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(Mascha)

Ist ein Thriller noch spannend, wenn man die Auflösung kennt?

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Die Diskussion im Thread über den unzuverlässigen Erzähler hat uns zu der Frage geführt, ob ein Thriller noch spannend sein kann, wenn man seine Auflösung schon kennt. Ich finde, das ist eine eigene Diskussion wert.

 

Welche Bedingungen muss ein Thriller/Krimi erfüllen, um auch noch beim zweiten Lesen interessant zu sein?

Oder ist das unmöglich und man kann in diesem Genre jedes Buch nur einmal lesen?

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Spannende Frage!

 

Für den Detektivroman würde ich diese Frage noch eher stellen als für den Thriller, denn Ersterer lebt davon, dass man mit dem Ermittler zusammen rätselt, wer es gewesen ist. Im Thriller geht es teilweise ja auch um die Gefahr, die verhindert werden muss.

 

Man könnte sich natürlich auch fragen, ob ein Liebesroman noch spannend ist, wenn man schon weiß, dass sie sich am Ende kriegen.

 

In meinen Augen hängt es davon ab, was ein Roman sonst noch beinhaltet. Die Romane von Agatha Christie oder Dorothy L. Sayers, aber auch die Sherlock Holmes-Geschichten, in vieler Hinsicht die klassischen Ermittlerkrimis überhaupt, lese ich gern mehrere Male. Nicht mehr, um rauszufinden, wer der Mörder war (obwohl ich selbst das bei Agatha Christie nach einigen Jahren Lesepause vergesse), sondern weil diese Romane spannende Abbilder einer mir nicht mehr bekannten Gesellschaft liefern und ich die Welt und die darin agierenden Charaktere spannend finde - und gleichzeitig durch die Grenzen der Genrekonventionen die beruhigende Sicherheit genieße, dass nicht auf einmal völlig unerwartete Dinge passieren (mit den unerwarteten Wendungen im Fall rechnet man ja, die kommen nicht "unerwartet").

 

Wenn die Figuren spannend genug sind, und vor allem, wenn mir der Thriller ein Milieu zeigt, das ich noch nicht kenne (ich glaube, Letzteres ist ganz wichtig), dann lese ich einen Spannungsroman auch gern zum zweiten oder dritten Mal. Das bedeutet natürlich, dass hinter dem reinen Kriminalfall genug Substanz vorhanden sein muss, um auch beim zweiten oder dritten Lesen für neue Ebenen und Nuancen zu sorgen.

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Ja, wirklich eine interessante Frage. Die ich aber nicht auf die Frage, ob der Thriller beim zweiten Mal lesen immer noch spannend sein kann, beschränken will. Ich habe ja gerade bei meinem neuen Thriller genau das versucht. Der Leser ahnt, dass der Antagonist der Täter ist und der Prota vielleicht was durch ihn angetan werden wird. Aber die Spannung wird aus dieser Ungewissheit gezogen. "Schafft sie es, sich zu schützen/retten/ihn zu überführen?"

 

Ich lese sowieso nur in ganz seltenen Fällen ein Buch ein zweites Mal. Und das ist i.d.R. keine Genreliteratur.

 

LG Cornelia

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Meine Entscheidung, ob ich ein Buch ein zweites Mal lese, hängt nicht von der Auflösung ab, sondern, ob ich vom Schreibstil, der Machart oder dem Setting gefesselt war.

Ich glaube, ich habe noch nie ein Buch zu Ende gelesen, weil ich lediglich wissen wollte, wie es ausgeht und ansonsten ertragen habe, dass es mir nicht gefällt.

 

Liebe Grüße

Elke

Romane:  http://weigel-elke.net/      Sachbücher/Psychotherapie: https://weigel-elke.de/

Instagram: https://www.instagram.com/elke_weigel_psychologin/

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Meine Entscheidung, ob ich ein Buch ein zweites Mal lese, hängt nicht von der Auflösung ab, sondern, ob ich vom Schreibstil, der Machart oder dem Setting gefesselt war.

Ich glaube, ich habe noch nie ein Buch zu Ende gelesen, weil ich lediglich wissen wollte, wie es ausgeht und ansonsten ertragen habe, dass es mir nicht gefällt.

