Andreas Geschrieben 18. Juli 2005 Teilen Geschrieben 18. Juli 2005 Rhetorische Figuren sind besondere Formen des Ausdrucks. Dies ist eine Zusammenstellung der gängigen Figuren. Einen ausführlichen Artikel und weiterführende Informationen findet sich zum Beispiel in der Wikipedia – Rhetorische Figuren. Von dort stammt auch diese Liste. Adynaton Betonung durch Vergleich mit Unmöglichem Eher geht die Welt unter, als dass ... Akkumulation Anhäufung Feld, Wald und Wiesen Allegorie Verbildlichung, ausgeführte Metapher Auf dem Theater der Welt sind alle Menschen Spieler: mancher bekommt die Rolle eines Königs, mancher die eines Bettlers ... usw. Alliteration Stabreim (Anfangsbuchstabe wiederholt) Kind und Kegel Allusion Anspielung Sie wissen, was ich meine. Anadiplose Wiederholung eines satz/versschließenden Wortes am Beginn des nächsten Satzes/Verses (Schema: ... x / x ...) Mit dem Schiffe spielen Wind und Wellen, Wind und Wellen spielen nicht mit seinem Herzen. (Johann Wolfgang von Goethe) Anakoluth Satzbruch, Herausfallen aus der Bauart des Satzes Er sagte, dass das so ... Anapher Wiederholung am Satz/Versanfang (Schema: x ... / x ...) Ich fordere Moral. Ich fordere Verständnis. Anastrophe Umkehrung der geläufigen syntaktischen Wortstellung des Glaubens wegen Annominatio auf Ähnlichkeit zweier Wörter beruhendes Wortspiel Rheinstrom - Peinstrom Antithese Polarität (Gedanklicher Gegensatz) Er konnte alles, aber er konnte dies nicht Antonomasie Eigenname als Gattungsbegriff (oder umgekehrt) Herkules als Bezeichnung für einen starken Menschen, Kritikerpapst für Marcel Reich-Ranicki Aposiopese Gedankenabbruch, Verschweigen des Wichtigen Er kam, sah und ... Apostrophe Abwendung vom anwesenden Publikum, Anruf von visionären Gestalten Alter Freund! Immer getreuer Schlaf, fliehst du mich? Archaismus Veralteter sprachlicher Ausdruck Wams für Jacke; gülden für golden Assonanz Gleichlautung, Gleichklang Ottos mops trotzt (Ernst Jandl) Asyndeton Unverbundene Reihung gleichwertiger Elemente. Wasser, Feuer, Erde, Luft – ewig werden sie bestehen. Bathos Gegenüberstellung eines höheren Wertes mit einem niedrigeren Die Explosion zerstörte alle Häuser auf der anderen Straßenseite und meinen Briefkasten Brachylogie (griech.: Schnelle) Kürze Chiasmus Überkreuzstellung Ich bin groß, klein bist du Chiffre Zeichen, dessen Inhalt rätselhaft und letztlich nicht zu erfassen ist Erkanntes Leben Contradictio in adjecto (Spezialfall des Oxymoron) lat. Widerspruch in sich selbst fünfeckiger Kreis, unbefleckte Empfängnis, Ferienlektüre, geschliffener Rohdiamant, gerade Kurve Correctio (lat.) Verbesserung Es war ein Erfolg, was sage ich, ein Triumph. Ellipse Auslassung (von Satzteilen) Na und? / Wer? Ich! Aber auch: Ich kann dies, du nicht Emphase Nachdrückliche Hervorhebung eines Wortes zur Gefühlsverstärkung Menschen! Menschen! Falsche heuchlerische Krokodilsbrut! Enallage Verwechslung, Vertauschung Dunkel gingen sie durch die schweigende Nacht (Vergil) Enjambement Satzumbruch am Versende Die Wellen schaukeln Den lustigen Kahn (Heinrich Heine) Epanalepse Wiederholung eines Wortes/einer Wortgruppe Lass sausen durch den Hagedorn, lass sausen, Kind, lass sausen Epanodos Wiederholung von Worten in umgekehrter Reihenfolge Wer nicht kann, was er will, der wolle, was er kann. Epipher Wiederholung am Satz/Versende (Schema: ...x/ ...x) Ich fordere Moral, ich lebe Moral. Epiphrase syntaktisch scheinbar beendeter Satz erhält Nachtrag zur Abrundung Mein Retter seid ihr und mein Engel. Epitheton (ornans) stehendes Beiwort der listenreiche Odysseus Euphemismus beschönigende Umschreibung kräftig (anstelle von dick) Etymologische Figur (figura etymologica) Verb verbunden mit einem