Zum Inhalt springen
Andreas

Gerettete Gegenwartsliteratur?

Empfohlene Beiträge

Hallo zusammen,

 

ich habe eine ganze Zeit über Ralphs Aussage über den Unterschied von "Hoher Literatur" und anderer nachgedacht.

Ich denke, daß die Orientierung über Handlung bzw. Person eines der Kriterien ist. Wobei hier die Grauzone fließend ist. Denn die reine Handlungsorientierung findet man heute hauptsächlich bei bestimmter Genreliteratur, und selbst hier gibt es inzwischen immer ausgestaltetere Figuren. Der Krimibereich ist meist über Handlungen definiert, gleichzeitig entwickelt sich immer stärker, z.B. bei Elisabeth George, eine Nebenhandlung, in denen sich mehrere Figuren entwickeln. Und diese Entwicklung ist in vielen Bereichen zu erkennen.

 

Also scheint mir dies als einziges Kriterium zu wenig. Ich würde weitere Kriterien dazunehmen, und selbst dann wird es noch sehr schwierig. Die Figurenzeichnung und das Plotting unterscheidet sich ebenfalls, aber nicht immer. In "Hoher Literatur" wird auf bestimmte Klischees (Handlungen, Figuren, Nebenfiguren) verzichtet, die Figuren werden stark "grau" (als Abgrenzung von schwarz-weiß) gezeichnet. Dazu gibt es gewisse Stilkriterien, also einen ausgeprägten, erkennbaren Stil- z.B. wenig Adjektive, der oft gepriesene lakonische und unbeteiligte Stil, häufig besonders ausgearbeitete Bilder, Vergleiche und rhetorische Figuren. Bei "Genreliteratur" wird der Stil zugunsten der Geschichte zurückgenommen, in Teilen werden Klischees und recht ein- oder zweidimensionale Figuren verwendet. Aber auch hier gibt es inzwischen große Grauzonen, der Übergang ist sehr fließend.

 

Dazu kommt noch ein weiteres Kriterium, das Andreas nennt.

 

Der Belletrist versteht sich (unbewusst) als Dienstleister für die Freizeit von Menschen, er möchte sie unterhalten, entführen, ablenken, zum Lachen oder zum Weinen bringen. Der "Literat" hingegen versteht sich (vielleicht auch unbewusst) als Dienstleister an der Gesellschaft und der Kultur als solches, will sie kritisieren und bereichern - wobei er primär davon ausgeht, dass er etwas entsprechend Gewichtiges beizutragen hat.

 

Bei dieser Aussage bin ich ziemlich verwirrt. Denn da steckt viel drin- was auch richtig ist. Gleichzeitig steckt hier ein Bild eines Literaten drin, das ich schwierig finde. Das Bild wird hier deutlicher:

 

Ich sträube mich gegen all jene Literaten, deren Themen mir zu egozentrisch anmuten, und deren Lebenserfahrung an Jahren und an Weltgewandtheit mir zu schmächtig erscheint um mich zu beeindrucken oder zu überzeugen.

Allzuoft ist dies auch noch gepaart mit der Ablehnung "funktionierender" Erzähltechniken, mit dem Wunsch, nicht nur etwas Bedeutendes zu sagen, sondern dies auch in "bedeutender" Form zu tun. Herauskommen unlesbare Bewusstseinsströme, Texte in Kleinbuchstaben, Gedanken- und Zeitsprünge und das boykottieren jeglicher Leseerwartung. Hier wird meiner Ansicht nach aus der (nicht erkannten) Not, das Handwerk nicht gelernt zu haben, eine (Schein-)Tugend gemacht. Aber die Regeln zu brechen erlaube ich nur demjenigen, der beweist, sie zu kennen und zu beherrschen.

 

Ich hoffe, dass man das so sagen darf: Die Art Literaten, die du hier beschreibst, nenne ich Onanierprosaisten:

Ein Autor/ Eine Autorin versucht nicht die Leser in seine Geschichte einzuladen, sondern schreibt einen Text, der gebildet und intellektuell wirken soll. Literaturtypische Muster wie Spannung oder bestimmte Aufbautechniken werden abgelehnt, weil diese vom "Text" ablenken. Dabei werden im Text oft die Erzählweise, Form, Perspektive im Text hinterfragt und reflektiert.

Im eigentlichen Sinne handelt es sich nicht mehr um Literatur, sondern um eine übertriebene Selbstdarstellung mit dem Zweck wie ein großer Literat zu wirken. Viele dieser Literaten, vor allem am Anfang ihrer Laufbahn, wollen nicht schreiben, sondern wollen schreiben wie Joyce, Mann, ....

Für mich ist das aber Onanierprosa und nicht "Hohe Literatur"- weil es nur um den eigenen Geltungsdrang geht, um die eigene Wichtigkeit, nicht um Literatur. Natürlich kann man so etwas auch mal machen- und große Literaten haben das gemacht. Aber nicht um der Selbstdarstellung willen, sondern um etwas zu hinterfragen. Bloß die meisten dieser Dinge hinterfragen nicht mehr, sondern sind nur noch ein Zitat eines anderen Autoren, eines anderen Textes- und soll nur noch gebildet wirken.

