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Hanna Aden

Interview mit Nina George über Männer und Frauen im Literaturbetrieb

Empfohlene Beiträge

Mal wieder ein schönes Interview mit Nina George, dieses Mal über das Projekt "Frauen zählen", mit dem nach möglichen strukturellen Ungleichgewichten im Literaturbetrieb geforscht wird.

 

https://www.ndr.de/kultur/Nina-George-ueber-Projekt-Frauen-zaehlen,journal1556.html

 

Ausschnitt:

 

"Die Frage lautet: Warum? Ist es schlechte Angewohnheit? Ich glaube nicht, dass es Berechnung ist; kein Redakteur setzt sich hin und sagt: Jetzt benachteiligen wir mal die Frauen! Ich glaube, dass es eine Art Kombination ist von Sozialisation: Wie wachsen wir auf in der deutschen Gesellschaft? Wer hat hier was zu sagen? Wem hören wir lieber zu? Und gerade so etwas wie Krimi oder Sachbuch ordnet man den maskulinen Attributen zu: Der Mann weiß Bescheid in Sachen Krimi und in Sachen Sachbuch. Das ist eine schlechte Angewohnheit, die schon ganz früh beginnt: Womit werden wir konfrontiert in Schul- und Lehrmaterialien? Was haben wir uns angewöhnt? Wie schauen wir auf Frauen, wie auf Männer?"

 

Sehr lesenswert und angenehm differenziert, wie ich finde.

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Nina George ist eine Frau, bei der es sich immer lohnt zuzuhören, wenn sie etwas sagt. Der Rest des Interviews ist für mich eher traurig als erhellend.

Dass Autorinnen in der Öffentlichkeit weniger präsent sind als Männer wusste ich vorher schon, ohne dass gezählt wurde. Interessant wäre es gewesen diese Zählungen mit der Anzahl der Autorinnen in den verschiedenen Genres zu vergleichen. Aber diese Zahlen standen nicht zur Verfügung.

 

Wenn Frauen sich bemerkbar machen und eine interessante These vertreten kommen sie auch in die Medien. Esther Vilar hat es vorgemacht, wie es geht. Aber auch erst im zweiten Anlauf auf Rat ihres Agenten.

Ich halte es auch für gewagt zu behaupten, a. dass es um Gerechtigkeit geht, weil Gerechtigkeit eine übergeordnete Instanz voraussetzt, und b. dass Rezensenten das eine lieber als das andere machen. Belegt ist für mich nur, dass sie das eine häufiger als das andere machen. Über ihren Seelenzustand geben die zahlen nicht her. Aber Applaus für Frau George, die sich von diesem Wortgeklimper nicht vereinnahmen lässt.

 

So aus der Hosentasche, kann ich zwar auch keine Analyse herzaubern und werde mir auch nicht die Finger daran verbrennen, das zu versuchen, aber eines ist mir schon aufgefallen: Männer arbeiten (hart?), und das ist gut so. Frauen ... Da gibt es mindestens drei Gruppen in meiner Wahrnehmung. Eine große Gruppe hart arbeitender Frauen (das ist die, die ich am besten kenne.) Eine große Gruppe von Frauen, die Familie und Haushalt aus welchen Gründen auch immer im Zentrum ihres Lebens stehen hat (auch wenn wir glücklicherweise nicht mehr die Fünfziger und Sechziger haben). Und eine kleine, aber sehr schrille Gruppe von Frauen, die vor allem ihre Weiblichkeit in den Vordergrund stellen.

 

Die Männer ziehen an einem Strang, die Frauen an dreien. Da geht es mit der Gleichheit der Chancen schon gleich daneben.

Wenn man mit einer Veränderung der Situation Ernst machen will, - und ich meine, dass diese Situation sich ändern sollte - , dann weiß man kaum, wo man anfangen sollte. Wo kommt eigentlich diese neue mode her, dass im Kindergarten die Farben rosa und blau wieder eine solche Bedeutung erlangt haben. In meiner Jugend kannte das zwar auch jeder, aber niemand hat sich drum gekümmert. Na ja, man war ja auch froh, wenn man etwas Anständiges anzuziehen hatte.

