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Sysai

@JulyRose /Fragen an eine Buchhändlerin

Empfohlene Beiträge

Liebe Juliane,

 

im Internet kann man doch die Harenberg-Liste der ermittelten Bestseller einsehen, die in verkürzter Form (die ersten 15 oder 20 Plätze) in vielen Buchandlungen aushängt. Im Internet sind die ersten 50 Treffer zu sehen. Interessieren Buchhändler sich für die Plätze 21-50? Werden Bücher, die dort stehen, ebenfalls etwas häufiger eingekauft oder empfohlen? Im Augenblick weckt die Taschenbuch-Bestseller-Liste nämlich mein Interesse aus dich sicher verständlichen Gründen. :D :D :D

 

Zweite Frage: Du hattest die Backlist erwähnt, aber ich habe nicht ganz verstanden, was du meintest. Waren unsere Bücher aus der Knaur-Backlist bei euch ausverkauft oder beim Verlag nicht nachzubestellen?

 

Ich hoffe, ich bin dir nicht zu neugierig.

 

Liebe Grüße

 

Sysai

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Liebe Sysai,

 

ich bin eigentlich ziemlich bestsellerlistenresistent, weil ich weiß, wie sie früher gemacht wurden (heute geht das bei den großen Listen nicht mehr, weil sie von Mediacontrol gemacht werden). Außerdem glaube ich schlicht und einfach, dass diese Listen regional sehr abhängig sind. Bei uns in Westfalen hat sich z.B. ein kleines Büchlein über die westfälische Sprache ("pölter, Plörre und Pinöckel") allein in unserer kleinen Buchhandlung vor Weihnachten mehrere hundert Mal verkauft.

 

Desweiteren bin ich immer darauf aus, Titel zu finden, die MIR gefallen und die ich dann weiterempfehlen kann, damit ich auch weiß, es ist ein gutes Buch. Im Moment empfehle ich oft "Das Pesttuch" von Geraldine Brooks, "Rot" von Quinton Skinner und "Lycidas" von Christoph Marzi. Es gibt noch ein paar andere Titel, das ändert sich auch alle paar Monate mal wieder. Solche Titel verkaufe ich dann schon mal 30 bis 50mal, während sie oft in den großen Buchhandlungen à la Thalia nicht mal als Stapel ausliegen (oder überhaupt am Lager sind).

 

Insofern: einige Buchhändler interessieren sich nicht mal für die Plätze 1 bis 20. Es interessiert sie meist nur, was im eigenen Laden läuft, und dafür entwickelt man nun mal nach einer Zeit ein Gespür, und man sieht es ja auch an den täglichen Abverkaufszahlen (wir haben zum Glück Warenwirtschaft, und ich bestelle fehlende Bücher direkt beim Verlag nach).

 

Zu Deiner zweiten Frage: Die Titel aus der Backlist (Goldhändlerin, Kastratin) waren plötzlich weg. Bei uns. Verkauft. Ich musste gar nichts dazu tun. Und weil ja ein neues Buch, das kommt, auch das Interesse an den älteren Titeln weckt, musste ich butz mal nachbestellen. Außerdem weiß ich, dass ich demnächst mal endlich die Wanderhure lesen werde, und dann aber! Wenn es mir gefällt, wird die Buchhandlung B. sicher einige davon absetzen.

 

Liebes Gruß,

 

Juliane

 

P.S.: Nein, du bist überhaupt nicht zu neugierig! Ich gebe gerne mein Buchhändlerwissen weiter, weil ich weiß, dass viele Leute einfach nicht diesen Durchblick im Buchhandel haben können - woher auch? - und ich finde es enorm wichtig, darüber mehr zu wissen! Buchhandel ist spannend! ;D

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Hallo Juliane,

da will ich doch gleich mal die Gelegenheit nutzen, wann hat man schon eine echte Buchhändlerin an der Strippe, die nicht im Kundenstress steht :)

 

Mich hat's gestern ein wenig aus der Umlaufbahn geschlagen... hatte mich endlich durchgerungen, einen Vertrag mit einer Agentur zu machen, die mir für die "Sinnesreisen" Organisation, Aquise und Pressearbeit abnimmt. Jetzt wandert die Frau aus : Bis ich wieder so ein Vertrauensverhältnis aufgebaut habe, mache ich die Aquise gleich selbst...

 

Frage dazu: Ich biete nicht nur normale Lesungen an, sondern auch Events, bei denen die Lesung ein Element ist. Also Möglichkeiten mit kulinarischen Genüssen, Musik etc. Letzteres ist natürlich für Buchhandlungen weniger interessant. Trotzdem bereite ich einen Flyer vor, der zeigt, wer ich bin und was ich anbiete.

