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(Mascha)

Wie man sein Thema findet

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Wenn eine Autor (oder eine Autorin) beginnt, eine Geschichte zu spinnen, hat er meistens keine Ahnung, worum es darin geht. Er weiß nicht, weshalb ihn ausgerechnet diese Geschichte gepackt hat und nicht mehr loslässt. Figuren kommen ihm in den Sinn und Dinge, die diesen Figuren zustoßen. Er weiß, dass es ohne Konflikt keine Geschichte gibt, bringt seine Figuren in Schwierigkeiten und lässt sie sich wieder herauskämpfen. Ein Autor weiß also ganz genau, WAS in seiner Geschichte passiert, aber es kommt häufig vor, dass er die Geschichte beendet, ohne zu wissen, WORUM es darin geht. Sein Unterbewusstsein hat das Thema wahrscheinlich in die Geschichte eingearbeitet, aber indem der Autor es im Unterbewusstsein belassen hat, hat eine große Chance verschenkt, aus einem mittelguten Roman einen wirklich guten zu machen.


Wie also komme ich meinem Thema auf die Spur?


Man muss für sich formulieren, was einen an der Geschichte so fasziniert, dass man Monate seines Lebens damit verbringen will, sie aufzuschreiben. Dabei hilft es, für kurze Zeit eine innere Distanz zur eigenen Geschichte einzunehmen und sie zu betrachten, als wäre sie von jemand anderem erdacht worden. Welche Verhaltensweisen sind den Figuren gemeinsam? Welche Gefühle beschäftigen sie? Jetzt muss man wirklich in seine Geschichte hineinspüren und auf sein Unterbewusstsein lauschen.


Wann ist der richtige Zeitpunkt dafür?


Der passende Zeitpunkt, seinem Thema nachzuspüren, ist gekommen, wenn man bereits in groben Zügen weiß, was in der Geschichte passieren soll. Dann zeichnen sich bereits Muster ab, welche Themen in der Geschichte angelegt sind. Meistens sind es mehrere, aber man tut gut daran, sich auf eines oder zwei zu konzentrieren und diese herauszuarbeiten.


Wie nutze ich das Thema, um meinen Roman zu verbessern?


Jetzt kann man bewusst mit dem Thema arbeiten und es in den verschiedenen Handlungssträngen variieren. Dazu muss man sich Fragen stellen.


Ein vereinfachtes Beispiel:


Sagen wir, es geht um wirtschaftlichen Erfolg und was er mit den Menschen macht. Die Hauptfigur macht Karriere, verliert aber den Bezug zu seiner Familie. Sein Jugendfreund ist ein erfolgloser Musiker, der viel Zeit mit seinen Kindern verbringt. Welche Konflikte entstehen aus den unterschiedlichen Konstellationen? Welche Fragen ergeben sich daraus? Versucht der Erfolgreiche, seiner Familie Sicherheit zu bieten, indem er viel Geld verdient, scheitert aber im Grunde, weil er keine emotionale Sicherheit vermitteln kann? Leidet der Musiker darunter, immer für die Kinder da sein zu müssen, weil seine Frau das Geld für die Familie verdient, ihm aber dadurch zu wenig Zeit für seine Musik bleibt? Wie definieren die beiden Erfolg?


An diesem Punkt drängt sich der Gedanke auf, ob es nicht noch ein Überthema gibt, das die Geschichte umfasst, nämlich, unter welchem Druck Männer in unserer Gesellschaft stehen. Sie versuchen, alles richtig zu machen und können nur scheitern. Oder gibt es vielleicht doch einen Weg? Was geschieht, wenn die beiden Jugendfreunde sich nach langer Zeit wieder begegnen?


Solche Fragen vertiefen die Geschichte. Die Leser werden es vielleicht nicht bewusst wahrnehmen, aber sie werden spüren, dass sich der Autor wirklich mit seinen Figuren befasst hat und die Geschichte in sich thematisch rund ist.


 


Was denkt ihr darüber?


Befasst ihr euch bewusst mit dem Thema eurer Romane?


Bearbeitet von Mascha
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Das hast du sehr schön zusammengefasst Mascha!

Das Thema zu präzisieren halte ich auch für sehr wichtig, weil das meiner Geschichte erst Tiefe geben kann. Für mich ist es sehr früh in der Planung wichtig, das Thema zu kennen oder zumindest zu erahnen, weil ich nur dann Lust habe, mich damit zu befassen. Es gibt mir den Sinn, warum ich das Buch überhaupt schreiben soll/will.

Das Thema grenzt für mich auch an die Aussage, die ich mit der Geschichte transportieren will. Bzw. die Fragestellung, die mit der Geschichte in den Raum geworfen wird.

Ich habe auch schon festgestellt, dass mir das Thema mal früher, mal später klar geworden ist und ich dann, wenn ich es erfasst hatte, die Geschichte daraufhin nocheinmal überprüft habe und Veränderungen vorgenommen habe. Figuren handeln anders, genauer zum Thema passend und alles wird noch runder. Oder ich merke, dass eine Handlung nicht passt, weil es zu weit vom Thema wegführt usw.

Ich mag es sehr, mich mit der Frage des Themas meiner Geschichte zu befassen.

