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Angelika Jo

Longlist Deutscher Buchpreis

Empfohlene Beiträge

Hat jemand "Cherubino" gelesen? Ich habe es gerade beendet und bin noch sehr unentschieden, was ich davon halten soll.

 "Je näher man ein Wort ansieht, desto ferner sieht es zurück." Karl Kraus

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Ich werde sicher nicht alle Bücher auf der Liste lesen (können) und verlasse mich hier, ehrlich gesagt, einfach auf das Urteil der Frau Grün, die das Buch nett aber nicht besonders herausragend fand. Aber sag du doch, Martina, was daran dich schwanken lässt?

Laudatio auf eine kaukasische Kuh. Eichborn 2021. 

Alicia jagt eine Mandarinente. dtv premium März 2018. Die Grammatik der Rennpferde. dtv premium Mai 2016

www.angelika-jodl.de

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Dass es zu Miroloi auch begeisterte Stimmen gibt, war ja klar. Meine Buchhändlerin fand den Roman "heftig, aber toll". Ich finde ihn albern und schon deswegen nicht toll. Irgendeine andere Persönlichkeit aus der Bücherwelt hat es gelobt als Urlaubsbuch, sie hätte es gerade auf einer griechischen Insel gelesen, da würde das Buch großartig passen.

 

Ich habe das Buch gerade fertig, und mir geht es ganz anders als dir, Angelika: Ich finde es grandios.

Es ist lange her, dass mir ein Buch so gekickt hat.  Beim Lesen dachte ich ganz oft: Boah, die traut sich was!

 

Gibt es eigentlich inzwischen eine Leserunde dazu? Ich würde da gerne genauer drüber reden ... gerade, weil es so unterschiedliche Meinungen zu dem Buch zu geben scheint.

Komm wir essen Opa.

SATZZEICHEN können Leben retten.

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"Klug, aber nicht verkopft, komisch und traurig."

Sigrid Grün empfiehlt heute Tonio Schachingers "Nicht wie ihr". Der Hinweis, dass der Autor gesprochenes Österreichisch verwendet, hat mich schon mal sehr angesprochen. Die Leseprobe auch. Hier noch ein kurzer Auszug (gefunden bei Frau Grün: 

 

„Ivo erinnert sich immer wieder an die dummen Sachen, die Armin ihnen damals erklärt hat. Dass man Ich-Botschaften schicken sollte und keine Du-Botschaften, also immer ‚Ich finde‘ statt ‚Du bist‘ sagen und, dass man Kritik in Sandwichform äußern sollte, also zuert etwas Positives, dann etwas Negatives und dann wieder etwas Positives sagen sollte, als wäre jede Äußerung ein Shit-Sandwich, ein zwischen zwei netten Toastbrotscheiben eingeklemmter Haufen Scheiße. Ivo erinnert sich auch noch, wie sie diese Regeln zu zweit in Dialogen üben mussten: 
‚Also, Ivo, wie fandest du Philipps Pass im letzten Match?‘
‚Scheiße.‘
‚Ganze Sätze, Ivo! Ich-Botschaften! Ich finde, dass…‘
‚Ich finde, du hast das echt scheiße gemacht, Philipp.‘
‚Nein, wir sagen nicht scheiße! Wir sagen ausbaufähig oder noch nicht ganz ideal, und wir versuchen, etwas Positives herauszukehren. Sandwich, Ivo, Sandwich! Zuerst was Gutes, dann die Kritik und dann wieder was Gutes.‘
‚Äh, deine Flanken sind gut, aber deine Pässe sind oft scheiße und…‘
‚Jetzt noch was Positives!‘

‚…und ich finde deine Freundin geil.‘"

 

 

 

Abgewatscht dagegen wurde gestern in der SZ von Hanna Engelmeier Raphaela Edelbauer mit "Das flüssige Land", worin die Autorin sich offenbar eine Idylle erst erfindet, um sie später dann wieder als Illusion zu demontieren. Dass in diese angestrengte Bemühung auch noch der (vergangene!) Austrofaschismus mit Holocaust und in letzter Sekunde entdeckten jüdischen Großeltern eingewebt wird, empfindet die Rezensentin als Zumutung. Bei der Gelegenheit bekommt auch "Miroloi"noch eine geschmiert:

 

... dass es sich bei unserer Gegenwart um eine immer schon instabile Welt handelt, die auf Fiktion beuht. Diese Botschaft wurde offenbar für so überzeugend gehalten, dass Edelbauers Debüt wie Köhlers "Miroloi" auf der Longlist für den Deutschen Buchpreis" gelandet ist. Die Mischung von zeitgeistigen Themen mit Archaik und Fantastik scheint einen Nerv zu treffen. Möglicherweise auch, weil sich die Autorinnen die Mühe machen, den Blick vom eigenen Nabel abzuwenden, die Perspektive zu erweitern – und im Falle von "Das flüssige Land" mit einer Reflexion auf den (österreichischen) Umgang mit der Geschichte zu verbinden. Allerdings arbeiten sowohl Edelbauers als auch Köhlers Versuche, eine brüchige Idylle als Genre zu aktivieren, in dem sich der Verlust von Eindeutigkeit gut modellieren lässt, unablässig mit Vereindeutungen. Unschuldige Frauen gegen böse Männer, hübsche Fassaden gegen düstere Löcher, Erinnern gegen Vergessen, multikulturelle Großstädte gegen homogene Dörfer, der Zeit entrückte Inseln gegen stressige Moderne. So entsteht zumindest in diesen Romanen ideologische Übersichtlichkeit, offene Fragen, Missstände, Uneindeutigkeiteb bieten sie nicht an. Es ist sehr schade, dass zwei mit zeitgenössischen Konflikten so vollgesogene Bücher so weltarm geraten sind.

 

Laudatio auf eine kaukasische Kuh. Eichborn 2021. 

Alicia jagt eine Mandarinente. dtv premium März 2018. Die Grammatik der Rennpferde. dtv premium Mai 2016

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Dass es zu Miroloi auch begeisterte Stimmen gibt, war ja klar. Meine Buchhändlerin fand den Roman "heftig, aber toll". Ich finde ihn albern und schon deswegen nicht toll. Irgendeine andere Persönlichkeit aus der Bücherwelt hat es gelobt als Urlaubsbuch, sie hätte es gerade auf einer griechischen Insel gelesen, da würde das Buch großartig passen.

 

Ich habe das Buch gerade fertig, und mir geht es ganz anders als dir, Angelika: Ich finde es grandios.

Es ist lange her, dass mir ein Buch so gekickt hat.  Beim Lesen dachte ich ganz oft: Boah, die traut sich was!

 

Gibt es eigentlich inzwischen eine Leserunde dazu? Ich würde da gerne genauer drüber reden ... gerade, weil es so unterschiedliche Meinungen zu dem Buch zu geben scheint.

 

Ich wäre nach wie vor dabei, Maria, obwohl mich das Buch bisher nicht so begeistert wie dich. Dass sich da jemand sprachlich so viel traut, gefällt mir auch sehr, nach wie vor, aber inhaltlich bewegt es sich auf derart ausgelatschten Wegen und bleibt so naiv und plakativ, dass ich angefangen habe, mich zu langweilen … Aber es kannn ja sehr spannend sein, darüber zu diskutieren.

 

Allerdings fahre ich morgen erst mal für zwei Wochen weg und will den Roman auch nicht mitnehmen, darum bewegt sich bei mir vorerst nicht so viel …

 

Ansonsten finde ich von allen Titeln Nora Bossong bisher bei weitem am interessantesten. Hat den hier jemand schon gelesen?

 

Viele Grüße in die Runde

 

Barbara

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Nein, Barbara, aber den Roman von Bossong will ich auch auf jeden Fall lesen, von allen Leseproben ist diese mir am deutlichsten präsent und am nächsten.

 

Diesen Satz der von Angelika zitierten Kritikerin finde ich bemerkenswert: "Es ist sehr schade, dass zwei mit zeitgenössischen Konflikten so vollgesogene Bücher so weltarm geraten sind." (Das Weltarme innerhalb der uns so nahegerückten, scheinbar erreichbaren und auch, wie man annimmt, erzählbaren Welt ist, glaube ich ein wichtiger/immer wiederkehrender Kritikpunkt bzw gehört zum zeitgenössischen Wahrnehmungsmuster.)