 

Deshalb habe ich mit dem obigen Vergleich ein Problem:

Für mich wäre der Unterschied, dass beide Literaturen im Prinzip unterhalten wollen. Doch das Ziel hoher Literatur ist es den Leser zu unterhalten, und dabei dessen Haltungen und Einstellungen zu hinterfragen, ihm etwas zu zeigen, was diese Haltungen und Einstellungen ins Wanken bringt. Und "Hohe Literatur" schafft es in einem guten Fall auch den Leser über den eigentlichen "Leseakt" an das Thema zu binden, seine Gedanken zu beschäftigen.

Das macht für mich den Unterschied aus, zumindest in diesem Punkt. Wobei es hier riesige Grauzonen gibt- wie bei allen Punkten.

 

Ein Text, dessen Literaturhaftigkeit allein in Onanierprosa liegt, schafft bei mir zwar auch Fragen- aber meist nur: Warum schreibst du nicht, sondern nervst mich nur mit deiner selbstgefälligen Darstellung.

 

Gruss

 

Bluomo

"Als meine Augen alles // gesehen hatten // kehrten sie zurück // zur weißen Chrysantheme". Matsuo Basho

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Wen's interessiert:

hier gibt's eine Leseprobe aus dem Roman von M. Hefter -  ganz typische deutsche Gegenwartsprosa, bei der aus jeder Zeile die Langeweile trieft!

 

(Link ungültig)

 

Sagt mir mal spaßhalber, ob es einer von Euch geschafft hat, auch noch Teil 2 oder gar Teil 3 zu lesen - ich nicht :s01

 

Gruß

Jan

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

(Peter_Dobrovka)

Die Rezeption eines Hotels ist ein unentschiedener Ort, ohne rechte Bestimmung.

So ein Schwachsinn!

 

Gäste betreten ihn und holen sich die Zimmerschlüssel. Sie melden sich und teilen kurz mit, daß sie am Leben sind.

So ein Schwachsinn!

 

Für ein, zwei Minuten treten sie in ein anderes Leben ein, wühlen das Leben des an der Rezeption Diensthabenden auf, bevor sie den Schlüssel in der Jackentasche verschwinden lassen und aus dem schnell angetasteten Dasein eines anderen wieder herausgehen, mit einem leisen Schritt zur Seite. Stören Sie mich nicht, das ist es, was meine Haltung hinter dem Rezeptionstresen mitteilt, nehmen Sie den Schlüssel und hauen Sie ab.

Wenn der erste Teil nicht so allgemeingültig formuliert wäre, könnte man es durchgehen lassen.

 

Morgen wird Raimund aus meinem Haus ausziehen.

Ah, Handlung! Gut!

Der Schreibstil verlangt etwas Konzentration ab, ist aber okay.

Dann kommt wieder ...

Aber was, wenn Raimund so sitzen geblieben sein wird, von der Decke umschlungen auf seinem Platz auf dem Sofa, und sich nicht rührt, nicht fernsieht? Dann wäre Raimunds Stillsitzen eine Folge aus allen Handlungen, die dem Ein­wickeln in die Decke einmal vorausgegangen sind, und somit ein Anfang, ein Größerwerden der Bewegung, ein Start.

... SCHWACHSINN !!!

 

Danach wird es mit der Handlung langsam aber sicher langweilig. Eine verdammt konsequente Aneinanderreihung von Banalitäten tötet jede Hoffnung, irgendetwas Interessantes zu erfahren. Nur hin und wieder eingestreut ...

 

Die Weggehenden gehen in den Sätzen weg und nehmen ihre Sätze mit sich, ziehen ihre Sätze hinter sich her, an Stricken, an Fallschirmseide, je nachdem, wie sehr sie sich ins Licht rücken wollen, das auch die Stricke und die Seide beleuchtet, die Mittel und Wege des Transports.

... Schwachsinn.

 

Wenn es wirklich einen Satz gäbe, der auf alles zutrifft. Wenn es nur einen Satz gäbe, einen einzigen Satz, der alle weiteren Sätze enthält und neben den wenigen als ge­sichert geltenden Annahmen, die wir zu Hause in un­seren Schatullen und Nachtschränkchen aufbewahren, auch die völlig ins Kraut schießenden Spekulationen ohne große Worte mit einschließt, der z.B. den Wust aus Kabeln auf der Rückseite des Computers in meinem Schlafzimmer nicht erklären kann, nicht von diesem Kabel­verhau spricht, der aber, ausgesprochen, in jeder Sekunde den Kabelverhau des Computers meint, natürlich meint er den Kabelverhau, spricht ohne die notwendigen Worte von den Kabeln bis in die letzten Windungen der Kabel, der Satz handelt immer auch vom Kabelverhau und gleichzeitig von allem anderen, der Satz spricht von mir, von Raimund, vom Auszug aus den Häusern, vom den Häusern entgegengebrachten Gefühl, von meinem Vater und seinem dem Satz entgegengebrachten Gefühl, vom Einverleiben eines Satzes, aber er meint damit etwas, was über all das hinausgehen wird, und was im und mit dem Satz erst dann ausgesprochen werden kann, wenn die ungesicherten, wuchernden Kleinigkeiten, die unscharfen Bilder in diesen Satz umgewandelt worden sind, in eine unauffällige Folge aus Worten, aber das ist ja ganz unmöglich, habe ich einmal zu Raimund gesagt.

Uaargh!

 

Peter

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Respekt, Peter! Du hast offenbar bis zum bitteren Ende durchgehalten ;D

 

Die Autorin ist übrigens Absolventin des Leipziger Literaturinstituts.

