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(Minka)

Können Objekte sprechen?

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Hallo!

 

Bekanntlich soll man nicht an Verben sparen.

Irgendwo habe ich mal gelesen, es bringe mehr leben in den Text, wenn man z.B. ein Kissen nicht einfach auf dem Sofa liegen lässt, sondern es dort schlummern lässt. Oder "Blumen blühen nicht", sondern "freuen sich über das schöne Wetter"...

Das sind jetzt mal so schnell zusammen geschusterte Beispiele von mir - aber ich denke, ihr wisst, was ich meine.

 

Von vielen kommt hierbei der berechtigte Einwand: Kissen können nicht schlummern, sie liegen einfach nur da. Oder Blumen können keine Emotionen zeigen (zumindest nicht, dass wir wüssten).

 

Was denkt ihr? Ist es verwerflich, Gegenständen menschliche Züge anzudichten?

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Ich sehe es, wie Petra: Finger lieber davon lassen, die Gefahr besteht ins Schwülstige, Lyrische abzugleiten (es sei denn, das ist gewünscht?)

Ich würde es höchtens für überraschende oder komisch Momente verwenden: "Das leere Blatt grinste ihn hämisch an", "Gierig schluckte das Magazin die frischen Patronen", etc.

Aber auch das klingt gefährlich trivial... ;)

 

Andreas

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Hi Minka,

Sysai ist zwar nicht Petra :s01, aber ich meine dasselbe... obwohl... Tom Robbins hat in einem seiner Romane meisterhaft drei Gegenstände agieren und fühlen lassen...

 

Schöne Grüße,

Petra

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Was denkt ihr? Ist es verwerflich' date=' Gegenständen menschliche Züge anzudichten?[/quote']

Verwerflich nicht. ;) Einen bildlichen Gebrauch von Verben kann man durchaus pflegen, den gibt 's ja sogar in der Umgangssprache, z.B. wenn mich die Kälte ärgert -- es ist ja nicht die Kälte, die mich aktiv ärgert, sondern ich ärgere mich wegen der Kälte. ;)

 

Allerdings kann so ein metaphorischer oder bildlicher Gebrauch auch unfreiwillig komisch werden: über "schlummernde Kissen" muß ich z.B. grinsen. ;)

 

Liebe Grüße,

 

Iris

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Stefan Mühlfried

In meiner [...]

(aber das war mit der Frage wohl nicht gemeint)

"Schriftsteller sollten gar keine Adjektive haben. Sie sind keine französischen oder australischen Schriftsteller, sondern einfach Schriftsteller. Am Ende sind sie ohnehin nicht mal ein Substantiv, sondern ein Verb: Sie schreiben." - Richard Flanagan

Blaulichtmilieu   -   Zur Hölle mit der Kohle   -   Der steinerne Zeuge

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In meiner Kurzgeschichte "Ein Alien kommt selten allein" spricht ein altes Sofa...weil es ein Außerirdischer ist.

 

;D ;D ;D

 

Ich lade dich herzlich ein, diese Kurzgeschichte in der Rubrik "Kritik" vorzustellen ;)

 

Grinsend,

 

Tin

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Stefan Mühlfried

 

 

Ich lade dich herzlich ein, diese Kurzgeschichte in der Rubrik "Kritik" vorzustellen ;)

 

 

Gut [...]

"Schriftsteller sollten gar keine Adjektive haben. Sie sind keine französischen oder australischen Schriftsteller, sondern einfach Schriftsteller. Am Ende sind sie ohnehin nicht mal ein Substantiv, sondern ein Verb: Sie schreiben." - Richard Flanagan

Blaulichtmilieu   -   Zur Hölle mit der Kohle   -   Der steinerne Zeuge

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Hallo Minka!

 

Ich sehe das wie die meisten hier: "Sprechende", bzw. "handelnde" Objekte bergen die große Gefahr der Lächerlicheit in sich. Klar, auch hier bestätigt die Ausnahme die Regel - manchmal kriegt man gerade dadurch ein Bild besonders treffend hin, baut durch das Verb eine gelungene Metapher ... z.B. so:

 

"Die Sonne brüllte wie ein zahnloser Tiger vom Himmel, schoss Licht ohne Wärme in die Straßen der Stadt, blendete wintertrübe Augen, holte Staub und zerknüllte Taschentücher unter den Heizkörpern hervor, verhöhnte die schamlose Nacktheit kahler Bäume und Büsche, entdeckte Fettfingerspuren auf Windschutzscheiben und bewarf die Fenster der oberen Stockwerke mit exlodierenden Blitzen."