Und manchmal ist es auch überraschend, wenn ich feststelle, was MEIN Unbewusstes mit dieser Geschichte wollte :)

 

Liebe Grüße

Elke

Romane:  http://weigel-elke.net/      Sachbücher/Psychotherapie: https://weigel-elke.de/

Instagram: https://www.instagram.com/elke_weigel_psychologin/

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Ich habe oft zuerst das Thema (grob umrissen) im Kopf, und dann entwickelt sich zu diesem Thema die passende Gesichichte. In der Reflexion während des Schreibprozesses geht es dann hin und her, das Thema präzisiert sich, wenn es aus der werdenden Geschichte wieder herausgelesen werden kann. Durch die Bildlichkeit und Gegenständlichkeit des Erzählten profiliert sich das Thema, es leuchtet aus dem Geschehen hervor. Handwerklich gesehen, finde ich, ein Roman sollte ein Hauptthema und mehrere Unterthemen haben, dann erschließt er sich dem Leser am besten.

www.susanne-konrad.de 

 

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Befasst ihr euch bewusst mit dem Thema eurer Romane?

 

Auf alle Fälle. Zuerst ist da nur ein Gefühl. Dann kommen immer mehr Informationen zusammen, Charaktere melden sich und dann nimmt die Idee Form an. Ich beginne mit der Recherche, schaue nach meinen möglichen Protagonisten, erstelle ihre Biographien, Konflikte, Handlungsstränge und schon bin ich Mitten im Thema und ich höre erst auf, wenn es abgearbeitet ist.

In regelmäßigen Abständen hinterfrage ich verschiedene Sachen.

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Früher habe ich mal versucht, meine Romane und Figuren detailliert zu planen. Habe Biografien erstellt und Themen erarbeitet, alles ins Exposé geschrieben und damit Eindruck gemacht. Während des Schreibens, kam jedoch alles völlig anders, neue Themen tauchten auf, Seitenlinien führten mich auf spannende Abwege, die ich dann schließlich wieder mit dem Hauptthema verknüpfte und die Personen dachten gar nicht daran, sich an ihre Biografien zu halten. Nichts passte mehr, alles war Abenteuer und trotzdem oder gerade deshalb funktionierte es. Ich bin einfach ein Mensch, der das Chaos braucht um seinen Weg darin zu finden.

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Liebe Mascha,

 

dein Post ist genau das, was ich jetzt gerade gebraucht habe. Dankeschön!

Was mir generell viel bringt, ist das "need" und das "want" meiner Figuren herauszufinden. So geben sich dann meist auch die Themen zu erkennen. Aber gerade dein Hinweis auf ein übergeordnetes Thema, das nicht unbedingt an eine Figur gebunden sein muss, ist sehr dienlich. Ich werde meine aktuellen Projekte einmal daraufhin abklopfen.

 

Bester Gruß,

Juliane

"Man kann auf seinem Standpunkt stehen, aber man sollte nicht darauf sitzen."

Erich Kästner Vorträge und Lesungen einstudieren  und  Autorenseite Juliane Breinl

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Der spannende Punkt ist es ja gerade, festzustellen: DAS DA, das ist DAS EINE große Thema, das übergeordnete - und wenn man das erkennt - dann machts total Spaß, in allen Figuren und Romanabschnitten danach zu fahnden. Wie steht der und wie der dazu? Worin zeigt es sich? Auch sprachlich?

 

Ahja, die Knackpunkte, für die ich das Schreiben ganz besonders liebe.

 

Liebe Grüße

Anni

Autorin | Ein  Buch schreiben

Das Leben ist zu kurz für schlechte Bücher

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Ich halte die Frage nach dem "Thema" der Geschichte für eine ganz zentrale. Vermutlich diejenige, die eine Geschichte, die etwas erzählen möchte von einer, die etwas zeigen möchte, unterscheidet.

 

In solchen Geschichten ist es meines Erachtens unerlässlich, dass sich das Thema konsequent in den Handlungen der Personen und den Konflikten spiegelt. Aus diesem Grund ist es wichtig, sich frühzeitig über das Thema des Romans Gedanken zu machen, um sich nicht in Beliebigkeit zu verzetteln.

 

Ein Thema zieht sich als roter Faden durch die Handlung, die Motivationen, die Konflikte. Da geht es vielleicht um die Suche nach Anerkennung, das Festhalten an der Vergangenheit, das Gefangensein in Normen, die Unfähigkeit aus Fehlern zu lernen, die Auflösung von Schuldgefühlen oder dergleichen.

 

Zusätzlich zum Thema gibt es allerdings auch noch die Position, die der Protagonist und der Erzähler diesbezüglich einnehmen, und letztlich noch diejenige, die der Autor einnimmt. Die Position kann dabei eine neutrale oder eine wertende sein.

 

Nehmen wir "Die Auflösung von Schuldgefühlen". Der Erzähler könnte der Protagonist sein, der nach 20 Jahren in seine Heimat zurückkehrt, um ein damaliges Unrecht wieder gutzumachen. Er erhofft sich davon, sein Gewissen zu befreien, möchte also aktiv etwas gegen seinen Leidenszustand unternehmen. Dies ist eine Perspektive und eine Position zum Thema. Es könnte auch noch einen Bruder geben, der ihm die Schuldgefühle beständig ausreden will, weil er es selbst stets erfolgreich so gehandhabt hat. Noch eine andere Position. Der Autor bezieht nun insofern ebenfalls Stellung zu diesem Thema, als dass er der Geschichte ein gewähltes Ende verpasst: Der Protagonist könnte erfahren, dass er die Geschehnisse in falscher Erinnerung hat, dass sein Verhalten gar nicht so furchtbare Konsequenzen hatte, wie sie ihn sein Leben lang quälten, das könnte ihn von seinen Schuldgefühlen reinigen. Er könnte auch herausfinden, dass sein Verhalten einen Dominoeffekt nachsichgezogen hatte, sich der vollen Tragweite seiner nicht mehr zu tilgenden Schuld bewusst werden und sich umbringen. Es könnte auch nichts von alledem geschehen, die Geschichte bleibt offen, und es wird nicht klar, wie der Protagonist mit seiner Erkenntnis fortan leben wird. Auch dies ist eine Position, nämlich die neutrale, die sich weigert, eine eindeutige, einfache Antwort zu geben.