Die Kritiker "bestaunen ihre poetologische Raffinesse und ihre feinnervige Sprache" (das war ein Zitat aus dem Perlentaucher).

Ich sag dazu nix.

 

Gruß

Jan

 

PS: Ich mußte unwillkürlich an Petras Buch denken (ähnliche Thematik). Klar ist das Genre ein anderes, aber das ist gekonnt, mit leichter Hand, leiser Ironie geschrieben, überascht mit beinah lyrischen Passagen  - was ist das (gegen diesen Text) doch für ein Lesevergnügen, und zwar eins mit literarischem Niveau.

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Liebe Leute,

eine Verlassensszene... und vorher all die fein säuberlichen Definitionversuche um Literatur und Genreschreiben etc. Ich kann jetzt nicht anders... ich muss da jetzt reinwirbeln...  :s18

Stelle mal eine Verlassenszene dagegen, Genre !, Unterhaltung, Massenproduktion.

Stimmen die Definitionen noch? :s22

Schöne Grüße,

Petra

 

------

Wann war seine Liebe zu mir gestorben? Vor etwa einem Jahr, meinte er an jenem schicksalhaften Abend, da habe er die Ursache für sein tiefes Unglücklichsein gefunden. Er sagte mir das nach Sonnenuntergang, die olivefarbenen Augen gesenkt und beschattet. An diesem blau gehimmeltem Sommerwochenende, als ich in Vorfreude auf ein inniges Gespräch abends den Tisch mit Kerzen und Blumen geschmückt hatte. Er sah beides nicht, aber mir haben sich blitzlichtartig unsinnige Bilder eingebrannt. Ich sah den Wein vor mir, irgendein Name mit „sanglier“ und ich war stolz, weil ich ihn zu niedrig ausgepreist erstanden hatte. An Jean kann ich mich nicht mehr erinnern. Wenn ich versuche, ihn vor mir zu sehen, brennt es mir schwarze Löcher in den Film.

 

Unser Gespräch begann damit, dass er mir erklärte, dass die Verkäuferinnen falsche Preisschilder auf den Wein klebten, den sie selbst kaufen wollten.

 

Ich liebe dich nicht mehr, sagt Jean leise. Ich wundere mich, dass ich trotz der Nacht die schwarzen Malven noch sehe, wundere mich, dass ich nach den Sternen schaue. Warum schaue ich nicht in seine Augen?!

 

Karen, das ist zu sehr wie bei Bruder und Schwester geworden, es prickelt nicht mehr ... Ich kann so nicht mehr weiterleben.

 

Halt, kann jemand diesen schlechten Film anhalten? Kenne ich das nicht irgendwoher? Ich selbst benutze diese Phrasen in meinen Scripts für Vorabendserien. Sie ermöglichen einen eingängigen und schnellen Liebestod bei knapper Sendelänge. Tief unten, in einer der letzten Gehirnschubladen aus der Studentenzeit, ist es ja auch vergraben: typisches Intro für plötzliches Verlassen. Es gibt mehrere Versionen. Allen gemeinsam ist, dass der Redner am liebsten schon weg wäre, sich aber noch einmal zu Menschenfreundlichkeit und Freundschaft hinreißen lässt. Empathie signalisiert, die so vertrocknet ist wie der Hochzeitsstrauß. Und das nach fünfzehn Jahren Ehe!

 

Ich weiß ja, wie weh ich dir tue. Der Redner will Mitgefühl bekunden, sagt aus, dass er sich diesen Schritt reiflich überlegt hat. Aber es ist eine Lüge. Wie weh es tut, weiß nur der, der es erleben, der es hören muss. Man absolviert eine lästige Rede, die man in Gedanken längst tausendfach herausgeschrien hat. Ich beobachte die Fledermäuse bei ihrem Flug. Achtzehn Jahre des Zusammenlebens, mit einem Handgriff vom Tisch gefegt.

 

Ich sei die wunderbarste, die innigste, die beste Freundin seines Lebens. Aber eben nicht mehr die Geliebte. Ich bewundere die Leuchtkraft der Immortellen im Dunkeln und die Mischung aus Samt und Tannin, mit der mir der Wein den Geschmack von verdorbenen Zähnen im trockenen Mund hinunterspült. Warum will ich nicht verstehen, warum ihn nicht ansehen? Als wir uns verzweifelt in den Armen liegen, weiß ich, warum ich bereits Blumen für das Grab unserer Ehe sammle. In seinen weinenden Augen liegt ein alter Tod. In seinen Augen triumphiert die Mutter. Gegen diese Tote, die längst ein ihr genehmeres Ebenbild nahen sieht, habe ich keine Chance. Die Andere ist längst da. Ich denke stattdessen an Wein, der zu billig verkauft wird, zur falschen Gelegenheit getrunken.

 

Ich will es genau wissen. Kann die Frage nicht aussprechen und setze immer wieder neu an. Nicht mehr damit leben zu können, bedeutet das jetzt ein Ende oder haben wir noch eine Chance? Mir ist kalt, ich habe zu viel getrunken, die Mückenstiche jucken, und die Sterne stören.

 

Ja, Karen, ich verlasse dich. So einfach, so knapp, so schnell kann ein Leben in den Abgrund stürzen. Aus einem „Ich liebe dich“ wird ein „Ich verlasse dich“. Bei Wein und leicht angebrannten Grillwürstchen. Und der Gnädigkeit der Erinnerung, die Lücken reißt und Wesentlichkeit verschiebt. Ich erinnere mich nicht mehr an die Berührung seiner Hand. Wie sich das Loch in der Tischdecke anfühlte, an dem mein Zeigefinger den halben Abend rieb, weiß ich dagegen genau.