Da ich die von der Kritikerin abgewatschen Bücher nicht gelesen habe, konnte ich es nicht überprüfen oder für mich prüfen, aber ... bei einer Leserunde zu Miroloi wäre ich nach wie vor dabei, gerade, weil es ja hier und auch anderswo, was die Leseeindrücke angeht, nur entweder Begeisterung oder Verurteilung zu geben scheint. Ich kenne nur die Leseprobe, über die kurze Strecke sind Haltung, Sprache und Umgebung erstmal ganz interessant, es kann gut sein, dass es sich später auch für mich relativiert, mich irritiert oder langweilt, vielleicht aber auch nicht. Und eine kontroverse, offene Diskussion mit denjenigen, die es anders empfunden haben, ist in jedem Fall spannend.  Bist du in OU, MariaP?

 

Dass Kreta die Kulisse abgibt, weil es "zufällig" dort auch ein Stipendium gibt, das halte ich für eine bloße Annahme/Behauptung, oder?? (Angelika??)

 

Und danke für die Erläuterung, wie man einen Link einstellt!! Kapiert!

Bearbeitet von ClaudiaB

Baronsky&Brendler: Liebe würde helfen  Ein Staffelroman 
Februar 21, Kampa

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Ich gehe jetzt nicht auf die eben erfolgte Diskussion ein, sondern gebe meine Eindrücke zu "Cherubino" wieder.

„Cherubino“ ist meiner Meinung nach so unentschieden, wie ich es während des Lesens war.

Der Roman kann sich nicht entschließen, welche Geschichte er erzählen will.

Es geht um die 39jährige Mezzosopranistin Iris Schiffer. Sie hat bisher ein offenbar rundum sorgenfreies Leben geführt, ist als ehrgeizige Sängerin gut im Geschäft. Die vielen beruflich bedingten Reisen schaden ihrem Liebesleben nicht.

Mit einem Mal wird alles schwierig.

Sie ist mit einem Sänger liiert, liebt aber einen anderen, natürlich verheirateten Mann, der sich nicht zu ihr bekennen will.

Sie ist auf dem Weg an die Weltspitze (singt „Cherubino“ an der Met in New York, „Hänsel“ an der Wiener Staatsoper“, probt für die Salzburger Festspiele)

Sie ist schwanger. Natürlich nicht von ihrem festen Partner, sondern von dem heißgeliebten Heimlichtuer. Wenn sie jetzt abtreibt, sind die Chancen auf eine weitere Mutterschaft gering.

Was nun? Eine Frau soll nicht nur wählen zwischen Beruf und Kind, sondern auch noch zwischen zwei Männern. Mit dem Nichtkindesvater (der das aber nicht weiß) hat sie auf eine Weise Schluss gemacht, dass er es nicht merkt und weiterhin im Spiel bleibt. Ist ja auch praktisch, er freut sich so darauf, Vater zu werden. Der Kindesvater freut sich auch, aber im Verborgenen.

Aber Iris wählt nichts davon, sondern die Geheimhaltung, bis die Schwangerschaft nicht mehr zu übersehen ist. Allerdings bekommt der Leser eine detaillierte Schilderung von Schwangerschaftssymptomen und pränataler Diagnostik, gegen Ende hin immer ausführlicher. Ja, die Schwangerschaft wird sogar Teil der Salzburger Inszenierung, fünf Tage vor der Premiere sagt Iris dann ab.

Was lernen wir daraus? Was wir die ganze Zeit schon dachten, nämlich dass das erwartete Kind viel wichtiger ist als Liebhaber, Partner, Beruf. Die Protagonistin wird gepriesen als starke Frau, aber eigentlich weicht sie immer aus.

Es liest sich streckenweise gut, gelegentlich holprig. Wenn einem nur nicht immer wieder die Frage in den Sinn käme, warum man das eigentlich lesen soll …

Bearbeitet von MartinaB

 "Je näher man ein Wort ansieht, desto ferner sieht es zurück." Karl Kraus

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Diesen Satz der von Angelika zitierten Kritikerin finde ich bemerkenswert: "Es ist sehr schade, dass zwei mit zeitgenössischen Konflikten so vollgesogene Bücher so weltarm geraten sind." (Das Weltarme innerhalb der uns so nahegerückten, scheinbar erreichbaren und auch, wie man annimmt, erzählbaren Welt ist, glaube ich ein wichtiger/immer wiederkehrender Kritikpunkt bzw gehört zum zeitgenössischen Wahrnehmungsmuster.)

