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(Steffi (Ronya))

Beschreibung von Personen

Empfohlene Beiträge

Und langsam möchte ich doch gern ein bißchen mehr über Dich wissen - bei 16 Beiträgen an einem Tag ;D - wie wär's mit einem klitzekleinen Sätzchen im Profil? :s21

 

Der immer neugierige

Jan

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@Jan

 

Ist doch schon geschehen! Klein und fein - ja! :)

Okay, 16 Beiträge und so: Ich gebe es zu: Quasselstrippe (aber mit Niveau, hoffe ich! :)...)

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Hallo Jan,

Ich hab grade Petras Buch gelesen - und überlege...

Ich kann mich ums Verrecken nicht an eine einzige Personenbeschreibung erinnern - trotzdem hab ich sämtliche "Mitspieler" noch immer vor Augen, und zwar ganz lebendig.

 

Gute Frage! Ich hab jetzt erst mal selbst nachschauen müssen! :s09

Ich muss dazu sagen, dass ich als Leserin direkte und absatzlange Personenbeschreibungen verabscheue. Die findet man auch meist in einer gewissen Qualität von Büchern, die ich mir nicht gerne antue. Ich bevorzuge indirekte Beschreibungen, verstreute, organisch gewachsene... und will vor allem noch Platz für Fantasie haben.

Tatsächlich gibt es Personenbeschreibungen in meinem Buch, aber nur ab und zu wie mit dem Pinsel hingeklatscht. Das darf ich in meiner Art Roman, ein Lektor eines anderen Genres (z.B. Fantas / Historischer Roman) würde das sicher monieren!

 

Wie sie das hingekriegt hat? Hmmm, das ist wohl ihr Geheimnis - und wahrscheinlich hat sie die Personenbeschreibungen derart raffiniert verpackt, daß sie mir gar nicht aufgefallen sind

Ich hab mal bei der Hauptperson Karen geschaut. Da sie in Ich-Form erzählt, gibt es wirklich nicht viele Einzelheiten. Sie wirkt durch ihre Psychologie - sicher auf jeden anders. Als sie sich über die Erleuchtungsdamen in Wallekleidern lustig macht, erwähnt sie, dass sie mit Jeans und T-Shirt wohl zu den Außenseitern in der Gruppe zählt.

Man erfährt, dass sie sich mit allerlei seltsamen Nahrungsmitteln vollstopft aus Kummer, und sich auf der Waage vorkommt wie eine Elefantenkuh auf einer gläsernen Hängebrücke. Wie dick sie wirklich ist, bleibt der Fantasie überlassen. Denn warum sollen sich nur Frauen mit 65 kg identifizieren? ;-)

Als sie verliebt scheint, freut sie sich über ihre Augen im Spiegel. Wenn sie rennt, rutschen ihr die Haare aus den Spangen. Und man weiß, dass sie 42 ist. Mehr braucht's nicht. ;D

 

@Petra, falls Du mitliest: Ich überleg immer noch, aber ich wüßte wirklich nicht mal Karens Haarfarbe...doch nicht etwa rot? :s22

Wenn es dir hilft... würde ich eine Schauspielerin nach dem Aussehen suchen, wäre es wahrscheinlich Christine Neubauer :s02

Rot ist die Protagonistin in meinem neuen Roman (bitte nicht immer die Hauptfiguren mit mir verwechseln)... da beginne ich das Buch ja mit einer exzessiven Personenbeschreibung (hier unter Textkritiken), weil es um eine wichtige Charakterprägung geht.

 

Ich hab aber auch Personenbeschreibungen drin, die vielleicht so unmöglich sind, dass sie dir nicht aufgefallen sind? Mein Liebling dabei ist Tom, ein zwei Zentner schwerer Computermensch, der mit jeder normalen Beschreibung halt einfach nur klischeehaft würde. Den beschreibe ich intensiv, ja eigentlich exzessiv... ich bringe nämlich gleich noch den Ort der Handlung unter, ein Eiscafé. Auch das beschreibe ich nicht explizit.

 

Liest sich so:

"Tom, dieser Zweizentnermensch, der sein Charisma im Gegensatz zu anderen Leuten fleischlich verbreitet, lächelt versonnen in seinen latte macchiato, für den zwischen einem üppigen Kirschbecher und einer Portion tirami su kaum Platz auf dem Tisch bleibt. Als sich auch noch seine Backen im Ausdruck inneren Glücks plustern, muss ich an einen Engel aus Sahne denken, eine barocke Putte, die in Wolken aus geschäumter Milch schwebt."

