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(Jan)

Nicht ohne meinen Lektor

Empfohlene Beiträge

Besser ist man bestimmt dran, wenn man mehrere Meinungen einholt zu seinem Manuskript einholt und nebeneinanderstellt. Je mehr, desto besser.

 

Das kommt auch immer darauf an, wie man mit diesen Meinungen umgeht. Um Goethe zu zitieren: "Getretener Quark wird breit, nicht stark."

 

Wenn man viele Meinungen einholt ist die Versuchung groß, es allen Recht zu machen oder zumindest der Mehrheit. Dieser Weg führt aber meist in die Irre. Ein Buch muss es denen Recht machen, die es kaufen sollen; und was die anderen sagen, die nicht zur Zielgruppe gehören, ist irrelevant. Ein Buch, dass bei allen oder bei einer breit gestreuten Mehrheit "glatt durchgehen" soll, erleidet allzu oft das Schicksal, dass es bei niemandem hängen bleibt: Keiner hat was gegen das Buch, aber es hat auch keiner wirklich einen Grund, es zu lesen. Denn wer kauft schon ein Buch, nur weil er nichts daran auszusetzen findet? ;)

 

Manchmal ist es besser, auf eine Meinung zu hören - wenn diese Meinung von jemandem kommt, der das Buch "richtig" versteht. Wer das ist, dass muss der Autor bei seinen Testlesern selbst beurteilen können (und das ist keine leichte Aufgabe). Bei verkauften Manuskripten muss man sich darauf verlassen, dass der jeweilige Lektor auch der "richtige" Leser ist; aber die Wahrscheinlichkeit ist nicht so gering, denn immerhin hat der Lektor das Buch ja schon "gekauft" und daher wohl etwas darin gesehen, was sich herauszuarbeiten lohnt.

Sinn ist keine Eigenschaft der Welt, sondern ein menschliches Bedürfnis (Richard David Precht)

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Stellt Euch doch mal einen Maler vor, der - während er an einem Bild arbeitet - mit seinem halbfertigen Gemälde von Kollege zu Kollege pilgert und auch sonst jeden in sein Atelier schleift, um Meinungen, Ratschläge, Reaktionen zu sammeln.

 

Ja, das ist ein klasse Bild ;D

 

Das bringt wohl plastisch rüber, was ich mit meinem letzten Posting nur theoretisiert habe. Ergänzen möchte ich dann nur: Es kann allerdings durchaus was bringen, wenn der Maler mit seinem Bild zur richtigen Zeit zum richtigen "vertrauten Ratgeber" geht und sich noch einige Inspirationen und Verbesserungsvorschläge holt.

Sinn ist keine Eigenschaft der Welt, sondern ein menschliches Bedürfnis (Richard David Precht)

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(scriptscreening)
Ich glaube fast, wir reden hier ein bißchen aneinander vorbei. .

 

Selbst wenn ich jetzt wieder gescholten werde: jemand, der professionell schreiben will, muß auch in der Lage sein, einen Roman ganz allein hinzukriegen, ohne daß ihn jemand am Händchen führt.

 

 

Hallo Jan,

 

kann sein, dass wir aneinander vorbei reden. Mir fallen halt die Danksagungen vieler Autoren ein, die am Ende von erfolgreichen Büchern stehen, und die richten sich häufig auch an Menschen, die das Manuskript immer wieder gelesen haben (oft ist es die Ehefrau oder der Ehemann) und wichtige Hinweise gegeben haben.

 

Klar, ein Autor sollte es auch allein schaffen. Wäre auf jeden Fall schön, ist aber besonders beim ersten Buch schwierig, wenn man kein Genie ist und keine Möglichkeit hatte, das Handwerk zu erlernen.

 

Grüße vom Jürgen Kinghorst

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Ein Buch muss es denen Recht machen' date=' die es kaufen sollen; und was die anderen sagen, die nicht zur Zielgruppe gehören, ist irrelevant..[/quote']

 

Der Meinung bin ich mittlerweile auch. Mir ist auch schon aufgefallen, dass Leute, die gerne mein angestrebtes Genre lesen meinen Roman besser finden, als welche, die andere Genres bevorzugen.