 

Liebe Grüße

Elke

Da muss ich Elke beipflichten, geht mir genauso. Außerdem dürften dann keine Menschen mehr die Bücher lesen, deren "Auflösung" schon durch Spoiler oder Mund-Propaganda verbreitet wurde (was extrem ärgerlich ist).

 

LG Cornelia

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Ich als Nicht-Thriller-Leser würde auch Elke und Cornelia zustimmen.

Spontan denke ich, dass ich nichts dagegen hätte, wenn ich die Auflösung von Anfang an kennen würde. Aber dann würde ich mir am Schluss noch eine Wendung wünschen, die mir den Atem raubt. Nichts, was die Auflösung im Entferntesten in Frage stellt, aber beispielsweise etwas, das das Ganze in einem komplett anderen Licht erscheinen lässt.

Sowas nach dem Motto: Sie hat mich keinen Augenblick lang angelogen, aber damit hätte ich nicht gerechnet.

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Als Krimi-Fan sage ich mal nein.  Wenn ich die Auflösung kenne, ist es nicht mehr spannend für mich.

Ich habe schon ein paar außergewöhnliche gute Krimis gelesen, aber keiner lohnt ein weiteres Mal (wegen dem ersten Punkt), man kannn diese Bücher aber wegen anderer Aspekte noch mal lesen (Sprache, Setting, ...).

Bearbeitet von AlexanderH
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Bei mir ist es so, dass mich die Frage "Wer ist der Mörder?" an einem Krimi eigentlich fast am wenigsten interessiert, wenn da nicht etwas Emotionales dahinter steckt. Wenn der Verdächtige z.B. jemand ist, von dem ich nicht will, dass er der Täter ist.

Mich interessiert das ganz Drumherum. Die Entwicklung der Figuren, die Frage, wie sie die Probleme lösen, was dahinter steckt ... Das emotionale Rütteln an den Figuren. Ob es dann verdächtiger A oder B ist, der den Gärtner erschossen hat ... mir doch egal.

 

Ich lese die wenigsten Bücher zweimal, aber ich lese oft und gerne das Ende zuerst und es tut meinem Lesevergnügen keinen Abbruch.

Der Krimi, bei dem es tatsächtlich *nur* darum geht, den Täter ausfindig zu machen, klassische Whodunnits, lassen mich völlig kalt.

 

Ich würde mich in einer Ermittler-Serie, die ich mag, auch diebisch über Folgen ohne Fälle freuen ... Gibbs, Toni, Tim und Abby auf der Weihnachtsfeier - super Folge, reicht mir total ;D

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Für mich leicht zu beantworten, zumindest im Genre Kriminalroman: Wenn die Figuren tiefschichtig, widersprüchlich, fesselnd usw. gezeichnet sind, ja. Auch ich denke dabei an Agatha Christie. Wenn dann noch eine aufregende Kulisse, ich denke hier z.B. an das herrliche Hotel auf der Insel in das "Böse unter der Sonne" hinzukommt, schiebt sich die Frage, wer ist der Mörder, in den Hintergrund. Das Gesamtkunstwerk ist so gut, dass es immer wieder Vergnügen macht, es zu lesen oder zu sehen. Beim Thriller kommt es auch wieder auf die Figurenzeichnung an, wenn die Geschichte rein auf Spannung und Action aufgebaut ist, zu wenig auf die Charakterzeichnung eingegangen wird, lese ich den Thriller wohl kaum ein zweites Mal.

 

lg

Christine

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Wenn der Schluss bereits bekannt ist, könnte es m.M.n. dann trotzdem spannend sein, wenn die Geschichte selber völlig anders anfängt und man durch viele andere Dinge, Probleme, Konflikte und Rätsel abgelenkt wird, dass man den Schluss vergisst oder nicht glaubt, dass es der Schluss ist.

 

Letztendlich war auch Titanic spannend, obwohl wir nicht nur wussten, dass die Titanic untergeht, sondern auch, dass Kate Winslet überleben wird. Man wurde so in die Geschichte reingerissen und mit so vielen kleinen Detailproblemen und deren Lösung abgelenkt (und sei es nur die Frage, wann sie sich das erste Mal küssen), dass es trotzdem spannend war.

