreuzritters, Der Eiserne Herzog, www.ulfschiewe.de

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Das, was Claudia schreibt, ist interessant, aber wenn mich nicht noch jemand vom Gegenteil überzeugt, werde ich jetzt auf Nummer Sicher gehen und statt "Mörder" Unbekannter schreiben.

 

LG Cornelia

 

So würde ich es auch passender finden.

Ich schreibe oft in einer engen personalen Perspektive ohne Perspektivwechsel in einzelnen Szenen - will heißen, es gibt nur immer eine Personen, von der in der dritten Person erzählt wird und sonst keine andere. Der Leser ist also fast so nah am Protagonsiten dran, wie an einem, der die ganze Zeit in der Ich-Perspektive erzählt. Da würde ich einen solchen Perspektivbruch wahrscheinlich eher nicht wagen.

Aber wenn es keine so enge personale Perspektive ist, dann empfinde ich es als durchaus möglich und auch reizvoll, auch einmal Erzählerwissen einzustreuen.

 

Lieber Gruß,

Juliane

"Man kann auf seinem Standpunkt stehen, aber man sollte nicht darauf sitzen."

Erich Kästner Vorträge und Lesungen einstudieren  und  Autorenseite Juliane Breinl

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