 

Das ist nicht von mir (leider - gibt's hier einen Neid-Smiley?), sondern von Juli Zeh, und es liest sich natürlich viel, viel, VIEL besser als: "Im Licht der Wintersonne sah man die kahlen Bäume, die schmutzigen Windschutzscheiben und die dreckigen Taschentücher unter den Heizkörpern ..."

 

Aber um so etwas hinzukriegen, muss man echt gut sein. Bevor man es ungeschickt macht, ist es besser, es ganz zu lassen, finde ich.

 

Alles Liebe!

Ursula

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(Peter_Dobrovka)

Den "zahnlosen Tiger" finde ich unfreiwillig komisch, aber der Rest gefällt mir.

 

Eine meiner Lieblingspassagen mit sprechenden Objekten ist übrigens diese hier:

 

Über dem regenassen Kopfsteinpflaster beugen sich die alten Häuser einander zu, flüstern scheinbar von ruchlosen Dingen. Sie schwatzen über den Mann, diesen breitbeinig daherpolternden Kerl mit dem zusammengeschnürten Bücherstapel auf dem Rücken. Das gegenseitige Knacken ihrer Schindeln klingt wie ein Dialog.

„Seht!“ scheinen sie zu raunen. „Dort geht Wilhelm Arculineus, der närrisch gewordene Buchhändler, der jetzt nur noch für seine private Bibliothek atmet und strebt. Sie ist ihm sein Ein und Alles geworden, nachdem seine Frau tragisch verstarb und der Sohn im Alter von siebzehn Jahren freiwillig seinen Leib aus dem Dachfenster hinab auf das Kopfsteinpflaster schmetterte

 

Stammt von Markus K. Korb.

 

Peter

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„Seht!“ scheinen sie zu raunen. „Dort geht Wilhelm Arculineus, der närrisch gewordene Buchhändler, der jetzt nur noch für seine private Bibliothek atmet und strebt. Sie ist ihm sein Ein und Alles geworden, nachdem seine Frau tragisch verstarb und der Sohn im Alter von siebzehn Jahren freiwillig seinen Leib aus dem Dachfenster hinab auf das Kopfsteinpflaster schmetterte

 

 

;D ;D ;D

 

Sehr elegante Form des Info-Dumping, die Korb da betreibt! Nein, im Ernst, gefällt mir auch und ist stilistisch  schön gelöst, nur die Absicht schimmert so unmissverständlich durch!

 

Liebe Grüße

Ursula

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Guten Tag!

 

Ich spreche hier (erstmal) als Gast:

Es ist ein zweischneidiges Schwert. Zumindest indirekt.

Zu allererst: ja!

Objekte können, dürfen, meinetwegen auch sollen sprechen und menschliche Züge zeigen. Und warum auch nicht? In der Fantasie ist alles erlaubt (sofern es nicht geschmacklos und menschenverachtend ist; ich hatte einmal das zweifelhafte "Vergnügen", das eine Rollenspielgruppe ein imaginäres 14jähriges Mädchen vergewaltigte und das auch noch lustig fand)

Ansonsten sollte alles erlaubt sein, was den Leser lachen, staunen, mitfiebern läßt.

Das ist die eine Seite.

Die andere: Ich hatte damals bei meinem Fernlehrgang fürs Schreiben einen Korrektor, der mich bei einem Satz a la "Ja, das waren schon wilde Zeiten", lachte er...so zusammengeschissen hat.

"Man kann etwas sagen und dabei lachen", so seine harsche Antwort, "aber es ist absolut grauenhaft, wenn jemand schreibt, das er einen Satz lacht! Das geht nicht!"

Zumindest so ähnlich. Ist jetzt gut und gerne 15 Jahre her.

 

Gut, paßte vielleicht jetzt nicht so ganz, aber...

Gruß

 

Siskian Herbstblatt (im Frühling)

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"Ja, das waren schon wilde Zeiten", lachte er...

 

Und dies ist m. E. noch ein entschuldbares Beispiel. Ich freue mich immer wieder über:

 

"Ich gehe dann jetzt!", winkte sie mit dem Zaunpfahl.