 

 

Dass Kreta die Kulisse abgibt, weil es "zufällig" dort auch ein Stipendium gibt, das halte ich für eine bloße Annahme/Behauptung, oder?? (Angelika??)

 

 

Zum ersten: Ich würde diesen Kritikpunkt nicht als "zeitgenössisches Wahrnehmungsmuster" sehen (und damit relativeren). Wenn ein Buch sich vorstellt und beworben wird als eines, das sich spezifisch zeitgenössischen Konflikten widmet, dann darf man ja wohl einen Bezug zur wirklichen Welt jener Konflikte erwarten.

 

Zum zweiten: Im Juli hat mir eine befreundete Übersetzerin dieses YouTube-Video gezeigt. Da steht die begeistert strahlende Autorin vor der Kulisse eines kretischen Dorfs (dass sie mit dem "Grenzgänger"-Stipendium dort war, wussten wir schon), zeigt auf diverse Bauwerke – "Das ist die Kirche, dort der Friedhof ..." Wir hatten beide den Eindruck, dass sie einen Roman über ein Frauenschicksal in diesem Dorf geschrieben hätte. Als das Wort "Lesen lernen" fiel, haben wir uns schon gewundert: Lesen können seit längerem wirklich alle in ganz Griechenland (übrigens ein Land, in dem auch in Armut und unter den Bauern Bildung schon immer ernst genommen wurde). Soweit es in dem Buch ein Exterieur gibt, ist es wohl offensichtlich wenigstens eine griechische Insel. Und in einem Interview, das es irgendwo als Audio-Datei im Netz gibt, erklärt die Autorin außerdem, dass sie "auf griechischen Inseln viel recherchiert" hätte. Bei der Gelegenheit ist dann die Sache mit dem elektrischen Strom rausgekommen. (Bei, Grenzgänger wird man übrigens nicht zufällig irgendwohin geschickt, sondern man gibt an, an welchem Ort man wozu recherchieren will).

 

Aber mag sein, dass es mir bei dem Buch nur so erging wie vor fast hundert Jahren meinem Vater, als er in einem Land, in dem unter anderem Österreichisch gesprochen wurde, zum ersten Mal Tomaten sah, die "Paradeiser" hießen. Wochen später, als er mit dem pfennigweise ersparten Geld wieder auf den Markt kam und einen Paradeiser erstand und sich die Freude auf den ersten Bissen noch ein paar Stunden lang aufsparte, bis er den langen Weg zurück ins Dorf geschafft hatte, wurde er dann bitterlich enttäuscht. Unter "Paradeiser" hatte er sich einen zuckersüßen Apfel vorgestellt, solche, wie sie im Paradies wachsen.

Bearbeitet von Angelika Jo

Laudatio auf eine kaukasische Kuh. Eichborn 2021. 

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Was lernen wir daraus? Was wir die ganze Zeit schon dachten, nämlich dass das erwartete Kind viel wichtiger ist als Liebhaber, Partner, Beruf. Die Protagonistin wird gepriesen als starke Frau, aber eigentlich weicht sie immer aus.

Es liest sich streckenweise gut, gelegentlich holprig. Wenn einem nur nicht immer wieder die Frage in den Sinn käme, warum man das eigentlich lesen soll …

 

Danke für die Einschätzung, Martina. Was du schreibst, deckt sich ein wenig mit der Kritik von Sigrid Grün.

Laudatio auf eine kaukasische Kuh. Eichborn 2021. 

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Dass Kreta die Kulisse abgibt, weil es "zufällig" dort auch ein Stipendium gibt, das halte ich für eine bloße Annahme/Behauptung, oder?? (Angelika??)

 

 

Zum ersten: Ich würde diesen Kritikpunkt nicht als "zeitgenössisches Wahrnehmungsmuster" sehen (und damit relativeren). Wenn ein Buch sich vorstellt und beworben wird als eines, das sich spezifisch zeitgenössischen Konflikten widmet, dann darf man ja wohl einen Bezug zur wirklichen Welt jener Konflikte erwarten.

