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Michelle

Plotten

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Tony Hillerman hat seine Methode mal im Writers Digest beschrieben. Er kam drauf, dass jemand ein silbernes Hutband hat und im Laden dazu einen Hut kaufen will, weil ihm jemand den Hut (aber nicht das Hutband!) gestohlen habe. Seltsam. Er hat es geschrieben, hatte aber keine Ahnung, was es mit der Geschichte zu tun haben könnte. Wenn sich später rausstellte, dass es nichts damit zu tun hatte, hätte er es gestrichen.

 

Später allerdings wurde es zu einem ganz wichtigen Detail. Ich glaube, bei dieser Vorgehensweise sät man Hinweise und Szenen, bei denen man noch nicht weiß, was daraus wachsen wird. Aber das Unterbewußtsein arbeitet daran - und irgendwann kommt es mit der Lösung daher. Wer so arbeiten kann, der muss später wenig streichen. Wer nicht, der wundert sich und hält es für unmöglich.

Also das geht mir auch so. Plötzlich taucht ungeplant ein Detail auf und es könnte ein unwichtiges Detail bleiben, aber gewinnt dann doch an Bedeutung und trägt zum Plot bei. Ebenso mit ursprünglichen Nebenfiguren, die plötzlich wichtig werden oder Dinge tun, die ursprünglich nicht so gedacht waren. Für mich ist es wichtig, mich für solche intuitiven "Ereignisse" offen zu halten. Allerdings immer noch im Rahmen des geplanten Gesamtkonzepts.

Die Montalban-Reihe, Die Normannen-Saga, Die Wikinger-Trilogie, Bucht der Schmuggler, Land im Sturm, Der Attentäter, Die Kinder von Nebra, Die Mission des Kreuzritters, Der Eiserne Herzog, www.ulfschiewe.de

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Ich bezweifle' date=' dass es diese Typen [i']überhaupt[/i] gibt. Schreiben ist Kreativität, also auch Intuition. Immer. Der Unterschied zwischen den Extremtypen, so sie existieren, besteht lediglich im Zeitpunkt. Auch akribisches Plotten ist ein intuitiver Prozess. Es hängt auch davon ab, was den Roman eigentlich vorantreibt, also ob es sich um einen Handlungsrahmen handelt, der eingehalten werden muss, oder ob es eher/mehr um Figuren und Thematiken geht. Das wiederum ist jedoch keine Frage der Arbeitsweise, sondern des grundsätzlichen Ansatzes, der nicht notwendigerweise ein handwerklicher ist.

 

Herzlich,

Tom

(Marginalplotter, aber trotzdem kein Bauchschreiber.)

 

Du nimmst mir die Worte aus dem Mund, Tom. :-)

 

Ich plotte ziemlich genau, und das ist für mich der intuitivste Teil des Schreibens: Ich spüre der Geschichte nach, oft genug ohne zu wissen, wohin sie mich führt. Aber genau wie bei Ulf muss dieses Erspüren mit den Anforderungen guten Erzählens (wie ich es für mich definiere) verschmelzen, damit die "Kiste läuft".

 

Und es gibt noch einen ganz wichtigen Grund fürs Plotten:

Da ich ziemlich faul bin, habe ich einfach keine Lust, mich in eine Sackgasse zu schreiben und hinterher große Teile wieder löschen zu müssen. :-)

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Interessante Diskussion!

 

Ich möchte hier mal Folgendes in die Runde werfen:

Es scheint hier oftmals so durch als sei das Vorabplanen (oder 'Plotten') so ein komplett losgelöster Vorgang vom eigentlichen Schreibprozess.

Ist es aber doch gar nicht.

Wenn ich eine Geschichte nicht drauflos schreibe sondern mir vorher überlege, was ich denn schreiben möchte, und das vielleicht ein bisschen ausführlicher, so ist das lediglich ein 'Herunterbrechen' der großen Aufgabe in kleinere Vorabschritte.

Genauer gesagt:

Ich gehe also von der Grundidee zum Exposé (kurz) zum Arbeitsexposé (lang) zur Storyoutline (noch länger), parallel mache ich Figurencharakterisierung (weil die Figuren bei mir die Geschichte bestimmen, also auch auf die Exposés Einfluss haben) und schließlich formuliere ich all das aus.