 

Gruß,

 

Tin :)

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(Peter_Dobrovka)

Och, in Rebecca Gablés Normannenschinken war auch ein Satz mit "...", lachte der König. Er fiel mir auf, aber nicht negativ.

Und irgendwo hab ich auch mal sowas geschrieben:

„Ist gut", nickte der Kommissar.

Der einzige Kommentar dazu war ein positiver:

Das nur als Beispiel für deinen sauberen Stil. Knapp, schnell, dennoch elaboriert.

 

Und warum auch nicht?

"Kann sein", zuckte sie mit den Schultern.

"Ich bin baff", glotzte Hermann.

Der Zaunpfahl wäre auch noch okay.

 

Was mich einzig stört, sind sehr lange wörtliche Reden, an deren Ende das "sagte er" hängt.

"Alles ist vergänglich. Und deswegen gehe ich nun, gehabt euch wohl", sagte er und verschwand.

Bei mir wird das zu:

"Alles ist vergänglich", sagte er. "Und deswegen ...

 

Peter

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Also mich stört das überhaupt nicht, wenn Charaktere ihre Sätze lachen, staunen, mit dem Zaunpfahl winken, mit den Schultern zucken oder sonstwas machen. Als halbwegs empfindsamer Mensch weiß ich bereits durch die Anführungszeichen, daß etwas gesagt wird; was ich vielmehr brauche, ist die Information WIE es gesagt wird. Deshalb würde ich auch das offenbar nötige "sagte er" möglichst schon am Anfang einer längeren Rede hinter mich bringen. Wenn die Rede dann vorbei ist, sollen meine Charaktere zeigen, was sie machen.

Als Leser ist ein Buch für mich Kopfkino! Ich will was sehen!

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"Alles ist vergänglich", sagte er. "Und deswegen ...

 

So finde ich es auch schöner. Aber ich habe mir auch mal sagen lasen, dass diese Form nun wiederum nicht so gut wäre. man solle eine wörtliche Rede nicht auseinander rupfen, sondern "sagte er" ans Ende stellen.

 

Scheint wohl auch eher eine Geschmacksfrage zu sein.

 

Lieben Gruß

Petra

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Dieses 'sagte er' findest du bei mir beinahe gar nicht. Ich sorge mit anderen Mitteln dafür, dass der Leser weiß, wer was sagt.

 

z.B.

Caterina winkte heftig ab. "Nein und noch einmal Nein! Sie sind meine Halbschwestern und ich werde weder die Mädchen noch ihre Mutter einem ungewissen Schicksal überlassen."

 

Sysai

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Liebe Leute,

bei mir haben die Leute auch ab und zu mal einen Satz gelacht. Seit aber meine Lektorin darüber schallend gelacht hat, passiert mir das nie wieder ;-)

Wörtliche Rede ziehe ich auch ab und zu auseinander, wenn sie länger ist, aber nur nach ganzen Sätzen.

 

Sieht bei mir so aus:

 

„Aber warum rennst du mit diesem Lächeln in der Gegend herum? Warum bist du nicht depressiv???“

 

Tom räkelt sich an dem Möbel, das vor seinem Bauch wie ein Blumentischchen wirkt, nippt am Glas, lässt seinen Löffel Eis in Wellen aufhäufen. Er spannt mich auf die Folter. „Ich will erst deine Dioden leuchten sehen“, nennt er diese Technik.

 

Ich will den Vorgang abkürzen. „Raus mit der Sprache: warum!??“

 

Was ich viel schlimmer finde ist die neuartige Methode, dass jetzt auch nach soundsoviel Satzzeichen nach der wörtlichen Rede nochmal ein Komma eingeschoben wird, zumindest bei meinem Verlag.

 

Schöne Grüße,

Petra

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(Peter_Dobrovka)
Dieses 'sagte er' findest du bei mir beinahe gar nicht. Ich sorge mit anderen Mitteln dafür, dass der Leser weiß, wer was sagt.

 

z.B.

Caterina winkte heftig ab. "Nein und noch einmal Nein! Sie sind meine Halbschwestern und ich werde weder die Mädchen noch ihre Mutter einem ungewissen Schicksal überlassen."  

