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AnnetteSD

Offener Brief gegen Intoleranz

Empfohlene Beiträge

Ich finde schon, dass das ganz entscheidend ist. Siehe das Beispiel, dass ich bei JKR gebracht habe. Man wirft ihr vor übers Bullying zu schreiben, aber ihre Absicht war es ja ganz eindeutig nicht zu sagen "Das ist total super!", sondern ganz das Gegenteil.

 

Und man kann eben nicht steuern, wovon andere Leute sich auf den Schlips getreten fühlen. Das wird man nie 100%ig hinbekommen. Wenn jemand Krimis schreibt und da eine Frau umgebracht wird, könnte auch jemand sagen: "Was soll diese Gewalt gegen Frauen? Hätte es nicht ein Mann sein können?" Das ist aber nicht die Absicht des Autors. Der wollte einfach nur jemanden haben, der am Anfang des Krimis umgebracht wird. (Die nächste Frage wäre dann, ob man offenbar gar keine Krimis mehr schreiben darf, in denen Frauen umgebracht werden etc.)

Ich kann auch nicht Karl May vorwerfen, dass er die amerikanischen Ureinwohner Indianer genannt hat. Seine Absicht dahinter war sicherlich nicht, sie schlecht zu machen. Zumindest meiner Erinnerung nach. Ist zu lange her, ich mag mich irren.

Der Elefant im Porzellanladen muss auch nicht gleich getötet werden, weil er bestimmt nicht in den Laden ging, um das Geschirr zu zerdeppern.

 

Noch einmal: Ich sag nicht, dass man auf gewisse Dinge nicht achten sollte, aber man kann nicht alle Fälle antizipieren.

 

Im Kern geht es auch nicht darum, immer alles 100% richtig zu machen und niemals jemandem auf den Schlips zu treten. Irgendwo tritt man immer mal ins Fettnäpfchen. Vielmehr geht es doch darum, sich einfach bewusst zu machen, was man sagt und vor allem, wie es auf andere wirkt, insbesondere die, über die man spricht, statt sich einen Freibrief zu geben: Ich habe eigentlich humanistische Ideale und abgesehen davon will ich nur unterhalten. Denn dann kann es passieren, dass einem Dinge unterlaufen, die man tatsächlich gar nicht sagen will und gar nicht so meint. Eben wie in deinem Beispiel mit JKR. Natürlich hat die sich nicht hingesetzt und sich gedacht: Jetzt lass ich es mal so richtig krachen und meine innere Sau raus. Möglicherweise ist ihr das eine oder andere inzwischen selbst ein wenig peinlich. 

"Wir sind die Wahrheit", Jugendbuch, Dressler Verlag 2020;  Romane bei FISCHER Scherz: "Die im Dunkeln sieht man nicht"; "Die Nachtigall singt nicht mehr"; "Die Zeit der Jäger"

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@Sebastian

 

Niemand spricht von Absicht. Allein, dass das hier immer wieder thematisiert wird, zeigt, dass manch einer noch nicht versteht, worum es geht. Dass man in dieser Diskussion in weiten Teilen schon viel weiter ist. Natürlich schreibt niemand ein Buch mit dem Gedanken "Och, den trans Menschen oder den Schwarzen oder den Mobbingopfern zeig ich es jetzt mal so richtig". Trotzdem ist ein gewisses Reflektieren (alles, was Mascha eigentlich schon gesagt hat) wünschenswert. Um mal beim Beispiel JKR zu bleiben: Sicher ist sie nicht bewusst rassistisch. Trotzdem bedient sie ein Klischee nach dem anderen, was die Darstellung von anderen Kulturen betrifft - von der Repräsentation fange ich jetzt mal gar nicht an. Ich wage zu behaupten, dass niemand von uns von sich selbst behauptet, rassistisch zu sein, trotzdem tun wir immer wieder (unterbewusst) etwas, das rassistisch sein kann, einfach, weil wir uns keine Gedanken darüber machen. (Das sind alles nur Beispiele). Ich habe hier leider das Gefühl, dass viele in so einem Verteidigungsmechanismus stecken: Dass man sich bloß nicht mit den Gedanken auseinandersetzt, auch selbst Teil struktureller Probleme zu sein und sie auch noch leugnet. 

Das ist auch erst einmal kein Verbrechen, schließlich gibt kein Mensch zu, dass er hier und da auch Fehler macht. Aber spätestens dann, wenn Betroffene (trans Menschen oder jetzt ganz aktuell Black Lives matter) sagen: Stop, ihr verletzt/diskriminiert uns mit XYZ sollte man mal innehalten und in sich gehen. Denn die Entscheidung darüber, ob etwas diskriminierend ist oder nicht, trifft in erster Linie mal der Betroffene. Und genau das wird den Betroffenen immer wieder abgesprochen, auch hier, ja, gerade hier, wo es offenbar nur wenige Mitglieder gibt, die zu diesen zählen: "Das ist doch keine Absicht", "Ach, irgendjemand fühlt sich immer angepisst", "Wohin soll das noch führen, wenn ..."

Ja, wohin das führt, kann ich gern beantworten: Hoffentlich dazu, dass marginalisierte Minderheiten irgendwann wirklich ein gleichberechtigter Teil unserer Gesellschaft sind.

 

Dann möchte ich nochmals auf JKR und die Transphobie eingehen. Irgendwer hat das Beispiel "Menschen, die menstruieren" angeführt. Eigentlich gibt es kein einfacheres Beispiel, das einem vor Augen führen sollte, wie man Menschen diskriminiert oder ausschließt.

Menschen, die menstruieren = Alle. Frauen, trans Männer, non binäre Menschen. Einfach alle. Niemand wird ausgeschlossen.