 

Wir werden zu traurigen Kindern und klammern uns schluchzend an die Plüschreste unseres gemeinsamen Lebens. Ich bin pathetisch und friere.

 

Meine Geschwister haben es bemerkt, Freunde haben es bemerkt – ich hatte immer so traurige Augen, auch wenn ich lachte, erklärt Jean.

Ich überhöre den Vorwurf und begehe eine Unterlassungssünde. Ich sage ihm nicht, dass ich die Traurigkeit auch gesehen habe, aber anders interpretiere. Sein Unvermögen zu leben, schüre nicht ich. Ich sage es ihm nicht, weil ich den alten Tod in seinen Augen sehe, der nach mir einen neuen fordern wird, wenn er siegt. Sein Blick bohrt mir einen Eiszapfen zwischen die Brauen, und ich schütte ein Glas Wein in mich hinein, um den aufkommenden Winter in mir nicht zu spüren. Ich schmecke, dass ich langsam verfaule.

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

PS: Ich mußte unwillkürlich an Petras Buch denken (ähnliche Thematik).

Jan,

du hast inzwischen Unheimlichkeitsfaktor 8 auf der Dichterskala.

Gegruselte Gleichzeitigkeitsgrüße,

Petra

 

PS:

(Die zwei Punkte Nachlass bekommst du, weil ich mich nicht so loben würde :s18

 

PPS!: Der Gag ist natürlich jetzt weg  :

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

(Peter_Dobrovka)

Nun, die Ähnlichkeit zu Petras Buch liegt in der Natur der Sache. Ein erheblicher Anteil von Frauenromanen handelt nun mal von Trennungsschmerz innerhalb der erdrückenden Banalität des Alltags.

 

So an Handlung ist beim Belladonna-Buch ja oooch net viel, gelle?

 

Nur, wo die Autorin von Leipzig Einundleipzig sich in kryptischer Scheiße über Sätze und Kabelbündel ergeht, ist Petras Stil unterhaltsam und langweilt nicht.

 

Peter

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Ein erheblicher Anteil von Frauenromanen handelt nun mal von Trennungsschmerz innerhalb der erdrückenden Banalität des Alltags.

Erster Bruch obiger Schubladentheorien. Gegenwartsliteratur ja auch...?

 

So an Handlung ist beim Belladonna-Buch ja oooch net viel, gelle?

Zweiter Gegenbeweis. Nach obigen Theorien wäre es ja dann Literatur.

 

Genau deshalb hab ich das Beispiel gebracht... um die Schubladen durcheinanderzuschmeissen  :s22

 

Nur, wo die Autorin von Leipzig Einundleipzig sich in kryptischer Scheiße über Sätze und Kabelbündel ergeht, ist Petras Stil unterhaltsam und langweilt nicht.

Herzliches Merci  :s18 Was ein Punkt für die Schublade "Unterhaltungsroman" wäre ;-)

 

Schöne Grüße,

Petra

 

Peter

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Seufz.

 

"Hohe Literatur" ist so "hoch", weil sie kaum jemand (schreibend und lesend) erreicht; ich denke nicht, dass man irgendetwas beweist, wenn man irgendwelche Zitate aus irgendeinem Zusammenhang reißt oder sie auf "Eingängigkeit" prüft.

Eingängigkeit ist ein Kriterium, das bei der "leichten Literatur" ein "Muss" ist, aber bei der "Hohen" je nach Meinung des Autors vorhanden sein soll oder nicht.

 

Wie auch immer. Definitionsversuche sind an sich zum Scheitern verurteilt, weil es nur subjektive Maßstäbe gibt (wenn auch die sogenannte Unterhaltungsliteratur scheinbar auf eine bestimmte Geschmacksrichtung getrimmt wird).

 

Puh, ich trinke erst mal einen Kaffee, bin müde von der Arbeit und werde dann meinen LeCarré weiterlesen.

 

Grüße,

Ralph

 

Aber es ging ja auch eigentlich um "Gegenwartsliteratur", nicht um Hohe Literatur oder dergleichen ...

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Worauf beziehst du dich, Ralph?

Ich muß gestehen, daß mir der Zusammenhang entglitten ist.

 

Hallo Peter.

Er scheint eher mir entglitten zu sein, bin ein wenig fertig gerade-...

 

Ich meinte (wohl?), dass hier ja gerade auf den angeblichen Vorzeigebeispielen der "Gegenwartsliteratur" herumgehackt wird. Und ich schrieb die ganze Zeit zuvor eigentlich über "Hohe Literatur" und "Genreliteratur" (oder wie man es auch immer unterscheiden möchte).

Nun mag der Artikelschreiber der TAZ seine Beispiele für Hochliteratur halten und wir sie für Müll, weil wir sie als sperrig und langweilig empfinden.

Wenn die Texte dem TAZ-Schreiber gefallen, soll es so sein, ist ja alles mehr oder weniger subjektiv.

 

Irgendwo oben wurde allerdings diese Sperrigkeit als Zeichen dafür angführt, wie schlecht der Text ist. Und das halte ich für bedenklich. Nur weil ein Text für viele Menschen unlesbar ist, heißt das nicht, dass es an sich ein schlechter Text ist; nur dass er eben nicht für einen Massenmarkt geeignet ist.