 

Wolf

(hat mal wieder seinen depressiven Tag)

Bearbeitet von Wolf
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Eine große Gruppe von Frauen, die Familie und Haushalt aus welchen Gründen auch immer im Zentrum ihres Lebens stehen hat

Haushalt verstünde ich noch, aber wie kann man nur die Familie in das Zentrum des Lebens stellen? Wenigstens machen Männer so etwas nicht.

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Lieber FloianH, Du hast wohl keine Kinder? Wenn man/frau Kinder hat, stehen die zwangsläufig im Zentrum des (alltäglichen) Lebens.  Wenigstens machen Männer so etwas nicht.... das Ergebnis tragen die Frauen, die sich eben um die Kinder kümmern und dann leider wenig Zeit haben, Bücher zu schreiben.

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Klang für mich auch ironisch :).

 

Ich grüble noch, woran es liegen mag, dass Männer bevorzugt Bücher von Männern lesen und rezensieren. Die meisten Männer, die ich kenne, sind korrekte Typen, keiner von denen würde aktiv und bewusst hingehen und eine Frau unterdrücken oder ihr schlechtere Chancen einräumen als Männern. Ich hab auf meinem Weg schon wunderbare Unterstützung von Menschen beider Geschlechter bekommen. Und doch scheint es eine messbare Realität, dass Männer mit Büchern von Männern (zumindest im Rezensionsbereich der "Literatur") offenbar mehr anfangen können.

 

Vielleicht, nur vielleicht und rein hypothetisch, gibt es tatsächlich subtile, nuancielle Unterschiede in Wahrnehmung und Weltsicht. Ob die jetzt genetisch oder sozialisiert sind, sei dahingestellt, ich tippe auf Letzteres, aber letztlich wird man das unter Praxisbedingungen nie abschließend messen können. Also ist es für die Alltagsrealität an dieser Stelle nicht relevant. Auf jeden Fall vermute ich immer wieder, dass es diesen Unterschied (ganz wertfrei) tatsächlich gibt. Mir ist nämlich mal aufgefallen, dass ich mich in Büchern (intelligenter) Frauen, die sich auch an ein des Denkens fähiges Publikum richten, instinktiv wohler fühle. Damit sind jetzt keine Millionärsromanzen gemeint! Aber irgendwie spüre ich da auf irgendeiner subtilen, tiefen Ebene oft etwas mehr Resonanz und Empathie mit den Figuren.

 

Keine Ahnung, woran das liegt. Ich habe Hypothesen, aber ... letztlich sind sie nur das. Keine Beweise.

 

Ich lese auch gern männliche Autoren, wenn sie gut genug sind, wenn sie das gewisse Etwas haben, was mich über dieses subtilen fehlenden Empathiefaktor hinwegsehen lässt, aber ... Keine Ahnung. Die haben es oft etwas schwerer, in mir diese subtile Resonanz auszulösen. Vielleicht, und hier wird es jetzt wirklich sehr hypothetisch, weil Männer durch jahrhundertelange Trennung von ihren Familien fürs Berufsleben so sozialisiert wurden, dass sie einen Teil ihrer Bindungsfähigkeit zu anderen Menschen unterdrücken mussten. Wie sonst hätten sie es ertragen sollen, jeden Morgen die geliebte Frau und die geliebten Kinder allein zu lassen, um sich mit blöden Idioten im Berufsleben herumzuärgern - oder sich für König, Volk und Vaterland in fremden Ländern erschießen zu lassen? Vielleicht erzählen Geschichten von Männern auf subtiler Ebene immer ein wenig von diesem generationenlangen Kampf um Autonomie und Abspaltung der Bindung zu anderen Menschen und der Sehnsucht danach, diese Bindung wiederzufinden oder ohne sie leben zu können.

 

Das ist wirklich nur eine Hypothese, für die ich keine nachweislichen Belege habe, und das Gefühl ist so subtil und fragil, dass es jederzeit zurecht infrage gestellt werden kann. Und trotzdem frage ich mich, ob es möglich ist, dass Männer und Frauen auf einer sehr, sehr tiefen, subtilen und unbewussten Ebene einfach von anderen Realitätsfacetten erzählen.