stammverwandten Substantiv einen Kampf kämpfen; eine Schlacht schlagen Exclamatio Ausruf Stirb! Geminatio Verdoppelung (Schema: ...x(,) x...) Diese, diese Unverschämtheit! Gleichnis (auch: Vergleich) Veranschaulichung Schlau wie ein Fuchs Hendiadyoin Verdopplung: zwei Wörter für eine Bedeutung nett und freundlich Homoioteleuton Endungsgleichheit, (End-)Reim Viel Rabatz in diesem Satz! Hypallage Verwechslung, Vertauschung Das blaue Lächeln seiner Augen Hyperbaton Abweichung, Sperrung, Umstellung "Hier", rief er, "bin ich". Hyperbel Übertreibung todmüde, fuchsteufelswild Hysteron-Proteron Nachholtechnik Pompeji ging unter, der Vesuv brach aus. Inversion Umkehrung der normalen Wortstellung im Satz "Ein Dieb ist er!" (anstelle von "Er ist ein Dieb!") Ironie Umkehrung Schöne Bescherung! Isolog Gedankenparallelität Katachrese (1.) Metapher/Metonymie als Ersatz für fehlendes Wort der Arm eines Flusses, eines Gerätes usw. Katachrese (2.) Bildbruch, Bildmissbrauch, Das schlägt dem Fass die Krone ins Gesicht Klimax Stufenweise Steigerung Sie arbeiten zehn, zwölf, ja vierzehn Stunden täglich am Erfolg... Konzinnität Klanglich-rythmische Ebenmäßigkeit, syntaktische Eleganz Kyklos Wiederholung des Satz/Versanfangs am Ende (Schema: x ... x) Entbehren sollst du, sollst entbehren. (Friedrich Schiller) Lithismus á la Gertrude Stein A rose is a rose is a rose. Litotes doppelte Verneinung nicht falsch für richtig Metapher Ersatz durch bildlichen Ausdruck Löwe für tapfere Kämpfer Metonymie übertragener Ersatz, eingebürgerte Wortersetzung Leder für Ball, Zaster für Geld Neologismus Wortneuschöpfung Riester-Rente Onomatopoesie Lautmalerei Quak! Kuckuck! Muh! Bumm! Peng! Zisch! Auch: Es knistert und knastert Oxymoron Innerer Widerspruch alter Knabe, weißer Rabe, schwarze Milch der Frühe (Paul Celan) Parabel Beispiel Ringparabel: Nathan der Weise (von Lessing) Paradoxon scheinbare Widersprüchlichkeit Geiz ist geil Parallelismus Gleichlauf Vogel fliegt, Fisch schwimmt, Mensch läuft. (Emil Zátopek) Paraphrase erklärende Umschreibung (als Zusatz) Fische, die stummen Meeresbewohner Parenthese Einschub Das ist - wie gesagt - unwichtig. Paronomasie (1.) Gleichgestaltigkeit Wer rastet, der rostet Paronomasie (2.) Spiel mit gleichlautenden Wörtern Lärche - Lerche Pars pro toto Spezialfall der Synekdoche: etwas wird durch einen Teil benannt Köpfe für Personen Personifikation Vermenschlichung eines Gegenstandes Der Krieg ist der Vater aller Dinge, Vorsicht ist die Mutter der Porzellankiste Periphrase Umschreibung eines Begriffs durch Einzelmerkmale Der den Tod auf Hiroschima warf Pleonasmus Hinzufügen eines Wortes, das schon im Substantiv enthalten ist, Sinnhäufung, doppelt gemoppelt weißer Schimmel, großer Riese, kleiner Zwerg Pointe Zuspitzung Polyptoton Wiederholung eines Wortes in verschiedenen Beugungsformen Aug um Auge Polysyndeton Mehrfach verbundene Reihung. Einigkeit und Recht und Freiheit (Französische Revolution) Praeteritio Vorgebliche(!) Übergehung/Auslassung Ganz zu schweigen davon, dass Caesar auch in Gallien ... Prolepsis Vorwegnahme Repetitio Wortwiederholung Bald da, bald dort Rhetorische Frage Frage, die keine Antwort erwartet Was ist schon normal?!, Seh ich so blöd aus?, Scheißt der Papst in den Wald?, Ist das Atomgewicht von Kobalt 58,9? Sustentio Überraschung Selbsterkenntnis ist der beste Weg zur Verstellung Symbol Feststehendes Bild, dass auf eine abstrakte Vorsellung verweist weiße Taube (Frieden) Symploke Verbindung von Anapher und Epipher Was ist der Toren höchstes Gut? Geld! Was verlockt selbst die Weisen? Geld! Synästhesie Verbindung von verschiedenen Sinneindrücken Das nasse Gras klang wie ein Liebeslied / süsser die Glocken nie klingen Synekdoche