Wenn ich meine Geschichte auf diese Art 'herunterbreche', dann erkenne ich ihre Grundstruktur viel einfacher und kann sehen, wo es vielleicht hängt oder wo ich mich verrenne. Ich brauche das, weil mir dieses reine 'Ich schreib jetzt einen Roman mit 400 Seiten' richtig Angst macht. Sage ich mir hingegen 'Ich schreib jetzt mal eine Seite Exposé mit der erweiterten Grundidee', dann ist das etwas, was ich mir als machbar vorstelle.

Neuerdings hab ich sogar noch einen weiteren Verkleinerungsschritt zwischen Storyoutline und eigentlichem Romantext eingefügt: Bevor ich mich zum Schreiben eines Kapitels hinsetze, fasse ich das, was ich schreiben will, kurz zusammen, ich erweitere also den Eintrag in der Storyoutline noch einmal vor dem eigentlichen Schreiben.

All diese Texte sind nicht starr, sie arbeiten mit. Oft ergeben sich im eigentlichen Romantext auf den ersten 100 Seiten noch Veränderungen, weil die Figuren mehr Raum gewinnen beim eigentlichen Erzählen. Aber ich kann dann zurückgehen zur Storyoutline und mir anschauen, ob und wie sich die Änderungen in die Gesamtgeschichte einfügen.

Ich bewahre mir so den Überblick und nehme mir gleichzeitig die Scheu vor der Aufgabe an sich.

Ich bewundere alle, die das nicht brauchen, glaube aber nicht, dass die intuitiver arbeiten als ich.

 

Viele Grüße

Susann

Eat the frog in the morning (Mark Twain)

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Ich plotte ziemlich genau, und das ist für mich der intuitivste Teil des Schreibens: Ich spüre der Geschichte nach, oft genug ohne zu wissen, wohin sie mich führt. Aber genau wie bei Ulf muss dieses Erspüren mit den Anforderungen guten Erzählens (wie ich es für mich definiere) verschmelzen, damit die "Kiste läuft".

 

Und das funktioniert bei mir leider nicht. Es ist mir unmöglich, mich in die Geschichte einzufühlen, ihr nachzuspüren, wenn ich nicht an ihr schreibe, sondern bloß plotte. Klappt einfach nicht, da kann ich machen, was ich will. Ich kann noch so genau plotten, ich kriege einfach keinen Zugang, weder zu den Figuren noch zum Thema, ich übersehe Logikfehler oder baue die Geschichte insgesamt schlecht auf. Bei mir hat noch nie ein Plot mit der fertigen Geschichte übereingestimmt.

 

Ich plotte daher nur relativ grob (und beschäftige mich dafür umso intensiver mit den Figuren, und zwar während des Schreibens), damit ich ein ungefähres Gerüst habe. Und dabei quäle ich mich, es macht mir so überhaupt keinen Spaß. Viel lieber will ich drauflosschreiben, weil mir die Geschichte schon unter den Nägeln brennt. Aber ich zwinge mich dazu, weil ich neben Brotberuf und Familie einfach nicht genug Kapazität im Hirn habe, um im Kopf und während des Schreibens zu plotten. Denn das würde bedeuten, total in der Geschichte zu versinken, meine Gedanken um nichts anderes kreisen zu lassen, Dialoge im Kopf wieder und wieder durchzuspielen, bis sie passen, Szenen hin und her zu schieben, bis sie an der richtigen Stelle sind, usw. SOWIE rote Ampeln zu übersehen, weil ich die Figuren vor Augen habe, Selbstgespräche auf offener Straße zu führen, auf Schlaf zu verzichten, aufs Essen zu vergessen usw. (ist mir alles schon passiert). Deshalb brauche ich das Plotten. Leider.

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Ich plotte ziemlich genau, und das ist für mich der intuitivste Teil des Schreibens: Ich spüre der Geschichte nach, oft genug ohne zu wissen, wohin sie mich führt. Aber genau wie bei Ulf muss dieses Erspüren mit den Anforderungen guten Erzählens (wie ich es für mich definiere) verschmelzen, damit die "Kiste läuft".