JKR sagte aber, dass es dafür einen Begriff gäbe, nämlich "Frauen". Und damit schließt sie aus. Das ist ganz simple sprachliche Logik. Mal abgesehen davon, dass es nur ein Beispiel von vielen ist, haben Betroffene das Recht, das kritisch zu sehen.

 

Und liebe @Kerstin, wenn ich von umgekehrter Opferrolle spreche, meine ich nicht ihre persönliche Missbrauchsgeschichte, die ich natürlich bedauere. Dass du mir das unterstellst, ist schon sehr unschön, aber gut. Ich habe im Kontext des Shitstorms gesprochen. Man hätte so reagieren können: "Liebe trans Menschen, sorry,  ich wollte euch nicht ausschließen." Sie hat aber die Kritik, die sie bekommen hat, nicht sachlich als solche angenommen, sondern sich selbst als Opfer eines (grundlosen) Shitstorms dargestellt. Plötzlich ging es nicht mehr um die Sache an sich, sondern wie SIE behandelt wurde. Sie ist sogar noch einen Schritt weiter gegangen und hat gesagt: "Wenn IHR trans Menschen sagt, dass nicht nur Frauen menstruieren, sondern ihr auch, dann sagt ihr quasi, es gäbe kein Männer-Frauen-Konstrukt (sie ignoriert dabei konsequent, dass sex und gender nicht dasselbe sind), und macht damit Frauenrechte etc. zunichte." Dabei wäre es ganz einfach. trans Frauen sind Frauen. End of story. Das Ausschließen macht sie, und das ist der Knackpunkt.

Lange Rede, kurzer Sinn. Natürlich kann man ihre Meinung teilen oder sie in Schutz nehmen. Aber man kann nicht erwarten, dass die Leute die Schultern zucken und wegsehen, vor allem nicht Betroffene, die es eh schon schwer genug haben. Linus Giese bringt bald ein Buch bei Rowohlt raus, vielleicht lest ihr das mal. Was er an Hate, persönlicher Verfolgung, Stalking und Morddrohungen erhalten hat, ist furchtbar, aber sicher keine Seltenheit. Da braucht es keine JKR, die noch Öl ins Feuer gießt.

 

 

@Dietmar

 

"Auf der Seite von Jemanden zu stehen, heißt für mich auch, sein Tun kritisch zu hinterfragen."

Ich hoffe sehr, dass du das nicht so meinst, wie es ankommt, aber das hat schon fast etwas von Victim Blaming.

 

 

Nachtrag:

 

Weil ich ja übrigens auch angegangen wurde, weil ich mich nicht weiter an der Diskussion beteiligen wollte: Ich habe heute morgen meine Löschung hier beantragt. Ich muss leider sagen, dass mir andere Themen dieser Art auch schon bitter aufgestoßen sind, und die Diskussionen keinen Mehrwert für mich bringen. Außerhalb des Forums gibt es Autorenverbände und -gemeinschaften, die in diesen Themen um einiges weiter sind. Ich weiß nicht, wann die Löschung erfolgen wird, aber wenn ich sage, dass ich dazu nichts weiter verfassen werde, wird es schlichtweg daher sein, weil es bald technisch nicht mehr möglich sein wird.

Ich bedanke mich dennoch herzlich für Tipps und Ratschläge, die ich in den vergangenen Jahren zu anderen Themen erhalten habe!

Bearbeitet von KatharinaS
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Um noch einmal auf den offenen Brief zurückzukommen:

Für mich sind u.a. Margret Atwood, Salman Rushdie und Noam Chomsky (mit Link zum Wikipedia-Artikel, weil ihn vielleicht nicht jeder kennt), die ich im Eingangspost zitierte und die neben zahlreichen (ich habe knapp 150 Unterschriften gezählt) Autorinnen und Autoren, Wissenschaftlerinnen und Universitätsdozenten den Brief unterzeichnet haben, gewichtige Stimmen. Wenn solche kritischen Geister sich für eine offene Debattenkultur aussprechen, weil sie diese bedroht sehen, werde ich sehr hellhörig;

für mich ist interessant, dass sich die Diskussion hier schnell auf J.K. Rowling bezogen hat, von der ich selbst noch kein Buch gelesen habe, sodass ich zu den Inhalten ihrer Bücher nicht viel sagen kann.

 

Was ich für eine offene Debattenkultur für hilfreich halte, ist, in Diskussionen - wie auch hier - möglichst eindeutig zu bleiben, um Missverständnisse zu vermeiden, und möglichst konkret zu argumentieren. 

 

Die Absicht hinter einer Äußerung macht für mich schon einen Unterschied. Wenn jemand etwas schreibt oder äußert in der Absicht, damit jemand anderen zu kränken, zu verletzen oder zu diskriminieren ist das für mich etwas anderes, als wenn jemand etwas aus Gedankenlosigkeit schreibt oder anderweitig äußert, wodurch sich wiederum jemand gekränkt oder verletzt fühlt und fühlen kann. Dies ist für mich auch wichtig im Hinblick auf die angemessenen Folgen für das Verhalten desjenigen, der die Äußerung getätigt hat.

Kann etwa eine Entschuldigung ausreichend sein oder muss es gleich der Verlust des Arbeitsplatzes sein bzw. dass ein Verlag sich von einem Autor oder einer Autorin trennt?

 

Im Strafrecht z.B., das eine Tat und deren Folgen sanktioniert, wird sehr genau zwischen Vorsatz und Fahrlässigkeit unterschieden. 

Wenn ich in einen Porzellanladen gehe, dort über Regale und Tische springe mit dem Willen, alles kaputtzuschmeißen und auch dem Wissen, das ich das mit meinem Verhalten erreichen kann, handele ich vorsätzlich. Das wäre dann vorsätzliche Sachbeschädigung. Auch wenn ich genau weiß, dass durch mein Gebaren alles Porzellan zerschlagen wird, ich das aber nur in Kauf nehme, um eine Kunstperformance durchzuführen, handele ich immer noch vorsätzlich, da ich genau um die Folgen meines Tuns weiß.

