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ChristineN

Apostroph bei fehlenden Buchstaben im Dialekt

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Guten Morgen,

 

Ich arbeite gerade an einer Serie historischer Krimis aus der Zeit der österr-ungar. Doppelmonarchie und bin mir nicht sicher, wie ich den Dialekt am besten umsetzen soll. Es werden in der österreichischen Mundart viele Buchstaben einfach weggelassen. In der Mitte des Wortes aber auch am Ende.

Bislang habe ich es so gehalten, dass ich fehlende Buchstaben innerhalb eines Wortes ignoriert habe wegen der besseren Lesbarkeit, Nur bei fehlenden Buchstaben am Ende eines Nomens habe ich ein Apostroph gesetzt z.B.

 

"Der Ostflügel soll gsäubert werden und das Gras vor dem Schloss ist mannshoch, das ghört gschnitten."

"Dauernd hat sie den Kopf zwischen zwei verstaubten Buchdeckeln, anstatt sich um die Gäst' zu kümmern."

 

Nun bin ich mir aber nicht sicher, ob ich nicht auch innerhalb der Wörter ein Apostroph setzen muss, also:

 

"Der Ostflügel soll g'säubert werden und das Gras vor dem Schloss ist mannshoch, das g'hört g'schitten."

 

Muss ich tatsächlich bei jedem fehlenden Buchstaben ein Apostroph setzen?

 

lg

Christine

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Hallo Christine,

 

laut Duden ist das Setzen des Apostrophs bei Auslassungen sowieso Auslegungssache; er wird gesetzt, wenn die verkürzten Formen sonst schwer lesbar wären. Letztendlich wird es wohl eine Entscheidung sein, die im Lektorat getroffen wird, je nach Politik des Hauses. Ich habe es beispielsweise bei einem Verlag erlebt, dass dort grundsätzlich auch jedes Kann-Komma gesetzt wird, auf das man eigentlich verzichten könnte.

 

Liebe Grüße

Katja

Mehr über mich, meine Bücher und meine Arbeit als Lektorin unter: katja-kulin.de

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Hallo, Christine,

 

ich bin zu einem ähnlichen Schluss gekommen wie Katja. Im Duden steht dazu:

 

"Man kann einen Apostroph setzen, wenn Wörter der gesprochenen Sprache mit Auslassungen schriftlich wiedergegeben werden und sonst schwer verständlich sind <§ 97>.

  • So 'n Blödsinn!
  • Nimm 'ne andere Farbe.
  • Gehen S' 'nauf!
  • Er hat g'nug.
  • Sie saß auf'm Tisch.
  • Wir gehen in'n Zirkus."

In dem Buch, das ich gerade lese (Krimi, Wien in der Jetztzeit), werden ständig Abkürzungen ohne Apostroph verwendet, und zwar in der wörtlichen Rede und im inneren Monolog. Das stört überhaupt nicht, wohingegen ständige Apostrophe stören würden. Es ist also oft eine individuelle Entscheidungssache.

Wobei man sich fragen muss, ob die Duden-Beispiele ohne Apostroph nicht komisch klingen würden.

 

  • Son Blödsinn!
  • Nimm ne andere Farbe.
  • Gehens nauf!
  • Er hat gnug.
  • Sie saß aufm Tisch.
  • Wir gehen inn Zirkus."

LG

Christa

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Ich danke euch. Eben weil ich selbst zu viel gesetzte Apostrophe nicht gut leserlich finde. Dann habe ich jedoch zur Recherche in alten Texten gewühlt und da kommen ständig diese Apostrophe vor. Diesbezüglich hat sich wohl in der Schreibweise zugunsten von mehr Freiheit etwas geändert. Bin erleichtert.

 

Herzlichst,

Christine

Bearbeitet von ChristineN
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Zwar ist Dialekt gesprochene Sprache, aber es gibt innerhalb des Dialekts keine Unterscheidung zwischen Schriftlichkeit und Oralität, weil Dialekt – das ist einer seiner Wesenszüge – gar nicht verschriftet ist. Das heißt, dass auf diesem Gebiet praktisch alles erlaubt ist. Einerseits sehr gerecht, weil sich Dialekte manchmal ja auch noch von Ortschaft zu Ortschaft, mindestens aber regional unterscheiden (wir haben in Niederbayern zu Mädchen etwa Deandl gesagt, später habe ich in der Oberpfalz Moidl gehört und zurück in Oberbayern hieß es dann Diandl).