 

Thriller lese ich selten und daher auch kein zweites Mal. Bei Krimis kann das vorkommen, wenn ich mich nicht mehr an die Auflösung erinnere. Beim Film ist das was anderes, da schaue ich sowas auch ein zweites Mal, aber mit sezierendem Blick und der Frage: "wie haben die das hingekriegt?". Oder es ist eine einfach so schöne Geschichte mit Witz oder Tiefgang, dass ich sie trotzdem mag, auch wenn ich die Auflösung kenne. "Prestige" ist vielleicht kein klassischer Thriller, aber eindeutig so ein Film, den wir direkt nach der letzten Szene nochmal anfangen mussten, um der Genialität auf die Schliche zu kommen.

 

LG Ulrike

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Ja, ganz eindeutig.

 

Ein leuchtendes Beispiel: "Urteil in Stein", von Ruth Rendell. Da steht gleich im ersten Satz, wer wen aus welchen Gründen umbringt. Trotzdem kann man das Buch nicht aus der Hand legen.

Komm wir essen Opa.

SATZZEICHEN können Leben retten.

www.mcpoets.de

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Eins meiner Lieblingsbücher (>10 mal gelesen) ist der Thriller "Rendezvous mit dem Tod" (orig. "The Golden Rendezvous") von Alistair MacLean. Da weiß ich inzwischen, wie es ausgeht  ;), aber in den Details ist die Handlung doch so verzwickt, dass mich die Wendungen immer wieder überraschen können. Aber vor allem ist es die Schreibe, der Ton des Autors, die es mich gern wiederlesen lässt.

 

Das ist ein bisschen wie mit Filmen, die man sich immer wieder anschaut. Man genießt dann einfach die Machart, fiebert bestimmten Stellen, Sätzen, Bildern, Szenen entgegen. Wenn ein Buch das so ähnlich leistet – und gute Bücher tun das –, dann liest man es gern ein zweites Mal. Selbst einen Thriller. 

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Könnte man die Frage leicht erweitern? (oder müsste ich dafür einen neuen Thread öffnen?) Meine Erweiterung wäre: Wie schafft man es, dass ein Krimi/Thriller weiter spannend BLEIBT; wenn dem Leser "in etwa" klar ist, wer der Mörder ist?

Ich denke hierbei z.B. an "Todesstoß" von Karen Rose. Im Prinzip weiß man schon in etwa, wer der Mörder sein muss. Und auch bei einigen anderen Thrillern weiß man dies oft, v.a. wenn der "Mörder"/Bösewicht eine eigene Perspektive hat und/oder es Passagen gibt, in der man seinem Handeln auktorial zusieht.

 

Wie gesagt, wenn das hier stört, dann mache ich auch gern eine neue Runde auf ... Aber das geht mir im Kopf herum, seit wir hier das letzte Mal diskutiert haben.

 

LG
Lea

Nicht weil die Dinge uns unerreichbar erscheinen, wagen wir nicht weil wir nicht wagen, erscheinen sie uns unerreichbar.&&Seneca

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Krimis, in denen es nur um die Auflösung des Falls geht, lese ich wirklich nur einmal, und manchmal noch nicht mal bis zu Ende. Hat sich der Autor aber bemüht, komplexe, schräge und sympathische Figuren zu schaffen und auch über deren Entwicklung einen Spannungsbogen aufzubauen, dann lese ich sie gerne mehrmals, weil ich mich an den immer wieder neu auftauchenden Details erfreue.

 

Schon immer haben mich die Romane von Dorothy Sayers fasziniert. Lord Peter Wimsey mit seinen immer wieder verblüffenden Zitaten, seine schwierige Werbung um die Krimi-Autorin Harriet Vane, und sein patenter Butler sind ein Ermittler-Team, das auch über viel Romane trägt. Und selbst wenn man die Auflösung kennt, dann macht das Verfolgen des Weges dahin immer mehr Spaß.

 

Diese Bücher waren für mich immer ein großes Vorbild.

 

Andrea

Neu: Das Gold der Raben. Bald: Doppelband Die Spionin im Kurbad und Pantoufle

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Wenn es mir nur um die Täterfrage geht und der Roman dahingehen oberflächlich ist, dann finde ich es nicht mehr spannend, das Buch ein zweites Mal zu lesen.


Bei Filmen kommt es hin und wieder vor, dass ich sie mir öfter ansehe. Und jedes Mal bin ich wieder gefesselt, obwohl ich weiß, wie er ausgeht. Das liegt vor allem an den Emotionen, die bei mir geweckt werden. Wenn es traurig ist, weine ich auch ein zweites Mal, wenn es lustig ist, schmunzle ich zumindest noch bei zweiten Mal und wenn ich beim ersten Mal dahinschmachte, dann schmachte ich auch beim zweiten Mal. Weil es einfach etwas in mir rührt. 