Wenn ich aber mit einem großen Rucksack auf dem Rücken im Porzellanladen hin und her spaziere, mich hin- und herwende und mit dem Rucksack dabei aus Versehen Porzellan von den Regalen fege, was weder meine Absicht war noch dass ich genau wusste, dass es passiert, wenn ich mich umdrehe - dann handele ich nur fahrlässig. Natürlich bin ich dann zivilrechtlich u.U. ebenso zum Schadensersatz verpflichtet, doch eine fahrlässige Sachbeschädigung ist nicht strafbewehrt. Es gibt insoweit keinen Schuldvorwurf - ich wollte nix kaputtschmeißen und habe auch nicht sicher damit rechnen können, dass was kaputtgeht. Bei Delikten wie z.B. Körperverletzung, die vorsätzlich oder fahrlässig begangen werden können, ist der Strafrahmen jeweils deutlich unterschiedlich, da der Schuldvorwurf bei einem Vorsatzdelikt als gravierender gilt.

Im Einzelfall kann die Abgrenzung zwischen Vorsatz und Fahrlässigkeit allerdings sehr schwierig sein.

 

Wenn ich die Absicht - und damit quasi den Vorsatz - hinter einer Äußerung nicht in deren Beurteilung miteinbeziehe, geht für mich etwas Wesentliches verloren: Nämlich die Frage nach der inneren Haltung, die hinter einer Äußerung steht.

Bearbeitet von AnnetteSD
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Sebastian Niedlich

@KatharinaS

Natürlich sollte man immer reflektieren und auch zu seinen Fehlern stehen. Ich persönlich habe nur ein Problem damit, dass jede Äußerung derart auf die Goldwaage gelegt wird, dass ganze Existenzen dabei krachen gehen und es oftmals gleich in Nazivergleichen und Drohungen endet.
Was die Entscheidung darüber angeht, was diskriminierend ist oder nicht ... Grundsätzlich: Ja, natürlich. Aber es gibt halt immer wieder Leute die, wie man heute so schön sagt, über jeden Scheiß getriggert sind, dass ich da nicht 100%ig hinterstehen kann. Leute haben z.T. sehr eigenartige Vorstellungen und "Trigger".
 

Ich gebe dir absolut Recht darin, dass sie dumm war sich für die Äußerung nicht zu entschuldigen. Die Gewalt des Shitstorms, der über sie hereinbrach, ist aber meiner(!) Meinung nach völlig überzogen.

 

 

 

 

@AnnetteSD

Danke, das hast du sehr schön gesagt.

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Weil ich ja übrigens auch angegangen wurde, weil ich mich nicht weiter an der Diskussion beteiligen wollte: Ich habe heute morgen meine Löschung hier beantragt. Ich muss leider sagen, dass mir andere Themen dieser Art auch schon bitter aufgestoßen sind, und die Diskussionen keinen Mehrwert für mich bringen. Außerhalb des Forums gibt es Autorenverbände und -gemeinschaften, die in diesen Themen um einiges weiter sind. Ich weiß nicht, wann die Löschung erfolgen wird, aber wenn ich sage, dass ich dazu nichts weiter verfassen werde, wird es schlichtweg daher sein, weil es bald technisch nicht mehr möglich sein wird.

Ich bedanke mich dennoch herzlich für Tipps und Ratschläge, die ich in den vergangenen Jahren zu anderen Themen erhalten habe!

 

Ich finde das sofortige Zurückziehen bei jedweder Wiederrede so schade wie bezeichnend für meine Generation. Schweigen ist schlimmer als Konfrontation, und gerade für offenen Austausch scheinen leider viele meiner Altersgenossen zu fragil zu sein.

Bearbeitet von AlexanderW
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Weil ich ja übrigens auch angegangen wurde, weil ich mich nicht weiter an der Diskussion beteiligen wollte: Ich habe heute morgen meine Löschung hier beantragt. Ich muss leider sagen, dass mir andere Themen dieser Art auch schon bitter aufgestoßen sind, und die Diskussionen keinen Mehrwert für mich bringen. Außerhalb des Forums gibt es Autorenverbände und -gemeinschaften, die in diesen Themen um einiges weiter sind. Ich weiß nicht, wann die Löschung erfolgen wird, aber wenn ich sage, dass ich dazu nichts weiter verfassen werde, wird es schlichtweg daher sein, weil es bald technisch nicht mehr möglich sein wird.

Ich bedanke mich dennoch herzlich für Tipps und Ratschläge, die ich in den vergangenen Jahren zu anderen Themen erhalten habe!

 

Ich finde das sofortige Zurückziehen bei jedweder Wiederrede so schade wie bezeichnend für meine Generation. Schweigen ist schlimmer als Konfrontation, und gerade für offenen Austausch scheinen leider viele meiner Altersgenossen zu fragil zu sein.

 

 

Hach. Heute noch keine Vorurteile losgelassen? Aber jetzt ja zum Glück. Wer mich kennt und meine öffentlichen Kanäle verfolgt, weiß, dass ich eine politische Aktivistin bin. Aber zum Glück darf man ja noch selbst entscheiden, wo man seine spärliche Freizeit verbringt.

Übrigens: Eine gute Diskussion ist sach- und nicht personenbezogen. Nur mal so als kleiner Tipp am Rande. 

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Und liebe @Kerstin, wenn ich von umgekehrter Opferrolle spreche, meine ich nicht ihre persönliche Missbrauchsgeschichte, die ich natürlich bedauere. Dass du mir das unterstellst, ist schon sehr unschön, aber gut. Ich habe im Kontext des Shitstorms gesprochen. Man hätte so reagieren können: "Liebe trans Menschen, sorry,  ich wollte euch nicht ausschließen." Sie hat aber die Kritik, die sie bekommen hat, nicht sachlich als solche angenommen, sondern sich selbst als Opfer eines (grundlosen) Shitstorms dargestellt.