 

Andererseits öffnet es einem gewissen Wildwuchs die Türen. In dem – ansonsten sehr lesenswerten – Buch von Volker Weidermann über die Münchener Räterepublik steht "Aba, woaßt ös..." und "Wally, an Schweinshaxn!" (p. 12 und 13), was derart daneben ist, dass es die morphologische Struktur des Bairischen verletzt. Rückübersetzt ins Schriftdeutsche müsste da stehen: "Aber weißt ihr es ..." und "Wally, einen Schweinshaxe!" Dialekt steht für Authentizität. Wenn dabei rauskommt, dass der Autor den Dialekt gar nicht kennt, ist das kontraproduktiv.

 

Zusammengefasst und als Antwort auf Christines Frage: Für das Schreiben von Dialekt gilt kein Duden. Man muss den Dialekt im Ohr haben und so fein wie möglich nach dem Gehör schreiben. Die Frage nach dem Apostroph ist daher eine eher optisch-ästhetische. Ich würde ihn weglassen.

 

Angelika

Laudatio auf eine kaukasische Kuh. Eichborn 2021. 

Alicia jagt eine Mandarinente. dtv premium März 2018. Die Grammatik der Rennpferde. dtv premium Mai 2016

www.angelika-jodl.de

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 Andererseits öffnet es einem gewissen Wildwuchs die Türen. In dem – ansonsten sehr lesenswerten – Buch von Volker Weidermann über die Münchener Räterepublik steht "Aba, woaßt ös..." und "Wally, an Schweinshaxn!" (p. 12 und 13), was derart daneben ist, dass es die morphologische Struktur des Bairischen verletzt. Rückübersetzt ins Schriftdeutsche müsste da stehen: "Aber weißt ihr es ..." und "Wally, einen Schweinshaxe!" Dialekt steht für Authentizität. Wenn dabei rauskommt, dass der Autor den Dialekt gar nicht kennt, ist das kontraproduktiv.

 

Habe auch noch was anzumerken. Aba, woaßt ös -​ so etwas habe ich schon in Regionalkrimis gelesen. Wenn das durchgängig vorkommt, selbst bei nur einer Figur, habe ich schon drübergelesen oder auch abgebrochen. Ich bin gebürtig aus Norddeutschland und habe nie Dialekt gesprochen. Also würde ich auch nicht versuchen, Dialekt in meine Texte zu bringen. Höchstens spezifische Ausdrücke, die im Zusammenhang verständlich sind. Also "Klönschnack", wenn es im Norden spielt, "du Grasdackel", wenn in Schwaben oder " du kalekutische Henne", wenn im 17. Jahrhundert. 

 

Das Apostrophproblem  deiner beiden Sätze, Christine

 

"Der Ostflügel soll gsäubert werden und das Gras vor dem Schloss ist mannshoch, das ghört gschnitten."

"Dauernd hat sie den Kopf zwischen zwei verstaubten Buchdeckeln, anstatt sich um die Gäst' zu kümmern."

 

könntest du natürlich lösen, indem du einfach "gehört" und "Gäste" einsetzt - man hört den Dialekt auch so raus. Du müsstest also immer entscheiden, wo der Dialekt plastisch rüberkommen soll und ob es passt oder nicht. Gar nicht so einfach, wirklich.

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Danke liebe Christa,

 

und du sagt es. "Gar nicht so einfach." Weil es jeder/jede anders aufnimmt, wohl je nachdem ob selbst Dialekt gesprochen wird oder nicht. Ich dachte immer, weniger ist mehr, wichtig ist doch, dass es ALLE verstehen,  aber dann hörte ich bei Lesungen oft: "Warum kommt in Regiokrimis so wenig Dialekt vor?" Sodass ich bei Lesungen aus meinen Krimis immer öfter Dialekt gelesen habe, selbst wenn dort gar keiner oder kaum ein Dialekt steht.  :-X Und es kam gut an ;D

 

Ach weh, ach weh, wer die Qual der Wahl hat :s01>:(:-? ,

 

lg

Christine

Bearbeitet von ChristineN
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Ich finde deine ursprüngliche Vorgehensweise eigentlich schon optimal, Christine.

Ein Apostroph nur am Wortende. Weil man z. B. "Gäst" sonst vielleicht für einen Tippfehler halten könnte.

Und ansonsten ohne Apostroph. Das ist ja auch immer direkte Rede, und wenn man dann Anführungsstriche, Kommata und Apostrophe zusammennimmt, ergibt das fürs Schriftbild ein ziemlich unruhiges Gestrichel, finde ich.

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