 

Und das funktioniert bei mir leider nicht. Es ist mir unmöglich, mich in die Geschichte einzufühlen, ihr nachzuspüren, wenn ich nicht an ihr schreibe, sondern bloß plotte. Klappt einfach nicht, da kann ich machen, was ich will. Ich kann noch so genau plotten, ich kriege einfach keinen Zugang, weder zu den Figuren noch zum Thema, ich übersehe Logikfehler oder baue die Geschichte insgesamt schlecht auf. Bei mir hat noch nie ein Plot mit der fertigen Geschichte übereingestimmt.

 

Ich plotte daher nur relativ grob (und beschäftige mich dafür umso intensiver mit den Figuren, und zwar während des Schreibens), damit ich ein ungefähres Gerüst habe. Und dabei quäle ich mich, es macht mir so überhaupt keinen Spaß. Viel lieber will ich drauflosschreiben, weil mir die Geschichte schon unter den Nägeln brennt. Aber ich zwinge mich dazu, weil ich neben Brotberuf und Familie einfach nicht genug Kapazität im Hirn habe, um im Kopf und während des Schreibens zu plotten. Denn das würde bedeuten, total in der Geschichte zu versinken, meine Gedanken um nichts anderes kreisen zu lassen, Dialoge im Kopf wieder und wieder durchzuspielen, bis sie passen, Szenen hin und her zu schieben, bis sie an der richtigen Stelle sind, usw. SOWIE rote Ampeln zu übersehen, weil ich die Figuren vor Augen habe, Selbstgespräche auf offener Straße zu führen, auf Schlaf zu verzichten, aufs Essen zu vergessen usw. (ist mir alles schon passiert). Deshalb brauche ich das Plotten. Leider.

 

Es wäre aber doch ungeheuer spannend zu sehen, was dabei heraus käme!!!

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Ein Verkehrsunfall vermutlich. :-X

Spaß beiseite - ich habe schon auf diese Weise gearbeitet und bin mit dem Ergebnis mehr als zufrieden. :D Ich könnte so schreiben, keine Frage, aber nicht auf Dauer und nicht im Alltag. Höchstens dann, wenn ich mich für einige Monate komplett in eine einsame Hütte zurückziehen könnte. Nicht umsonst entspricht das dem Klischee des Schriftstellers.

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Es ist mir unmöglich, mich in die Geschichte einzufühlen, ihr nachzuspüren, wenn ich nicht an ihr schreibe, sondern bloß plotte.

 

Das geht mir ähnlich. Ich plotte ebenfalls nur grob, weil ich zu diesem frühen Zeitpunkt meine Figuren "nur" auf dem Papier kenne, d.h. so wie ich sie mir ausgedacht und gezeichnet habe. Im HR verhält es sich bei mir übrigens ähnlich. Selbst wenn ich nahezu alles über die historischen Figuren gelesen habe, werden sie für mich erst beim Schreiben lebendig. Und dann erzählen sie mir ihre eigentliche Geschichte. Das ist für mich das Spannendste am Schreiben!

 

Und wie gehe ich genau vor? Steht der grobe Plot und die Figurenzeichnung, beginne ich ganz locker mit dem Schreiben. Irgendwann - erfahrungsgemäß nach 50 - 80 Seiten - habe ich die Sprachmelodie wieder und die Figuren beginnen peu à peu zu leben. Ein glücklicher Augenblick - auch ganz aktuell wieder bei meinem neunten Roman! Die Sache funktioniert, es braucht nur ein bisschen Geduld und Selbstvertrauen!

Irgendwann später überarbeite ich den Einstieg quasi rückwärts, d.h. ich fülle ihn mit dem auf, was ich inzwischen über meine Figuren und die Entwicklung der Geschichte weiß.

 

Ein Voraus-Exposè würde ich allerdings bei dieser Vorgehensweise ungern erstellen. Aber ich habe auch früher nur das jeweils abgeschlossene Manuskript an Aufbau verkauft. Das hatte auch noch den Vorteil, dass mir - außer meinen Figuren! :D - niemand reingeredet hat.  ;)

 

Liebe Grüße

 

Helene

Helene Luise Köppel:  Romanreihe "Töchter des Teufels" (6 Historische Romane über den Albigenserkreuzzug); sowie Romanreihe "Untiefen des Lebens"  (6 SÜDFRANKREICH-thriller), Neu in 2022: "Abkehr".

                                         

                                 

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