 

Liebe Katharina, ich habe erst einmal gar nichts unterstellt. Ich habe vermutet, dass du diese Sache meinst. Dieser Irrtum wäre mit einem Satz aufzuklären gewesen. Im Gegenzug musste ich mir sagen lassen

  • dass ich nicht mal versuche, hinsichtlich der genannten Themen eine gewisse Empathie an den Tag zu legen
  • dass ich nicht bereit bin, Strukturen zu überdenken
  • dass ich nicht gewillt bin, mich um einen vernünftigen Ton zu bemühen (und das, nachdem ich bereits geschrieben hatte, meine Texte im Hinblick auf das Stilmittel Ironie stärker als bisher zu reflektieren)
  • dass ich mich mit den Problemen, unter denen marginalisierte Gruppen zu leiden haben, ohnehin nicht auseinandersetze

Mich würde wirklich interessieren, woher du das alles nimmst. Du unterstellst Leuten, die deine Meinung in einem Punkt nicht teilen, per Rundumschlag eine Unwillig- und Unfähigkeit zur Horizonterweiterung (eine Formulierung, die überhaupt sehr gern als Breitseite verwendet wird). Dass du Shitstorms überhaupt als ein Mittel des gesellschaftlichen Diskurses betrachtest, finde ich bedenkenswert, denn dein "grundlos" lese ich dahingehend, dass es für dich Gründe gibt, die Shitstorms rechtfertigen.

 

Während ich das schreibe, kommt ein neues Posting von dir, Alexander letzten Beitrag betreffend:

 

Hach. Heute noch keine Vorurteile losgelassen? Aber jetzt ja zum Glück. Wer mich kennt und meine öffentlichen Kanäle verfolgt, weiß, dass ich eine politische Aktivistin bin. Aber zum Glück darf man ja noch selbst entscheiden, wo man seine spärliche Freizeit verbringt.

Übrigens: Eine gute Diskussion ist sach- und nicht personenbezogen. Nur mal so als kleiner Tipp am Rande. 

 

Ich finde, du verteilst eine ganze Menge Tipps am Rande, und ich sehe wirklich nicht, was daran jetzt sachbezogen ist. Aber gut.

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Wer mich kennt und meine öffentlichen Kanäle verfolgt, weiß, dass ich eine politische Aktivistin bin. 

 

Daran habe ich überhaupt keine Zweifel...

 

Ich wusste auch nicht, dass es ein Vorurteil ist, zu sagen, dass meine Generation verwundbar ist und sich schnell in seine eigenen Meinungszirkel zurückzieht, sobald man auf eine Gegenmeinung stößt.

Ich finde eine Gegenmeinung bereichernd, und finde es daher schade, wenn man sich einfach zurückzieht an einen Ort, wo alle mit der eigenen Meinung übereinstimmen. Das ist nicht der Sinn eines Forums. 

Ich wünsche dir aber dennoch viel Glück, ich fand es gut, deine Meinung zu hören, auch wenn sie keiner Gegenmeinung stand zu halten scheint. Ich hoffe für uns beide dass du bleibst. Wie gesagt, eine Gegenmeinung ist bereichernd, nicht beleidigend. Das scheinen einige misszuverstehen.

Bearbeitet von AlexanderW
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Ich habe neulich ein Essay in der taz gelesen, das mir recht gut zu dieser Diskussion zu passen scheint:

 

Die Welt ist nicht schwarz-weiß: Welche Bedeutung hat die Frage, wer spricht? Kaum etwas ist für junge KollegInnen wichtiger als Identität – und das verändert den Journalismus stark.

 

https://taz.de/taz-Kolumne-ueber-Polizei/!5691333/

Bearbeitet von Luise
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Ich habe neulich ein Essay in der taz gelesen, das mir recht gut zu dieser Diskussion zu passen scheint:

 

Die Welt ist nicht schwarz-weiß: Welche Bedeutung hat die Frage, wer spricht? Kaum etwas ist für junge KollegInnen wichtiger als Identität – und das verändert den Journalismus stark.

 

https://taz.de/taz-Kolumne-ueber-Polizei/!5691333/

Danke für den Link, Luise. Sehr interessanter Artikel, ich habe ihn gerade gelesen. Diese Entwicklungen und Zusammenhänge waren mir so nicht klar, ich hatte nur während der Diskussion hier zwischendurch immer mal wieder die Vermutung, dass es auch um eine Generationenfrage gehen könnte.

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Ebenfalls danke. Ja, das könnte ein Grund für gegenseitige Missverständnisse sein, den Gedanken der Generationenfrage hatte ich auch schon.

 

Ich muss aber sagen, dass mich eine Aussage in dem Artikel wirklich mit Fragezeichen in den Augen zurücklässt, und das ist der Begriff des "ally", des "Verbündeten". Dieses Konzept geht für mich in Richtung "Fraktionszwang", den ich auch für völlig falsch halte. Ich möchte mir zu jedem (gesellschaftlichen) Problem eine Meinung bilden und die auch ausdrücken dürfen, ohne dabei auf Zugehörigkeiten achten zu müssen. Das einzige, dem ich mich verpflichtet fühle, ist das Gewissen.

Bearbeitet von KerstinH
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@Dietmar

 

"Auf der Seite von Jemanden zu stehen, heißt für mich auch, sein Tun kritisch zu hinterfragen."

Ich hoffe sehr, dass du das nicht so meinst, wie es ankommt, aber das hat schon fast etwas von Victim Blaming.

Also etwas kann man dir nicht nehmen - deinen Fanatismus für eine Sache. Ich bin der Meinung, uns trennt eine Generation und irgendwie sehe ich mich in der Retrospektive in dir wieder. Vielleicht ist es das Privileg einer Generation, die Generation vor ihr in Schach zu halten. Ich war ähnlich - bis ich vor dem Scherbenhaufen meines Fanatismus stand. Diese Erfahrung muss wohl jeder selber machen.

