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AndreasS

»Die Bestsellerliste nahmen wir beiläufig zur Kenntnis« – Bemerkungen zum Buchhandel von Ulrike Sokul

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Die Bestsellerliste nahmen wir beiläufig zur Kenntnis, aber wir verkauften und empfahlen munter an dieser Liste vorbei, was uns gefiel. Wir verstanden uns als Schatzsucher, die, unabhängig von Moden, Leseperlen aus dem Büchermeer fischten, und besonders gerne warfen wir unsere Lesenetze bei den kleineren Verlagen aus.

 

Ein lesenswerter Artikel von Buchhändlerin und Bloggerin Ulrike Sokul auf ihrem Blog Leselebenszeichen über den Wandel im Buchhandel. Sehr aufschlussreich auch die Kommentare dazu. In den letzten Jahren habe ich ziemlich viele Buchhandlungen besucht, meistens als Autor, manchmal als Leser, und ich muss sagen, dass mir vieles in dem Text aus der Seele spricht. Er benennt, was mir persönlich in vielen Buchläden fehlt. Auch in vielen kleineren, unabhängigen Sortimenten.

 

Unter dem Text gibt es übrigens ein paar Links zu kurzen Artikeln über den Buchhändler-Alltag. Es geht unter anderem um den »Dreigroschenopa« von Brecht, ein geheimnisvolles Werk namens »Liebe Lunge« und die Gestaltung von Verlagsvorschauen.

Bearbeitet von AndreasS
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Auszug:

 

"Einfühlungsvermögen in die unterschiedlichsten Kundenanliegen, Gelassenheit im Umgang mit schwierigen Zeitgenossen und Achtsamkeit im weitesten Sinne des Wortes habe ich in meiner Ausbildung gelernt – durch kollegiales Vorbild, durch regen Austausch über vielfältige Lektüren, durch wechselseitige Anregung und zwischen- menschliche Resonanz. Auch von manchen Kunden habe ich gelernt.

Aktive Zusatzverkäufe, die man heute in sogenannten Fortbildungen lernen kann, waren bei uns an der Tagesordnung. Erstens, weil wir die Neigungen unsere Kunden kannten und oft schon beim Verlagsvertreterbesuch ganz gezielt in Hinsicht auf bestimmte Kunden Titel auswählten, zweitens, weil wir genug Zeit hatten, mit den Kunden zu plaudern, sie kennenzulernen und en passant auf passende Neben- oder Zusatzartikel hinzuweisen ..."

 

Kann ich bestätigen. Ebenso die Erfahrung und Beobachtung, dass ein Buchhändler, der die Lesevorlieben seiner viellesenden Kunden kennt, den Umsatz in den entsprechenden Abteilungen und Rubriken leicht verfielfachen kann. Und vor allem stammten die weiteren Empfehlungen für die viellesenden Kunden dann aus der Midlsit. Trotzdem musste man natürlich auch in früheren Jahren die Bestsellertitel (die sogenannten Brottitel) vorrätig haben, da diese sich einfach schon von der Umschlagshäufigkeit sehr schnell rechneten. In früheren Jahren war allerdings etwas anders: Es gab mehr Abwechslung in den Bestsellerlisten, also auch mehr Abwechslung für die Gelegenheits- und Vielleser. (Wie es vor zwei Jahren in einem Börsenblattartikel hieß, sollen ja inzwischen nur etwa 50 Titel im ganzen Geschäftsjahr die Bestsellerlisten dominieren.)

Aus Marketing- und Management-Sicht mag ein Handel mit vor allem in den Medien beworbenen Büchern absolut Sinn machen (Gewinnmaximierung bei möglichst geringem Aufwand bzw. mit möglichst wenigen Titeln), doch auf lange Sicht, verlieren die Leser in der Realität wohl die Lust an den immer irgendwie gleichgeschalteten Buchkaufhäusern mit ihrem austauschbaren Angebot. In Buchhandlungen zu stöbern, hatte früher noch etwas von einer Entdecker-Tour. Kennt man heutzutage das Angebot eines Buchhandelskaufhauses, kennt man sie alle.

Bearbeitet von Ramona

Inspiration exists, but it has to find us working! (Pablo Picasso)

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Aus Marketing- und Management-Sicht mag ein Handel mit vor allem in den Medien beworbenen Büchern absolut Sinn machen (Gewinnmaximierung bei möglichst geringem Aufwand bzw. mit möglichst wenigen Titeln), doch auf lange Sicht, verlieren die Leser in der Realität wohl die Lust an den immer irgendwie gleichgeschalteten Buchkaufhäusern mit ihrem austauschbaren Angebot. In Buchhandlungen zu stöbern, hatte früher noch etwas von einer Entdecker-Tour. Kennt man heutzutage das Angebot eines Buchhandelskaufhauses, kennt man sie alle.