Auf diese Weise behandelt die Geschichte also nicht nur ein Thema, sondern auch mindestens eine Position dazu.

 

Wer einmal die Einsteiger-Guides von James N. Frey gelesen hat, kennt von dort den Begriff der "Prämisse". Diese ist die sehr simplifizierte Version von Thema+Position. Da kommen dann natürlich solche sterbenslangweiligen Gemeinplätze heraus wie "Gier führt zu Einsamkeit" oder "Wahre Liebe siegt immer" oder "Schuld kann nicht abgetragen sondern nur vergeben werden".

 

Viele Profis zucken bei den schmackhaft-flockigen Schreiben-für-Dummies-Ratgebern zusammen, insbesondere, wenn sie auf solche Vereinfachungen wie eine "Prämisse" angesprochen werden. Ich denke aber, das tut den Ratgebern unrecht. Es ist etwas Wahres dran, wenn man etwas mehr in die Tiefe geht und das Ganze in den richtigen Kontext setzt. Oft denke ich, es hätte der einen oder anderen Geschichte gut getan, wenn sich der Autor Gedanken darüber gemacht hätte: "Um was geht es in meiner Geschichte eigentlich?" Nicht, was darin so passiert, sondern was das dahinterliegende Thema ist, und was die Position dazu ist, die das Buch deutlich machen möchte. Dann wäre das Ergebnis etwas pointierter geworden. Ich nehme meine eigenen Romane davon gar nicht aus.

 

Ich glaube, Kinderbuchautoren setzen sich mit solchen Fragen viel eher auseinander, weil sie eher darauf gepolt sind, ihrem Buch ein (ja oft auch belehrendes) Thema zu geben, im Sinne von "Die Angst vor der Dunkelheit", "Sich anders als die Gruppe zu fühlen", "Der Wert der Freundschaft" und so weiter. Solche Überlegungen liegen bei einem Unterhaltungsroman, der womöglich auch noch eher Plot-orientiert als Figuren-orientiert ist, vermutlich etwas ferner.

 

Lieben Gruss,

 

Andreas

 

PS: Im Übrigen wird es jedem Autor spätestens beim Schreiben des Exposés auffallen, ob er das Thema seines Roman benennen kann, oder nicht. Alleine das sollte es also wert sein, die eigene Geschichte darauf abzuklopfen.

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PS: Im Übrigen wird es jedem Autor spätestens beim Schreiben des Exposés auffallen, ob er das Thema seines Roman benennen kann, oder nicht. Alleine das sollte es also wert sein, die eigene Geschichte darauf abzuklopfen.

Das Thema kam für mich gerade zur rechten Zeit! Habe mein Exposé jetzt auf dieses "eigentliche" Thema abgeklopft, und auch auf die

hauptsächlichen Motivationen der Figuren. Ich finde übrigens auch, dass das mit der sogenannten Prämisse wichtig ist. Frey hat das zu simpel erklärt. Mit den Veränderungen im Exposé kann ich vielleicht sogar entscheiden ob ich es "Thriller" oder "Psychothriller" nennen möchte.

 

Lieben Gruß

Christa

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Was mir hier ganz spontan einfällt: ist es nicht so, dass ein Autor dazu neigt, immer wieder dasselbe Thema aufzugreifen? Es immer wieder neu umzusetzen, in einem anderen Setting, mit anderen Figuren, vielleicht sogar in einem anderen Genre?

Mir fällt das bei mir durchaus auf. Bei anderern Autoren habe ich es auch bemerkt.

 

Viele Grüße

 

Tereza

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Ein sehr interessanter Artikel, Danke Mascha. Ich finde es sehr wichtig, ein Thema zu haben. Weil es dem Leser einen Mehrwert bietet. Er kann Paralellen zu seinem eigenen Dasein ziehen, fühlt sich angesprochen und erfährt mitunter neue Blickwinkel, und vielleicht sogar eine Erkenntnis oder Lösung für sein eigenes Problem.

Bei meinem aktuellen Projekt bin ich schon die ganze Zeit dabei endlich das Thema an den Haaren zu packen, damit ich es besser in den Fokus stellen kann, aber irgendwie häng ich da in der Luft, was mich extrem nervt. Die von dir vorgeschlagenen Fragen werde ich mir auf jeden Fall mal stellen, vielleicht krieg ich mein Thema dann endlich zu fassen.

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Was mir hier ganz spontan einfällt: ist es nicht so, dass ein Autor dazu neigt, immer wieder dasselbe Thema aufzugreifen? Es immer wieder neu umzusetzen, in einem anderen Setting, mit anderen Figuren, vielleicht sogar in einem anderen Genre?

Mir fällt das bei mir durchaus auf. Bei anderern Autoren habe ich es auch bemerkt.

 

Viele Grüße

 

Tereza

 

Ich denke auch, dass viele Autoren ein Lebensthema haben, selbst wenn es ihnen nicht bewusst ist.

