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ChristianeL

Wie die (gut gemachte Serie) das Buch verdrängt

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Ein Blick auf den Buchmarkt unter der Fragestellung, ob Streamingdienste zu sinkenden Buchverkaufszahlen führen:
http://www.tagesspiegel.de/kultur/wie-die-serie-das-buch-verdraengt-nur-noch-kurz-eine-folge-schauen/20803232.html
Hat das Binge-Watching das Lesen verdrängt oder unsere Lesegewohnheiten wirklich verändert?
Was meint ihr?
Liebe Grüße und ein schönes neues Jahr

Christiane, die Weihnachten mit Downton Abbey verbrachte und sich ertappt fühlt! :-)

 

 

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Hallo, Christiane.

 

Der Zusammenhang wird nur vermutet, so steht es auch im Artikel. Ich habe Binge-Watching auch schon gemacht, bevor es Streaming gab (und bevor das so genannt wurde), mit DVD- oder sogar VHS-Boxen. Meine Frau und ich haben mindestens zweimal alle 236 "Friends"-Episoden nacheinander geschaut, zwar nicht ununterbrochen, sondern über Abende und Wochen verteilt, aber sozusagen als feststehendes Abendprogramm, meistens so vier bis sechs, acht Folgen am Stück ("Nur eine noch. Ein einziges Fölgelchen."). Danach reichte es dann auch, wurde abnehmend lustig. Ich habe anschließend trotzdem oder vielleicht sogar genau deswegen gelesen. Bei "Breaking Bad" oder der noch genialeren Serie "Fargo" hat es mir den Spaß genommen, mehr als zwei Folgen am Stück zu schauen. Bei "Star Trek: Discovery" wurde es bei der dritten Folge am gleichen Tag langweilig. Aber diese Serie ist sowieso nicht meine. ;)

 

So oder so, es ist eine Vermutung des Autors. Untersuchungen zu dieser vermuteten Kausalität gibt es nicht. Es ist denkbar, dass zehn Prozent der 6,9 Prozent, die nicht mehr so viele neue Bücher kaufen, das deshalb tun, weil sie mit "GoT" so ausgelastet sind, dass ihnen das Lesen keinen Spaß mehr macht. Es ist aber auch denkbar, dass dieser Rückgang ganz andere Ursachen hat. Und dass das Pendel wieder in die andere Richtung ausschlägt - bei beidem. Dass also der "Binge Watching"-Hype auch wieder vorübergeht.

 

Herzlich,

Tom

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Ich kann da nur meine Meinung äußern. Ob es wirklich so ist, wird die Zeit zeigen. Serien sind ja nicht neu, wenn ich an Dallas oder Falcon Crest denke. Neu sind die Streaming Dienste und Serien als ein bevorzugtes Format. Ich befürchte, dass Serien in der Tat sich eine Stück aus der Torte herausschneiden werden. Downton-Abbey und House of Cards habe ichals DVDs gekauft. Von Downton Abbey auch die Drehbücher und somit den büchermarkt angekurbelt ;)

Wie jede neue Mode werden auch die Serien nach einem Hype wieder auf ein Normalniveau herabsinken, aber ich glaube nicht, dass sie dauerhaft verschwinden werden. Ganz im Gegenteil: Ich glaube beobachtet zu haben, dass zumindest im Fantasybereich verstärkt Serien auftauchen. Zum Teil von professionellen oder etablierten Schreibern, wo ich mich über die schlechte Qualität wundere. Was ich meine ist: Text ist flüssig und souverän, hoher Unterhaltungswert, aber Plotunstimmigkeiten und Figurenentwickelung grauenhaft, als hätte sich da jemand keine Mühe gegeben.