 

Sysai

 

Ich bin zwar selbst ein großer Anwender dieser Technik, aber manchmal, da gibt es für die Figürchen einfach nicht so viel zu tun.

 

Natürlich - Wenn sehr klar ist, wer was sagt, kommen bei mir auch mal mehrere wörtliche Reden ohne jeden Zusatz hintereinander:

 

„Du glaubst mir nicht, stimmt’s?“ fragte Friedrich gereizt.

„Nein“, war die knappe Antwort.

„Ich weiß ja selbst, daß es sich verrückt anhört. Ich will auch nicht darauf bestehen, daß es Pferde waren. Aber ich habe etwas gesehen, und das läuft jetzt frei im Haus herum! In deinem eigenen Interesse möchte ich, daß du mir bei der Suche hilfst.“

Um Ottos Mundwinkel bildeten sich tiefe Falten. „Kannst du mir eine plausible Erklärung für dein Aussehen geben?“

„Ja, ich bin über das Vieh gestolpert und dabei in ein Regal gefallen! Es ist dabei eine ziemliche Sauerei entstanden, aber ich bring das wieder in Ordnung, keine Sorge.“

Das Vieh? Sagtest du nicht gerade, es seien mehrere gewesen?“

„Ja, aber es reicht ja wohl, wenn ich nur über eines von ihnen stolpere, oder?“

„Wie kann man über ein Pferd stolpern?“

„Wenn ich das auch noch sage, glaubst du mir wahrscheinlich erst recht nicht.“

„Wie kann man über ein Pferd stolpern?“ wiederholte Otto.

„Das wirst du ja sehen, wenn wir es finden.“

„Wie kann man über ein Pferd stolpern?“

„Ich sagte doch, vielleicht war es kein Pferd.“

„Ach? Auf einmal?“

„Otto, du nervst! Was ist jetzt, hilfst du mir suchen oder nicht?“

 

Aus "Die Chroniken der Anderwelten, Band 1"

 

Edit: Hey, das war mein 100. Beitrag!

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Dieses 'sagte er' findest du bei mir beinahe gar nicht. Ich sorge mit anderen Mitteln dafür, dass der Leser weiß, wer was sagt.

 

Hallo Sysai,

ich mag es auch am liebsten, wenn ich vor oder nach der wörtlichen Rede eine Tätigkeit beschreibe. Aber hin und wieder sagen und fragen die Figuren auch etwas, wenn es sonst nichts zu tun gibt ;)

 

LIeben Gruß

Petra

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ich mag es auch am liebsten' date=' wenn ich vor oder nach der wörtlichen Rede eine Tätigkeit beschreibe. Aber hin und wieder sagen und fragen die Figuren auch etwas, wenn es sonst nichts zu tun gibt  ;)[/quote']

 

Ich versuche eigentlich alle Formen zu nehmen, je nach Situation. Nichts ist öder zu lesen, wenn immer nur die gleiche Art Textaufbau benutzt wird.

Aber die Tätigkeit vor oder hinter der wörtlichen Rede ziehe ich einem dazwischen oder dahinter gestellten 'sagte er' (o.ä.) vor.

Gruß Sysai

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Hallo, Sysai!

 

Ich versuche eigentlich alle Formen zu nehmen, je nach Situation. Nichts ist öder zu lesen, wenn immer nur die gleiche Art Textaufbau benutzt wird.

Aber die Tätigkeit vor oder hinter der wörtlichen Rede ziehe ich einem dazwischen oder dahinter gestellten 'sagte er' (o.ä.) vor.

Wo kann man hier unterschreiben? ;D

 

Am nervigsten finde ich diese "Drama-Dialoge", wenn zeilenweise wörtliche Rede hin- und herfliegt. Dann soll ich mir wohl gefälligst selber ausmalen, wie sich die Leute verhalten, wie?

Da Worte allerdings nur den geringsten Anteil an einem Dialog haben, hilft mir das überhaupt nicht weiter.

Ich findes es keineswegs phantasietötend, zu "sehen", was die Figuren treiben. Ich will bloß nicht, daß man mir dauernd vordeutet, sie seien "wütend", "glücklich", "verliebt", "eifersüchtig" -- das möchte ich sehen oder fühlen, d.h. aus der Schilderung der gesamten Situation lesend erschließen.

 

Liebe Grüße,

 

Iris

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