Ersetzung durch numerisch verwandten Begriff: Teil/Ganzes, Gattung/Art, Singular/Plural, früheres/späteres Dach für Haus, Kopf für Mensch, die Deutschen für viele Deutsche, usw. Synonym sinnverwandtes Wort leuchten für scheinen Tautologie Häufung, Wiederholung des Gesagten mit sinnverwandtem Wort in Reih und Glied; nackt und bloß; voll und ganz; DIN-Norm; LCD-Display Trikolon dreigliedriger Ausdruck veni, vidi, vici Variation Gleichklangs-/Wiederholungsvermeidung Vergleich Veranschaulichung stark wie ein Löwe, Augen wie ein Adler Wortspiel vgl. Annominatio und Paronomasie Jesuiter - Jesuwider Zeugma Verbindung nicht zusammengehöriger Satzglieder Er hob den Blick und ein Bein gen Himmel. Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
(Aneirin) Geschrieben 19. Juli 2005 Teilen Geschrieben 19. Juli 2005 Hallo Andreas, super Liste, danka dafür. Manches liest sich als wäre es direkt dem medizinischen Wörterbuch entsprungen, statt was mit Literatur zu tun zu haben Das Zeugma ist mir in humorvollen Texten besonders lieb. Grüße Aneirin Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
(Iris) Geschrieben 19. Juli 2005 Teilen Geschrieben 19. Juli 2005 Hallo, Aneirin! Manches liest sich als wäre es direkt dem medizinischen Wörterbuch entsprungen' date=' statt was mit Literatur zu tun zu haben [/quote'] Was schlichtweg daran liegt, daß Rhetorik schon von den ollen Griechen und Römern sehr analytisch und beschreibend behandelt wurde. Mir ist ja bewußt, daß heutzutage fast jeder denkt, der alte Krempel sei völlig überholt und wir wären heut viiiiiiiiiiiel klüger (har-har-har! ). Aber eine Auseinandersetzung mit antiker Rheotirik -- angefangen bei Aristoteles über Rhetorica ad Herennium und Cicero (de inventione, de oratore) bis hin zu Quintillian inkl. der Umsetzungen z.B. bei Isokrates, Demosthenes, Cicero (gibt 's alles auf Deutsch!) ist äußerst lehrreich darüber, wie man durch den bewußten Gebrauch von Sprache und Stil Emotionen manipulieren kann. Und was anderes machen wir Autoren auch nicht. Fröhliche Grüße, Iris Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
(Aneirin) Geschrieben 19. Juli 2005 Teilen Geschrieben 19. Juli 2005 Hallo Iris, ich erinnere mich, dass wir einige dieser Figuren im Lateinunterricht gelernt haben. Einige davon nutzt man sicherlich unbewusst und ohne Kenntnis des "medizinischen" Namens. Aber es schadet natürlich nie, sich bewusst zu machen, was das eigentlich ist, wo das herkommt. Grüße Aneirin Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
(Petra) Geschrieben 19. Juli 2005 Teilen Geschrieben 19. Juli 2005 Iris, ich muss schon wieder eins deiner Postings unterschreiben! Ich hab mich immer gewundert, warum ich das oder das sprachlich anwende, ganz selbstverständlich, ohne nachzudenken. Durch Andreas' Posting wurde mir bewusst: Das waren 13 lange Jahre Drill in Latein und Altgriechisch... ich würde mal sagen, das baut einem wirklich die Sprache um, im positiven Sinne. Wer die Möglichkeit hat, in der Schule Latein zu lernen, nur zu! Es erleichtert nicht nur das Sprachenlernen, sondern schult auch Logik und Analyse. Ave, Petra Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
(Anna) Geschrieben 19. Juli 2005 Teilen Geschrieben 19. Juli 2005 angefangen bei Aristoteles über Rhetorica ad Herennium und Cicero (de inventione, de oratore) bis hin zu Quintillian inkl. der Umsetzungen z.B. bei Isokrates, Demosthenes, Cicero (gibt 's alles auf Deutsch!) ist äußerst lehrreich darüber, wie man durch den bewußten Gebrauch von Sprache und Stil Emotionen manipulieren kann. Hallo Iris, welcher Autor und welches der Bücher ist denn am ehesten zu empfehlen? Mir gehts um besagte Manipulation der Emotionen. Wir haben damals nur antike Philosophie gelesen, dabei wäre die Rhetorik viel praxisnäher gewesen. Humanistische Grüße Anna Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