 

Das ist wirklich wahr. So, wie eine Drogeriemarktkette der anderen gleicht. Bloß dass dort die Artikel nicht wieder so schnell aus den Regalen verschwinden. ;) Was ich als (trotzdem noch leidenschaftliche) Buchhandlungsbesucherin sonst noch merke: Wie oft von den meistgehandelten Autoren Folgebände erscheinen. Oft, aber nicht immer in der gleichen Qualität. Auch hier wäre weniger mehr, und lieber dann auch mal was anderes.

Bearbeitet von Christa
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Aus Marketing- und Management-Sicht mag ein Handel mit vor allem in den Medien beworbenen Büchern absolut Sinn machen (Gewinnmaximierung bei möglichst geringem Aufwand bzw. mit möglichst wenigen Titeln), doch auf lange Sicht, verlieren die Leser in der Realität wohl die Lust an den immer irgendwie gleichgeschalteten Buchkaufhäusern mit ihrem austauschbaren Angebot. In Buchhandlungen zu stöbern, hatte früher noch etwas von einer Entdecker-Tour. Kennt man heutzutage das Angebot eines Buchhandelskaufhauses, kennt man sie alle.

 

Das ist wirklich wahr. So, wie eine Drogeriemarktkette der anderen gleicht. Bloß dass dort die Artikel nicht wieder so schnell aus den Regalen verschwinden. ;)

 

 

Was marketingstrategisch beim Drogerie-Discounter durchaus funktioniert, dürfte für das Gut Buch auf Dauer eher schädlich sein. 

Inspiration exists, but it has to find us working! (Pablo Picasso)

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Aus Marketing- und Management-Sicht mag ein Handel mit vor allem in den Medien beworbenen Büchern absolut Sinn machen (Gewinnmaximierung bei möglichst geringem Aufwand bzw. mit möglichst wenigen Titeln), doch auf lange Sicht, verlieren die Leser in der Realität wohl die Lust an den immer irgendwie gleichgeschalteten Buchkaufhäusern mit ihrem austauschbaren Angebot. In Buchhandlungen zu stöbern, hatte früher noch etwas von einer Entdecker-Tour. Kennt man heutzutage das Angebot eines Buchhandelskaufhauses, kennt man sie alle.

 

Das ist wirklich wahr. So, wie eine Drogeriemarktkette der anderen gleicht. Bloß dass dort die Artikel nicht wieder so schnell aus den Regalen verschwinden. ;)

 

 

Was marketingstrategisch beim Drogerie-Discounter durchaus funktioniert, dürfte für das Gut Buch auf Dauer eher schädlich sein. 

 

Weil das Gut Buch grundsätzlich doch etwas anderes ist als Seife und Rasierwasser. Von der Seife kann man immer wieder dieselbe nehmen. ;):-?   :-X

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Manchmal ist es einfach eine Frage der Gewichtung.

Und wohin man die Bücher stellt.

 

Mir bringt eine Buchhandlung nicht viel, wenn sie mir Bücher vor die Füße stapelt, die ich schon längst anderswo präsentiert bekommen habe. In dem Moment nehme ich selbst kleine Buchhandlungen nur noch als Abholstationen der Verlage wahr.

Ich frage mich, warum Buchhandlungen die Erfolgstitel nicht einfach mal nach hinten statt in den Eingang räumen. Und das selbst Ausgewählte, was das Eigene und das handverlesene Sortiment ja gerade ausmacht, nach vorne. Wer kommt, um den Bestsellertitel einzusammeln, nimmt ihn auch mit, wenn er weiter hinten im Laden steht, denn das Wissen um und den Wunsch nach diesem Buch bringt der Kunde ja bereits mit. Dieses Buch muss man ihm nicht mehr als Stopper vorne in den Weg stellen. Aber auf dem Weg nach hinten in den Laden sieht der Kunde dann, dass es auch noch andere Bücher gibt (bessere?). Und vor allem, dass diese Buchhandlung mehr kann als die Standardkost. Und wenn er einmal entdeckt hat, dass es hier Schätze zu bergen gibt, kommt er das nächste Mal vielleicht, um die eigentliche Leistung der Buchhandlung, die Perlentaucherei, in Anspruch zu nehmen.

 

Wenn es denn noch viele Perlentaucher gibt. Ich bin nur wenigen begegnet. Viele wollen doch eher von anderswo gemachten Erfolgen profitieren, und manche sagen einem das auch recht unverhohlen.

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Weil ihre Bücher im Buchhandel nicht oder kaum präsentiert werden, haben sich etliche kleinere Verlage zusammengetan und in Dresden kurzerhand eine eigene Buchhandlung gegründet: Shakespeares Enkel. Das Sortiment besteht nur aus den Titeln unabhängiger Verlage.

Ich finde, schon wenn man sich die Bilder ansieht, weckt das eine ganz neue Lust auf den "Buchladen von nebenan". Hier hat man das Gefühl, bisher unentdeckte Schätze zu finden.

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