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Die Frage nach dem Thema ist oft die schwierigste von allen, finde ich. Es ist, als ob man vor seiner eigenen Geschichte die Hosen runterlassen muss - und unter all den Schichten von Plot und Figuren (bei mir leider immer in dieser Reihenfolge) und Recherche und Lust am Schreiben - den Sinn finden muss. Und vom Unsinn unterscheiden soll

Zuerst ist die Idee - aber das sind oft schockierende Erkenntnisse oder kränkende Erfahrungen oder lustige Begebenheiten oder originelle Menschen oder was es sonst noch so sein kann. Dann fängt die Idee an zu wachsen, der Charakter formt sich, der Plot breitet sich aus - aber noch weiß man nicht, worauf es hinausläuft.

Dann einen Sinn, ein Thema, eine Prämisse oder wie auch immer man es nennen will: den roten Faden, die Erzählabsicht zu finden - ist gar nicht so einfach. Oft muss ich dann den Plot wieder überarbeiten, die Personen ändern, von geliebten Ideen Abschied nehmen.

Ich versuche es. Aber ob es gelingt, kann man als Schöpfer der Geschichte nicht so richtig einschätzen, finde ich.

 

Mascha, du fragst nach dem Lebensthema - ja, ich spüre, dass da etwas (in vielen unveröffentlichten und oft unfertigen Texten) ist, dass immer wieder auftaucht. Natürlich weiß ich nicht, ob es anhält (frag mal in 20 Jahren ;) ). Es überrascht mich jedenfalls, was es ist.

 

LG Ulrike

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Ich versuche durchaus immer, herauszufinden, was eigentlich das Thema der Geschichte ist, die ich schreibe oder schreiben will, meine gelegentlich auch, es zu wissen, aber dann wieder habe ich das Gefühl, mich darin schrecklich zu irren. Oft ahne ich erst Jahre, nachdem das Buch erschienen ist, was das eigentliche Thema war. Oder meine es zu ahnen.

 

Ein ganz ungutes Gefühl hätte ich dabei, einen Roman bewusst umzukonstruieren nach dem Motto: "Das und das ist das Thema, folglich muss das und das und das in der Geschichte vorkommen, das und das dagegen muss raus". Da hätte ich das Gefühl, Reißbrettliteratur zu produzieren. Ich folge eher einem Gefühl dafür, was sich richtig oder falsch anfühlt, oder mache an Stellen herum, die ich noch "irgendwie falsch" empfinde. Wenn das Nachdenken über Themen dazu führt, dass sich derartige Gefühle klären, dann ist es OK. 

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Ein ganz ungutes Gefühl hätte ich dabei, einen Roman bewusst umzukonstruieren nach dem Motto: "Das und das ist das Thema, folglich muss das und das und das in der Geschichte vorkommen, das und das dagegen muss raus". Da hätte ich das Gefühl, Reißbrettliteratur zu produzieren. Ich folge eher einem Gefühl dafür, was sich richtig oder falsch anfühlt, oder mache an Stellen herum, die ich noch "irgendwie falsch" empfinde. Wenn das Nachdenken über Themen dazu führt, dass sich derartige Gefühle klären, dann ist es OK. 

 

Ich bewundere, wenn du das aus dem schreiberischen Bauchgefühl aus hinbekommst. Gelingt mir nicht so leicht.

 

LG Ulrike

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Andreas, das Reißbrett-Thema erlebe ich mitunter oder auch öfter bei Hollywood-Filmen: irgendwie weiß ich immer, worauf es hinausläuft, dass bestimmte Elemente genau aus dem Grund da sind, um nachher irgendwas damit zu zeigen ... usw.

 

Dafür funktionieren diese Art von Filmen aber auch breit: jeder versteht - oft sogar unabhängig vom sprachlichen Verständnis - um welches Grundthema es geht. Auch faszinierend, wie ich finde.

 

Ich bin so eine "typische" Bauch-Kopf-Mischerin, und solche geplanten Dinge faszinieren mich, wenn sie funktionieren - weil bei mir vieles unbewusst abläuft. Mitunter habe ich thematische Schwerpunkte, ohne sie am Anfang wahrzunehmen - das fängt schon bei sprachlichen Ausdrücken an, die das Thema widerspiegeln.

 

Ich glaube ja, das, was die Planer logisch und bewusst durchgehen, vielleicht sogar als Liste, die sie abhaken ;-), läuft bei Bauchschreibern einfach unbewusst bis unerkannt ab. Aber es läuft in uns allen ab, würde ich mal behaupten.

 

Liebe Grüße

Anni

Autorin | Ein  Buch schreiben

Das Leben ist zu kurz für schlechte Bücher

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Hallo zusammen,

 

es gibt einen großen Unterschied zwischen dem Thema eines Romans und dem Themen des Autors.

 

Das Thema eines Romans bestimmt den Ablauf der Handlung. Bsp.: Die unmögliche Liebe von zwei Kindern aus verfeindeten Familien.

 

Das Thema eines Autors bestimmt welchen Zugang er zu dieser Geschichte wählt/ seine Herangehensweise/ seine Sichtweise auf die Figuren und Figurenentwicklung und vieles mehr.

Konkret: Wenn der Autor davon ausgeht, dass Menschen sich nicht wirklich verändern können- dann wird die Figur sich nicht weiterentwickeln. Wenn ein Autor sich dafür interessiert, wie ein Mensch mit einem Schock umgeht, dann wird dieses Thema im Roman einen Platz finden.

