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MichaelT

Von Mädchen zu "sie"?

Empfohlene Beiträge

Hallo zusammen,

 

ich überarbeite gerade meinen Prolog, und da bräuchte ich mal eure Hilfe.

 

Im ersten Satz spreche ich von "das Mädchen", um das es im Prolog geht, und dort namenlos bleibt.

"Mädchen" soll auch auf jeden Fall da bleiben, weil ich es für einen guten ersten Satz brauche.

Es gibt im Prolog keine anderen Figuren, also sind auch keine Dialoge dazwischen.

 

Jetzt klingt im Verlauf des Prologs immer wieder "das Mädchen" oder "es" nicht gut,

weshalb ich gerne möglichst schnell zu "sie" wechseln würde.

 

Wie kann ich das möglichst elegant machen, damit mir Agent oder Lektor das nicht um die Ohren hauen

(da es die erste Seite betrifft, wäre es blöd, wenn sie da schon drüber stolpern würden).

 

Kann ich direkt beim zweiten Satz zu "sie" wechseln?

Oder einmal "es" schreiben, und dann "sie"?

 

Ist der Wechsel innerhalb eines (kurzen) Kapitels überhaupt "erlaubt"?

 

Wenn ja, bräuchte ich eine Methode, das zu tun, ohne dass man beim Lesen darüber stolpert.

 

Viele Grüße,

Michael

Bearbeitet von MichaelT
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Nur ganz kurz (bin gerade heimgekommen) und nur als Notfallhilfe, bis die Grammatikasse auftauchen:

Darf man und es gibt sogar einen schicken lateinischen Namen dafür, der mir gerade nicht einfällt.

 

Liebe Grüße

Uschi

 

Edit: Tante Google führt mich zu einem gewissen Montsegurforum (oder so ähnlich), die sagen, es heißt Constructio ad sensum. :D

Bearbeitet von Uschi
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Hallo Michael,

 

ja, das leidige "das Mädchen".

 

Ich hatte auch einmal den Fall, wo eine Zwölfjährige längere Zeit nur "das Mädchen" genannt wurde, und wollte das auch gerne mit "sie" ersetzen. Ist mir im Lektorat aber ausgetrieben worden, da bestand man auf "es". Immer. So habe ich es dann auch gemacht, aber nur so selten wie möglich, und sonst mit Ersetzungen wie "das Kind" oder "die Kleine" gearbeitet - bei Letzterem kann man dann endlich mal "sie" verwenden.

 

Liebe Grüße

Inez

Rebel Sisters 1: Die Pilotin (Lübbe, Juli 2024)

www.inez-corbi.de

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"Ich hatte auch einmal den Fall, wo eine Zwölfjährige längere Zeit nur "das Mädchen" genannt wurde, und wollte das auch gerne mit "sie" ersetzen. Ist mir im Lektorat aber ausgetrieben worden, da bestand man auf "es". Immer. So habe ich es dann auch gemacht, aber nur so selten wie möglich, und sonst mit Ersetzungen wie "das Kind" oder "die Kleine" gearbeitet - bei Letzterem kann man dann endlich mal "sie" verwenden."
 
Und Du hast Ihnen gesagt: "Das heißt Constructio ad sensum und ihr seid doof?"
Bei mir hat man das immer durchgehen lassen. (Ich habe nur das mit dem doof immer weggelassen.)
 
Probleme habe ich immer nur hier mit der Zitierfunktion. Manchmal immer. >:(
Bearbeitet von Uschi
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Und Du hast Ihnen gesagt: "Das heißt Constructio ad sensum und ihr seid doof?"
Bei mir hat man das immer durchgehen lassen. (Ich habe nur das mit dem doof immer weggelassen.)
 
 

 

Tja, das hätte ich damals wissen müssen ;-). Hab ich aber nicht. Heute würde ich's aber so machen

Rebel Sisters 1: Die Pilotin (Lübbe, Juli 2024)

www.inez-corbi.de

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Danke schon mal!

 

Stimmt - da gibt es wirklich schon alte Threads zu.

 

Sorry, hab ich übersehen!

 

Laut der "Constructio ad sensum"-Regel (die ich noch nie gehört habe) ist es ja sogar innerhalb eines Satzes "erlaubt". :o
 

Bearbeitet von MichaelT
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Das Fräulein stand am Meere

und seufzte, ach so bang;

es rührte sie so sehre

der Sonnenuntergang

(H.Heine)

 

Die Grammatik spricht hier von Nah- und Fernkongruenz.

Kongruenz bedeutet, dass die Dinge zusammen passen müssen, in diesem Fall das grammatische Geschlecht von Nomen und Pronomen.

 

Das Fräulein – so nah wie der Artikel steht kein anderes Wort dem Nomen, Nahkongruenz also, was heißt, dass das Neutrum bleiben muss.