Wenn es so ist, ob es jetzt an dem liegt, was ich mir zusammengereimt habe, oder an etwas anderem, dann würde das auch erklären, warum männliche Rezensenten vielleicht in einem leicht überdurchschnittlichen Buch eines Mannes immer noch mehr Resonanz und Gefallen finden als in einem weit überdurchschnittlich guten Buch einer Frau. Nicht aus böser Absicht, sondern weil es sich wirklich einfach besser, tiefer, wahrer anfühlt und im Geist mehr Türen öffnet.

Was da helfen könnte (wenn es denn so ist)?

 

Keine Ahnung. Vielleicht mehr ehrliche Neugierde für das, was auf der anderen Seite der Genderbarriere liegt, um davon zu lernen? Nicht, weil die anderen doof sind, sondern weil sie auch Menschen sind und Männer und Frauen durch die alten Rollen gleichermaßen eingeschränkt und um einen Teil ihres Menschseins gebracht wurden?

Bearbeitet von Hanna Aden
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Wenn es so ist, ob es jetzt an dem liegt, was ich mir zusammengereimt habe, oder an etwas anderem, dann würde das auch erklären, warum männliche Rezensenten vielleicht in einem leicht überdurchschnittlichen Buch eines Mannes immer noch mehr Resonanz und Gefallen finden als in einem weit überdurchschnittlich guten Buch einer Frau. Nicht aus böser Absicht, sondern weil es sich wirklich einfach besser, tiefer, wahrer anfühlt und im Geist mehr Türen öffnet.

 

Ich glaube nicht, dass es Männern an Empathie fehlt. Na ja, vielleicht doch. Zumindest an der Art von Empathie, die in Nina Georges Bestseller, "Das Lavendelzimmer", zum Ausdruck kommt. Ein Buch, das ich übrigens gelesen habe, und das ich, ganz ehrlich, auch nicht gern rezensieren würde.

Die Montalban-Reihe, Die Normannen-Saga, Die Wikinger-Trilogie, Bucht der Schmuggler, Land im Sturm, Der Attentäter, Die Kinder von Nebra, Die Mission des Kreuzritters, Der Eiserne Herzog, www.ulfschiewe.de

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Dieses Thema finde ich schwierig, und es wurde schon so oft darüber diskutiert. Aber du hast gute Gedanken darüber zusammengetragen, Hanna. Ich will nur einen kleinen Aspekt herausgreifen:

 

 

 

Ich lese auch gern männliche Autoren, wenn sie gut genug sind, wenn sie das gewisse Etwas haben, was mich über diesen subtilen fehlenden Empathiefaktor hinwegsehen lässt

 

Meine Lieblingsbücher sind sowohl von Männern als auch von Frauen geschrieben. An beiden liebe ich etwas, das über diesen vermeintlichen fehlenden Empathiefaktor hinausgeht - nämlich etwas, das eine Art "höherer Gemeinsamkeit", also eine andere Art der Empathie anspricht. Nenn es Menschlichkeit oder Poesie oder sonst wie - ich kann es auch nur aus dem Bauch heraus formulieren. ;) 

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Wenn es so ist, ob es jetzt an dem liegt, was ich mir zusammengereimt habe, oder an etwas anderem, dann würde das auch erklären, warum männliche Rezensenten vielleicht in einem leicht überdurchschnittlichen Buch eines Mannes immer noch mehr Resonanz und Gefallen finden als in einem weit überdurchschnittlich guten Buch einer Frau. Nicht aus böser Absicht, sondern weil es sich wirklich einfach besser, tiefer, wahrer anfühlt und im Geist mehr Türen öffnet.

 

Ich glaube nicht, dass es Männern an Empathie fehlt. Na ja, vielleicht doch. Zumindest an der Art von Empathie, die in Nina Georges Bestseller, "Das Lavendelzimmer", zum Ausdruck kommt. Ein Buch, das ich übrigens gelesen habe, und das ich, ganz ehrlich, auch nicht gern rezensieren würde.

 

 

Nein, das glaube ich auch nicht, das ist missverständlich ausgedrückt.