 

Zum zweiten: Im Juli hat mir eine befreundete Übersetzerin dieses YouTube-Video gezeigt. Da steht die begeistert strahlende Autorin vor der Kulisse eines kretischen Dorfs (dass sie mit dem "Grenzgänger"-Stipendium dort war, wussten wir schon), zeigt auf diverse Bauwerke – "Das ist die Kirche, dort der Friedhof ..." Wir hatten beide den Eindruck, dass sie einen Roman über ein Frauenschicksal in diesem Dorf geschrieben hätte. Als das Wort "Lesen lernen" fiel, haben wir uns schon gewundert: Lesen können seit längerem wirklich alle in ganz Griechenland (übrigens ein Land, in dem auch in Armut und unter den Bauern Bildung schon immer ernst genommen wurde). Soweit es in dem Buch ein Exterieur gibt, ist es wohl offensichtlich wenigstens eine griechische Insel. Und in einem Interview, das es irgendwo als Audio-Datei im Netz gibt, erklärt die Autorin außerdem, dass sie "auf griechischen Inseln viel recherchiert" hätte. Bei der Gelegenheit ist dann die Sache mit dem elektrischen Strom rausgekommen. (Bei, Grenzgänger wird man übrigens nicht zufällig irgendwohin geschickt, sondern man gibt an, an welchem Ort man wozu recherchieren will).

 

 

 

 

Mir war es beim Lesen ehrlich gesagt völlig egal, wie oder wo das Buch entstanden ist. Klar, die griechischen Anmutungen waren nicht zu übersehen - aber für mich war es einfach irgendein abgelegenes Dorf, das überall auf der Welt existieren könnte. Ich dachte an Alexis Sorbas. An ein bayrisches Bergdorf in den fünfziger Jahren. Ein Dorf irgendwo in der Pampa von Afghanistan. Die Religion, die eben nicht eindeutig christlich oder muslimisch ist (Das heilige Buch heißt "Khorabel"), lässt diese Verortung meiner Meinung nach durchaus zu.

Und nein, dieses Buch ist nicht durchgehend "realistisch" (es mag unwahrscheinlich sein, dass in einem griechischen Dorf nur die Männer lesen lernen dürfen - in einem afghanischen nicht). Aber hey, es ist Literatur! Ja, es ist ausgedacht! Karen Köhler hat sich die Freiheit genommen, die Realität ein wenig zu verändern, um eine dahinterliegende Wirklichkeit zu zeigen. Ein vollkommen legitimes Vorgehen. Sie wollte schließlich kein Sachbuch schreiben.

 

Und dann noch ein Wort zu Angelikas Beschreibung rund um das Stipendium auf Kreta und die Recherchen der Autorin. Für mich klingt das wie ein Vorwurf, sie hätte sich mit dem Stipendium eine schöne Zeit auf Kreta gemacht und sich dann irgendein Buch aus den Rippen geleiert. Oder höre ich da etwa Neid heraus? Wir alle wissen, wie schwer es ist, hinreichend Zeit und finanzielle Absicherung für die Bücher zu haben, die wir wirklich schreiben wollen. Es ist doch toll, wenn eine Kollegin das geschafft hat!

 

my two cents

Komm wir essen Opa.

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Und dann noch ein Wort zu Angelikas Beschreibung rund um das Stipendium auf Kreta und die Recherchen der Autorin. Für mich klingt das wie ein Vorwurf, sie hätte sich mit dem Stipendium eine schöne Zeit auf Kreta gemacht und sich dann irgendein Buch aus den Rippen geleiert. Oder höre ich da etwa Neid heraus? Wir alle wissen, wie schwer es ist, hinreichend Zeit und finanzielle Absicherung für die Bücher zu haben, die wir wirklich schreiben wollen. Es ist doch toll, wenn eine Kollegin das geschafft hat!

 

my two cents 

 

 

 

Nein, neidisch bin ich nicht, die Eigenschaft ist mir völlig wesensfremd. 

Laudatio auf eine kaukasische Kuh. Eichborn 2021. 

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Zum ersten: Ich würde diesen Kritikpunkt nicht als "zeitgenössisches Wahrnehmungsmuster" sehen (und damit relativeren).