Leider wird aber durch die Marktmechanismen häufig schon "Eingängigkeit" gefordert (je leichter zugänglich, desto mehr mögliche Leser, klar), aber ich halte das nicht gerade für ein positives Vorgehen. Da verkauft sich dann ein Dan Brown, der im Grunde ein Klischee an das nächste reiht und einen Stil hat (oder ist es der Übersetzer?), als habe er den Text mal eben nebenbei diktiert (und ich möchte nicht nur auf ihm herumhacken: Er schafft es eine ungeheure Spannung aufzubauen!) wie verrückt und ein Jan Kjaerstad z.B., der einfach nur grandiose Bücher schreibt (okay, mit einer Ausnahme), wird in Deutschland fast gar nicht wahrgenommen.

 

Genaugenommen habe ich im vorherigen Beitrag genau wie in diesem einfach laut vor mich hingedacht - zu mehr bin ich gerade nicht fähig. ;)

 

Grüße,

Ralph

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

(Peter_Dobrovka)

Nun ja, wir sind aber - wie ich nicht müde werde zu sagen - keine normalen Leser.

 

Gut, wenn mich etwas langweilt, dann kann es vielleicht noch jemanden geben, den es unterhält. Aber wenn ich offensichtlichen SCHWACHSINN lese, gerate ich gefährlich nahe in Versuchung, meine Meinung nicht mehr als "nur eine Meinung" anzusehen.

 

Peter

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Hallo zusammen, hallo Peter,

 

mal ganz vorsichtig formuliert gehe ich davon aus, ich bin ein normaler Leser. Trotzdem spricht mir Peter mit seiner Betrachtung über den offensichtlichen Schwachsinn aus der Seele, aus tiefster Seele sogar. Ich kann nicht verstehen warum geschwollene Schreibe hohe Literatur sein soll. Was ist eigentlich Literatur? Mit Gewalt qualvoll aneinandergereihte Worte in endlosen Sätzen, die keiner versteht. Hirnverrenkungen, die einem durch beständige Langeweile dem Tode näherbringen? Warum muß Literatur unfreiwillig komisch sein, aus aufgeblähten Sätzen bestehen, ein albernes Ding bedeutungstriefend über Seiten umschreiben, so daß man nach dem 47. Komma nimmer weiß, worum es geht. Oder ist es, weil wir stinknormalen Leser (ich) zu blöd sind, den rechten Raff zu kriegen?

 

Ich hab den folgenden Text gefunden und frage mich, ist das Literatur? Es geht ganz banal um Celeste, die offenbar Fernsehsüchtig ist und um Herrn Irgendwen, der aus unstillbarer Nikotinsucht heraus ganz dringend zum nächsten Automaten gehen will.

 

Celeste saß wie gebannt vor der Scheibe, die ein silbergrauer Kasten spartanisch einrahmt, metallen schimmernd, dennoch, ein Kasten, der einem bei näherem Betrachten ins Bewußtsein bringt, daß hier nur ein Stück verfestigtes Erdöl, sicher, kunstvoll in Form gebracht, silbern schimmernd durch versetzte Schwermetalle, den Raubbau an den letzten Ressourcen dieser Erde dokumentiert. Celeste saß da und starrte auf die Scheibe. Ich sagte Ihr, ich ginge jetzt fort und daß es etwas dauern könne, bis ich wieder nach Hause käme. Ich wollte nicht endlos debattieren über mein Unternehmen, nicht meine innersten Gelüste offenbaren, mein Laster aufs neue hinausposaunen, mich bloßstellen. Ich öffnete die Tür der Wohnung, trat hinaus auf den dunklen Flur. Ich tastete nach dem Schalter, der die trüben Funzeln im Treppenhaus einschaltend, sie ihr erbärmliches gelbes Licht verbreiten läßt. Ich dachte über Celeste nach, die wahrscheinlich gar nicht bemerkt hatte, daß ich fortgegangen war, die gemeinsame Wohnung verlassen hatte, in der wir erst seit drei Monaten versuchen ein gemeinsames Leben zu meistern, ohne wirklichen Erfolg, da sich schon am Beginn dieses Lebensabschnittes, Celestes ungereimte Sucht in unser zweisames Bemühen zwängte, täglich, stündlich, bei jeder Gelegenheit.

Endlich fand ich den Schalter, drückte ihn in unerklärlich stummem Zorn, tat es noch als das gelbe Licht bereits die Stiegen dumpf erhellte, so dumpf wie die Ahnungen in mir.

Die alte Holztreppe knarrte beim Hinuntergehen, und jedes Ächzen beförderte einen neue alte, unguten Erinnerung an die gedankliche Oberfläche. So konnte es nicht weitergehen, so durfte es nicht bleiben. Kurz vor der Haustür wollte ich umkehren, hinaufrennen, Celeste bei den Schultern packen, sie wachrütteln, sie wegreißen von dieser erbärmlichen Glasscheibe, die ihre Sinne allmählich zu trüben schien. Aber dann war da das unstillbare Verlangen in mir, das mich fortzog wie das Licht am Ende eines Tunnels...

 

Im Grunde ist das ganze Geschwafel in drei kurzen Sätzen abzuhandeln, oder?

 

Gähn,

 

Ulli :s14

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Hä-em...