Mehr bin ich nicht der Meinung, auf deinen Unsinn zu antworten.

Bearbeitet von Dietmar
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Auf der Seite von Jemanden zu stehen, heißt für mich auch, sein Tun kritisch zu hinterfragen.

Ich finde das einen berechtigen Punkt. Denn oft steckt doch auch mangelnde Selbstliebe dahinter. Wenn man sich insgeheim für etwas schämt oder nicht ganz zu sich selbst steht, fühlt man sich leicht angegriffen und verletzt. Man bezieht alles auf sich und seine wunden Punkte. Kennen wir doch alle, oder? Aber schaffen wir das Problem aus der Welt, wenn wir anderen den Mund verbieten?

In meinem Freundeskreis sind zwei Homosexuelle, denen geht diese ganze Opfer-Täter-Debatte am A vorbei, weil sie kein Problem mit sich haben. Sie lieben sich wie sie sind.

Ist es für viele leichter, die Schuld anderen zu geben, als die Ursache des Problems bei sich selbst zu suchen?

Natürlich finde auch ich wichtig, Rücksicht zu nehmen, aber genauso wichtig wäre doch auch, dass die Betroffenen bei sich selbst hinsehen, spätestens wenn sie merken, dass sie da einen wunden Punkt haben.

Oder verlange ich da zu viel?

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Auf der Seite von Jemanden zu stehen, heißt für mich auch, sein Tun kritisch zu hinterfragen.

Ich finde das einen berechtigen Punkt. Denn oft steckt doch auch mangelnde Selbstliebe dahinter. Wenn man sich insgeheim für etwas schämt oder nicht ganz zu sich selbst steht, fühlt man sich leicht angegriffen und verletzt. Man bezieht alles auf sich und seine wunden Punkte. Kennen wir doch alle, oder? Aber schaffen wir das Problem aus der Welt, wenn wir anderen den Mund verbieten?

In meinem Freundeskreis sind zwei Homosexuelle, denen geht diese ganze Opfer-Täter-Debatte am A vorbei, weil sie kein Problem mit sich haben. Sie lieben sich wie sie sind.

Ist es für viele leichter, die Schuld anderen zu geben, als die Ursache des Problems bei sich selbst zu suchen?

Natürlich finde auch ich wichtig, Rücksicht zu nehmen, aber genauso wichtig wäre doch auch, dass die Betroffenen bei sich selbst hinsehen, spätestens wenn sie merken, dass sie da einen wunden Punkt haben.

Oder verlange ich da zu viel?

 

 

Es ist ein Problem, so alt wie die Menschheit. Wie heißt es schon in der sogenannten Bergpredigt: „Warum siehst du den Splitter im Auge deines Bruders, aber den Balken in deinem Auge bemerkst du nicht? “

Inspiration exists, but it has to find us working! (Pablo Picasso)

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Auf der Seite von Jemanden zu stehen, heißt für mich auch, sein Tun kritisch zu hinterfragen.

Natürlich finde auch ich wichtig, Rücksicht zu nehmen, aber genauso wichtig wäre doch auch, dass die Betroffenen bei sich selbst hinsehen, spätestens wenn sie merken, dass sie da einen wunden Punkt haben.

Oder verlange ich da zu viel?

 

 

Okay, mal auf ein ganz aktuelles Beispiel bezogen: Sollen Schwarze also lieber das Problem bei sich suchen? Mal so ein bisschen gucken, was sie selbst besser machen können, damit sie nicht ständig unbewaffnet und unschuldig erschossen werden, nicht ständig kontrolliert, kriminalisiert, medizinisch schlechter behandelt werden, keine Wohnungen bekommen, Probleme bei der Arbeitssuche haben etc.?

Ja, ich weiß, ist ein krasses Beispiel, ich hoffe aber, dass die Problematik einer solchen Frage sichtbar wird.

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@Dietmar

 

"Auf der Seite von Jemanden zu stehen, heißt für mich auch, sein Tun kritisch zu hinterfragen."

Ich hoffe sehr, dass du das nicht so meinst, wie es ankommt, aber das hat schon fast etwas von Victim Blaming.

Also etwas kann man dir nicht nehmen - deinen Fanatismus für eine Sache. Ich bin der Meinung, uns trennt eine Generation und irgendwie sehe ich mich in der Retrospektive in dir wieder. Vielleicht ist es das Privileg einer Generation, die Generation vor ihr in Schach zu halten. Ich war ähnlich - bis ich vor dem Scherbenhaufen meines Fanatismus stand. Diese Erfahrung muss wohl jeder selber machen.

Mehr bin ich nicht der Meinung, auf deinen Unsinn zu antworten.

 

 

Weißt du, lieber Dietmar, du hättest auch einfach sachlich detailliert ausführen können, was du meintest (ich habe ja darauf hingewiesen, dass du es sicher anders meintest, als es bei mir ankam), statt mich als fanatisch hinzustellen oder als jemand, der "Unsinn" redet. Ist das das, was ihr euch hier unter Meinungsvielfalt vorstellt? Wenn jemand einen ganz anderen Blickwinkel hat, ist er fanatisch und man muss "die Generation in Schach" halten? Da fehlen mir doch ein wenig die Worte.

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Auf der Seite von Jemanden zu stehen, heißt für mich auch, sein Tun kritisch zu hinterfragen.

Natürlich finde auch ich wichtig, Rücksicht zu nehmen, aber genauso wichtig wäre doch auch, dass die Betroffenen bei sich selbst hinsehen, spätestens wenn sie merken, dass sie da einen wunden Punkt haben.

Oder verlange ich da zu viel?

