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(Jonathan)

Barins Dreieck

Empfohlene Beiträge

Barins Dreieck von Hakan Nesser

Inhalt:

 

Ein verwitweter Übersetzer, ein verunsicherter Therapeut und ein nervlich schwer angeschlagener Lehrer: Was verbindet die drei? Welche Geheimnisse verbergen sich hinter ihren Geschichten? Schon bald ist klar, dass alle drei in tödlicher Gefahr schweben.

Doch sind sie Opfer oder Täter?

 

Ich habe alle Bücher von Nesser gelesen. Dieses Buch ist eines seiner Besten. Es ist eben nicht der typische Nesser-Roman.

Ein sehr tiefgründiges, furchteinflößendes aber auch ein leichtfüßiges Buch.

 

Ich habe euch eine Leseprobe rausgesucht. Aus dem Kontext. Eine sehr schöne und packende Sprache:

 

Nacht.

Ich sitze hier und schreibe und erkenne immer klarer, was für ein erbärmlich schlechtes Theaterstück das Leben ist. Es gibt keine klare Linien. Keine Moral von der Geschicht. Die Schauspieler halten sich nicht an ihre Rollen, und selbst die Dramaturgie wankt hin und her wie ein zerbrechliches Schiff auf hoher See.

Eine hässliche Hure in viel zu großen Stöckelschuhen. Was auch immer.

Heute Abend ist die Mondstraße zu kleinen Wegen auf dem Wasser geschrumpft. Die Zikaden zirpen jetzt in der Dunkelheit ein wenig mehr in Einklang. Eine ungestimmte Gitarre ist unten vom Strand her zu hören, und die Luft hat eine Temperatur, dass sie nicht auf der Haut zu spüren ist.

Hier gibt es keinen Stress. Keine Angst und kein Leiden. Und der Dekor! Ich trinke einen Schluck lauwarme, geharzte Eselpisse und zünde mir die vierzigste Zigarette des Tages an. Die Petroleumlampe rußt wie immer. Hier gibt es keine Elektrizität. Nur den Mond und die Feuer. Und Petroleum.

Ich schreibe.

Unverdrossen sprudeln diese Worte über die Geschehnisse aus mir heraus. Ich bin die ganze Zeit voller Verzweiflung, fahre aber dennoch ohne zu zögern fort. Das ist ein Gefängnis, ein wahrhaftiges Gefängnis mit sich prostituierenden Kulissen, die selbst den Teufel täuschen können. Zwölf Tage sind seit meiner Ankunft vergangen. Ich weiß nicht, ob ich das finden werde, weshalb ich hergekommen bin, und vielleicht ist es auch gar nicht mehr so wichtig. Zum Teufel mit Hendersons Bildern! Es ist der Weg, der die Mühe sinnlos macht, ich bin nur noch einer dieser seelenlosen Akteure in diesem gottverdammten Stück, das keiner mehr anschaut. Das keiner geschrieben und keiner inszeniert hat. Gallis meint, das Schöne an dem Retsina sei, dass man eigentlich so viel davon trinken kann, wie man will. Ich glaube ihm. Die Flasche und das Glas, die vor mir stehen, enthalten zweifellos die reinste Eselspisse, aber trotzdem trinke ich tapfer weiter.

Gott ist mein Zeuge, wie betrunken ich bin. Ich bin nicht mehr in der Lage, das zu schreiben, was ich mir vor einer Stunde überlegt habe. Werde diese Seiten auf der anderen Seite der Nacht herausreißen. Meine Worte werden im hellen Tageslicht unter die Erde kriechen. Schamhafte, bleiche Leichenwürmer.

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