 

Meine Verlage führen mich schon in den Lesungslisten, die an die Buchhandlungen gehen. Da kam aber bisher kein Echo. Bringt es was, wenn ich mich nun - mit dem Flyer - selbst anbiete oder hat das den Geruch "die hat's wohl nötig"? Sollte ich die Buchhandlungen selbst abklappern (zeitlich fast unmöglich) oder bringt's ein freundliches Mailing mit Flyer?

 

Oder soll ich das besser gleich lassen, weil ich von meinen Veranstaltungen Brot und Butter bezahle... sprich, selbstverständlich Honorar nehme? Ich hatte nämlich schon hochbegeisterte Buchhändlerinnen an der Strippe, die beim Wort "Honorar" spurlos verschwanden...

Wenn's einem wirklich dreckig geht, nachweislich, bin ich ja sogar zu Tauschhandel bereit, aber selbstverständlich kein Sozialverein.

 

Was meinst du?

 

Schöne Grüße,

Petra

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Hallo Petra,

 

wer sind nur diese Kollegen in meiner Branche, die meinen, dass Autoren für ein Küsschen und das warme Abendessen danach lesen? Ich weiß, dass es nicht so sein soll, und ich würde nie in diese Richtung gehen und sagen "hey, lies aus deinem Buch, WIR verkaufen es - aber du siehst kein Geld!"

Ich kenne jetzt Dein Konzept nicht, weiß also auch nicht, inwieweit es mit Buch zu tun hat. Aber Du solltest Dich auf keinen Fall unter Wert verkaufen, und ich habe eine Zahl so um die 250 Euro geistern sehen, es gibt auch Autoren für 300 Euro mit Event, das zumindest weiß ich. Schön wäre es für dich und den Veranstalter, eine ganze Reihe zu machen, dann kämen Unterkunft und Anreise nicht so teuer.

 

Wie man das nun natürlich anstellt, ist eine schwierige Frage. EIn Flyer an alle Buchhandlungen bringt wahrscheinlich nur Kosten für Dich und wenig Feedback. Du musst Dich fragen, ob Dein Event in eine bestimmte Nische passt - meinetwegen esoterisch, nur für Frauen, etc. Es gibt spezielle Frauenbuchläden, ob man die über die Landesverbände des Börsenvereins heraus findet? Dort wäre sicher ein Ansprechpartner eher bereit, wenn Du gezielt ansprichst.

 

Sinnesreisen - geht das Richtung Elsass? Reisebeschreibung? Es gibt Buchhandlungen, die sich auf Reise spezialisiert haben. Es gibt Buchhandlungen, die sich auf verdammt vieles spezialisieren, inwieweit die natürlich bereit sind, auch Veranstaltungen zu diesem Thema zu machen...

 

Ich tendiere eher Richtung VhS. Bei uns aufm Dorf, im Westfälischen, gibt es neben den Kursen auch immer wieder Veranstaltungen, die meinetwegen Reiseberichte, etc. einbringen. Man müsste sich einfach mal in der Richtung schlau machen; vielleicht gibt es ja einen Dachverband, unter dem alle VhS's versammelt sind? Wäre doch mal was. Davon gibt es auch nicht so viel wie Buchhandlungen...

 

Beantwortet das jetzt Deine Frage ?!?

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Hallo Juliane,

ja, es hilft weiter, danke!

wer sind nur diese Kollegen in meiner Branche?

Vorwiegend Leute, die das Trendwort "Netzwerken" im Munde führen und es mit Geschenkwirtschaft verwechseln. Gerne auch "Frauenbewegte", die sich irre doll und nachhaltig und wir-tun-was-für-die-Region engagieren. Und anscheinend die, die lieber Hobbyleute und BoD-Autoren lesen lassen. Ich mach mir da eine Blacklist und ich muss mal im Verlag fragen, ob die nicht auch sowas haben :s08

 

An alle kann ich eh nicht gehen, weil ich mobil ein Handicap habe, es geht mir um den Grenzbereich, passend zum Buch. Bei "Elsass" ist das eindeutig die Nische Reisen, Gourmet, Savoir Vivre, Nachbarland. Ab April käme mein Roman dazu, der nicht nur für Frauen ist. Viel "Event" kann ich in einer Buchhandlung nicht machen, höchstens Kugelhopf und Crémant servieren. Mein Mindesthonorar liegt bei eben jenen 250 Euro netto.

 

Kurzum... dein Posting scheint meine Vermutungen zu stützen, dass ich wohl besser Winzer und Restaurateure als Partner suche. Und wer weiß, vielleicht lese ich ja den Roman dann mal beim Ball der einsamen Herzen oder als Happening im Familiengericht ;D

 

Schöne Grüße,

Petra

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