Ist die Rubrik Textkritik nach dieser Erkenntnis dann überhaupt noch relevant? :-X

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Hallo Spinner,

 

Ich glaube, da verwechselst du die üblichen Schreibwerkstätten-Kritiker auf Schullehrer-Niveau mit normal ausgebildeten Lektoren, die erstens ein einschlägiges Studium hinter sich haben und zweitens eine praktische Ausbildung, bei der sie es gelernt haben sollten, den Kompromiss zwischen Literatur und Ware, zwischen Theorie und Markterfordernissen zu finden.

 

Nein. Ich verwechsele da nichts. Wir reden in diesem Thread von Lektoren. Und genau über die spreche ich.

Und genau du sprichst es hier an: Lektoren müssen Kompromisse finden- und machmal gibt es für einen Autor im Wachsen nichts schlimmeres als die vielen (und manchmal faulen) Kompromisse.

 

Zu den Schreibwerkstättenkritiker und den studierten Lektoren:

Du suggerierst das eine Berufsbezeichnung und ein Studium einen Kritiker besser machen würde als einen anderen. Eine in Deutschland beliebte Taktik: Scheingläubigkeiten- ein Abschluß macht einen Menschen besser als einen anderen. Und die Praxis sei der dazugehörige Königsweg.

Ich bezweifele dies stark.

 

Jeder richtige Lektor sollte eigentlich Erfahrung mit den verschiedensten Textarten und Zielgruppen haben und daher wissen, dass das, was für die eine "Schublade" nicht passt, für eine andere gut geeignet sein kann; und dass es keinen "Fehler" gibt, der grundsätzlich nicht erlaubt ist - wenn es nur für den Text funktioniert. Ein Lektor trifft Einzelfallentscheidungen auf Basis dessen, was für den vorliegenden Text das Beste ist oder möglicherweise eine Verbesserung sein könnte. Er muss versuchen, den speziellen Stil des Autors herauszuarbeiten - nicht ihn glattzubügeln.

 

Du gehst hier von einem idealen Lektor aus, und einen Buch, wo es nicht zwei unterschiedliche Meinungen zu geben kann. Aber es gibt oft zwei oder mehrere Meinungen, und gerade schwierige Bücher sind schwer zu verkaufen- auch durch Lektoren in den Konferenzen.

Lieber noch einen wie Grisham, als einen schwierigen Neuling,....

 

Gruss

 

Thomas

"Als meine Augen alles // gesehen hatten // kehrten sie zurück // zur weißen Chrysantheme". Matsuo Basho

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Zitat: "Klar, ein Autor sollte es auch allein schaffen. Wäre auf jeden Fall schön, ist aber besonders beim ersten Buch schwierig, wenn man kein Genie ist und keine Möglichkeit hatte, das Handwerk zu erlernen."

 

Nun, wer schreibt denn letztlich das Buch? Der Lektor oder der Autor? Oder vielleicht beide gemeinsam? Vielleicht sollte man die Kirchen in den potemkinschen Dörfern belassen, denn da gehören sie hin: Der Autor liefert den Steilpass, den der lektor nur noch einzulochen braucht - so einfach ist das.

 

Abgesehen davon, glaube ich nun wirklich nicht, dass man Schreiben lernen kann. Es ist ebenso mit Talent verknüpft wie beliebige viele andere Dinge auch, die man zwar augenscheinlich "lernen" kann, aber damit bestenfalls Durchschnittliches erreichen kann. Schon deshalb, weil nicht mehr dabei herauskommen wird, als das, was gelehrt wurde...

 

Ganz abgesehen davon: Ein Lektor ist seinem Dienstherrn, sprich Verlag, in ganz spezifischer Weise verpflichtet. Und der bestimmt letzten Endes auch die stilistischen Vorgaben.

 

Q.E.D.