-> Meistens wird diese Art von Themen für den Autor erst deutlich, wenn er einige Geschichten/ Bücher geschrieben hat.

 

Gruss

 

Thomas

"Als meine Augen alles // gesehen hatten // kehrten sie zurück // zur weißen Chrysantheme". Matsuo Basho

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Hallo zusammen,

 

es gibt einen großen Unterschied zwischen dem Thema eines Romans und dem Themen des Autors.

 

Das Thema eines Romans bestimmt den Ablauf der Handlung. Bsp.: Die unmögliche Liebe von zwei Kindern aus verfeindeten Familien.

 

Das Thema eines Autors bestimmt welchen Zugang er zu dieser Geschichte wählt/ seine Herangehensweise/ seine Sichtweise auf die Figuren und Figurenentwicklung und vieles mehr.

Konkret: Wenn der Autor davon ausgeht, dass Menschen sich nicht wirklich verändern können- dann wird die Figur sich nicht weiterentwickeln. Wenn ein Autor sich dafür interessiert, wie ein Mensch mit einem Schock umgeht, dann wird dieses Thema im Roman einen Platz finden.

-> Meistens wird diese Art von Themen für den Autor erst deutlich, wenn er einige Geschichten/ Bücher geschrieben hat.

 

Gruss

 

Thomas

 

 

Ja, da muss man unterscheiden und das ist ja, denke ich, auch der Punkt, den Andreas weiter oben ausgeführt hat.

 

Ein Thema zieht sich als roter Faden durch die Handlung, die Motivationen, die Konflikte. Da geht es vielleicht um die Suche nach Anerkennung, das Festhalten an der Vergangenheit, das Gefangensein in Normen, die Unfähigkeit aus Fehlern zu lernen, die Auflösung von Schuldgefühlen oder dergleichen.

 

Zusätzlich zum Thema gibt es allerdings auch noch die Position, die der Protagonist und der Erzähler diesbezüglich einnehmen, und letztlich noch diejenige, die der Autor einnimmt. Die Position kann dabei eine neutrale oder eine wertende sein.

 

 

Mir kommt hier spontan ein Gedanke, dass vielleicht die Position des Autors dafür verantwortlich sein kann, ob man mit einem Text etwas anfangen kann oder nicht. Ich kann jedenfalls von mir sagen, dass es durchaus viele Bücher gibt, deren Themen ich eigentlich interessant finde, die auch gut geschrieben sind und auch noch von vielen Lesern als herrausragend gut bezeichnet werden, die mich aber trotzdem nicht fesseln.

 

Im Hinblick auf das Thema eines Textes, denke ich, dass es durchaus die Qualität eines Textes hebt, wenn sich der Autor damit auch strukturiert auseinandergesetzt hat. Wann er das tut - ob schon beim Exposéschreiben, während des Schreibens oder hinterher beim Redigieren - ist m.E. nicht so wichtig.

 

Ich denke, jeder Kunst liegt immer auch ein Handwerk zugrunde und die Herausarbeitung des Themas würde ich zum Handwerkszeug zählen. Auch wenn man in Deutschland keine konkrete Ausbildung zum Schriftsteller braucht und Autoren in gewisser Weise intuitiv vieles richtig machen - sonst wären sie keine Autoren geworden - sollte es dem Schreibenden bewusst sein, dass es hinter dem reinen Tun auch immer eine Ebene gibt, der ein analytischer Draufblick sehr gut tut. Selbst die schönste Bauchgeburt kann noch geschliffen werden und das klappt eben, wenn man sich der verschiedenen Stellschrauben bewusst ist, die einen Text zusammenhalten. 

Man muss es ja nicht übertreiben und seine Texte komplett durchleuchten und an allen Stellschräubchen die perfekte Einstellungen finden. Ich könnte mir vorstellen, dass zu intensives Sezieren einen Text auch töten kann. Mir geht es mit der Musik so: Zuviel Perfektion macht daraus etwas Faszinierendes, aber nichts, was mir ans Herz geht... 

 

Gruß,

Juliane

Bearbeitet von Juliane Breinl

"Man kann auf seinem Standpunkt stehen, aber man sollte nicht darauf sitzen."

Erich Kästner Vorträge und Lesungen einstudieren  und  Autorenseite Juliane Breinl

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"Im Hinblick auf das Thema eines Textes, denke ich, dass es durchaus die Qualität eines Textes hebt, wenn sich der Autor damit auch strukturiert auseinandergesetzt hat. Wann er das tut - ob schon beim Exposéschreiben, während des Schreibens oder hinterher beim Redigieren - ist m.E. nicht so wichtig."

 

(Fast) ganz deiner Meinung, Juliane. Es wird sich stark auf den Text auswirken, ob sich der Autor mit dem Thema wirklich auseinandergesetzt hat und seine Position bezieht. Die Position, die Prämisse nenne ich gerne These, die der Autor mit dem Thema verbindet, das Pro und Kontra, die zentrale Idee, die er im Laufe der Geschichte ausleuchtet. Ich finde, das Tandem Thema/These gibt dem Plot eine Bedeutung und den Handlungen der Figur einen Sinn. Hingegen ist es meiner Meinung nach zu spät, sich erst beim Redigieren damit auseinander zu setzen. Das Thema kann nicht im Nachhinein in den Text gebastelt werden, es ist Teil der Geschichte (möglicherweise kann er aber erst später entdecken, dass er das Thema unbewusst stimmig umgesetzt hat, ES schreibt ja immer mit :-).