Nein, das wollte ich auch nicht, da habe ich mich vermutlich nicht verständlich genug ausgedrückt. Ich wollte nur sagen, dass - zumindest in meiner Wahrnehmung - so etwas heutzutage öfter passiert, weil es auf den ersten Blick easy erscheint, sich zeitgenössischen Konflikten zu widmen. Man kann alles recherchieren, man kann auch vor Ort sein (wenn auch nicht überall) man kann ziemlich ungehindert und ziemlich unbeleckt umherreisen, sich vollsaugen (ist ein guter Begriff von der Kritikerin) ohne irgendetwas zu verstehen oder wirklich tiefer vorzudringen. Welthaltigkeit kann man, glaube ich, kaum lernen.  DAS meinte ich.

 

 

 

Nein, neidisch bin ich nicht, die Eigenschaft ist mir völlig wesensfremd.

Echt? Mir nicht. Und da beneide ich dich jetzt drum. Ehrlich. :s01

 

 

 

Nein, leider nicht.

Schade, Maria. Dann lass uns versuchen, diese Leserunde zusammenzukriegen.

Baronsky&Brendler: Liebe würde helfen  Ein Staffelroman 
Februar 21, Kampa

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Was lernen wir daraus? Was wir die ganze Zeit schon dachten, nämlich dass das erwartete Kind viel wichtiger ist als Liebhaber, Partner, Beruf. Die Protagonistin wird gepriesen als starke Frau, aber eigentlich weicht sie immer aus.

Es liest sich streckenweise gut, gelegentlich holprig. Wenn einem nur nicht immer wieder die Frage in den Sinn käme, warum man das eigentlich lesen soll …

 

Liebe Martina: Was hat dich ursprünglich an dem Buch angesprochen? Also, warum wolltest du es lesen?

Baronsky&Brendler: Liebe würde helfen  Ein Staffelroman 
Februar 21, Kampa

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Zum ersten: Ich würde diesen Kritikpunkt nicht als "zeitgenössisches Wahrnehmungsmuster" sehen (und damit relativeren).

Nein, das wollte ich auch nicht, da habe ich mich vermutlich nicht verständlich genug ausgedrückt. Ich wollte nur sagen, dass - zumindest in meiner Wahrnehmung - so etwas heutzutage öfter passiert, weil es auf den ersten Blick easy erscheint, sich zeitgenössischen Konflikten zu widmen. Man kann alles recherchieren, man kann auch vor Ort sein (wenn auch nicht überall) man kann ziemlich ungehindert und ziemlich unbeleckt umherreisen, sich vollsaugen (ist ein guter Begriff von der Kritikerin) ohne irgendetwas zu verstehen oder wirklich tiefer vorzudringen. Welthaltigkeit kann man, glaube ich, kaum lernen.  DAS meinte ich.

 

 

Ja, aber jetzt kuck mal, was die Rezensentin sagt: Nicht, dass sich die von ihr geschimpften Autorinnen von den Welten haben vollsaugen lassen, die sie bereisen und/oder besprechen, ohne sie wirklich wahrzunehmen. Sondern, dass sie Bücher abliefern, die im Strom (ich vermeide mal das englische Wort) der als aktuell gefeierten Konflikte schwimmen. Um sich dann um diese wirklichen Konflikte gar nicht zu kümmern, sondern sich lieber Welten ausdenken, die es nicht gibt, aber vielleicht geben könnte, damit man sie schließlich auf mehr oder weniger naive Art demontieren kann. Auf solche Weise ist man kritisch – gegenüber einem Gegenstand, den es nicht gibt. Entsprechend – sage ich – ist auch Welthaltigkeit weniger ein Lernstoff als etwas, das man will oder eben nicht.

Bearbeitet von Angelika Jo

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Ja, das habe ich ja begriffen. In der Kritik. Und nein, ich meinte auch nicht, dass Welthaltigkeit ein Lernstoff ist. Kann man nicht lernen - hat man, will man, oder eben nicht (bzw es gibt etwas, das jemandem/den hier Kritisierten dafür fehlen könnte, nämlich wirkliche Offenheit/sich einlassen auf Realität, wozu auch sehr viel Zeit gehört) Und die Autorinnen haben sich nicht vollsaugen lassen, sondern sich, laut der Kritikerin, "vollgesogen", aber trotzdem nur sozusagen leere Kalorien aufgenommen bzw beschlossen, sich mit dieser Nahrung nicht zu belasten. Ob das allerdings ein durchdachter, bewusster Entschluss war, wage ich zu bezweifeln.