 

Erich

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Abgesehen davon' date=' glaube ich nun wirklich nicht, dass man Schreiben lernen kann. Es ist ebenso mit Talent verknüpft wie beliebige viele andere Dinge auch, die man zwar augenscheinlich "lernen" kann, aber damit bestenfalls Durchschnittliches erreichen kann.[/quote']

 

Hoch zu Roß...  8)

 

Hier nur ein kleiner Einwand: Was genau ist für dich 'Durchschnitt'? Und warum erklärst du deine 'nicht lernen können' Theorie nicht mal der ein oder anderen Journalistenschule?

 

Gruß, M.

 

P.S. geQed't hast du meiner Ansicht nach gar nichts...

 

Ach Mist, und dafür hab ich nu meinen 100. Eintrag verschwendet!  : Wo's doch den schönen Folter-Thread gibt...

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(scriptscreening)

Abgesehen davon, glaube ich nun wirklich nicht, dass man Schreiben lernen kann. Es ist ebenso mit Talent verknüpft wie beliebige viele andere Dinge auch,

 

Lieber Erich,

 

ich geben Dir eingeschränkt Recht: ohne Talent erreicht man nur Durchschnitt.

Andererseits: Ohne Lernen erreicht das Talent auch nicht mehr.

 

Gruß vom Jürgen Kinghorst

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Schreiben ... ist ebenso mit Talent verknüpft wie beliebige viele andere Dinge auch
Exakt, Erich - genau darauf wollte ich hinaus, hab es nur nicht so deutlich sagen wollen :-/

 

Es kann allerdings durchaus was bringen, wenn der Maler mit seinem Bild zur richtigen Zeit zum richtigen "vertrauten Ratgeber" geht und sich noch einige Inspirationen und Verbesserungsvorschläge holt[
Völlig richtig, Spinner - aber das ist wieder was anderes, und das gilt auch für das, was Du, Jürgen, angeführt hast, die Danksagungen in manchen Büchern.

 

Viele Autoren haben ja einen Intimus (oder auch zwei), dem sie vertrauen können, dessen Urteilsvermögen sie kennen, der einen guten Blick für ihre Stärken und Schwächen hat, der vielleicht selbst was vom Metier versteht - und das ist in manchen Fällen wirklich fast eine intime (Arbeits-)Beziehung.

Somit etwas völlig anderes als ein eigens engagierter Lektor (und nur die habe ich gemeint, nicht die Verlagslektoren).

 

Da beschleicht mich nämlich auch der Verdacht, den Minka geäußert hat... Soweit ich weiß, ist Lektor keine geschützte Berufsbezeichnung, es darf sich also jeder so nennen.

Ich will den vielen Leuten, die etwa im Internet ihre Dienste anbieten, gar nichts unterstellen, sie bemühen sich vielleicht nach Kräften - verstehen aber möglicherweise zu wenig von der Sache.

 

Und dann kommt so was raus, was Du, Bluomo, beschreibst - denn da muß ich Spinner einfach recht geben: das klingt mir doch eher nach Schreibwerkstattsleiter; kein "gestandner" Lektor wird einem Autor den eigenen Stil, den Text oder gar das Selbstbewußtsein kaputtmachen - im Gegenteil: er wird ihn hätscheln und behutsam zum Blühen bringen.

 

Gruß

Jan

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@ Marco/Huutini:

es tut mir wirklich leid, dass du deinen Centurio so leichtfertig verschleudert hast.

 

Lernen ist per se mit dem Sammeln, Auswerten und Einordnen von Erfahrungen verbunden, die mit Hilfe Dritter (Erfahrener) konstituiert werden. Daraus ergibt sich auch die Schnittmenge, die ich mit Durchschnitt bezeichnet hatte - kumulierte Adaption, einfach ausgedrückt.

 

Ein Talent (im weitesten Sinne) adaptiert und antizipiert nicht, sondern agiert. Um beim Schreiben zu bleiben und das Thema nicht zu sehr zu strapazieren: Jemand, der Schreiben "gelernt" hat, kann gar nichts anderes sein als ein austauschbarer Posten: Kalkulierbar, konform und "up to date".