 

Du hattest weiter oben erwähnt, wie wichtig diesbezüglich auch das Need ist, sofern man einen Roman schreibt, dem eine Figurenentwicklung zugrunde liegt. Unterschreibe ich. Das Need ist ja untrennbar mit dem Thema verbunden, deswegen kann man es auch nicht unabhängig von der Figur besetzen. Denn erst die Figur, ihre Handlungen machen das Thema und die These des Autors sichtbar. 

 

LG, Bettina

" Winterschwestern" (AT)
Figuren- und Storypsychologie

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(Fast) ganz deiner Meinung, Juliane. Es wird sich stark auf den Text auswirken, ob sich der Autor mit dem Thema wirklich auseinandergesetzt hat und seine Position bezieht. Die Position, die Prämisse nenne ich gerne These, die der Autor mit dem Thema verbindet, das Pro und Kontra, die zentrale Idee, die er im Laufe der Geschichte ausleuchtet. Ich finde, das Tandem Thema/These gibt dem Plot eine Bedeutung und den Handlungen der Figur einen Sinn. Hingegen ist es meiner Meinung nach zu spät, sich erst beim Redigieren damit auseinander zu setzen. Das Thema kann nicht im Nachhinein in den Text gebastelt werden, es ist Teil der Geschichte (möglicherweise kann er aber erst später entdecken, dass er das Thema unbewusst stimmig umgesetzt hat, ES schreibt ja immer mit :-).

 

Du hattest weiter oben erwähnt, wie wichtig diesbezüglich auch das Need ist, sofern man einen Roman schreibt, dem eine Figurenentwicklung zugrunde liegt. Unterschreibe ich. Das Need ist ja untrennbar mit dem Thema verbunden, deswegen kann man es auch nicht unabhängig von der Figur besetzen. Denn erst die Figur, ihre Handlungen machen das Thema und die These des Autors sichtbar. 

 

LG, Bettina

 

Stimmt, Bettina! Wenn man sich diesem zentralen Punkt erst beim letztendlichen Redigieren widmet, ist es zu spät bzw. man muss das Projekt gegebenenfalls noch einmal komplett umschreiben. (Aber es soll ja durchaus Autoren geben, die so arbeiten und mehrere Fassungen von einem Roman in der Schublade haben. : :)

 

Das Bild eines Thema-These-Tandems finde ich sehr stimmig. Ich überlege, ob nicht sogar ein Tridem unterwegs ist? Übergeordnetes Thema, Thema und These.

 

Das es generell die Figuren sind, die das Tandem in Bewegung setzen, liegt auf der Hand. Mich würde in dem Zusammmenhang einmal interessieren, wie sich ein experimenteller Text schreibt, der ohne Figuren auskommt. Nur die Stimme des Erzählers, (oder eigentlich müsste man ihn dann als Beschreiber bezeichnen) + ein Thema, mit dem er sich auseinandersetzt. Dies müsste er dann tun, ohne dabei auf andere abzuheben, er dürfte nichts über jemanden erzählen. Auch nicht über sich selbst. Sonst säßen die Figuren, schwupps, schon mindestens auf dem Gepäckträger des Tandems ...

Bleibt man in dem Bild des Zweirades, würde dieses in kürzester Zeit umkippen oder man müsste den Seitenständer ausklappen. Stillstand gäbe auf jeden Fall, weil keiner in die Pedalen tritt.

 

LG, Juliane,

die das demnächst einmal ausprobieren wird.

Bearbeitet von Juliane Breinl

"Man kann auf seinem Standpunkt stehen, aber man sollte nicht darauf sitzen."

Erich Kästner Vorträge und Lesungen einstudieren  und  Autorenseite Juliane Breinl

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(Fast) ganz deiner Meinung, Juliane. Es wird sich stark auf den Text auswirken, ob sich der Autor mit dem Thema wirklich auseinandergesetzt hat und seine Position bezieht. Die Position, die Prämisse nenne ich gerne These, die der Autor mit dem Thema verbindet, das Pro und Kontra, die zentrale Idee, die er im Laufe der Geschichte ausleuchtet. Ich finde, das Tandem Thema/These gibt dem Plot eine Bedeutung und den Handlungen der Figur einen Sinn. Hingegen ist es meiner Meinung nach zu spät, sich erst beim Redigieren damit auseinander zu setzen. Das Thema kann nicht im Nachhinein in den Text gebastelt werden, es ist Teil der Geschichte (möglicherweise kann er aber erst später entdecken, dass er das Thema unbewusst stimmig umgesetzt hat, ES schreibt ja immer mit :-).

 

Du hattest weiter oben erwähnt, wie wichtig diesbezüglich auch das Need ist, sofern man einen Roman schreibt, dem eine Figurenentwicklung zugrunde liegt. Unterschreibe ich. Das Need ist ja untrennbar mit dem Thema verbunden, deswegen kann man es auch nicht unabhängig von der Figur besetzen. Denn erst die Figur, ihre Handlungen machen das Thema und die These des Autors sichtbar. 

 

LG, Bettina

 

Das Wort "These" gefällt mir besonders gut. Es drückt die Absicht des Textes aus - mit einer Geschichte nicht nur etwas zu zeigen, sondern es zu beweisen. Ein stärkerer Wille kommt zum Vorschein. Denn es gibt ja nicht nur den Willen der handelnden Personen - sondern auch den des Autors. Natürlich darf der nicht wie der berühmte Zaunpfahl aufscheinen, aber in einer tieferen Ebene bereichert er den Text.

