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Empfohlene Beiträge

Olivia Kleinknecht

Buongiorno Carissimi,

 

Mein Roman DER KUSS (circa 180 Seiten) ist am 21. November 2019 neu im Taschenbuch erschienen.

 

"Der Kuss" ist wie mein Roman "Der Regisseur" ein ungewöhnliches (vielleicht abstruses) Buch. Vittorio Angelotti, der Protagonist des Romans "Der Regisseur", spielt auch im "Kuss" eine wichtige Rolle. Während er im "Regisseur" auf dem Zenit seiner Karriere ist, vital, arrogant, selbstbewußt, auch brutal und kriminell, ist er im "Kuss" eine (durchs Alter) gebrochene Figur. Die eigentliche Hauptfigur im "Kuss" ist eine alte einsame Frau, deren letzter Freund der Fernseher ist. Sie liest alte Briefe von Angelotti, als er schon lange tot ist. Die Briefe bilden eine kohärente Geschichte, geben Einblick in seine immer abstruser werdenden Eskapaden, seinen Niedergang und seine Verzweiflung. Nebenher läuft die Geschichte der alten Frau, die mit den alltäglichen Problemen des Alterns zu kämpfen hat und alleine bald nicht mehr zurande kommt. Das heißt, ihre Geschichte ist eigentlich die Hauptgeschichte, die immer wieder durch die Briefe unterbrochen wird, die, so wie es im Klappentext heißt, direkt aus der Hölle zu kommen scheinen.

Auch wenn die Alte und Angelotti alles trennt, so haben sie doch eins gemeinsam, sie denken beide daran, ihr Leben freiwillig zu verlassen, als es kaum mehr lebenswert ist. Im Fall des Angelotti hat dieses Vorhaben eine düstere Qualität, bei der Alten ist es wieder ganz anders. 

 

 

Schnipsel: 

Nachdem sie sich wieder an den Morgenmantelgeruch gewöhnt hatte, atmete sie den Geruch der Bettlaken ein und überlegte, in wie vielen Tagen er so unerträglich sein würde, dass sie gezwungen wäre, die Laken zu wechseln.

          Ihr Bett, ein Erbstück, vielleicht hundert Jahre alt, war übermäßig hoch. Man konnte sich mühelos hinein legen und auch wieder bequem aufstehen. Vor dem Bett, auf einer Kommode, stand der Fernseher. Sie schaltete ihn allabendlich vom Bett aus ein. Da sie bereits den gesamten Tag im Wohnzimmer und in der Küche verbrachte, wollte sie dort nicht auch noch fernsehen. Es vermittelte ihr auch ein Luxusgefühl, vom weichen Bett aus den Bildschirm zu betrachten.

          Das Fernsehen füllte ihr Zimmer mit Lebendigem, Stimmen, Schreien, Schluchzen, Jauchzen, mit beherrschbaren menschlichen Geräuschen, unaufdringlichem Leben, es bot Trost, auch wenn die tausend schönen jungen Gesichter, die tausend blühenden jungen Körper in Talkshows und Filmen ihr suggerierten, sie gehöre zu einer Welt, von deren Hässlichkeit und Verfall kaum jemand etwas ahnte. Bedrückend wurden die gelackten Gesichter, glatten Beine, festen Hüften, prallen Dekolletees, Samthäute, Seidenhaare erst, wenn sie, wie üblich, gegen elf, abschaltete und in der gläsernen Mattscheibe sich selbst im Bett reflektiert sah. Ihr Blick zuckte dann zu den staubigen Porzellanvasen auf der Fernsehkommode, bevor sie den am Kopfende angebrachten Schalter betätigte und das Licht aus der kugelförmigen von der Mitte der Decke herabhängenden Lampe löschte.

          Auch an dem Abend war sie wieder der Logik des Fernsehens erlegen, den frischen Gesichtern, neugebackenen Körpern, jung, unverbraucht, gesund, den unsterblichen Schaumgeborenen, die sie an den Rand drängten. Deshalb konnte sie lange nicht einschlafen, lag nur da mit zugepressten Augenlidern. Erst als es ihr gelang, sich ausschließlich auf die durchs Fenster strömende Nachtluft zu konzentrieren, auf ihre gestreichelte nackte Haut, nickte sie ein.

                                                                                  

Mitten in der Nacht erwachte sie.

          Nichts Ungewöhnliches. Meistens wachte sie sogar mehrmals auf, schlief nur ganz selten ohne Unterbrechung bis zum Morgen.

          Ihr erster Blick aus Schlaf-verquollenen Augen irrte zum Fenster. Graues Licht fiel durch den Vorhangsspalt auf ihr Bett.

          Erst wenn dieses Grau allmählich in einen helleren Ton überwechselte, ein Weißgrau untermischt mit zaghaftem Blau, stammte es nicht mehr von der Straßenbeleuchtung, sondern vom anbrechenden Tag. Den ersten Schimmer des Morgengrauens konnte sie im Sommer schon um vier Uhr zart erkennen. Mit ihm setzte Vogelgezwitscher ein von den Platanen unten. 

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Bringe ich mich einfach um, wenn mein Leben am Alter scheitert?

Dieser Satz bringt es auf den Punkt.

Mich zieht er an.

Das Beste beim Diktieren ist, dass man Worte verwenden kann, von denen man keine Ahnung hat, wie sie geschrieben werden.

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Ich habe den Roman schon gelesen und kann ihn wirklich sehr empfehlen.

 

Viel Erfolg damit, Olivia.

 

Sabine

 

Dem schließe ich mich an. Olivias Romane sind etwas Besonderes!

 

LG

Helene

Helene Luise Köppel:  Romanreihe "Töchter des Teufels" (6 Historische Romane über den Albigenserkreuzzug); sowie Romanreihe "Untiefen des Lebens"  (6 SÜDFRANKREICH-thriller), Neu in 2022: "Abkehr".

                                         

                                 

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Olivia Kleinknecht

 

Ich habe den Roman schon gelesen und kann ihn wirklich sehr empfehlen.

 

Viel Erfolg damit, Olivia.

 

Sabine

 

Dem schließe ich mich an. Olivias Romane sind etwas Besonderes!

 

LG

Helene

 

Vielen lieben Dank für dein Lob und liebe Grüße, Olivia

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