 

Das führe ich dann später fort, indem ich einen seiner Lachanfälle beschreibe:

"Tom grölt. Seine Lache wirkt zuerst wie ein kollektiver Genickschlag, schließlich reißt sie das ganze Lokal mit. Der Blumenständer vor seinem Bauch wackelt, die Sahneputte stürmt brüllend und röhrend durch den Milchwolkenhimmel, erschüttert ein paar Mascarpone-Berge in der Ferne und verebbt glucksend am Eisstrand."

 

Du hast also Recht und auch wieder nicht. Ich beschreibe schon, aber eben nicht, wie es der Schreibratgeber empfiehlt ;-)

 

Schöne Grüße,

Petra

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Tja Petra, ich finde Du beschreibst besser als der Schreibratgeber es empfiehlt  :)

Ganz im Ernst - so wie Du es hier machst ist es doch optimal: Du beschreibst die Person indem Du sie charakterisierst und all das auch noch in Handlung einbettest. Würde ich jederzeit als Lehrbeispiel gelten lassen. Denn wen interessiert es, ob Tom braune, blonde oder schwarze Haare hat? Er steht einem vor Augen, und genau darum geht es doch letztendlich bei den leidigen Personenbeschreibungen.

 

Liebe Grüße

Ursula

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Hallo Jan,

 

Bei einem Roman sollte man immer

 

Vorsicht mit solchen Ratschlägen, die wie Gesetze klingen ;D

 

Vollkommen Recht, Jan.

 

Ich habe bisher ein Buch gelesen, wo vollständig darauf verzichtet wird- und das ist lange her. Ein Monolog oder ein Dialog zwischen einem Mann und den Symbionten auf seinem Kopf- wobei unklar ist, ob der da ist.

 

Ich meine aber mit Personenbeschreibung nicht nur direkte Personenbeschreibungen ala:

 

Das flachsfarbene Haar von Marie war über ihren Scheitel sorgsam in einen französischen Zopf geflochten, sittsam war jedes Haar tief eingewebt. Ihre Augen hatten die Farbe von Birkenblättern, vielleicht etwas heller, umgeben von einem dünnen Rand braun. Es waren Augen, die viel gesehen hatten, wie man an den kleinen Falten unterhalb der Lider erkannte, an den kleinen Falten neben den Augen. Es waren aber auch die Zeichen einer gewissen Güte, einer Rechtschaffenheit, die man in diesen Falten erkennen konnte.

Die Nase war französisch, wie man gerne sagt, wenn die Nase, ein wenig stubbig ist, die Nasenspitze den ganzen Tag gen Himmel weißt, auch wenn die Person gar nicht gen Himmel sieht. Die hohen Wangenknochen, vermutlich das dunkle Erbe der Völkerwanderung, gaben ihrem fast kindlichen Gesicht eine etwas herbe, weibliche Note, vor allem weil Marie sie mit einem dezenten Kniff in ein Rouge getaucht hatte.

Die Lippen waren so voll, wie man es erwarten durfte, wenn man die lebensfreudige Art von Marie kannte.

 

Ein Großteil meiner Beschreibungen ist über den Text versteckt und indirekt. Es fängt an wie jemand spricht, Tonlage, Wortwahl, Satzbau.

Auch Beschreibungen von Hintergrund sagen etwas über eine Figur aus, wie auch Körpersprache oder Reaktionen.

Selbst in Romanen beschreibe ich nie länger als drei Sätze hintereinander eine Figur im klassischen Sinne. Hier mal zwei Personenbeschreibung, verteilt über den Text, aus meinem letzten Romanversuch:

 

Benedikt hatte seinen Headset auf. Seine geeligen Haarstoppel berührten fast das Schiebedach, während seine Augen auf den kleinen Display neben dem Radio sahen. Wahrscheinlich hast du meine SMS gar nicht gelesen. Weil du beschäftigt bist und unaufmerksam, Benedikt, sonst wärst du längst weitergefahren. Wahrscheinlich geht es wieder um irgendein Feature, daß Herr Hennes im Netz entdeckt hat und das nun innerhalb einer Woche in die virtuelle Galerie des Auktionshaus Hennes-Backhaus eingefügt werden muß. Wie hat er noch bei dem Geschäftsessen gesagt: Eine Galerie ist nun mal eine Galerie, auch wenn sie nur eigentlich ein Auktionshaus ist, und hat einen ganz eigenen künstlerischen Anspruch in ihrer Präsentation.