 

Jemand, der ein natürliches Talent dafür mitbringt, wird schon alleine aufgrund der Tatsache, dass er/sie in keine Schablone eingepasst werden kann, auf sich aufmerksam machen.

 

Und - um zum Lektorat noch etwas zu sagen: Jeder angestellte Lektor hat seinen Arbeitsvertrag zu erfüllen, nicht die Interessen des Autors. Daher sind manche Texte (gleichen Genres, versteht sich) in manchen Verlagen auch so verdammt gleich...

 

DAS wollte ich damit beweisen: Auch Lektoren sind nur Menschen - may be. Nichtsdestotrotz sind sie eine ideale Ergänzung, um die Schwächen eines Autors zu kaschieren, ohne ihn zu diskreditieren. Und das ist im Sinne aller Beteiligten gut so.

 

 

Erich

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@ Marco/Huutini:

es tut mir wirklich leid, dass du deinen Centurio so leichtfertig verschleudert hast.

Ach, das bezog sich ja nicht auf dich, sondern auf das Lektoren-Thema, das mir gar nicht liegt...

 

Aber zurück: Weiß eigentlich jemand, wie das mit einem Lektorat für Fachbücher aussieht?

Als Student habe ich nämlich leider immer wieder mit Büchern zu kämpfen, die unlesbar sind, weil deren Autoren offenbar weder Talent, noch das Schreiben gelernt haben.

 

Typischer Problempunkt ist die Lesbarkeit, besonders das unnötige Anhäufen von Fremdwörtern, nur um den Anschein von Intellekt zu wahren, wobei auch solche Texte eigentlich für alle verständlich verfasst sein sollten!

Ich mein, ich versteh die Texte, aber Not tut dat nich..

 

Die Texte würden keinem normalen Lektor über den Tisch kommen...

 

Gruß, Marco! :s17

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Du suggerierst das eine Berufsbezeichnung und ein Studium einen Kritiker besser machen würde als einen anderen.

 

Nein, ich wende mich nur gegen die in Deutschland weit verbreitete Ansicht, dass jeder weiß, wie man schreibt, weil man das ja schon in der Schule lernt. Und am besten noch durch ein paar Ratgeber a la "Schreiben für Dummies" vertieft hat.

 

Ich rede einfach von garantierter Masse und garantierter Breite: Man muss wohl davon ausgehen, dass man nicht durch ein Germanistikstudium gekommen ist, ohne sich mindestens 3000 Stunden reflektiert mit Literatur zu beschäftigen - dieses Fundament kann man ohne Studium zumindest nicht voraussetzen. Außerdem kann man im Studium nicht nur das lesen, was einem gefällt - man kann also nach einem Studium auch voraussetzen, dass der Betreffende einen breiteren Überblick über das hat, was sprachlich und literarisch möglich ist, als der Autodidakt, der zwar möglicherweise auch seine 3000+ Stunden Literaturerfahrung hat, aber sein Leben lang ausschließlich hastig übersetzte Wildwest-Romane gelesen und analysiert hat. Also würde ich zumindest sagen, dass man bei einem studierten Lektor davon ausgehen kann, dass er weniger Dinge bemäkelt, nur weil er sie nicht kennt.

Denn, wenn man es mal nüchtern feststellt: Natürlich gibt es in Deutschland jede Menge potenzielle Lektoren ohne Studium, die trotzdem ein vergleichbares Wissen angesammelt haben und mehr auf die Reihe kriegen als manch studierter Profi - genau wie es sicher auch autodidaktische Elektronikfreaks gibt, die manchen erfahrenen Elektriker blass aussehen lassen. Andererseits würde sich jeder schon genau überlegen, wen er an seiner Hauselektronik herumwerkeln lässt, während er an seine Texte jeden ranlässt und dabei großzügig verkündet, dass die Betonung einer soliden Ausbildung ja nur eine "typisch deutsche Macke" ist.