 

Also, ich fand`s spannend. Ich möchte gern noch mehr über Celeste erfahren,

 

lieber Ulli!

 

Und von diesem silbergrauen Kasten.

 

Faszinierend kann für mich sein, wenn etwas Banales, etwas Alltägliches beschrieben wird, das man selbst zwar kennt, aber niemals für relevant hält. Plötzlich sieht man Farben, die der Filter vorher ausgespart hat.

 

Liebe Grüße,

 

Danielle

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

mal ganz vorsichtig formuliert gehe ich davon aus, ich bin ein normaler Leser. Trotzdem spricht mir Peter mit seiner Betrachtung über den offensichtlichen Schwachsinn aus der Seele, aus tiefster Seele sogar. Ich kann nicht verstehen warum geschwollene Schreibe hohe Literatur sein soll. Was ist eigentlich Literatur? Mit Gewalt qualvoll aneinandergereihte Worte in endlosen Sätzen, die keiner versteht. Hirnverrenkungen, die einem durch beständige Langeweile dem Tode näherbringen? Warum muß Literatur unfreiwillig komisch sein, aus aufgeblähten Sätzen bestehen, ein albernes Ding bedeutungstriefend über Seiten umschreiben, so daß man nach dem 47. Komma nimmer weiß, worum es geht. Oder ist es, weil wir stinknormalen Leser (ich) zu blöd sind, den rechten Raff zu kriegen?

 

Aber aber...

 

Was ich oben sagen wollte war ja eben das: Unlesbarkeit macht es noch nicht zur hohen Literatur. Egal.

Ich kann nicht verstehen, was an mittelmäßiger Schreibe interessant sein soll - oder an so einem Mist, wie ihn Dan Brown schreibt (stilistisch weit unter dem Mittelmaß, zumindest hoffe ich das für den Mittelmaß) oder McBain, von dem ich letztens versuchte, das neue Buch zu lesen - oder dieser idiotische Dämonen-Delany - um mal ein paar Bestseller-Autoren aus dem "Thriller"-Bereich zu nennen. Aber (!), bei dieser Art von Literatur geht es ja auch nicht um die Sprache.

 

Bei dem, was sich Gegenwartsliteratur schimpft, geht es, vermute ich, eher um Sprache, weil es um subjektiven Ausdruck geht: Die Sicht des Autors auf die Gegenwart oder einen Aspekt davon.

 

Was "offenkundiger Schwachsinn" ist (und dieser Satz ist vermutlich in Deinen Augen ein solcher, Peter), liegt ebenfalls im Auge des Betrachters. Ich vermute, dass der Autor der Sätze sie für sinnvoll hielt - und vielleicht auch noch weiterhin für sinnvoll hält.

Und klar, wir sind keine "normalen" Leser, aber wir sind Leser, die auch nur ihre selbster(oder ge-)fundenen Maßstäbe haben.

 

Im Grunde ist das ganze Geschwafel in drei kurzen Sätzen abzuhandeln, oder?

Ähm, ja. So wie fast jedes Buch. ;)

 

 

Okay, ich leg mich hin. Gute Nacht. ;)

 

Ralph

:s14

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Mir verursacht das alles ein Würgen im Hals.

 

Wie eingangs mit anderen Worten erwähnt, sehe ich den Artikel in der Taz als von jemandem geschrieben, der sich mit einem Achtelwissen aus der Verlagsszene profilieren möchte.

 

Obwohl ich manche Postings darauf in diesem Thread mit großem Respekt gelesen habe, macht ihr doch nichts anderes als der Schreiberling, der uns alle verärgert, wenn auch mit einem - vermuteten - Halbwissen.

 

Es wird eine Diskussion losgetreten, die so durchgekaut ist, dass sie längst hätte verdaut sein müssen, wenn es keine Wiederkäuer gebe: U- und E-Literatur ist für mich persönlich schon lange kein Thema mehr. Die Grenzen sind fließend, Genres werden gemischt, mit Stilrichtungen experimentiert. Wir haben in Deutschland so viele richtig gute Autoren, die unterhalten oder ihrer Unzufriedenheit mit der Welt Ausdruck geben (hey! was ist davon U was ist E? ;) )... sich drei davon herauszupicken und zu behaupten: nur die machen es richtig, das ist auf dummdreiste Art blasiert.

 

Anders als Andreas sehe ich es nicht so, dass der Kritiker selbst das Handwerk, das er unter die Lupe nimmt, beherrschen muss. Aber ein weiter Blick des Kritikers ist für mich unabdingbar, wenn ich über seine Stellungnahme nachdenke und selbst aufgrund seiner Einlassung Stellung beziehe.

 

Über den Taz-Kritiker habe ich nicht eine Sekunde lang nachgedacht.

 

Gruß,

 

Tin

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

(Peter_Dobrovka)

Der Celeste-Text ist nicht mein Ding, aber ich muß gestehen, er hat immerhin Atmosphäre. Ich sehe das trübgelb erleuchtete Treppenhaus richtig vor mir.

 

Nun sehe ich allerdings nicht, was das alles soll. Sie glotzt (ist es denn überhaupt ein Fernseher?), er geht Zigaretten holen. Er ärgert sich über etwas, aber es bleibt schwammig, worüber eigentlich - und sowas kann ich auf den Tod nicht ausstehen.

 

Der Stil ist in der Tat abscheulich redundant, und ich könnte ihn auf keinen Fall über einen ganzen Roman hinweg ertragen.

