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(Petra)

Nur Unterhaltung?

Empfohlene Beiträge

Liebe Leute,

könnten wir bitte wieder zum Thema des Threads zurückkehren - die ZEIT-Debatte und resultierende Fragen aus dieser... oder ein neues Thema aufmachen? Thema war nicht: Wie bringe ich Kids zum Lesen?

Danke, Petra

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Gern zurück zum Thema :)

 

Also deine Frage: darf man mehr als Unterhaltung wollen? Ich denke, man muß sogar. Gut verpackt und heimlich hintenrum ist keine Schande - es ist ohne Frage eine Sache der Moral. Einen anderen Menschen heimlich zu beeinflussen sollte sicher nicht auf die leichte Schulter genommen werden. Aber ganz besonders wenn wir uns nun noch einmal den Medienopfer-Artikel vornehmen, sehen wir doch, daß die Beeinflussung der Menschen durch die Medien inzwischen ein solches Ausmaß angenommen hat, daß es gar nicht mehr anders geht - sofern man den Anspruch hat, Weltverbesserer zu sein.

 

Wenn ich die in meinem Profil erwähnten Herren Holt und Pratchett betrachte, hat man doch ein gutes Beispiel. Ich gehe davon aus, daß die allermeisten Leser diese beiden Autoren zur reinen Unterhaltung lesen und nur hinter den Lachern her sind. Aber beide verpacken mal offensichtlicher, mal heimlicher eine gewisse Moral in ihre Geschichten. Ob der Leser es nun merkt oder nicht - aufgenommen hat er es.

 

Immerhin ist es auch so, daß selbst bei "reiner" Unterhaltung der Leser beeinflusst werden kann. Was zum Beispiel, wenn ein "anspruchsloser" Unterhaltungsroman mit dummen Klischees über Menschen gespickt ist? Es war keine Absicht dahinter, der Autor hatte halt nur die reine Unterhaltung vor Augen. Der Leser prägt sich aber diese Klischees ein und festigt im schlimmsten Falle sein Weltbild, daß Frauen/Männer/Deutsche/Amerikaner/Franzosen/Türken/etc. "eben so sind". Der Schaden wäre doch sehr ärgerlich, selbst unbeabsichtigt.

 

@Peter:

Ich habe dein Computerspiele-Buch im Regal - werde gleich noch einmal darin stöbern ;)

 

Gruß

Matt

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Hallo Matt,

tja, wir manipulieren natürlich immer, schon wenn wir einen Leser zum Lachen oder Weinen bringen wollen, an genau der dafür vorgesehenen Stelle.

Nach deinem Posting erschrecke ich gerade darüber, dass ich ja doch die Welt verbessern will. :o

 

Ich erinnere mich an eine heiße Diskussion hier in den Anfangszeiten, wo es um Frauenromane ging. Ich gehörte damals der Fraktion an, die sich laut wunderte, wie man nach Jahrzehnten harter Kämpfe um Emanzipation in diesem Genre Uraltrollenklischees zementiert und wieder alles beim Märchenprinzen enden muss.

 

Ich will die Diskussion nicht wieder aufwärmen, aber ich stelle fest, dass ich gerade in dieser Hinsicht schon absichtlich Subversives einbaue - mit dem oben angesprochenen Risiko, mich nicht so leicht zu verkaufen wie das Klischee. Ich sehe es z.B. nicht ein, dass Protagonistinnen immer jung, tough, Superweib sein müssen. Meine sind mindestens vierzig und haben dementsprechende Brüche in sich. Klar, bezwecke ich damit etwas. Vordergründig z.B., endlich mal all die Leserinnen über 40 zu bedienen, die sonst oft leer ausgehen. Hintergründig entwerfe ich andere Lebenswelten. Da ist mir oft schon das erwartete Happy-End zuwider ;-)

 

Und natürlich plane ich da noch viel Fieseres... ich freue mich z.B. über jeden Mann, der mein Buch als Menschenroman liest und nicht merkt, dass es als Frauenroman verkauft wird. Ja, doch, ich will die Welt verändern. Allerdings hab ich's nicht so mit der Moral. Ethik ja. Aber gerade ein Künstler muss auch hinter gängige Moralvorstellungen schauen können - die haben nämlich eine Menge mit Rollenklischees und Machtverhältnissen zu tun... Oft ist es für mich zwingend, mich außerhalb allgemeiner Moral zu stellen, um sie zu hinterfragen. (Wie gesagt, Ethik und Moral fein unterschieden!)

 

Schöne Grüße,

Petra

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Recht hast du - natürlich muß man zwischen Moral und Ethik unterscheiden. Und Ethik zu vermitteln ist vermutlich auch wertvoller, weil universeller als die klassische "Moral von der Geschicht'".

 

Daß du dich jetzt doch als Weltverbesserin outest, kann ich nur begrüßen - deine "subversiven" Vorstellung klingen sehr interessant und führen hoffentlich auch zu den erhofften Ergebnissen :)

 

Gruß

Matt

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(Siberianchan)

Ich habe mal diesen schönen Spruch gelesen: "Ein wirklich guter Schriftsteller ist, wer seinem Leser Ethik und Moral vermittelt, ohne dass er es bemerkt, da er zu sehr unterhalten wird."

 

Tja... nur, welcher Autor kann das von sich behaupten? Ich glaub, ich nciht, ichhab beim durchlesen meiner Texte zu oft das Gefühl, den Zeigefinger erhoben zu haben.

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Gute Frage, Petra. Darf ein Schriftsteller sowas? Wenn er kann, dann darf er nicht nur, dann soll er!!! Petra, du kannst es, also gehe hin und nutze dein Talent.

Kennt ihr das nicht auch? Du liest ein Buch, einen Roman, flott geschrieben, sehr unterhaltsam, guter Plot, interessante Figuren, alles dabei was ein Buch gut macht. Dann liest du es zuende, legst es weg und fühlst da fehlt irgendwas. Das war gute Unterhaltung aber keine gute Literatur. Ich denke dann manchmal, was wollte der Autor mir damit sagen? Das kann doch nicht alles gewesen sein?

Dank Petras Thread kann ich von jetzt an den Finger darauf legen und genau sagen was mich stört. Ich will mehr als nur eine Geschichte erzählt bekommen...

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Hallo Rocker,

du bringst mich auch auf einen Effekt... es gibt diese unvergesslichen Bücher. Die können sogar Schwächen haben, die Sprache ist vielleicht nicht mal das, was ich erwarte, aber das Buch lässt mich nicht mehr los. Ich denke in allen möglichen Lebenssituationen dran, immer wieder beziehe ich daraus eine neue Idee. *Das* sind die Bücher, die ich liebe. Aber mir geht es wie dir - ich kann selten genau definieren, was es eigentlich ausmachte.

 

Schöne Grüße,

Petra

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