Nun, im Gegensatz zur Elektronik riskiert man bei Texten keine Menschenleben. Aber das Risiko für die Qualität der Arbeit dürfte dasselbe sein.

 

Das zweite ist die Praxis. Ich weiß noch sehr gut, was für Vorstellungen ich nach dem Studium hatte - und wie schnell mir in der Praxis die Zähne gezogen wurden. Die Erfahrung in einem professionellen Verlag halte ich daher für ebenso unverzichtbar wie theoretische Kenntnisse, denn nur dort kann man die eigenen (Vor-)Urteile wirklich auf die Probe stellen. "Mach den Lesertest" und "Setze dich mit anderen Fachleuten auf Augenhöhe auseinander" - wer das nie machen musste, der kann ungestört sein Leben lang mit irgendwelchen Regeln rumwurschteln, die in Wirklichkeit nur seine persönliche Meinung sind, oder die eigene, fehlerhafte Interpretation halb verstandender Handbuchregeln.

 

Also, ich sehe schon einen Unterschied zwischen einem Kritiker, der all diese Erfahrungen hinter sich hat, und einem, der vielleicht die eine oder andere Erfahrung hat - oder vielleicht auch nicht.

 

Das es zu einem Buch unterschiedliche Meinungen gibt, ist bekannt; und natürlich pflegen auch Lektoren mehr oder minder ihre Meinung. Ich habe schon oft genug erlebt, wie Kollegen sich über "grauenhafte Mängel" in einem Text aufgeregt haben, und ich schaue drauf und denke mir nur: "Na ja, kann man ändern - stört aber auch nicht wirklich." Und ebenso oft habe ich erlebt, wie meine eigenen "Ärgerfehler" ebenso mit einem Achselzucken abgetan wurden.

Aber: Gerade weil "traditionell" ausgebildete Lektoren so etwas zwangsläufig erlebt haben, ehe sie eigenständig auf Texte losgelassen werden, wissen sie auch um die Relativität ihrer Meinung. Sie wissen, dass die eigene Meinung ebenso auf dem Prüfstand steht wie der bearbeitete Text - und dass sie dem Autor in erster Linie Möglichkeiten aufzeigen und nicht Möglichkeiten beschneiden sollen.

Und trotz aller Unterschiede in den Meinungen: Es gab immer einen harten Kern an Textmängeln, wo weit gehende Einigkeit unter allen Kollegen herrschte - und eigentlich konnten alle Lektoren, die ich getroffen habe, diesen Kernbereich sprachlicher Qualität von den "diskutierbaren" Fragen unterscheiden. Es ist das, was ich als grundsätzliche Druckfähigkeit eines Textes bezeichnen würde.

 

Also, ich würde in der Textarbeit unterscheiden zwischen offenkundigen und eindeutigen Mängeln, bei denen ein Autor schlichtweg lernen muss, wie man es richtig macht - weil nämlich in diesen Fällen der Autor keinen "eigenen Stil" durch diese "Abweichungen von der Norm" entwickelt, sondern einfach schon darin scheitert, eine Norm für seine Texte zu entwickeln, von der er dann gezielt und überlegt abweichen kann.

 

Und darüber hinaus gibt es eine "Feinjustierung", in die dann auch die subjektive Perspektive des Lektors als "Außenkorrektiv" zum Autor miteinfließt. Diese Feinjustierung sollte dann aber dem Verlagslektor überlassen bleiben, für einen zahlenden Verleger, der dann auch eine konkrete Zielgruppe im Blick hat.

 

Aber es gibt eine Menge Dinge, die ein erfahrener Lektor mit Fingerspitzengefühl eindeutig und im Einklang mit dem Autor an einem Text verbessern kann; und bei denen letztlich der "eigene Stil" des Autors tatsächlich nur Eigensinn und mangelnde Kritikfähigkeit darstellt und nichts, was es sich zu erhalten lohnte.