 

Andererseits bin ich nicht zu sehr über diese Entwicklung verwundert. Der Büchermarkt ist immer in Bewegung. Ich kenne noch die Klassiker aus dem Elternhaus und bin selber mit Heftromanen und Büchern aus der Leihbücherei aufgewachsen. Dann gab es Hörspiele auf Schallplatten, später gab es Fernsehen etc. Das einzige, was blieb, war das Bedürfnis unterhalten zu werden in der einen oder anderen Form. Und wenn die Vielfalt wächst, schrumpft der traditionelle Büchermarkt mit dem traditionellen Roman. Der Autor wird sich dem anpassen müssen. Mal schauen, vielleicht fange ich auch mal mit einer Serie an.

 

Liebe Grüße

Wolf

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TV-Serien von Netflix & Co. verleihen einem durchaus das Gefühl, das man hat, wenn man mehrere Stunden lang ein gutes Buch liest. Und dabei ist TV-Serien-schauen auch noch eine feine und bequeme Sache, zumal bei der hohen Qualität und Vielfalt heutiger Serien. Andererseits ist der klassische Buchmarkt nach wie vor selbst für einen Riesen wie Amazon lukrativ genug, um darin zu investieren.

 

Ich glaube nicht, dass die kompletten 6,9 % Leserinnen und Leser alleine wegen der TV-Streamingdienste aus dem stationären Handel abgewandert sind. Es gibt noch andere Ursachen. Die heutigen Leser sind ausgezeichnet vernetzt, und so nutzen sie natürlich auch den Online-Gebrauchtbuchhandel und die Tauschbörsen. Auch die Massen an Rezensionsexemplaren und Titeln aus privaten Altbeständen, die jährlich zusätzlich noch einmal auf Ebay & Co. landen, machen der Backlist der Verlage sicherlich ebenfalls zu schaffen. Früher waren all diese Titel nach dem Kauf erst einmal weg aus dem Handel, standen in den Regalen irgendeiner stolzen Privatbibliothek oder gammelten später auf irgendeinem Dachboden oder in irgendeinem Keller vor sich hin. Jetzt gibt es für all diese Schätze den bequemen Online-Mausklick-Handel.

 

Dann würde mich interessieren, ob die Buch-Streamingdienste ebenfalls in dieser Untersuchung des Börsenvereins berücksichtigt wurden, denn dort befindet sich inzwischen ja auch eine beträchtliche Zahl von Lesern, die der klassische Buchhandel kaum mehr zu Gesicht bekommt. Von daher trifft die Feststellung "Doch immer weniger Menschen geben in Buchhandlungen überhaupt Geld aus" sicher ins Schwarze. Ob die Zahl der Leserinnen und Leser im Land jedoch um 6,9 % zurückgegangen ist, wage ich anhand dieser Untersuchung zu bezweifeln.

 

Liebe Grüße
Ramona

Bearbeitet von Ramona

Inspiration exists, but it has to find us working! (Pablo Picasso)

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Ich glaube auch, dass die 6,9% eher auf andere Kanäle der Buchbeschaffung ausgewichen sind, aber nicht zwangsläufig mit dem Lesen aufgehört haben.

 

In meinen Augen ist Streaming (ob nun mit oder ohne Binge Watching) eher ein Problem für das klassische Fernsehen. Das stelle ich zumindest bei mir fest. Statt sich am Abend durchs TV-Programm zu zappen, in der Hoffnung, etwas brauchbares zu finden, schaue ich mir zwei oder drei Folgen Serie oder einen Film auf Netflix und Co. an. Gelesen wird dann im Anschluss (und oft auch davor) trotzdem noch.

 

(Allerdings haben wir auch bevor es Streaming Dienste gab, sämtliche Serien und Filme auf DVD angeschaut, statt im TV - zum einen, weil wir lieber auf Englisch schauen und zum anderen, weil uns da die lästige Werbung erspart bleibt.)