(Iris) Geschrieben 19. Juli 2005 Teilen Geschrieben 19. Juli 2005 Halo, Anna! welcher Autor und welches der Bücher ist denn am ehesten zu empfehlen? Mir gehts um besagte Manipulation der Emotionen. Da empfiehlt sich einerseits die Kombination aus Ethik, Rhetorik und Poetik bei Aristoteles (v.a. die Nikomachische Ethik wegen der Theorien zu Lust und Freundschaft); das baut aufeinander auf. Wenn man die beiden großen rhetorischen Schriften von Cicero nimmt und als Beispiele dazu seine Reden anschaut (immer mit Rücksicht auf die jeweilige Vortrags- und Publikumssituation), hat man auch einen brauchbaren Überblick. Bis in die Zeit des Barock galt Dichtung ja als eine rhetorische Kunstfertigkeit -- dann kam die Genieästhetik, an der wir heute noch knabbern. Natürlich braucht es Begabung, aber ebensowenig wie ein Künstler nur Handwerker ist, ist er niemals nur Instrument der Inspiration. Wir haben damals nur antike Philosophie gelesen, dabei wäre die Rhetorik viel praxisnäher gewesen. Allerdings bietet die Philosophie eine profunde Grundlage -- so hat alles sein Gutes. Fröhliche Grüße, Iris Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
(Anna) Geschrieben 19. Juli 2005 Teilen Geschrieben 19. Juli 2005 Also doch wieder mal Cicero Iris, weil Du gerade das Barock erwähnst: Ich habe vor einiger Zeit mal angefangen, Barocklyrik zu lesen (durch die Prosatexte kommt man ja umfangbedingt kaum durch, habe mich aber mal durch den Simplicissimus gearbeitet). Bei besagter Lyrik gibt es einige sehr schöne Werke. Liebe Grüße Anna Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
(Huutini) Geschrieben 19. Juli 2005 Teilen Geschrieben 19. Juli 2005 Ja, ja, als Germanist finde ich die Liste natürlich auch äußerst praktisch! Allerdings frage ich mich, ob sie in einem Autorenforum wirklich hilft?! Mal im Ernst, wer von uns schreibt denn in Kapitel sechs, Absatz vier ganz bewusst eine Repetitio? Sicher, manche der Dinge, wie pars pro toto, Oxymoron o.ä. sind Mittel, die mittlerweile in den Sprachgebrauch eingegangen sind, und bewusst oder halbbewusst angewandt werden. Auch sollte jeder Autor bewusst darauf achten, Tautologien zu vermeiden, und Metaphern bewusst und klug zu setzen und auch Neologismen über Bild-Niveau (Kennt jemand die neue Plakatkampagne des Blattes?) sind manchmal schön geplant! (Wer hatte hier was von Bergschrunden geschrieben? ) Doch größtenteils sind das alles doch eher Werkzeuge des Literaturanalytikers, als des Autoren... Ich sehe viel mehr die Gefahr, dass manch unerfahrener Autor jetzt vor seinem Text sitzt, und verzweifelt versucht, irgendwo noch eine Inversion einzubauen, weil die ihm noch fehlt und er doch literarisch wirken will! Aber wie gesagt, für mein nächstes Analyseseminar ist die Liste Gold wert! Wobei ich das Paradoxon nicht als 'scheinbaren' Widerspruch einordnen möchte, und 'Geiz ist geil' hier denkbar ungünstig erscheint. Paradoxa sind tatsächliche Widersprüche, und die Übergänge zum Oxymoron fließend. Viel eher sehe ich den Widerspruch beim Oxymoron lediglich scheinbar, denn Milch zu schwärzen, oder einen Raben zu bleichen ist durchaus Denkbar. Ein unendlich weit entferntes Gebäude ganz in der Nähe wäre hingegen ein waschechtes Paradoxon... Naja, ist halt Diskussionssache! Übergeistigte Grüße, Marco! Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
(Iris) Geschrieben 21. Juli 2005 Teilen Geschrieben 21. Juli 2005 Marco, du http://www.my-smileys.de/smileys2/spassbremse.gif!!! Fröhliche Grüße, Iris Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...