Sinn ist keine Eigenschaft der Welt, sondern ein menschliches Bedürfnis (Richard David Precht)

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Hallo Spinner,

 

der Vergleich des Handwerkers mit dem Autor hinkt, wie du selber anführst: Denn wenn Schreiben nur Handwerk wäre, dann könnte jeder es lernen- und zwar auch auf jedem Niveau.

Und würde ich einen Freund an meiner Elektronik fummeln lassen- lasse ich regelmäßig, weil es ein Preisfrage ist und auch die Arbeit eines Elektrikers nicht immer 100% ist. Bei einem Freund weiß ich aber recht schnell, was er kann.

 

Außerdem hinkt dein Beispiel in der Praxis, meiner Meinung nach.

Ein guter Leser wird mir bei einem Text sagen können, was ihn stört. Somit habe ich ein Indiz, was fehlt.

Ein professioneller Leser bemerkt, daß ihn etwas stört, und sagt wie ich es seiner Meinung nach ändern könnte oder müsste. Aber das muß nicht richtig sein.

Einige der wichtigsten Schreibentscheidungen habe ich bei guten Lesern überprüft, weil die mir eine andere Rückmeldung geben können, als Lektoren.

 

Es gibt nämlich einen wichtigen Unterschied zwischen Lesen und professionell Lesen. Weil ein professioneller Leser viele Dinge in einem Text gar nicht wahrnimmt, weil er sich auf andere Dinge konzentriert. Und ja, da bin ich mir bei vielen professionellen Lesern ziemlich sicher. Die haben recht schnell einen Mechanismus: Problem 1, Lösung könnte a.) oder b.) sein. Und das ist ebenfalls schwierig.

 

Gruss

 

Thomas

"Als meine Augen alles // gesehen hatten // kehrten sie zurück // zur weißen Chrysantheme". Matsuo Basho

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zu der frage bei lektoren und fachbüchern, ich veröffentliche meine fachbücher z.t. bei einem mittleren spezialverlag, der ca. 100 fachbücher im jahr, vielleicht auch etwas mehr und im verlag gibt es einen lektor und eine studentische hilfskraft. von meinen manuskripten werden die ersten 10 seiten einigermassen genau gelesen und daraus hinweise für das buch gegeben, das sind so vielleicht 20 hinweise, z.t. formal oder auch mal schreibfehler.

wenn ich mir vorstelle, dass meine bücher so wie ich sie zuerst vorlege, veröffentlicht würden, gute nacht.

aber ich habe jemand, mit dem ich mit meinen formulierungen kämpfe und manchmal zugeben muss, sie sind noch zu verbessern.

bei meinem 2. sachbuch in einem anderen verlag wollte eine lektorin mal meinen stil ihren vorstellung anpassen, obwohl das erste buch sehr gut angekommen ist. da habe ich dann nicht mehr mitgespielt, dann hat ein anderer lektoriert und seither läuft es ganz gut, es gibt immer wieder mal optimierungsvorschläge, die ich meist auch akzeptiere.

aber letztlich sind es immer meine bücher und meine texte und keine kooperationen

herby

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Ein guter Leser wird mir bei einem Text sagen können, was ihn stört. Somit habe ich ein Indiz, was fehlt.

Ein professioneller Leser bemerkt, daß ihn etwas stört, und sagt wie ich es seiner Meinung nach ändern könnte oder müsste.

 

Nun, es gibt diesen Unterschied zwischen "Testlesern" und "Lektoren", so wie du ihn beschreibst. Aber das schließt nicht aus, dass man sich die Leser der zweiten Kategorie noch mal genauer anschaut und nicht alles über einen Kamm schert.

Es gibt nämlich "professionelle Leser", die zwar merken, dass in einem Text was nicht stimmt, und die Lösungen anbieten - die damit aber zielsicher daneben greifen. Das passiert leicht dann, wenn man sein Handwerk über eigene Fehler gelernt hat und jetzt versucht, bei nicht funktionierenden Texten immer die eigenen Fehler zu sehen und die Mechanismen anzuwenden, die einem selbst geholfen haben. Deshalb auch meine Ansicht, dass Autoren nicht die besten Testleser bzw. als solche mit Vorsicht zu genießen sind.