Einige Formulierungen sind auch gefährlich nahe an rhetorischem Unfug. Der stumme Zorn z.B. ist alles andere als "unerklärlich" und wird ja auch erklärt.

 

Die Sache mit dem Erdöl ist ein interessanter Aspekt, wirkt hier jedoch sonderbar fehl am Platze. Sowas sollte man schreiben, wenn es in den Textfluß paßt - hier paßt es nicht.

 

Ich vergewaltige diesen Text jetzt mal für Danielle und bin neugierig, ob sie es als Verbesserung oder Verschlechterung empfindet.

 

Peter

 

Celeste saß wie gebannt vor dem Fernseher. (((Ich dachte beim Anblick des Gehäuses daran, daß hier ein Stück verfestigtes Erdöl, kunstvoll in Form gebracht, silbern schimmernd durch versetzte Schwermetalle, den Raubbau an den letzten Ressourcen dieser Erde dokumentierte.)))

Ich sagte zu Ihr, ich ginge jetzt fort und daß es etwas dauern könne, bis ich wieder nach Hause käme. Ich hatte keine Lust, mein Laster immer aufs neue hinauszuposaunen. Im Treppenhaus tastete ich lange nach dem Lichtschalter.

Celeste hatte wahrscheinlich gar nicht bemerkt, daß ich fortgegangen war. Wir versuchten seit drei Monaten in der Wohnung ein gemeinsames Leben zu meistern, ohne wirklichen Erfolg.

Endlich fand ich den Schalter, drückte ihn in stummem Zorn, und tat es noch, als das erbärmlich schwache gelbe Licht bereits die Stiegen erhellte.

Die alte Holztreppe knarrte beim Hinuntergehen, und jedes Ächzen steigerte meine Wut. So konnte es nicht weitergehen, so durfte es nicht bleiben. Kurz vor der Haustür wollte ich umkehren, hinaufrennen, Celeste bei den Schultern packen, sie wachrütteln, sie wegreißen von dieser erbärmlichen Glasscheibe, die ihre Sinne allmählich trübte. Aber dann war da das unstillbare Verlangen in mir, das mich fortzog wie das Licht am Ende eines Tunnels...

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

...Dan Brown, der im Grunde ein Klischee an das nächste reiht und einen Stil hat (oder ist es der Übersetzer?), als habe er den Text mal eben nebenbei diktiert
Vorsicht, bitte! Es schimpft sich immer so leicht auf die Übersetzer, bzw wird es erst mal ihnen in die Schuhe geschoben, wenn's humpelt.... dabei leidet der Übersetzer am allermeisten, weil er es als erster merkt und sich damit abquält, aber er darf eben einem Autor nicht am Text rumpfuschen oder gar am Stil.

 

Zur Diskussion über diese Texte möchte ich eins zu bedenken geben (ist, glaube ich, nur mal ansatzweise angeklungen).

Diese Autoren haben gar nicht das breite Lese-Publikum im Blick (im Hinterkopf natürlich doch, weil sie hoffen, enthusiasmierte Kritiker entdecken in ihnen den neuen Grass oder so), sondern sie begreifen Literatur als Kunstform und versuchen, Kunst zu machen.

Ist aller Ehren wert und schwer genug.

 

Fatalerweise folgen sie dabei aber einer Mode der letzten Jahre (Jahrzehnte), die vielleicht sogar am DLL gelehrt wird.... sie haben alle diesen tristen, drögen, trüben, grauen Tonfall drauf, und die Texte, so kunstvoll sie gebaut sein mögen, triefen einfach vor Langeweile.

 

Ralph, du hast ganz recht - ein Text darf durchaus sperrig sein, sogar derart vertrackt, daß es Arbeit macht, sich damit auseinanderzusetzen - aber er darf nicht anöden oder langweilen.

Ich werf einfach mal Andreas Maier, Wäldchestag, in die Runde - ein Roman, durchgehend im Konjunktiv erzählt... und absolut nicht langweilig.

 

Gruß

Jan

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Es wird eine Diskussion losgetreten' date=' die so durchgekaut ist, dass sie längst hätte verdaut sein müssen, wenn es keine Wiederkäuer gebe: U- und E-Literatur ist für mich persönlich schon lange kein Thema mehr. Die Grenzen sind fließend, Genres werden gemischt, mit Stilrichtungen experimentiert. Wir haben in Deutschland so viele richtig gute Autoren, die unterhalten oder ihrer Unzufriedenheit mit der Welt Ausdruck geben (hey! was ist davon U was ist E?  ;) )... sich drei davon herauszupicken und zu behaupten: nur die machen es richtig, das ist auf dummdreiste Art blasiert. [/quote']

 

Hach Tin,

endlich sagt das mal jemand, danke. Das wollte ich zeigen...

Wir nehmen uns mit diesem Gartenzaun im Kopf ja nur die tollsten Möglichkeiten, die eigene Entfaltung...

Schöne Grüße,

Petra

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

(Peter_Dobrovka)

Mein Gartenzaun trennt sogar mehrere Felder. Wobei ich die einzelnen Gattungen nicht danach einordne, wie die Texte sind, sondern mit welcher Absicht sie geschrieben wurden.

 

U-Literatur: Zum Zwecke des Konsums geschrieben, um damit Geld zu machen oder einen Auftrag abzuarbeiten.