Der Satz mit es rührte sie so sehre ist schon viel weiter weg – Fernkongruenz also. Und da ist ein Wechsel zum natürlichen, biologischen Geschlecht nicht nur erlaubt, sondern sogar erwünscht. Alles andere gilt als veraltet.

 

Angelika

Laudatio auf eine kaukasische Kuh. Eichborn 2021. 

Alicia jagt eine Mandarinente. dtv premium März 2018. Die Grammatik der Rennpferde. dtv premium Mai 2016

www.angelika-jodl.de

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Danke für das Aufleben des Themas, hatte ich auch grad und bin froh, dass ich es jetzt noch ändern kann, bevor das Manuskript endgültig fertig ist.

 

LG Cornelia

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Ich kenne es, auch vom Übersetzen her, auch so, dass auch schon in einem Satz das "sie" kommt.

Ein "es" (wie Inez es beschreibt) wurde vom Lektorat noch nie verlangt, im Gegenteil.

Komm wir essen Opa.

SATZZEICHEN können Leben retten.

www.mcpoets.de

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Mich stört es immer, wenn etwas zwar grammatikalisch richtig ist, ich aber davon ausgehen muss, dass viele Leser dies nicht wissen und es für falsch halten. Also versuche ich, solche Situationen irgendwie aufzulösen.

In dem von Dir erwähnten Fall schiebe ich z. B. quasi als Adapter einfach den Namen zwischen das "Mädchen" und "sie":

 

"Schließlich tauchte das Mädchen hinter einem Magnolienstrauch auf. Es trug einen langen Pferdeschwanz, der leicht hin und her wippte, während es auf den Teich zulief. Ich war damals zehn Jahre alt und Emily fünf, und ich beneidete sie darum, dass sie diesen sonnigen Morgen im Garten verbringen konnte, während ich zur Schule musste."

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Musst du nicht, Andreas. Hier hat die Biologie schon längst über die Grammatik gesiegt. Bzw. es  ist heute grammatikalisch richtig, wenn du sofort nach dem ersten Satz mit sie weitermachst.

 

Angelika

Laudatio auf eine kaukasische Kuh. Eichborn 2021. 

Alicia jagt eine Mandarinente. dtv premium März 2018. Die Grammatik der Rennpferde. dtv premium Mai 2016

www.angelika-jodl.de

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Grammatik ist im Kopf. Sie IST Biologie und Soziologie. Sie lebt. Nur in staubigen Grammatikbüchern, die uns vorschreiben, was richtig und falsch ist, ist sie tot. 

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Das Fräulein stand am Meere

und seufzte, ach so bang;

es rührte sie so sehre

der Sonnenuntergang

(H.Heine)

 

 

Aber mal ernsthaft: "Es rührte Es so sehre" würde schon irgendwie seltsam klingen … ich glaub, der Heinrich hat da bloß die Satzmelodie optimieren wollen. ;-)

 

Eva

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Ja, die Zeile mit zwei „es“ würde schon seltsam klingen, weil man sonst verwirret wäre. Was rührte denn was so sehre? Doch der Sonnenuntergang das Fräulein am Meere.

 

Und wie weiß man das? Weil Heine offenbar verstanden hat, wie man sprachliche Form (Grammatik) verwendet, um Bedeutungen verständlich zu machen. Ihm war klar, dass semantische Kongruenz Vorrang vor der syntaktischen hat (Bedeutung vor Form).

 

Bei „es rührte es so sehre“ könnte man den Bezug auf (Koreferenz mit) „Fräulein“ mental kaum noch herstellen. Daher klingt der Satz seltsam. Das liegt also an der Satzsemantik. Das erste „es“ brauchte Heine als unpersönliches „es“, um das Subjekt des Satzes  (Sonnenuntergang) ans Ende stellen zu können, und das hat ja den gewünschten Effekt der Komik. (So lese ich jedenfalls das Gedicht – es macht sich lustig über romantische Gefühlsduselei.)

 

Mich beeindruckt bei diesem Beispiel, dass Heine sich nicht von der im 19. Jahrhundert noch viel stärkeren Gängelung durch präskriptive Grammatik (basierend auf dem Lateinischen) beeindrucken ließ und sich stattdessen von seiner Intuition über die Eigenschaften der deutschen Sprache leiten ließ.

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Ich hab da grad noch ein Beispiel aus meinem aktuellen Roman, zu dem ich gern eure Meinung hören würde. Im Augenblick habe ich mich konsequent an das "es" gehalten. Wo, meint ihr, wäre es besser, zum "sie" zu wechseln?