 

Ein Lektor mit professioneller Ausbildung wird tendenziell häufiger tatsächlich den richtigen Punkt treffen, wo's in einem Text hakt, und er wird oft auch die beste Lösung vorschlagen - weil er nämlich für die meisten Probleme einen ganzen Fundus an Lösungsstrategien parat hat und das Auswählen kann, was zum vorliegenden Text passt. Denn ein Lektor wird in erster Linie den Text lesen, und er wird ihn aufmerksamer lesen als dein "guter Leser". Was ein Lektor nicht tut (tun sollte), ist es, nicht den Text zu lesen, sondern nur anhand des Textes "mechanisch" seine "Prüflisten im Kopf" abzuarbeiten.

Denn genau das ist die Arbeitsweise, an die ich denke, wenn ich "Schreibwerkstätten-Kritiker" sage. Insofern glaube ich nach deinen Ausführungen umso stärker, dass du da tatsächlich etwas verwechselst und die Negativbeispiele und Fehler der Schreibszene als typische und ideale Arbeitsweise ansiehst.

 

Das es auch im Verlagsbereich schlechte Lektoren gibt und Fälle, wo Autor und Lektor einfach nicht zusammenpassen - geschenkt. Ich wüsste keinen Arbeitsbereich, wo so was nicht auftreten kann. Aber das ändert nichts daran, dass es grundlegende Qualitätsunterschiede in der Lektoratsarbeit gibt. Und all die angehenden Autoren, die ich getroffen habe, die durch "Lektoren" in ihrem Selbstbewusstsein oder ihrem individuellen Ausdrucksvermögen Schaden genommen haben (und die sehe ich durchaus), hatten diese Erfahrungen nicht Profis zu verdanken, sondern "Lektoren", die sich nur selbst dazu ernannt haben.

 

Ein professioneller Lektor, der was taugt, wird nicht unbedingt jeden Mangel eines Textes finden; und er wird auch nicht zwangsläufig nur Verbesserungsvorschläge machen, die wirklich unumgänglich sind. Aber er wird kaum jemals "Verschlimmbesserungen" vorbringen, und er wird dafür sorgen, dass der Text im Rahmen der Zielvorgaben nach der Bearbeitung besser ist als vorher. Ein Autor wird davon in aller Regel profitieren können. Natürlich besteht die Gefahr, dass ein unerfahrener Autor durch diese Anleitung Fehler nicht machen wird, die ihm andernfalls vielleicht neue Wege aufgezeigt hätten. Aber beim eigenen Werkeln sind dafür Missverständnisse, Vorurteile und "Kurz-Schlüsse" an der Tagesordnung, die letztlich noch mehr Schaden anrichten können.

Letztendlich ist es sicher eine Frage des Lerntyps - aber der Lerntyp, der wirklich durch eine fundierte und korrekte Lektoratsbetreuung Schaden nimmt, dürfte wohl wirklich eine Randerscheinung darstellen und sehr viel seltener Auftreten als Schäden durch eigene Irrtümer oder unqualifizierte Betreuung.

Sinn ist keine Eigenschaft der Welt, sondern ein menschliches Bedürfnis (Richard David Precht)

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Also, ich würde in der Textarbeit unterscheiden zwischen offenkundigen und eindeutigen Mängeln, bei denen ein Autor schlichtweg lernen muss, wie man es richtig macht - .

 

Ja, watt denn jez? Gibt es was zu lernen oder wird dem echten, wahren Autor alles in die Wiege gelegt?

Ist schon der kein "richtiger" Autor mehr, der sich bezahlte (bose, bose, böse...) Hilfe holt und auf dieses wirklich fantastische Gefühl verzichten will, es nach 15 Lebensjahren tatsächlich ganz alleine geschafft zu haben, ohne eine schnöde Abkürzung (Lehrbücher, menschliche Ratgeber (nein, keine studierten Lektoren...) genommen zu haben?