Dazu kommen die Ebenen im Film, die spirituelle Botschaft (ich weiß, einige unter euch mögen diesen Ausdruck nicht), die vermittelt wird. Matrix ist so ein Beispiel. Viele, die um die Botschaft nicht wissen sehen nur die Action, aber die, die wissen, dass es um das Abstreifen des Egos geht, sehen den Film beim zweiten Mal mit ganz anderen Augen. So ist das zumindest bei vielen Hollywoodfilmen. Und ich denke bei guten Büchern sollte das auch so sein. Dann liest man sie auch ein zweites Mal.


Bearbeitet von Sabine
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Ein Thriller ist kein "Whodunnit". Im Kriminalroman ist das Verbrechen i. d. R bereits passiert und das Verbrechen bedarf der Aufklärung. Im Thriller hingegen gilt es, das Verbrechen zu verhindern, deshalb wird hier oft schon zu Beginn der Story klargestellt, WAS AUF DEM SPIEL STEHT. Das weckt den Nervenkitzel beim Thrillerleser, denn die Spannung ergibt sich nun aus einer Art Wettlauf zwischen Protagonist und Antagonist, Gut und Böse.

Ich denke, man sollte beim Thrillerschreiben auch ein wenig im Auge haben, welchen Schwerpunkt ein Thriller hat, ob es sich z. B. um einen Psycho-/Serientäterthriller handelt (diese beiden Untergenre gibt es mit Abstand am häufigsten auf dem Thriller-Markt), oder ob es um einen Wissenschafts-, Religions- oder z. B. Polit-Thriller geht. Da gibt es von der Konstruktion/Struktur her auch wieder Unterschiede. (Klar, es gibt hier und da auch Thrillermischtypen.)

Liebe Grüße
Ramona

Inspiration exists, but it has to find us working! (Pablo Picasso)

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Ich persönlich lese Krimis / Thriller auch, wenn ich die Auflösung schon kenne, es interessiert mich, wenn die Figuren genau genug ausgearbeitet sind, wenn es mehr um das Warum und die Hintergründe einer Tag geht als um das übliche "Wer war es?". Warum wird ein sozial integrierter, unauffälliger Mensch zum Täter?

 

Wobei meiner Erfahrung nach die Leser das eher abstrafen. Ein typisches Beispiel ist der neue Roman von Sabine Thiesler "Und draußen stirbt ein Vogel" und habe es auch schon häufiger beobachtet (auch bei mir selbst). Für viele Leser ist das Rätsel um den Täter ein Bestandteil, auf den sie nicht verzichten wollen.

 

 

LG
Heike

 

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Ein Thriller ist kein "Whodunnit".

 

Das ist doch in der Praxis längst überholt.

 

Bei den allermeisten Thriller-Bestsellern heutzutage geht es um die Täterfrage.

 

Der Unterschied zum Krimi ist, dass die Gefahr weiterbesteht - meistens auch für den Protagonisten oder dessen Angehörigen.

 

Aber im Prinzip weiß man doch fast immer, dass sie heil rauskommen. Spannung kann ich aus der Frage beim Lesen meistens nicht ziehen.

 

Heute werden ja sogar viele Ermittler-Serien als "Psychothriller" verkauft. Natürlich weiß man, dass der Held überlebt (es muss ja weitere Fälle geben).

 

Da gibt es sogar ein aktuelles Beispiel unter den Bestsellern, wo die Frage, ob die Frau des Protagonisten die Krebs-Op überlebt, viel spannender ist als der Wettlauf gegen den Täter. Dass der Protagonist den gewinnt, war mir klar, bevor ich die erste Seite gelesen habe.

Nur wer der Täter ist, halt nicht.

 

Wer ist der Täter? Was ist sein Motiv? Überlebt die Frau des Ermittlers die Op?

 

Das waren die Fragen (in der Reihenfolge wie sie oben stehen), die mich beim Lesen interessiert haben.

 

Und wenn ich die Antworten auf die Fragen schon vorher gewusst hätte, hätte es für mich überhaupt keinen Sinn gemacht, das Buch trotzdem zu lesen.