E-Literatur: Kolportage tiefgründiger Aussagen steht im Vordergrund.

S-Literatur: Der Autor schreibt sich was von der Seele. Mit der E-Literatur verwandt, aber ohne dessen intellektuellen Anspruch.

V-Literatur: Der Autor möchte etwas schaffen, das begeistert.

Q-Literatur: Der Autor schielt beim Schreiben des Textes auf Honorar, Veröffentlichung oder was auch immer, zu dem der Text nur Mittel zum Zweck ist.

X-Literatur: Experimentelle Texte.

 

Es wird sehr häufig vorkommen, daß man Mischformen erschafft. Sei es, weil von jeder Absicht ein bißchen drin ist, oder sich der Grund des Schreibens während des Schreibens ändert.

 

Die geläufigste Einordnung ist die in U und E, und auch wenn das in anderen Ländern nicht so sein sollte, in Deutschland ist diese Einordnung so real wie die Steuerklasse. Wohl dem, der beide Elemente in seinen Texten vorweisen kann, aber im Zweifelsfalle hat man, wenn er tiefere Sinn fehlt, nichts verloren, das man vermissen wird.

 

Die Germanisten, Literaturkritiker und Elfenbeinturmbewohner, welche unterhaltende Elemente als Disqualifikation betrachten, haben keine Bedeutung. Es sind epigonale Ausgeburten eines verstaubten Kuriositätenkabinetts, die gelegentlich selbst unterhaltsam sind (MRR) oder noch nicht einmal das.

 

Peter

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Ich glaube, in Deutschland sollte sich die Literaturkritik ein Beispiel an der Jugendliteratur nehmen. Die unterhaltsamsten Jugendbücher werden Klassiker, und Leser und Rezensenten sind sich einig: sie unterhalten unsere Kinder, sie schaden ihnen nicht, sie geben ihnen Anregungen zur Wertefindung und bereichern ihre sprachliche Bildung. Deswegen sind sie gut; ganz einfach.

 

Gruß,

 

Tin

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Vorsicht, bitte! Es schimpft sich immer so leicht auf die Übersetzer, bzw wird es erst mal ihnen in die Schuhe geschoben, wenn's humpelt.... dabei leidet der Übersetzer am allermeisten, weil er es als erster merkt und sich damit abquält, aber er darf eben einem Autor nicht am Text rumpfuschen oder gar am Stil.

Habe ja deshalb nur gefragt, ob es vielleicht am Übersetzer liegt und nicht behauptet, es sei so.

 

Ralph, du hast ganz recht - ein Text darf durchaus sperrig sein, sogar derart vertrackt, daß es Arbeit macht, sich damit auseinanderzusetzen - aber er darf nicht anöden oder langweilen.

 

Ja, aber das ist wieder subjektiv.

 

Wer sagte irgendwo zuvor, dass die ganze E und U Debatte so ausgelutscht ist? Tin? Stimmt. Aber irgendwie kommt man doch immer drauf, wenn man plötzlich sagt: Thomas Mann ist ein ganz großer Autor, Stephen King ist Schund. Und man dann antwortet: Aber Thomas Mann ödet mich nur an und gibt mir nichts, King hingegen bewegt mich.

Es heißt ja nicht, dass wir, die wir darüber Diskutieren auch danach leben, Petra. Der Gartenzaun ist längst nicht mehr da, zumindest bei mir, und ich denke bei den meisten anderen hier auch nicht. Aber dennoch kann man ja darüber reden, zumal "der Markt" ja leider diese verdammten Schubladen hat.

 

Was die Literaturkritik angeht. Also ich finde, die ist gar nicht mehr so "schlimm", wie wir hier tun. (Ich wundere mich in letzter Zeit schon ab und zu, dass im Feuilleton der Süddeutschen Musik besprochen wird, die ich höre und eigentlich teilweise für sehr "Underground" gehalten habe; ich werde alt ...)

Als Stephen King diesen amerikanischen Literaturpreis bekommen hat, dessen Namen mir gerade nicht einfällt, hat Harold Bloom in den USA ja den Untergang des Abendlandes ausgerufen. Hier hingegen war man relativ cool.

Schon 2001 gab es eine Rezension in der FAZ (!), die mich wirklich überraschte. Danke Perlentaucher kann ich zitieren:

 

"Der [King] schreibe nämlich "längst nicht so schlecht", wie seine Kritiker behaupteten. Im Gegenteil, King gehöre zu den "großen epischen Talenten seiner Generation"." Und Die Zeit schrieb sogar über den Anfang von Duddits:

"dass es ihn [den rezensenten] heiß und kalt erwischt, wenn King seine Figuren vorstellt (die Exposition) - das nun wieder nämlich sei schlicht "das Leben, Scheiße, ja", und gehöre "zum Besten, was amerikanische Autoren in der letzten Zeit geschrieben haben." "

 

Ich denke, dass das zeigt, dass die Literaturkritiker nicht allzu zugekleistert sind.

 

Dahingegen scheinen sie mir bei ihren Rezensionen zu Kjaerstadt völlig überfordert zu sein, was mich ein wenig ärgert.

 

Jetzt habe ich schon wieder soviel Zeugs geschrieben. Na ja.

Sorry ;)

 

Ralph

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Bitte melde Dich an, um einen Kommentar abzugeben

Du kannst nach der Anmeldung einen Kommentar hinterlassen



Jetzt anmelden


×
×
  • Neu erstellen...