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Ich gebe zu, ich lese weniger, seitdem wir Netflix haben. Wo ich früher zur Entspannung zum Buch griff, schalte ich heute eine Serie ein. Das ärgert mich. Andererseits kann ich in intensiven Schreibphasen beim Lesen gar nicht mehr Entspannen, sondern analysiere, vergleiche mit meinem Geschreibsel, finde mich schlecht etc. Da ist eine Folge "The Crown" aufbauender und es geht mit neuer Kraft weiter ;-)

 

Neben all dem, dass Ramona aufgezählt hat, können sinkende Käuferzahlen auch an illegalen Downloads liegen. Und an den SPlern, die werden von der Statistik ja auch nicht erfasst.

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Ich schaue lieber eine gute Serie, statt ein schlechtes Buch zu lesen. Und was gute Serien angeht, gibt es heutzutage einfach einige, die nicht mehr dadurch eingeschränkt werden, dass jede Folge in sich abgeschlossen sein muss. McKee schreibt in seinem Newsletter und sagt in Interviews regelmäßig, dass die Long-Form-TV-Formate die Zukunft des Storytelling sind, wobei sie in seinen Augen eher Konkurrenz für Kino und Theater sind und Bücher sich als eigene Form weiterhin halten.

 

Beispiele für Serien, die mich mehr gefesselt haben als vieles, was heutzutage so im Buchhandel ausliegt:

Battlestar Galactica (hab ich auf DVD, Science Fiction darüber, was Menschen zu Menschen macht und wie wir alle uns unter extremen Umständen verändern würden)

Flesh and Bone (Amazon Prime; Ballett und menschliche Abgründe),

Miss Fishers Murder Mysteries (Netflix; eine verdammt coole Frau in den Zwanzigern, die Serienumsetzung gefällt mir besser als die Buchvorlagen, die ich teilweise kannte, die sich aber nicht eingebrannt haben),

Black Mirror (Netflix; menschliche und technische Abgründe genial umgesetzt)

 

Andererseits habe ich dadurch auch entdeckt, wie viel wert ich eigentlich auf gute Stories und mehrdimensionale Figuren und "das gewisse Etwas" lege, sodass ich bei Büchern jetzt viel wählerischer und anspruchsvoller drangehe ... und interessanterweise zum ersten Mal seit Jahren wieder welche entdecke, die mich wirklich, wirklich faszinieren (danke nicht zuletzt an Jürgen für die Empfehlungen von Nick Harkaway, Gene Wolfe und Kurt Tucholsky).

 

Vielleicht führt mehr Auswahl manchmal einfach dazu, dass man anspruchsvoller wird und sich eher das rauspickt, was man selbst wirklich gut findet. Und vielleicht führt das auf Dauer dazu, dass der Markt sich in eine solche Richtung entwickelt und Qualität immer wichtiger wird - wie auch immer jeder die definiert?

Träumen darf man ;).

Bearbeitet von Hanna Aden
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Dass die eifrigen Buchleser plötzlich alle Serie schauen und gar nicht mehr zum Buchkauf kommen, halte ich für ein Gerücht.

 

Erwiesen ist vielmehr, dass das so genannte "lineare Fernsehen" massiv Zuschauer einbüßt, weil diese sich qualitativ oftmals höherwertigen Serien zuwenden und dabei ebenso wenig an die inhaltliche Altersbeschränkung von 12 Jahren (was neben Sex und Gewalt auch moralische Haltungen usw. usf. betrifft) gebunden sind wie an Zeitpunkt und Dauer des Anschauens.

Horizontale Serien tun das, was Romane schon lange bieten - sie verhandeln zeitlose Themen über einen Zeitraum, der ihnen nicht nur eine thematisch, sondern auch auf die Figuren und ihre Entwicklung (!) gesehen, eine intensivere und differenziertere Betrachtung gestattet. Das ist gewissermaßen neu und wird entsprechend goutiert.
Vor "Babylon Berlin" war Volker Kutscher, vor "Das Boot" Buchheim, vor "GoT" eben "GoT".

Schönen Abend,

Holger

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