 

Die These kann dem Wunsch der handelnden Personen (Juliane nennt es "need") entsprechen - oder eben auch entgegensprechen. Antithese, sozusagen. Wäre das dann der Antagonist? Vielleicht ist diese Rechnung zu einfach. Aber eine Überlegung ist das alles wert.

 

LG Ulrike

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(Fast) ganz deiner Meinung, Juliane. Es wird sich stark auf den Text auswirken, ob sich der Autor mit dem Thema wirklich auseinandergesetzt hat und seine Position bezieht. Die Position, die Prämisse nenne ich gerne These, die der Autor mit dem Thema verbindet, das Pro und Kontra, die zentrale Idee, die er im Laufe der Geschichte ausleuchtet. Ich finde, das Tandem Thema/These gibt dem Plot eine Bedeutung und den Handlungen der Figur einen Sinn. Hingegen ist es meiner Meinung nach zu spät, sich erst beim Redigieren damit auseinander zu setzen. Das Thema kann nicht im Nachhinein in den Text gebastelt werden, es ist Teil der Geschichte (möglicherweise kann er aber erst später entdecken, dass er das Thema unbewusst stimmig umgesetzt hat, ES schreibt ja immer mit :-).

 

Du hattest weiter oben erwähnt, wie wichtig diesbezüglich auch das Need ist, sofern man einen Roman schreibt, dem eine Figurenentwicklung zugrunde liegt. Unterschreibe ich. Das Need ist ja untrennbar mit dem Thema verbunden, deswegen kann man es auch nicht unabhängig von der Figur besetzen. Denn erst die Figur, ihre Handlungen machen das Thema und die These des Autors sichtbar. 

 

LG, Bettina

 

Stimmt, Bettina! Wenn man sich diesem zentralen Punkt erst beim letztendlichen Redigieren widmet, ist es zu spät bzw. man muss das Projekt gegebenenfalls noch einmal komplett umschreiben. (Aber es soll ja durchaus Autoren geben, die so arbeiten und mehrere Fassungen von einem Roman in der Schublade haben. : :)

 

Das Bild eines Thema-These-Tandems finde ich sehr stimmig. Ich überlege, ob nicht sogar ein Tridem unterwegs ist? Übergeordnetes Thema, Thema und These.

 

 

Hm, was genau meinst du mit übergeordnetes Thema? Im Sinne von: Ein Thema kann mehrere Aspekte beinhalten? Das ist sicher so (sehr schön zu sehen in der Leserunde zu "Das Bein" von Valerie Fritsch). Wenn es um das Tridem geht, so würde ich es aber mit Plot, Figur und Thema besetzen :-), führt jetzt aber vom Thema weg.

 

Lass uns wissen, was bei deinem Experiment herauskommt. Stellst du dir das als eine Art philosophischen Diskurs vor? Nur, wird der Erzähler dann nicht automatisch Figur? Sie handelt vielleicht nicht, denkt aber? Wird sie dabei ohne Erinnerungen auskommen, die ja durchaus Handlungen beinhalten?

 

LG, Bettina

Bearbeitet von Bettina Wüst

" Winterschwestern" (AT)
Figuren- und Storypsychologie

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Das Wort "These" gefällt mir besonders gut. Es drückt die Absicht des Textes aus - mit einer Geschichte nicht nur etwas zu zeigen, sondern es zu beweisen.

 

LG Ulrike

 

 

Ja, das ist es, was Andreas in seinem Posting erwähnte.Was den Willen betrifft: Für mich ist es so, dass ein Thema und die dazu gehörende These das innere Wertesystem der Geschichte auffächert. Es ist das, was der Autor mit der Geschichte wirklich kommunizieren will.

 

LG, Bettina

" Winterschwestern" (AT)
Figuren- und Storypsychologie

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(

Stimmt, Bettina! Wenn man sich diesem zentralen Punkt erst beim letztendlichen Redigieren widmet, ist es zu spät bzw. man muss das Projekt gegebenenfalls noch einmal komplett umschreiben. (Aber es soll ja durchaus Autoren geben, die so arbeiten und mehrere Fassungen von einem Roman in der Schublade haben. : :)

 

Das Bild eines Thema-These-Tandems finde ich sehr stimmig. Ich überlege, ob nicht sogar ein Tridem unterwegs ist? Übergeordnetes Thema, Thema und These.

 

 

Hm, was genau meinst du mit übergeordnetes Thema? Im Sinne von: Ein Thema kann mehrere Aspekte beinhalten? Das ist sicher so (sehr schön zu sehen in der Leserunde zu "Das Bein" von Valerie Fritsch). Wenn es um das Tridem geht, so würde ich es aber mit Plot, Figur und Thema besetzen :-), führt jetzt aber vom Thema weg.

 

Lass uns wissen, was bei deinem Experiment herauskommt. Stellst du dir das als eine Art philosophischen Diskurs vor? Nur, wird der Erzähler dann nicht automatisch Figur? Sie handelt vielleicht nicht, denkt aber? Wird sie dabei ohne Erinnerungen auskommen, die ja durchaus Handlungen beinhalten?

 

LG, Bettina

 

 

Mit übergeordneten Thema meine ich den Aspekt, den Mascha in ihrem Eingangpost genannt hat. (Weil ich nicht kapiere, wie man Doppelzitate machen kann, indem man eine Seite zurückblättert, kopiere ich es einfach mal rein hier rein:)

 

Zitat Mascha: [...]