 

Ich glaube, dass man seine Empathie ein Stück weit unterdrücken muss, wenn man jeden Tag 16 Stunden weg von seiner Familie ist - oder in den Krieg zieht, um sich dort für abstrakte Werte erschießen zu lassen. Und ich glaube, dass das der Preis ist, den Männer für die klassische Männerrolle zahlen mussten.

 

Es wäre merkwürdig, wenn sich das keine subtile Gemeinsamkeit in der Art schaffen würde, wie Männer die Welt erleben - genau, wie umgekehrt klassischerweise der Verzicht auf externe Arbeit, eigenes Geld, sichtbare Macht und Status eine Gemeinsamkeit im Erleben von Frauen schaffte.

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Ich lese auch gern männliche Autoren, wenn sie gut genug sind, wenn sie das gewisse Etwas haben, was mich über diesen subtilen fehlenden Empathiefaktor hinwegsehen lässt

 

Ich hatte eine lange Antwort auf diesen Unsinn verfasst, aber ich glaube nicht, dass Leute, die so etwas äußern, Argumenten gleich welcher Art zugänglich sind.

 

Tschüss.

 

Tom

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Ich lese auch gern männliche Autoren, wenn sie gut genug sind, wenn sie das gewisse Etwas haben, was mich über diesen subtilen fehlenden Empathiefaktor hinwegsehen lässt

 

Ich hatte eine lange Antwort auf diesen Unsinn verfasst, aber ich glaube nicht, dass Leute, die so etwas äußern, Argumenten gleich welcher Art zugänglich sind.

 

Tschüss.

 

Tom

 

 

Leute, ich bin keine Verfasserin von Unsinn, sondern eine Kollegin. Ich habe einen langen Post geschrieben, um zu versuchen, zu erklären, was ich meine. Nämlich, dass es zwischen Männern im Erleben vielleicht subtile Gemeinsamkeiten gibt, und zwischen Frauen auch, die von der jeweils anderen Seite nicht mit erlebt werden. Das relevante Wort dabei ist "vielleicht".

 

Und ich habe es ausdrücklich nicht geschrieben, um zu behaupten, dass Männer empathielose Vollidioten sind, sondern um das Gegenteil zu sagen.

 

Durch einen solchen subtilen, schwer greifbaren Unterschied im gemeinsamen Erleben von Männern und im Erleben von Frauen ließe sich erklären, dass männliche Rezensenten in Texten von Männern eben diese subtilen Gemeinsamkeiten finden, die sie in Texten von Frauen nicht finden - und die ich dafür in Texten von Männern nicht finde.

 

Mir gefällt eine solche Erklärung weit besser als eine, die systematische Unterdrückung oder Bösartigkeit in männlichen Rezensenten unterstellen würde. Und sie war ausdrücklich als mögliche, eventuelle Hypothese gekennzeichnet. Darf gern mit anderen Hypothesen oder Widerlegungen gekontert werden, aber bitte greift nicht einen unglücklich formulierten Satz aus dem Kontext und degradiert damit den ganzen Rest als Bullshit.

Bearbeitet von Hanna Aden
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Ich finde das sehr schwer zu besprechen.
Die Bücher männlicher Autoren in meinem Regal sind ganz, ganz oft wesentlich emotionaler (und manchmal auch kitschiger) als die der Frauen. Kann mit der Auswahl zu tun haben, die ja nun auch nicht ganz zufällig daher kommt.

Einen Fitzek z.B. finde ich mega emotional, fast drüber - nun schreibt der keine Liebesszenen. Täte er es in seinem Stil - die wären super kitschig.

 

Aber vielen Frauen in meinem Regal könnte ich einen Mann danebenstellen - ähnliches Buch im gleichen Genre vorausgesetzt - und ich würde das Buch des Mannes als "gefühlslastiger" bezeichnen (das kann positiv oder negativ gemeint sein).
Aber das ist eben auch meine Auswahl, mein Genre, kein Schnitt durch den Buchmarkt.

Bearbeitet von JenniferB
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Ich finde das sehr schwer zu besprechen.