Baronsky&Brendler: Liebe würde helfen  Ein Staffelroman 
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Sigrid Grün zu Gelenke des Lichts von Emanuel Maeß.

 

Es geht in diesem Buch um eine Liebesgeschichte, die offenbar so romantisierend geschrieben ist, dass die Rezensentin zunächst – und irrtümlicherweise an eine Parodie glauben wollte. 

 

Man lese den Auszug, den sie uns herausgeschrieben hat und urteile selbst. (Laut Frau Grün hätte sie jede beliebige Textstelle herausnehmen können, das Buch sei durchgängig in diesem Stil geschrieben.)

 

Zwar war eine Weile vergangen, seit der Alte die Wasser voneinander getrennt und das Himmelsgewölbe dazwischengeschoben hatte, noch immer aber wiesen Naturell und Habitus der beiden auf gewisse Verwandtschaftsverhältnisse hin, selbst wenn Vater Äther ab und zu ein wenig reserviert und bedeutungsvoll tat und auf die leicht Borderline-gestörte Seetochter herabzublicken schien. […] Bald musste ich erkennen, dass sie offenbar Besseres im Schilde führten, als sich auf meinen klappernden Satzgerüsten niederzulassen. Stattdessen verkehrten sie in einem fremden, seltsam fesselnden Idiom, das mich dem allgemeinen Tosen mit einer Reihe hilfloser Gestikulationen antworten ließ, die wohl die Frage umkreisten, was es zu bedeuten hatte, dass die beiden Unendlichkeiten an dieser Stelle so vielsagend aufeinandertrafen und nirgends sonst.“ 

 

Die Rezensentin:

 

"Alter Schwede, noch nie in meinem Leben habe ich eine derart verquere, überkandidelte und bescheuerte Beschreibung eines offenbar überwältigenden Stranderlebnisses gelesen!"

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Laudatio auf eine kaukasische Kuh. Eichborn 2021. 

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Auf FB hat Sigrid Grün inzwischen auch schon Norbert Scheuers "Winterbienen" rezensiert. Der Roman handelt vom Krieg – genauer gesagt dem Luftkrieg, vom Boden aus erlebt als Zivilist – und von der nationalsozialistischen Vernichtungspolitik gegenüber Juden und Deutschen, die als "unwertes Leben" betrachtet werden. Darunter fällt auch der an Epilepsie leidende Held, ein Imker, der verfolgte Juden in Bienenstöcken versteckt über die belgische Grenze schmuggelt. Dazwischen finden sich fragmentarische Aufzeichnungen eines Vorfahren aus dem 15, Jahrhundert, eines Klosterbruders und gleichfalls Imkers.

 

Das Buch sei "berührend und spannend" schreibt die Rezensentin, ärgert sich aber auch über eine gewisse Schlampigkeit bei der Recherche .

 

Kurioserweise ist fast zeitgleich ein weiteres Buch mit titelgebenden Bienen erschienen: Andrej Kurkows "Graue Bienen". Sigrid Grün hat die beiden Bücher offenbar parallel gelesen und so konnte ein Vergleich nicht ausbleiben, bei dem Kurkow für sie besser abschnitt. Das ist natürlich ein ganz persönliches Urteil.

Laudatio auf eine kaukasische Kuh. Eichborn 2021. 

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Liebe Martina: Was hat dich ursprünglich an dem Buch angesprochen? Also, warum wolltest du es lesen?

 

Zum Lesen gereizt hat mich der Hauptkonflikt. Er ist doch immer wieder aktuell: Eine Frau steht (anscheinend) vor der Wahl zwischen Beruf und Kind. Auch das Künstlermilieu, in dem der Roman spielt, finde ich interessant. Nur die Umsetzung lässt mich zweifeln. Wenn man genauer hinsieht, geht es darum, ob die Berufsausübung mit einer Schwangerschaft vereinbar ist (ist sie in diesem Fall, Mutterschutz wird nicht in Anspruch genommen). Spätere Probleme werden gar nicht auftauchen, da die künftige Mama sich natürlich eine Nanny leisten kann. Wie ich sagte, der Roman weiß eigentlich nicht recht, wovon er erzählen will.