 

oder:

Sie meinte ein paar graue Haare über den Ohren zu entdecken, auch wenn sie sich aus der Entfernung nicht sicher war. Und sagen durfte sie ihm das sowieso nicht. Und da war dieses Grübchen an seinem Mund, erinnerte sie sich, etwas unterhalb des Mundwinkels, der Benedikt Lügendetektor. Sein Gesicht schien immer fast ungerührt, doch dieses Grübchen verriet ihn immer wieder. Ich könnte ein Buch schreiben, dachte sie, nur über dieses Grübchen. Wie es sich leicht hebt, wenn er glücklich ist, tiefer wird, wenn er lügt, und manchmal, wenn er ganz ernst sein will, dann verrät es ihn. Dann zuckt es, wird tiefer, und ich weiß, daß alles nicht so schlimm ist.

 

Man darf die Leser nicht für so dumm halten - Stichwort Kino im Kopf!

Ich hab ja schon gesagt, daß ich solche Beschreibungen meist überfliege - und manchmal hinterher merke, ich hatte den ganzen Roman über z.B. eine blonde Frau im Kopf, einfach aufgrund ihres Verhaltens - und der Autor hatte sie als schwarzhaarig beschreiben! ;D

 

Hier unterscheiden sich unsere Meinungen: Ich halte meinen Leser nicht für dumm, obwohl ich längere Beschreibungen mache.

Ich versuche sein Kopfkino zu verwenden, ihm aber einen Einblick in Raum und Figur zu geben,um das Kopfkino anzuregen.

 

Gruss

 

Bluomo

"Als meine Augen alles // gesehen hatten // kehrten sie zurück // zur weißen Chrysantheme". Matsuo Basho

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(Peter_Dobrovka)

Ich habe im entsprechenden Thread ja was von "Nur beschreiben, was wichtig ist" und "Verstreuung der Details" gesprochen. Desweiteren von der geschickten Einbettung.

 

Vielleicht sollte man - wie schon angefangen - ein paar konkrete Beispiele unter die Lupe nehmen.

 

Hier ein paar Auszüge aus "Das blaue Portal" (Die Chroniken der Anderwelten 1, ISBN 3937419012) am Beispiel der Hauptperson Eva. Ich habe mal die wesentlichen Personenbeschreibungen rausgestrippt, teilweise mit etwas "Fleisch" drumheurm, damit der Kontext ersichtlich wird. Meistens erwähne ich den Löwenanteil dann, wenn die Figur erstmals in Erscheinung tritt.

 

Eva ist insofern etwas ungewöhnlich, weil sie ihr Aussehen während des Romans auch noch verändert.

 

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Der jüngste Sproß der Familie sah nicht aus wie jemand mit einem „von“ im Namen. Auf dem Bahnhof hätte man dieser grünhaari-gen Gestalt mit der rot-weiß-quergestreiften Strumpfhose und dem „No Future“-T-Shirt wahrscheinlich eine Münze in die Hand gedrückt. Eva war besonders stolz darauf, das erste Mädchen in ihrer Klasse mit doppelt durchstochenen Ohrläppchen zu sein, und daß ihr ausdrucksvoll geschminktes Gesicht sie fünf Jahre älter aussehen ließ, als sie in Wirklichkeit war.

[...]

Die letzten hundert Stufen waren die übelsten gewesen. Ihre Knie waren Pudding und die Beine Zementsäcke. Der Muskelkater würde fürchterlich werden. Sie hatte zwar schon seit Jahren keinen mehr gehabt, aber sie war auch noch nie zweitausend Treppenstufen in weniger als einer halben Stunde hinaufgelaufen. Sie hatte nur noch einen Wunsch: Sich so rasch wie möglich in ihr warmes, weiches Bett fallen zu lassen.

Wie gut, daß Friedrich nicht dabeigewesen war, als Eva sich mangels Toilette auf der Treppe hatte erleichtern müssen. Diese Schande hätte sie nicht ertragen. Ihr war alleine zwar ein wenig mulmig gewesen, aber letzten Endes war sie ohne ihren Onkel besser bedient. Er nervte. Eva erinnerte sich dunkel, daß Friedrich früher einmal ganz anders gewesen war, aber heute war er nur noch ein fetter Jammerlappen.