Die Bücher männlicher Autoren in meinem Regal sind ganz, ganz oft wesentlich emotionaler (und manchmal auch kitschiger) als die der Frauen. Kann mit der Auswahl zu tun haben, die ja nun auch nicht ganz zufällig daher kommt.

Einen Fitzek z.B. finde ich mega emotional, fast drüber - nun schreibt der keine Liebesszenen. Täte er es in seinem Stil - die wären super kitschig.

 

Aber vielen Frauen in meinem Regal könnte ich einen Mann danebenstellen - ähnliches Buch im gleichen Genre vorausgesetzt - und ich würde das Buch des Mannes als "gefühlslastiger" bezeichnen (das kann positiv oder negativ gemeint sein).

Aber das ist eben auch meine Auswahl, kein Schnitt durch den Buchmarkt.

 

Die Autoren, die ich in meinem Regal stehen habe, überzeugen in der Regel durch Sprache oder durch einen sehr spannenden Blick auf die Welt (sei es Thriller, historische Zusammenhänge, Science Fiction oder E). Die Darstellung von psychologischen Entwicklungen aus männlicher Hand hat mich bisher (rein subjektiv) tatsächlich nie so zu fesseln gewusst wie aus Frauenhand, das gleiche gilt für die Darstellungen sozialer Beziehungen.

Bearbeitet von Hanna Aden
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Mir gefällt eine solche Erklärung weit besser als eine, die systematische Unterdrückung oder Bösartigkeit in männlichen Rezensenten unterstellen würde.

 

 

Mit Boshaftigkeit hat das imA gar nichts zu tun. Aber eine jahrhundertelange Degradierung von Frauen lässt sich halt auch nicht mit einem Fingerschnipsen aus den Köpfen der Gesellschaft auslöschen, da arbeitet noch viel, größtenteils unterbewusst.

Ein Bewusstsein dafür, dass Gleichberechtigung noch ein Ziel und nicht erreicht, auch wenn der grobe Weg womöglich schon stimmt, halte ich für wichtig.

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Ich finde das sehr schwer zu besprechen.

Die Bücher männlicher Autoren in meinem Regal sind ganz, ganz oft wesentlich emotionaler (und manchmal auch kitschiger) als die der Frauen. Kann mit der Auswahl zu tun haben, die ja nun auch nicht ganz zufällig daher kommt.

Einen Fitzek z.B. finde ich mega emotional, fast drüber - nun schreibt der keine Liebesszenen. Täte er es in seinem Stil - die wären super kitschig.

 

Aber vielen Frauen in meinem Regal könnte ich einen Mann danebenstellen - ähnliches Buch im gleichen Genre vorausgesetzt - und ich würde das Buch des Mannes als "gefühlslastiger" bezeichnen (das kann positiv oder negativ gemeint sein).

Aber das ist eben auch meine Auswahl, kein Schnitt durch den Buchmarkt.

 

Die Autoren, die ich in meinem Regal stehen habe, überzeugen in der Regel durch Sprache oder durch einen sehr spannenden Blick auf die Welt (sei es Thriller, historische Zusammenhänge, Science Fiction oder E). Die Darstellung von psychologischen Entwicklungen aus männlicher Hand hat mich bisher (rein subjektiv) tatsächlich nie so zu fesseln gewusst wie aus Frauenhand, das gleiche gilt für die Darstellungen sozialer Beziehungen.

 

 

Wäre spannend, in wie weit da das Unterbewusstsein schon reinspielt, weil man etwas von Männern oder Frauen erwartet oder weil man eine gewisse Loyalität zu  KollegInnen des gleichen Geschlechts empfindet.

Man müsste Texte mal anonymisiert lesen, das wäre doch sehr aufschlussreich.

Bearbeitet von JenniferB
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Mir gefällt diese Disussion recht gut. Vor allem, wenn man bedenkt, dass zunächst lange vor sich hin geschwiegen wurde. Danke Hanna!