Okay, mal auf ein ganz aktuelles Beispiel bezogen: Sollen Schwarze also lieber das Problem bei sich suchen? Mal so ein bisschen gucken, was sie selbst besser machen können, damit sie nicht ständig unbewaffnet und unschuldig erschossen werden, nicht ständig kontrolliert, kriminalisiert, medizinisch schlechter behandelt werden, keine Wohnungen bekommen, Probleme bei der Arbeitssuche haben etc.?

Ja, ich weiß, ist ein krasses Beispiel, ich hoffe aber, dass die Problematik einer solchen Frage sichtbar wird.

Ja, das ist ein krasses Beispiel, von dem hier eigentlich gar nicht die Rede ist. Da geht es um Missbrauch von Macht. Sowas darf nicht geduldet werden, das sehe ich auch so. Das ist aber auch was ganz anderes als eine Meinung zu äußern, die manchen widerstrebt. Und nur darum ging es doch in dieser Diskussion, oder?

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Wer mich kennt und meine öffentlichen Kanäle verfolgt, weiß, dass ich eine politische Aktivistin bin. 

 

Daran habe ich überhaupt keine Zweifel...

 

Ich wusste auch nicht, dass es ein Vorurteil ist, zu sagen, dass meine Generation verwundbar ist und sich schnell in seine eigenen Meinungszirkel zurückzieht, sobald man auf eine Gegenmeinung stößt.

Ich finde eine Gegenmeinung bereichernd, und finde es daher schade, wenn man sich einfach zurückzieht an einen Ort, wo alle mit der eigenen Meinung übereinstimmen. Das ist nicht der Sinn eines Forums. 

Ich wünsche dir aber dennoch viel Glück, ich fand es gut, deine Meinung zu hören, auch wenn sie keiner Gegenmeinung stand zu halten scheint. Ich hoffe für uns beide dass du bleibst. Wie gesagt, eine Gegenmeinung ist bereichernd, nicht beleidigend. Das scheinen einige misszuverstehen.

 

 

Nur mal so aus Interesse: Meinst du die Generation, die mit FFF oder BLM auf den Straßen dieser Welt stehst? Und meine Meinung hält also keiner Gegenmeinung stand? Damit wertest du meine Meinung ja auch im selben Atemzug wieder ab. Und da wunderst du dich, dass ich hier keine Lust mehr auf Diskussionen habe? Die ist ja nicht nur in diesem Thread so abgelaufen, sondern in anderen in der Vergangenheit auch.

 

Übrigens noch ein kleiner Rant zum Thema Meinungsvielfalt in diesem Forum: Mich haben in den letzten zwei Tagen so einige Nachrichten von mitlesenden MitgliederInnen erreicht. Im Kern war der Fazit, dass sich hier einige nicht mehr trauen, zu diesen Themen mit zu diskutieren, weil der (konservative) Konsens eine wirklich Meinungsvielfalt eher erschwert. Und wenn ich mir manche Beiträge an mich hier so ansehe, kann ich auch verstehen, warum. Bleibt aber am Ende des Tages die Frage, ob es so gewollt ist, dass sich einige Mitglieder gar nicht mehr äußern.

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Auf der Seite von Jemanden zu stehen, heißt für mich auch, sein Tun kritisch zu hinterfragen.

Natürlich finde auch ich wichtig, Rücksicht zu nehmen, aber genauso wichtig wäre doch auch, dass die Betroffenen bei sich selbst hinsehen, spätestens wenn sie merken, dass sie da einen wunden Punkt haben.

Oder verlange ich da zu viel?

Okay, mal auf ein ganz aktuelles Beispiel bezogen: Sollen Schwarze also lieber das Problem bei sich suchen? Mal so ein bisschen gucken, was sie selbst besser machen können, damit sie nicht ständig unbewaffnet und unschuldig erschossen werden, nicht ständig kontrolliert, kriminalisiert, medizinisch schlechter behandelt werden, keine Wohnungen bekommen, Probleme bei der Arbeitssuche haben etc.?

Ja, ich weiß, ist ein krasses Beispiel, ich hoffe aber, dass die Problematik einer solchen Frage sichtbar wird.

Ja, das ist ein krasses Beispiel, von dem hier eigentlich gar nicht die Rede ist. Da geht es um Missbrauch von Macht. Sowas darf nicht geduldet werden, das sehe ich auch so. Das ist aber auch was ganz anderes als eine Meinung zu äußern, die manchen widerstrebt. Und nur darum ging es doch in dieser Diskussion, oder?

 

 

Wenn du von "Betroffenen" sprichst, bin ich davon ausgegangen, dass wir von marginalisierten Gruppen sprechen, nicht schlichtweg von abweichenden Meinungen.

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Auf der Seite von Jemanden zu stehen, heißt für mich auch, sein Tun kritisch zu hinterfragen.

Natürlich finde auch ich wichtig, Rücksicht zu nehmen, aber genauso wichtig wäre doch auch, dass die Betroffenen bei sich selbst hinsehen, spätestens wenn sie merken, dass sie da einen wunden Punkt haben.

Oder verlange ich da zu viel?

 

 

Okay, mal auf ein ganz aktuelles Beispiel bezogen: Sollen Schwarze also lieber das Problem bei sich suchen? Mal so ein bisschen gucken, was sie selbst besser machen können, damit sie nicht ständig unbewaffnet und unschuldig erschossen werden, nicht ständig kontrolliert, kriminalisiert, medizinisch schlechter behandelt werden, keine Wohnungen bekommen, Probleme bei der Arbeitssuche haben etc.?

Ja, ich weiß, ist ein krasses Beispiel, ich hoffe aber, dass die Problematik einer solchen Frage sichtbar wird.