Evas eigene Kondition war das genaue Gegenteil. Sie fuhr viel auf ihrem grünen Fahrrad durch das ebenso grüne, hügelige Land, war Mitglied im Karateverein und besaß zwei schwere Stahlhanteln. Ihre Klassenkameraden hatten Respekt vor ihr – auch die Jungs. Es war wichtig, stark und wehrhaft zu sein, denn die Welt war voller Arschlöcher. So wie ihr letzter Ex-Freund, dem sie notgedrungen eine kostenlose Nasenkorrektur hatte verpassen müssen.

[...]

Verantwortungsloses Schwein!“ tobte Otto. „Wie konntest du das nur tun?“

Friedrich schluckte. „Dein kleines Töchterlein ist so groß wie ich“, verteidigte er sich, „mindestens tausendmal stärker, besser in Form, und außerdem abgebrüht wie ein Teppichhändler. Vor was könnte ich sie schon beschützen?“

[...]

Lesly wollte nun alles auf eine Karte setzen. Er würde diese schlafende Menschenfrau mit der Waffe zwingen, ihn zu den großen Pferden zu führen. Den Schlüsselbund hatte er ihr bereits abgenommen und Blässy gegeben. Seine orangebraune Schwester besaß zwar keine Ausbildung, aber sie war die Zweitälteste in der Gruppe und konnte mit Schlüsseln umgehen.

Neugierig besah sich Blässy die Person auf dem Bett. Sie hatte noch nie einen Menschen mit grünen Haaren gesehen. Aber wenn die Pferde hier anders waren, warum nicht auch die Menschen? Die Metallringe in den Ohren erregten Blässys Aufmerksamkeit ganz besonders. Pferde bekamen einen Nasenring, wenn sie gegen ein wichtiges Gesetz verstießen, dies hier schien etwas Ähnliches zu sein. Der Gedanke, daß Pferde hier zu Menschen genauso waren, wie zuhause Menschen zu Pferden, behagte Blässy nicht. Ihr Bruder hatte derlei nie erwähnt.

Lesly stellte sich mühsam auf seine Hinterbeine, richtete den Gewehrlauf auf den Menschen und stupste ihn damit mehrfach in die Brust. Die anderen Pferde stellten sich im Halbkreis auf und sahen zu, was nun passieren würde.

 

Es dauerte einen Moment, bis Eva die Augen aufschlug, einen weiteren, bis sie die fünf Gestalten vor sich erkannte, und einen dritten Moment, bis ihr Gehirn soweit hochgefahren war, daß sie auf die Situation reagieren konnte.

Ihre mit blauem Lidschatten nachgedunkelten Augenlider verschwanden hinter den hervortretenden Augäpfeln, als sie realisierte, daß ein schwarzer, pferdeköpfiger Gnom ein Gewehr auf sie gerichtet hielt. Der Anblick war so grotesk, daß Eva Lesly einfach nur ungläubig anstarrte. Langsam zog sie sich auf dem Bett zurück, bis sie die harte Wand im Rücken spürte.

 

Auf dem Weg kam sie an einem Spiegel vorbei. Sie sah sich nur für den Bruchteil einer Sekunde, fand den Anblick jedoch höchst interessant. Die Uniform stand ihr gut, paßte sogar farblich zu ihrem Haar. Für einen Moment fand sie den Gedanken, Polizistin zu werden, höchst amüsant.

[...]

Als Eva ins Zimmer trat, fiel Lesly sofort auf, daß etwas an ihr ganz anders war als sonst. Doch er war sich nicht sicher, ob das überhaupt möglich war und er es sich nicht einbildete:

„Eva, dein Haar ist schwarz!“

„Ja, hab ich gestern gemacht“, erwiderte Eva in einem sonderbar gleichgültigen Tonfall. „Das paßt besser zu mir. Ich bin ein Kind der Dunkelheit.“

„Du hast es gemacht?“ fragte Lesly verwundert. Das konnte er sich nicht vorstellen, und in seinem Erstaunen vergaß er, sich über den zweiten Teil von Evas Antwort Gedanken zu machen. „Kannst du dein Haar verändern, wie es dir beliebt?“

Eva schien einen Moment verwirrt zu sein, dann erschien ein Lächeln auf ihrem erschreckend bleichen Gesicht. Endlich! Es war ein warmes, gütiges Lächeln, für das Lesly seine Seele verpfändet hätte. Eva erklärte ihm, daß man in dieser Welt Mittel kaufen konnte, um sich die Haare zu färben.