 

Ich mag Püschologie. Deshalb liebe ich auch Tana French oder E. George, wenn ich mal Krimi lese. Da ist es der sozialpsychologische Aspekt, den ich in einer ähnlichen Art bei männlichen Autoren nur selten finde. Das soll aber nicht heißen, dass mir die Pschologie bei männlichen Autoren fehlt. Sie ist anders. Ich muss mal darüber nachdenken, was anders ist. Hannibal Lecter (nur der eine Band, der richtig gut war, Band 2?) ist Psychologie pur, aber ein Mann gegen jeweils einen anderen. Kein mehrdimensionlaes Netz. das könnte mit der unterschiedlichen Kommunikation von Frauen und Männern zu tun haben. Sicher bin ich mir da aber nicht.

 

Männer sind oft durchgehend einsam in ihren Romanen, Frauen nur vorübergehend. Wäre mal so eine Arbeitshypothese. Ich gehe dem mal nach und versuche herauszubekommen, warum ich welche Autorin mag und welchen Autor.

 

Liebe Grüße

Wolf

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Hallo, Hannah.

 

Ich muss mich entschuldigen. Ich hatte die Diskussion überflogen und bin dann auf das Zitat aus Deinem Posting gestoßen, das meinen Ärger über die Statements vorher offenbar die falsche Richtung gegeben hat.

 

Unabhängig hiervon habe ich den Eindruck, dass hier überwiegend Vorurteile ausgetauscht und/oder bekräftigt werden, was mir in einer Diskussion um ein Thema dieser Art nicht besonders clever vorkommt, denn immerhin fußt die Misogynie überwiegend auf solchen. Selbst wenn man das gut meint und das richtige Ziel vor Augen hat, ist das immer gefährlich (und fast nie zielführend). Außerdem bin ich nicht sicher, ob die von Nina - die ich sehr schätze und für ihr vielfältiges Engagement bewundere - in schöner Regelmäßigkeit polarisierend und provokant in die Öffentlichkeit verklappten Zahlen tatsächlich das aussagen, was sie auszusagen vorgeben. Oder ob sie nicht doch eher, und so kommt es mir bedauerlicherweise vor, der verschwörungstheoretischen Beweisführung nahekommen, bei der man ja zuerst die Theorie formuliert und sich anschließend Belege sucht.

 

Herzlich,

Tom

 

(Edit: Schreibfehler)

Bearbeitet von Tom Liehr
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Ich weiß jetzt gar nicht, ob ich mitdiskutieren sollte. Das ist ein Minenfeld, und ich habe hier manchen Satz gelesen, dem ich nicht zustimmen kann. Aber ich muss Tom zustimmen (nicht in bezug auf die Zahlen, weil ich das noch nicht näher untersucht habe):

Meiner Ansicht nach ist es ein Vorurteil, dass Männer nicht ebenso gefühlvoll oder empathisch wie Frauen schreiben, bzw. dass Frauen überhaupt gefühlvoller, empathischer schreiben sollen. Es gibt so unzählig viele Autoren und Autorinnen ein, die nicht ins Raster fallen. Es mag zwar mehr diese und jene Literatur auf dem Buchmarkt geben, aber die ist ja immer einem bestimmten Geschmack geschuldet.

Und ich kenne so viele gefühlvolle Männer, wie ich wenig gefühlvolle Frauen kenne. Und ich lese Bücher nicht nach dem Geschlecht des Autors.

Bearbeitet von Ulrike
Ulrike Hartmann | Autorin & Coach
 
Ich helfe dir, deinen Roman zu schreiben.
 
 

 

 

 

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Klang für mich auch ironisch :).

 

Ich grüble noch, woran es liegen mag, dass Männer bevorzugt Bücher von Männern lesen und rezensieren. Die meisten Männer, die ich kenne, sind korrekte Typen, keiner von denen würde aktiv und bewusst hingehen und eine Frau unterdrücken oder ihr schlechtere Chancen einräumen als Männern. Ich hab auf meinem Weg schon wunderbare Unterstützung von Menschen beider Geschlechter bekommen. Und doch scheint es eine messbare Realität, dass Männer mit Büchern von Männern (zumindest im Rezensionsbereich der "Literatur") offenbar mehr anfangen können.