Das Thema bietet doch jede Menge Raum für Welthaltigkeit, oder? :)

Irgendwie habe ich beim Zitieren was falsch gemacht...?

 "Je näher man ein Wort ansieht, desto ferner sieht es zurück." Karl Kraus

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Das neueste, von Sigrid Grün besprochene Buch Hier sind Löwen von Katerina Poladjan wird sehr gelobt. "Ein gut erzählter und bewegender Roman" schreibt die Rezensentin. In der Geschichte geht es um eine zersplitterte Familie, um Spurensuche, um Herkunft (wie in einem weiteren und so betitelten Buch auf der Longlist  ;) ) und vor allem um Armenien und Armenier – vor Ort und in der Diaspora. 

 

Da mich fremde Kulturen und speziell der Kaukasus sowieso interessieren, habe ich es schon auf dem Tisch hier liegen, die ersten 40 Seiten gelesen und bin sehr angetan. Am Ende ist das Buch auch noch welthaltig?  :)

Laudatio auf eine kaukasische Kuh. Eichborn 2021. 

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Er ist doch immer wieder aktuell: Eine Frau steht (anscheinend) vor der Wahl zwischen Beruf und Kind. Auch das Künstlermilieu, in dem der Roman spielt, finde ich interessant. Nur die Umsetzung lässt mich zweifeln. Wenn man genauer hinsieht, geht es darum, ob die Berufsausübung mit einer Schwangerschaft vereinbar ist (ist sie in diesem Fall, Mutterschutz wird nicht in Anspruch genommen). Spätere Probleme werden gar nicht auftauchen, da die künftige Mama sich natürlich eine Nanny leisten kann. Wie ich sagte, der Roman weiß eigentlich nicht recht, wovon er erzählen will. Das Thema bietet doch jede Menge Raum für Welthaltigkeit, oder?  :)

 

Das war auch der Grund, warum der Roman bei Sigrid Grün nicht ganz ankommen wollte. Frau Grün ist selbst Künstlerin, schreibt sie, und kennt solche Konflikte gut. Die Nanny ist – außer bei voll arrivierten Sängern – bestimmt nicht der Normalfall. 

 

Und zur Welthaltigkeit: Man kann halt darüber schreiben, wie die Welt ist. Dazu muss man sie nicht abpausen, Möglichkeiten gibt es viele, von Fabel bis zur Parodie. Oder man schreibt über etwas, was man sich ausgedacht hat, um seine Vorstellung davon, wie die Welt sein könnte oder sollte, in eine Form zu bringen. Ich habs mehr mit dem ersten Konzept.

Laudatio auf eine kaukasische Kuh. Eichborn 2021. 

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Ich habs auch mit dem ersten Konzept. Selbst wenn man sich was Fantastisches ausdenkt - es bleibt doch die eine Welt. Alle Fantasy-Vorstellungen können ja gar nicht anders, als sich an unserer Welt zu orientieren, sei es im Negativen oder Positiven. Wir können ja nicht über die eigene Nasenspitze hinausgucken wie z. B. Vater Äther :D .

"Der Schrifsteller beschreibt nicht die Realität, sondern die Existenz." sagt Milan Kundera, wobei die Darstellung der Existenz m.E. welthaltig ist, die Beschreibung der Realität eher platt.

 "Je näher man ein Wort ansieht, desto ferner sieht es zurück." Karl Kraus

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Danke, Cornelia!

 

Wie schade, dass es Jan Peter Bremer und Angela Lehner nicht bis ins Finale geschafft haben. 

Zu "Brüder" kenne ich bis jetzt noch gar keine Stimmen. Ansonsten muss ich meinen Favoriten hier ja nicht noch einmal nennen.

 

Wen hättet ihr denn gern noch auf der Short List gesehen?

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"Vater unser" von Angela Lehner hätte ich auch gern auf der Shortlist gesehen. Von den "Winterbienen"  und "Herkunft" hatte ich eine Leseprobe gelesen. Interessieren könnte mich noch "Das flüssige Land". Mal sehen, wie die Jury im Oktober entscheidet.

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