 

 

Ich glaube, das ist das Problem, dass in solchen Situationen oft krasse Beispiele genommen werden. Mein Gefühl ist, Dietmars Aussage bezog sich auf was Generelles - ich muss Leute, zu denen ich stehe, auch kritisieren können. M.E. macht das auch z.B. echte Freundschaft aus. Der letzte Satz, da sehe ich es wie du, Katharina, der hätte nicht sein müssen.

 

Du hast jetzt ein Beispiel gewählt, in dem man dir zum übergroßen Teil Recht geben muss, gar keine Frage. Aber ich denke, auf so ein Beispiel bezog sich Dietmars Gedanke gar nicht. Und dann passiert es ja auch, dass die Hautfarbe quasi als "Bonuskarte" gespielt wird, das gibt es ja auch.

 

Du sprichst sofort von "Victim Blaiming", das ist auch eine Ansage, und keine kleine. Vielleicht sollten wir alle mal ein bisschen runterkühlen. Und wenn sich hier einige Leute im Forum nicht mehr äußern, dann finde ich das schade, denn Meinungsvielfalt besteht ja gerade darin, dass es unterschiedliche Meinungen gibt. Ich habe nicht den Eindruck, dass es hier einen "konservativen" Konsens gibt - übrigens stößt mir das Wort auf.

 

Ich habe für mich selbst aber auch die Entscheidung getroffen, mich hier nur noch zu direkten Autorenthemen zu äußern, mich nervt die Art, wie man sich hier anscheinend absichtlich missverstehen will, ebenfalls. Allein deine Unterstellung schon wieder, dass es gewollt sei, dass sich hier einige Mitglieder nicht mehr äußern, da geht mir der Hut hoch!

Bearbeitet von KerstinH
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Auf der Seite von Jemanden zu stehen, heißt für mich auch, sein Tun kritisch zu hinterfragen.

Natürlich finde auch ich wichtig, Rücksicht zu nehmen, aber genauso wichtig wäre doch auch, dass die Betroffenen bei sich selbst hinsehen, spätestens wenn sie merken, dass sie da einen wunden Punkt haben.

Oder verlange ich da zu viel?

Okay, mal auf ein ganz aktuelles Beispiel bezogen: Sollen Schwarze also lieber das Problem bei sich suchen? Mal so ein bisschen gucken, was sie selbst besser machen können, damit sie nicht ständig unbewaffnet und unschuldig erschossen werden, nicht ständig kontrolliert, kriminalisiert, medizinisch schlechter behandelt werden, keine Wohnungen bekommen, Probleme bei der Arbeitssuche haben etc.?

Ja, ich weiß, ist ein krasses Beispiel, ich hoffe aber, dass die Problematik einer solchen Frage sichtbar wird.

Ja, das ist ein krasses Beispiel, von dem hier eigentlich gar nicht die Rede ist. Da geht es um Missbrauch von Macht. Sowas darf nicht geduldet werden, das sehe ich auch so. Das ist aber auch was ganz anderes als eine Meinung zu äußern, die manchen widerstrebt. Und nur darum ging es doch in dieser Diskussion, oder?

Wenn du von "Betroffenen" sprichst, bin ich davon ausgegangen, dass wir von marginalisierten Gruppen sprechen, nicht schlichtweg von abweichenden Meinungen.

Schau, so schnell finden Interpretationen statt.

Betroffene sind auch die, die sich von etwas Gesagtem betroffen fühlen.

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Um noch einmal auf den offenen Brief zurückzukommen:

Für mich sind u.a. Margret Atwood, Salman Rushdie und Noam Chomsky (mit Link zum Wikipedia-Artikel, weil ihn vielleicht nicht jeder kennt), die ich im Eingangspost zitierte und die neben zahlreichen (ich habe knapp 150 Unterschriften gezählt) Autorinnen und Autoren, Wissenschaftlerinnen und Universitätsdozenten den Brief unterzeichnet haben, gewichtige Stimmen. Wenn solche kritischen Geister sich für eine offene Debattenkultur aussprechen, weil sie diese bedroht sehen, werde ich sehr hellhörig;

für mich ist interessant, dass sich die Diskussion hier schnell auf J.K. Rowling bezogen hat, von der ich selbst noch kein Buch gelesen habe, sodass ich zu den Inhalten ihrer Bücher nicht viel sagen kann.

 

Was ich für eine offene Debattenkultur für hilfreich halte, ist, in Diskussionen - wie auch hier - möglichst eindeutig zu bleiben, um Missverständnisse zu vermeiden, und möglichst konkret zu argumentieren. 

 

Die Absicht hinter einer Äußerung macht für mich schon einen Unterschied. Wenn jemand etwas schreibt oder äußert in der Absicht, damit jemand anderen zu kränken, zu verletzen oder zu diskriminieren ist das für mich etwas anderes, als wenn jemand etwas aus Gedankenlosigkeit schreibt oder anderweitig äußert, wodurch sich wiederum jemand gekränkt oder verletzt fühlt und fühlen kann. Dies ist für mich auch wichtig im Hinblick auf die angemessenen Folgen für das Verhalten desjenigen, der die Äußerung getätigt hat.

Kann etwa eine Entschuldigung ausreichend sein oder muss es gleich der Verlust des Arbeitsplatzes sein bzw. dass ein Verlag sich von einem Autor oder einer Autorin trennt?

 

Im Strafrecht z.B., das eine Tat und deren Folgen sanktioniert, wird sehr genau zwischen Vorsatz und Fahrlässigkeit unterschieden. 

Wenn ich in einen Porzellanladen gehe, dort über Regale und Tische springe mit dem Willen, alles kaputtzuschmeißen und auch dem Wissen, das ich das mit meinem Verhalten erreichen kann, handele ich vorsätzlich. Das wäre dann vorsätzliche Sachbeschädigung. Auch wenn ich genau weiß, dass durch mein Gebaren alles Porzellan zerschlagen wird, ich das aber nur in Kauf nehme, um eine Kunstperformance durchzuführen, handele ich immer noch vorsätzlich, da ich genau um die Folgen meines Tuns weiß.