 

Vielleicht, nur vielleicht und rein hypothetisch, gibt es tatsächlich subtile, nuancielle Unterschiede in Wahrnehmung und Weltsicht. Ob die jetzt genetisch oder sozialisiert sind, sei dahingestellt, ich tippe auf Letzteres, aber letztlich wird man das unter Praxisbedingungen nie abschließend messen können. Also ist es für die Alltagsrealität an dieser Stelle nicht relevant. Auf jeden Fall vermute ich immer wieder, dass es diesen Unterschied (ganz wertfrei) tatsächlich gibt. Mir ist nämlich mal aufgefallen, dass ich mich in Büchern (intelligenter) Frauen, die sich auch an ein des Denkens fähiges Publikum richten, instinktiv wohler fühle. Damit sind jetzt keine Millionärsromanzen gemeint! Aber irgendwie spüre ich da auf irgendeiner subtilen, tiefen Ebene oft etwas mehr Resonanz und Empathie mit den Figuren.

 

Keine Ahnung, woran das liegt. Ich habe Hypothesen, aber ... letztlich sind sie nur das. Keine Beweise.

 

Ich lese auch gern männliche Autoren, wenn sie gut genug sind, wenn sie das gewisse Etwas haben, was mich über dieses subtilen fehlenden Empathiefaktor hinwegsehen lässt, aber ... Keine Ahnung. Die haben es oft etwas schwerer, in mir diese subtile Resonanz auszulösen. Vielleicht, und hier wird es jetzt wirklich sehr hypothetisch, weil Männer durch jahrhundertelange Trennung von ihren Familien fürs Berufsleben so sozialisiert wurden, dass sie einen Teil ihrer Bindungsfähigkeit zu anderen Menschen unterdrücken mussten. Wie sonst hätten sie es ertragen sollen, jeden Morgen die geliebte Frau und die geliebten Kinder allein zu lassen, um sich mit blöden Idioten im Berufsleben herumzuärgern - oder sich für König, Volk und Vaterland in fremden Ländern erschießen zu lassen? Vielleicht erzählen Geschichten von Männern auf subtiler Ebene immer ein wenig von diesem generationenlangen Kampf um Autonomie und Abspaltung der Bindung zu anderen Menschen und der Sehnsucht danach, diese Bindung wiederzufinden oder ohne sie leben zu können.

 

Das ist wirklich nur eine Hypothese, für die ich keine nachweislichen Belege habe, und das Gefühl ist so subtil und fragil, dass es jederzeit zurecht infrage gestellt werden kann. Und trotzdem frage ich mich, ob es möglich ist, dass Männer und Frauen auf einer sehr, sehr tiefen, subtilen und unbewussten Ebene einfach von anderen Realitätsfacetten erzählen.

 

Wenn es so ist, ob es jetzt an dem liegt, was ich mir zusammengereimt habe, oder an etwas anderem, dann würde das auch erklären, warum männliche Rezensenten vielleicht in einem leicht überdurchschnittlichen Buch eines Mannes immer noch mehr Resonanz und Gefallen finden als in einem weit überdurchschnittlich guten Buch einer Frau. Nicht aus böser Absicht, sondern weil es sich wirklich einfach besser, tiefer, wahrer anfühlt und im Geist mehr Türen öffnet.

 

Was da helfen könnte (wenn es denn so ist)?

 

Keine Ahnung. Vielleicht mehr ehrliche Neugierde für das, was auf der anderen Seite der Genderbarriere liegt, um davon zu lernen? Nicht, weil die anderen doof sind, sondern weil sie auch Menschen sind und Männer und Frauen durch die alten Rollen gleichermaßen eingeschränkt und um einen Teil ihres Menschseins gebracht wurden?

 

Super spannend, liebe Hanna.

 

Ich traue mir das Mitdiskutieren auch nicht zu, aber ich bewundere dich für deine präzise formulierten Gedanken und den Mut, sie zur Diskussion zu stellen. Und hätte ich das so formulieren können, hätte ich das ähnlich formuliert, nur die Überlegung im Hinblick auf die Gründe hätte ich wegelassen.

 

Tatsächlich würde ich mich nie als Feministin bezeichnen, bin, glaube ich, wirklich frei von ideologischem Antrieb - lese aber seit Jahren bevorzugt Bücher von Frauen. Aus den Gründen, die du so fein beschreibst, sind sie mir oft näher, kann ich darin mehr für mich entdecken. Und ich lese keine Frauenunterhaltung! Das tue ich erst seit zwei Jahren, seit ich sie schreibe, und trenne dieses Genre von dem, was mich sonst interessiert.