Bearbeitet von MichaelT
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Larry Beinhart hat da mal so eine schöne Unterscheidung geprägt: Den "Whodunit"-Thriller und den "Whydunit"-Thriller. Wenn ich Thriller schreibe, dann sind die fast immer der letzten Kategorie zugehörig. Bei meinem ersten war ich ganz erstaunt, wie die Leser in jedem den Täter vermutet haben: Im Bruder ihres Freundes, in einem Uni-Professor ... da waren ganz witzige und abwegige Ideen bei und was mache ich hinterher? Präsentiere einfach einen Fremden ;) Das hatte ich da mehr oder weniger ungeplant gegen den Strich gebürstet, bin aber dabei geblieben. Bei mir steht immer das ganze Drumherum im Vordergrund: Was hat den Täter bewegt, ist der eigentlich irre, wie kommt man dazu, so etwas zu tun? Bleibt auch nicht aus, wenn man über Profiler schreibt, da finde ich das essenziell. Das nenne ich dann auch allein schon wegen der großen psychologischen Komponente Psychothriller. 

Ich finde es spannend, zu lesen, daß euch auch das Drumherum interessiert. Da gibt's unter meinen Lesern zwei Lager, denn ich hatte in meiner Reihe durchaus mal einen Teil, wo das Privatleben der Profilerin genauso viel Raum einnahm wie der eigentliche Fall und beides auch ziemlich miteinander verflochten war. Einige fanden das super, andere eher nicht so. 

 

Wenn ich mich richtig an die Medienpsychologie zurückerinnere, dann war Spannung in Filmen und Büchern folgendermaßen definiert: Eine Geschichte ist immer dann besonders spannend, wenn man den Protagonisten sehr mag, er in eine Konfliktsituation gerät und deren positiver Ausgang sehr unwahrscheinlich erscheint. Aber man will den positiven Ausgang und daher kommt die Spannung. Klingt auch irgendwie logisch. 

 

Was mich an manchen Thrillern kolossal nervt (ich glaube, ich weiß, welches Buch Michael vor mir angesprochen hat und da war das auch so): Der Antagonist ist zur Strecke gebracht, der Protagonist atmet kurz durch, es kommen noch drei Seiten und dann ist das Buch zuende. Das mache ich beim Schreiben nie - und meine Leser freuen sich tierisch drüber. Da frage ich mich dann immer, warum die anderen Autoren da so schnell einen Cut machen. 

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Ein Thriller ist kein "Whodunnit".

Das ist doch in der Praxis längst überholt.

 

Bei den allermeisten Thriller-Bestsellern heutzutage geht es um die Täterfrage.

 

Und das scheint dann oftmals der Grund dafür zu sein, dass Leser in ihren Rezensionen meinen, einen Kriminalroman gelesen zu haben, wo Thriller als Etikett draufstand. Was sie bei einem packenden Krimi allerdings auch gerne verzeihen. (Zurzeit gehen Verlage mit dem Etikett "Thriller" ja recht locker um.)

 

Die Täterfrage ist z. B. bei modernen TV-Thriller- und Mystery-Serien wie "Daredevil", "Jessica Jones" oder "Sense 8" (oder auch bei Buch-Thrillern von Greg Iles, Ilkka Remes, Michael Cordy & Co.) nicht der Dreh- und Angelpunkt im Sinne von "Wer-war-es?" Als Zuschauer/Leser wird einem der Antagonist in solchen Thrillern/Spannungsromanen in all seiner Cleverness, Gerissenheit, Stärke und Gnadenlosigkeit schon recht früh präsentiert. Und mit diesem "Unding" (Mensch, Firma, Monster oder was auch immer) wird der Protagonist dann alsbald konfrontiert. In solchen Thrillern erwächst die Spannung aus dem Fakt, dass der Leser oft mehr weiß, als der Protagonist, dass der Leser eine Vorstellung davon hat, was da auf seinen Helden etc. zukommt …

 

Von daher finde ich die Frage "Ist ein Thriller (oder auch Krimi) noch spannend, wenn man die Auflösung (auch den Täter) kennt?" etwas eigentümlich. WAS ist denn die Auflösung? Unter den Klassikern fällt mir z. B. "Columbo" ein, der mit seiner Menschenkenntnis und seinem kriminalistischen Genie den Täter vor den Augen des Zuschauers "einkreiste". Klar hatten wir da die Auflösung schon gekannt, aber war das deshalb weniger spannend?