Wenn ich aber mit einem großen Rucksack auf dem Rücken im Porzellanladen hin und her spaziere, mich hin- und herwende und mit dem Rucksack dabei aus Versehen Porzellan von den Regalen fege, was weder meine Absicht war noch dass ich genau wusste, dass es passiert, wenn ich mich umdrehe - dann handele ich nur fahrlässig. Natürlich bin ich dann zivilrechtlich u.U. ebenso zum Schadensersatz verpflichtet, doch eine fahrlässige Sachbeschädigung ist nicht strafbewehrt. Es gibt insoweit keinen Schuldvorwurf - ich wollte nix kaputtschmeißen und habe auch nicht sicher damit rechnen können, dass was kaputtgeht. Bei Delikten wie z.B. Körperverletzung, die vorsätzlich oder fahrlässig begangen werden können, ist der Strafrahmen jeweils deutlich unterschiedlich, da der Schuldvorwurf bei einem Vorsatzdelikt als gravierender gilt.

Im Einzelfall kann die Abgrenzung zwischen Vorsatz und Fahrlässigkeit allerdings sehr schwierig sein.

 

Wenn ich die Absicht - und damit quasi den Vorsatz - hinter einer Äußerung nicht in deren Beurteilung miteinbeziehe, geht für mich etwas Wesentliches verloren: Nämlich die Frage nach der inneren Haltung, die hinter einer Äußerung steht.

 

Ich wollte nicht sagen und habe auch nicht gesagt, dass die Absicht hinter einer Äußerung bei der Bewertung egal ist. Natürlich macht es einen Unterschied, was für eine allgemeine Haltung dahinter steht. Niemand sollte wegen einer ungeschickten Bemerkung sanktioniert werden, gar Job und Karriere verlieren. Ich halte es nur für fragwürdig, sich als Autor hinter dem Argument zu verstecken, etwas sei ja nur Unterhaltung. Das ist meines Erachtens einfach ein schwaches Argument, mit dem man sich selbst übrigens kein sehr schmeichelhaftes Zeugnis ausstellt. Wenn einem tatsächlich etwas unterläuft, das jemanden beleidigt oder herabsetzt, spricht doch eigentlich nichts dagegen, das einfach zuzugeben und zu sich zu entschuldigen? Zu sagen: "Das ist nur Unterhaltung" meint: Es ist nicht so schlimm, was regst du dich auf? Also der Beleidigte soll sich rechtfertigen oder halt nicht so empfindlich sein. Das stellt die Sache aber auf den Kopf. Das Problem ist eher, dass Leser nicht zwischen Figuren, deren Äußerungen und dem Autor unterscheiden. Wenn in einem Roman Tiere gequält werden, heißt das nicht, dass der Autor Tierquäler ist, auch dann nicht, wenn im Text keine unmittelbare Distanzierung erfolgt. Manchmal verlangt die Authentizität einer Figur eine bestimmte Sprechweise, die vielleicht anstößig sein könnte. Aber in so einem Fall ist eine sachliche Erklärung ja möglich.

 

Was nun den offenen Brief anbelangt: Darin geht es, so wie ich ihn verstehe, um etwas anderes. Eine offene Debatte setzt voraus, dass ich dem anderen nicht permanent die schlechtestmögliche Auslegung eines vorgebrachten Arguments unterstelle. Dass man auf einer sachlichen Ebene diskutiert und das Persönliche so weit wie möglich außen vor lässt. Die eigene Lebensgeschichte kann erklären, warum jemand zu gewissen Ansichten kommt, sie schafft aber nicht aus sich heraus eine moralische Überlegenheit in einer Diskussion. Und irgendwann sollte man halt auch akzeptiert, dass jemand in gewissen Punkten einfach anders denkt und trotzdem kein Unmensch ist. Gerade letzteres geht leider zurzeit unter den sich links verstehenden Intellektuellen und ihrem Publikum zunehmend verloren, insbesondere in den USA, auf die der offene Brief im Besonderen ja abzielt.

"Wir sind die Wahrheit", Jugendbuch, Dressler Verlag 2020;  Romane bei FISCHER Scherz: "Die im Dunkeln sieht man nicht"; "Die Nachtigall singt nicht mehr"; "Die Zeit der Jäger"

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Ich muss aber sagen, dass mich eine Aussage in dem Artikel wirklich mit Fragezeichen in den Augen zurücklässt, und das ist der Begriff des "ally", des "Verbündeten". Dieses Konzept geht für mich in Richtung "Fraktionszwang", den ich auch für völlig falsch halte. Ich möchte mir zu jedem (gesellschaftlichen) Problem eine Meinung bilden und die auch ausdrücken dürfen, ohne dabei auf Zugehörigkeiten achten zu müssen. Das einzige, dem ich mich verpflichtet fühle, ist das Gewissen.

 

Ein sehr wichtiger Punkt. 

Inspiration exists, but it has to find us working! (Pablo Picasso)

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Übrigens noch ein kleiner Rant zum Thema Meinungsvielfalt in diesem Forum: Mich haben in den letzten zwei Tagen so einige Nachrichten von mitlesenden MitgliederInnen erreicht. Im Kern war der Fazit, dass sich hier einige nicht mehr trauen, zu diesen Themen mit zu diskutieren, weil der (konservative) Konsens eine wirklich Meinungsvielfalt eher erschwert. Und wenn ich mir manche Beiträge an mich hier so ansehe, kann ich auch verstehen, warum. Bleibt aber am Ende des Tages die Frage, ob es so gewollt ist, dass sich einige Mitglieder gar nicht mehr äußern.

 

Das möchte ich noch einmal zitieren, weil ich diese Entwicklung sehr bedaure, und ich schockiert bin, dass sich diese Spirale immer weiter dreht.

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