 

Aus diesem Grund hat es mich immer irritiert, wenn ich in überregionalen Zeitungen, die ich lese, überwiegend Rezensionen männlicher Rezensenten von Autoren gelesen habe - ich fand das schlicht schade und mich und mein Leseinteresse nicht wieder. - Aber das ändert sich gerade, ich beobachte jedenfalls seit einiger Zeit eine größere Ausgewogenheit, und ich glaube, dies geschieht auch durch die öffentliche Diskussion, die unter anderem durch Nina George angestoßen wurde.

 

Also das ist einfach eine Beobachtung an mir selbst als Leserin. Und möglicherweise ist es der erzählerische männliche Blick auf Frauen, der mich oft einfach nicht interessiert. Um das zu betonne: Ich lese auch Autoren, und einige sehr gern, und viele Autorinnen nicht, oder absolut nicht gern, aber in der Mehrzahl nahe sind mir Bücher von Autorinnen.

 

Das ist alles kein Problem, finde ich, solange man es weiß und dazu steht. Merkwürdig ist es aber, wenn die männliche Seite präferiert wird (z. B. in der Literaturbeilage einer Zeitschrift), aber behauptet wird, beide Seiten würden damit repräsentiert. Das stimmt dann schlichtweg nicht.

 

LG Anna

Bearbeitet von AnnaW

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Mir widerstrebt es wie vielen hier, mich großinhaltlich an dieser Diskussion zu beteiligen. Wahrscheinlich wegen der Gefahr,in Vorurteile, Klischees und die von Tom angesprochenen verschwörungstheoretischen Beweisführungen zu geraten. Ich könnte auch meine Bücher zählen und stelle nach einem raschen Blick ins Regalfest, dass ich doppelt so viele Bücher von Männern darin habe wie von Frauen. Allerdings sind auch die Hälfte davon Sachbücher. Dann stieß ich auf dieses Statement:

Und ich kenne so viele gefühlvolle Männer, wie ich wenig gefühlvolle Frauen kenne. Und ich lese Bücher nicht nach dem Geschlecht des Autors.

 

Ich suche Bücher nie nach dem Geschlecht des Autors aus. Immer nur nach dem Thema. Und beim Blick ins Regal muss ich nachlesen, ob es denn nun von einem Mann oder einer Frau ist. Und das, was ich hier sage, sagt gar nichts aus, außer dass es mein subjektives Bücherlesen beschreibt.

 

In dem Interview mit Nina George habe ich noch einen Satz gefunden, den ich bemerkenswert finde:

 

 

 

Das fängt wahrscheinlich sogar schon bei den Verlagen an, denen ich manchmal zurufen möchte: Ordnet nicht immer den rosa Gefühlskram einer Autorin zu! Es hängt alles mit allem zusammen; man kann die Schuldfrage weder an die Frauen noch an die männlichen Redakteure weiterdelegieren.

Ich glaube, dass diese Worte eine belastbare Tatsache ansprechen, denn wenn ich durch eine Buchhandlung gehe und die rosa und himmelblauen Einbände mit den Blümchen sehe, weiß ich: Aha, das ist Lesefutter von Frauen für Frauen!

Bearbeitet von Christa
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Ja, aber eine Juli Zeh, eine Eva Menasse und eine Inger-Maria Mahlke findest Du da nicht, Christa. Und eine Nina George auch nicht. Um nur vier von vielen zu nennen.

 

Herzlich,

Tom

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Ja, aber eine Juli Zeh, eine Eva Menasse und eine Inger-Maria Mahlke findest Du da nicht, Christa. Und eine Nina George auch nicht. Um nur vier von vielen zu nennen.

 

Das ist richtig - die muss ich suchen oder bei den Buchhändlern erfragen, denn sie sind weder farblich noch sonst irgendwie gekennzeichnet. Und das ist gut so. (Dass sie nicht als "Frauenliteratur" abgelegt werden).

Bearbeitet von Christa
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