 

Wenn ich eine Spannungsstory mit der "Auflösung" beginne, geht es im weiteren Verlauf darum, durch geschickt eingebrachte Gedankengänge und Informationen die Neugierde des Lesers zu wecken, an seine Fantasie zu appellieren. Wen kratzt als Leser schon die Auflösung, wenn die Eröffnung gleichzeitig eine noch viel rätselhaftere und gewaltigere Story verspricht? (Ein Versprechen, das man als Autor und Autorin dann natürlich auch einlösen sollte. Womit wir wieder beim "WIE", beim Handwerk wären.)

 

Liebe Grüße

Ramona

 

 

Bearbeitet von Ramona

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Was mich an manchen Thrillern kolossal nervt (ich glaube, ich weiß, welches Buch Michael vor mir angesprochen hat und da war das auch so): Der Antagonist ist zur Strecke gebracht, der Protagonist atmet kurz durch, es kommen noch drei Seiten und dann ist das Buch zuende. Das mache ich beim Schreiben nie - und meine Leser freuen sich tierisch drüber. Da frage ich mich dann immer, warum die anderen Autoren da so schnell einen Cut machen. 

 

 

Was soll denn noch kommen, wenn der Täter feststeht und besiegt ist?

 

Einen kurzen Epilog, der einen Ausblick auf die Zukunft gibt, vielleicht noch ein paar kleinere offene Fragen klärt

und noch mal Emotionen reinbringt, find ich immer gut. Aber dann sollte für mich (aus Leser-Sicht) auch Schluss sein.

 

Was bringst du denn dann noch?

Bearbeitet von MichaelT
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 Was mich an manchen Thrillern kolossal nervt (ich glaube, ich weiß, welches Buch Michael vor mir angesprochen hat und da war das auch so): Der Antagonist ist zur Strecke gebracht, der Protagonist atmet kurz durch, es kommen noch drei Seiten und dann ist das Buch zuende. Das mache ich beim Schreiben nie - und meine Leser freuen sich tierisch drüber. Da frage ich mich dann immer, warum die anderen Autoren da so schnell einen Cut machen. 

 

Ich weiß, was du meinst, Dania. Ich empfinde es auch als äußerst unerquicklich, wenn man als "mitfiebernder" Leser nach dem finalen Story-Höhepunkt einfach so aus der Geschichte "hinauskatapultiert" wird, als gäbe es nun keinerlei Fragen mehr in einem "Ausklangskapitel" zu klären oder wenigstens anzusprechen. Starke Ausklangsszenen sind ja auch beim Film von nicht zu unterschätzender Bedeutung. 

 

Liebe Grüße

Ramona

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 Was mich an manchen Thrillern kolossal nervt (ich glaube, ich weiß, welches Buch Michael vor mir angesprochen hat und da war das auch so): Der Antagonist ist zur Strecke gebracht, der Protagonist atmet kurz durch, es kommen noch drei Seiten und dann ist das Buch zuende. Das mache ich beim Schreiben nie - und meine Leser freuen sich tierisch drüber. Da frage ich mich dann immer, warum die anderen Autoren da so schnell einen Cut machen. 

Ich weiß, was du meinst, Dania. Ich empfinde es auch als äußerst unerquicklich, wenn man als "mitfiebernder" Leser nach dem finalen Story-Höhepunkt einfach so aus der Geschichte "hinauskatapultiert" wird, als gäbe es nun keinerlei Fragen mehr in einem "Ausklangskapitel" zu klären oder wenigstens anzusprechen. Starke Ausklangsszenen sind ja auch beim Film von nicht zu unterschätzender Bedeutung. 

 

Liebe Grüße

Ramona

 

Da sprecht ihr genau das an, was ich eingangs beim Thread zum "guten, überraschenden Ende" meinte: ein Ende kann auch als unbefriedigend empfunden werden, wenn die Konfliktauflösung überraschend war - weil dann nichts mehr danach kommt. So ein bisschen Streicheln der Leserseele, ein bisschen Sehen, dass es den Überlebenden gut geht, ein bisschen Ausblick aufs Kommende. Gemeinsames Durchatmen, Nachdenken mit den Figuren.

So was nennt sich in einem anderen Bereich Nachspiel ;) 

 

LG Ulrike

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