„Warest du zu vorher auch nicht echt?“ erkundigte sich Lesly.

„Aber Lesly“, sagte Eva und piekte ihn mit dem Finger in die Schulter, „hast du etwa geglaubt, es gibt Menschen mit grünen Haaren? Also wirklich!“

Das hatte Lesly in der Tat geglaubt, und nun kam er sich äußerst dumm vor. Allerdings besaß er – im Gegensatz Eva – nicht die Fähigkeit, zu erröten.

„Und was ist dein richtig Farbe?“

„Ich glaube, blond.“ Evas Lächeln wich einem abwesenden, glasigen Blick. „Aber ich bin eigentlich nie blond gewesen, und ich war auch schon lange nicht mehr grün …“

„Dieses verstehe ich nicht“, meinte Lesly.

[...]

Eva erschien leise und unauffällig, und nahm sofort Kurs auf ihr Zimmer. Sie lief im Rittersaal an Otto vorbei, ohne von ihm Notiz zu nehmen. Es schien fast, als schlafwandelte sie.

Vor allem aber hatte sie sich deutlich verändert: Ihre gesamte Kleidung war nun schwarz, vom Pullover über die Hose bis zu den Schuhen. Ihr langes Haar, sonst zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden, hing offen über die Schultern und zum Teil ins Gesicht. Das wiederum war bleich und wirkte müde, und die Augen waren gerötet als hätte sie geweint.

[...]

„Ich wohne auf einer Burg.“

„Ja ja, sicher doch. Und wo soll diese Burg liegen?“

„In Hessen. Es ist Burg Grauenfels.“

„Klasse. Und als nächstes wirst du mir erzählen, daß du die Tochter von Graf Dracula bist. Genauso siehst du nämlich aus.“

Hierauf wußte Eva nichts zu antworten. Sie wußte noch nicht einmal, ob sie sich darüber ärgern durfte.

[...]

„Warum hast du vorhin gesagt, daß ich wie Draculas Tochter aussehe?“ wollte Eva wissen.

„Schau dich doch mal im Spiegel an“, gab Karina zur Antwort. „Du siehst aus wie ein lebender Toter. Ich mach mich zwar auch manchmal so zurecht, aber es ist was anderes, ob man sich nur schminkt oder wirklich so aussieht. Ich hab schon gedacht, du nimmst Drogen, aber an deinen Armen sind keine Einstiche.“

[...]

Da an den Wochenenden Ausgangsfreiheit herrschte, lud Karina Eva ins Kölner Nachtleben ein. Bedingung war allerdings, daß Eva sich den blondgewordenen Haaransatz schwarz nachfärbte und ihre schwarzen Sachen anzog. Karina selbst war an dem Abend nicht wiederzuerkennen, sie trug einen wallenden schwarzen Rock, hatte ihr Haar zu einer Bürste hochtoupiert, dazu schwarzen Lidschatten, schwarzen Lippenstift und Unmengen von Silberschmuck angelegt.

[...]

Der erste Meter erwies sich als weit weniger schlimm, als sie gedacht hatte, doch dann begann der Balken zu knirschen. Karina war sich sicher, daß er bei Eva nicht geknirscht hatte, aber so genau hatte sie nicht darauf geachtet.

Sie war etwa zehn Kilo schwerer als Eva, konnte es vielleicht daran liegen?

[...]

Eva nahm ihr Medaillon, das sie um den Hals trug, in die Hand. Darin tickte eine Uhr, und sie zeigte Viertel vor Sechs.

[...]

Anders Erklärungen hatten jedoch nur dazu geführt, daß Eva sich verstärkt fragte, wie ihr wohl ein Nasenring stehen würde. Ein paar ihrer Bekannten in Köln trugen einen, und sie empfand eine gewisse heimliche Bewunderung für sie. Allerdings, so fand Eva, mußte man dazu auch die passende Nase haben. Ihre eigene war ihr immer ein wenig zu lang erschienen, und diesen Zinken zu schmücken würde auch bedeuten, die Aufmerksamkeit darauf zu ziehen, sich lächerlich zu machen …

[...]

„Eins würde mich noch interessieren“, meinte Eva. „Warum nennst du mich immer Pferdegesicht?“

„Weil du ein Pferdegesicht hast.“

„Ich finde nicht, daß ich ein Pferdegesicht habe!“

„Doch, wenn ich dich von der Seite ansehe, hast du so einen langen Mund wie ein Pferd.“

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