 

"Sieht ein pubertierendes Mädchen seinen Vater nicht als ersten Menschen des anderen Geschlechts, als seinen Held gewissermaßen? Von dem es sich bewundert, in seiner Frauenrolle bestärkt fühlen will?"

 

LG Cornelia

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Michael, Dein zukünftiger Lektor hat später ja vielleicht auch noch ne Meinung dazu. Meine ist: Pfeif was auf Sebastian Sick. Mädchen ist eindeutig weiblich. Also der Mensch, der damit benannt wird. Ich selbst mache das "immer", dass ich zum "sie" wechsle. Ich versuche dann, das so elegant wie möglich dem Leser unterzujubeln. Aber zu schreiben: "Das Mädchen tat dies und jenes. Später ging es ..., dann dachte es ..." halte ich für schräg, kalt, falsch (natürlich nicht im grammatischen Sinne).

 

Gruß

 

A

www.klippenschreiber.de

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Ich hab da grad noch ein Beispiel aus meinem aktuellen Roman, zu dem ich gern eure Meinung hören würde. Im Augenblick habe ich mich konsequent an das "es" gehalten. Wo, meint ihr, wäre es besser, zum "sie" zu wechseln?

 

"Sieht ein pubertierendes Mädchen seinen Vater nicht als ersten Menschen des anderen Geschlechts, als seinen Held gewissermaßen? Von dem es sich bewundert, in seiner Frauenrolle bestärkt fühlen will?"

 

LG Cornelia

Könnte man von mir aus so lassen, Cornelia, da die erste Folge – seinen Vater – noch relativ nah am neutralen Nomen steht.

 

Es spricht aber heute auch nichts mehr dagegen, wenn du ab hier schon umstellst: 

 

"Sieht ein pubertierendes Mädchen ihren Vater nicht als ersten Menschen des anderen Geschlechts, als ihren Helden gewissermaßen? Von dem sie sich bewundert, in ihrer Frauenrolle bestärkt fühlen will?"

 

Mach es so, wie es dir am eingängigsten klingt, falsch ist keins von beiden.

 

Angelika

Laudatio auf eine kaukasische Kuh. Eichborn 2021. 

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Danke, liebe Angelika. Wenn ich das richtig interpretiere, ist es aber angesagt, entweder ALLES feminin oder ALLES neutrum zu machen? Also geht z.B. nicht, bei "seinem Vater" noch neutrum und ab dann femininum?

 

LG Cornelia

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Die Nachfrage ist sehr gut, Cornelia.

 

Ich habe nämlich jetzt im ersten Satz "es" stehen, weil es da gut klingt.

 

Dann einen Satz dazwischen (ohne "Mädchen", "sie" oder "es") - und ab da "sie".

 

M.E. stolpert man so weder beim ersten Satz noch beim Wechsel zu "sie" drüber.

 

Und der Wechsel fällt (gerade durch den Satz dazwischen) m.E. auch viel weniger auf als "sie" direkt im ersten Satz.

 

Ist das falsch; also geht der Wechsel nicht?

Muss ich dann schon direkt beim ersten Satz "sie" nehmen?

Bearbeitet von MichaelT
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Du kannst es so halten, wie von mir vorgeschlagen, Cornelia:

"Sieht ein pubertierendes Mädchen ihren Vater nicht als ersten Menschen des anderen Geschlechts, als ihren Helden gewissermaßen? Von dem sie sich bewundert, in ihrer Frauenrolle bestärkt fühlen will?"

 

 oder einen Zwischenschritt einbauen: 

 

"Sieht ein pubertierendes Mädchen seinen Vater nicht als ersten Menschen des anderen Geschlechts, als seinen Helden gewissermaßen? Von dem sie sich bewundert, in ihrer Frauenrolle bestärkt fühlen will?"

 

Innerhalb eines Satzes umstellen wäre seltsam.

 

Im Prinzip gilt die Nahkongruenz – also das Gebot, beim Neutrum zu bleiben – nur für zwei Fälle. Einmal den Artikel:

 

Die Mädchen = falsch, bäh, no, don't do it. Der zweite Fall ist das Relativpronomen:

 

Das Mädchen, die ich kenne ... nein, kreisch, so nicht.

 

Ansonsten gerne beim biologischen Sexus bleiben, wenns beliebt. Sowieso bei Namen, wo zumindest die Schweizer das Neutrum einst sehr liebten:

 

Das Heidi sprang den Berg hinan, es liebte ja sehr die Schafe, seinen Öhi und das Alpenglühn.

 

Möglich, aber sehr antiquiert.

 

Angelika

Bearbeitet von Angelika Jo

Laudatio auf eine kaukasische Kuh. Eichborn 2021. 

Alicia jagt eine Mandarinente. dtv premium März 2018. Die Grammatik der Rennpferde. dtv premium Mai 2016

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