Ein vereinfachtes Beispiel:

Sagen wir, es geht um wirtschaftlichen Erfolg und was er mit den Menschen macht. Die Hauptfigur macht Karriere, verliert aber den Bezug zu seiner Familie. Sein Jugendfreund ist ein erfolgloser Musiker, der viel Zeit mit seinen Kindern verbringt. Welche Konflikte entstehen aus den unterschiedlichen Konstellationen? Welche Fragen ergeben sich daraus? Versucht der Erfolgreiche, seiner Familie Sicherheit zu bieten, indem er viel Geld verdient, scheitert aber im Grunde, weil er keine emotionale Sicherheit vermitteln kann? Leidet der Musiker darunter, immer für die Kinder da sein zu müssen, weil seine Frau das Geld für die Familie verdient, ihm aber dadurch zu wenig Zeit für seine Musik bleibt? Wie definieren die beiden Erfolg?

An diesem Punkt drängt sich der Gedanke auf, ob es nicht noch ein Überthema gibt, das die Geschichte umfasst, nämlich, unter welchem Druck Männer in unserer Gesellschaft stehen. Sie versuchen, alles richtig zu machen und können nur scheitern. Oder gibt es vielleicht doch einen Weg? Was geschieht, wenn die beiden Jugendfreunde sich nach langer Zeit wieder begegnen? [...]

 

Stellt sich die Frage, ob das übergeordnete Thema (oder Überthema, wie Mascha es nennt)  nun ein ganz eigener Aspekt ist, der das Thema in besonderer Weise prägt oder ob es etwas ist, das hauptsächlich der Haltung des Autors anhaftet, also damit der These zugeordnet werden sollte?

 

 Beispiel; in einem Roman wird das Thema "Rassismus" verfolgt. Es findet im Plot vielleicht in folgendem Ereignis seinen Ausdruck: junge Türkin wird Opfer eines ausländerfeindlich motivierten Übergriffes. Außerdem spiegelt es sich dann in den  "wants" und "needs" der Figuren wieder.  Das "want" des Angreifers könnte sein, dass er hofft durch seine Tat in einer Gruppierung von Rassisten einen höheren Stellenwert zu bekommen. Sein "need"  dagegen wäre vielleicht, sein Gefühl von Wertlosigkeit loszuwerden. Das tut er, indem er sich über Menschen stellt und sie aufgrund ihrer Herkunft als minderwertige Menschen deklariert.

Hier drückt sich also das Thema „Rassismus“ in der Motivation der Figuren und den daraus resultierenden Ereignissen aus.

 

Das sehr plakative und konkrete Thema "Rassismus" wird aber höchstwahrscheinlich  auch noch durch einen übergeordneten Aspekt einen ganz eigenen Anstrich bekommen: durch die Art und Weise, wie das Opfer reagiert, das Geschehen in der Gesellschaft wahrgenommen wird, wie die Reaktionen der Politiker darauf sind, …

Das würde m.E. das wiederspiegeln, was Mascha als das Überthema einer Geschichte bezeichnet. Zum Beispiel Kants kategorischer Imperativ:  „Handle nach der Maxime, die sich selbst zugleich zum allgemeinen Gesetze machen kann“, könnte das übergeordnete Thema dieser Geschichte sein. Ein Thema also, das Überthema vieler Geschichten mit völlig anderen Themen sein kann.

 

Mich hat Maschas Hinweis auf diese Trennung in „Thema“  und “übergeordnetes Thema (Überthema)“  dazu veranlasst, mich zu fragen, ob  man aus dem Tandem vielleicht gar ein Tridem machen sollte, was in Bewegung gesetzt wird durch die Figuren.

(Die Figuren würde ich nicht als Teil des Fahrzeugs sehen, sondern eben als diejenigen, die es in Bewegung setzen  -  oder wie Elizabeth George es in ihrem „Wort für Wort“   beschreibt: "der Geschichte Leben einhauchen".)

 

Ich stelle das bewusst als Frage, weil ich zugleich die Vermutung habe, dass das Überthema vielleicht eher der These anhaftet. So, wie der Autor, um beim Beispiel zu bleiben, sich dem kategorischen Imperativ annähert und diesen für sich definiert, wird er uns seine Rassismus-Geschichte erzählen.

 

 

Zum Experiment:

Ich vermute ganz stark, dass man ohne Figuren keine Geschichten schreiben kann. Weil Geschichten nur funktionieren, wenn Themen und Thesen bewegt werden durch Figuren.

Ja, philosophische Betrachtungen vielleicht auch, aber ganz sicher Gedichte, das sind Formen, die nur ein Thema und eine Haltung benötigen.

Ich denke da an  "Der römische Brunnen" von Conrad Ferdinand Meyer:

 

Conrad Ferdinand Meyer

 

Aufsteigt der Strahl und fallend gießt

Er voll der Marmorschale Rund,

Die, sich verschleiernd, überfließt

In einer zweiten Schale Grund;

Die zweite gibt, sie wird zu reich,

Der dritten wallend ihre Flut,

Und jede nimmt und gibt zugleich

Und strömt und ruht.

 

(Meyers Thema ist in vielen seiner Gedichte "Vollkommenheit", meine ich mich zu erinnern.  :D ) 

 

Viele Grüße,

Juliane

Bearbeitet von Juliane Breinl

"Man kann auf seinem Standpunkt stehen, aber man sollte nicht darauf sitzen."

Erich Kästner Vorträge und Lesungen einstudieren  und  Autorenseite Juliane Breinl

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