 

Sind die Amerikaner und jetzt auch die Deutschen alle doof, die Kurse in Creative Writing anbieten? War John Irving bescheuert, erst in Wien Literatur zu studieren, ehe er sein erstes Buch schrieb?

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Ja, watt denn jez? Gibt es was zu lernen oder wird dem echten, wahren Autor alles in die Wiege gelegt?

 

Jetzt fühle ich mich verwechselt. Oder verwirrt. Der eine wirft mir vor, ich würde Abschlüsse und Ausbildung überbewerten; und der nächste wundert sich, dass ich von "lernen" spreche und sieht in mir einen Verfechter des reinen Genie-Gedankens.

 

Also, bevor ihr hier mit Steinen nach mir werft: Könnt ihr euch erst mal einig werden, wo ich überhaupt stehe? :s22

Sinn ist keine Eigenschaft der Welt, sondern ein menschliches Bedürfnis (Richard David Precht)

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Hallo Spinner,

 

jetzt bin ich extra noch mal aus dem Bett gekrochen, weil mir glühendheiß eingefallen war, dass ich bei meinem letzten Diskussionsbeitrag die Grußformeln vergessen hatte und jetzt muss ich auch noch feststellen, dass ich mich wohl an den falschen Adressaten gewandt hatte. Tut mir leid. :-[

 

Also: Du meinst, dass man doch einiges lernen muss oder darf, auch wenn man talentiert ist? Man darf also talentiert und trotzdem nicht perfekt sein? Gut, denke ich auch.

 

Und dass es am besten ist, wenn die hauptsächliche Lektoratsarbeit ein ausgebildeter Germanist durchführt, denke ich ebenfalls. Sonst hätte ich keinen so hochqualifizierten Mitarbeiter, der zusätzlich auch noch Psychologie studiert hat.

 

Gruß vom Jürgen

 

P.S.: Weil es nicht direkt zum Thema gehört: Dass der Lektor aber auf Grund seiner tollen Ausbildung weiß, wofür sich der Leser begeistert und was er ablehnt, das glauben wir schon längst nicht mehr. Dazu sind wir beide schon zu oft überrascht worden.

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Hallo Jürgen,

 

mit dieser Verwechslung hast du dich nach Thomas' Definition wohl als "professioneller Leser" qualifiziert :s22

 

Aber ich war noch lange nicht im Bett, habe gerade zu den beruhigenden Klängen chinesischer Musik Korrekturen eingearbeitet; habe keine Zeit, Abgabetermine - und schreibe trotzdem viel zu lange Postings. Ich werde versuchen, kürzer zu treten.

 

Dass der Lektor aber auf Grund seiner tollen Ausbildung weiß, wofür sich der Leser begeistert und was er ablehnt, das glauben wir schon längst nicht mehr.

 

Das ist wirklich ein anderes Thema, und auch nicht die vordringliche Entscheidung, die man beim Lektorat treffen muss - obwohl Erfahrungswerte, was Leser im Allgemeinen wie wahrgenommen haben, natürlich hilfreich sind. Aber zunächst mal geht es darum, aus dem vorliegenden Text das beste herauszuholen, was drinsteckt; und dann, wenn der Auftraggeber der Verlag ist, dessen Vorgaben, Richtlinien, Standards, "Vorstellungen" einzubringen - wie hier auch schon mal angesprochen wurde.

 

Ob dieses "Beste" den Leser dann begeistern kann ist eine Frage, die man lange vor dem Lektorat abgehakt haben sollte. Nämlich bei der Auswahl des Manuskripts.

Sinn ist keine Eigenschaft der Welt, sondern ein menschliches Bedürfnis (Richard David Precht)

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Hallo Jürgen,

 

mit dieser Verwechslung hast du dich nach Thomas' Definition wohl als "professioneller Leser" qualifiziert  :s22

 

.

 

Shit happens ;)

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