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(ChristophL)

Chuck Palahniuk: Survivor

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Tender Branson sitzt alleine in einem Flugzeug hoch über Australien. Die Passagiere sind beim letzten Zwischenstop ausgestiegen, der Pilot ist mit dem Fallschirm abgesprungen, nachdem er den Autopilot aktiviert hat, der Treibstoff geht zur Neige, bald wird die Maschine abstürzen. Branson bleiben nur noch wenige Stunden, um seine Lebensgeschichte zu erzählen. Er erzählt sie der Black Box.

 

Branson ist das letzte lebende Mitglied einer Weltuntergangssekte, die kollektiv Selbstmord begangen hat. Er arbeitet als Hausdiener für reiche Leute und betreibt nachts eine seltsame Variante von Telefonseelsorge. Eines Tages lernt er die Schwester eines Anrufers kennen, den er dem Anschein nach in den Selbstmord getrieben hat: Fertility, die wie ihr toter Bruder von Wahrträumen heimgesucht wird. Branson verliebt sich in sie und beschließt daraufhin, sein Leben zu ändern. Es gelingt ihm, doch nicht so, wie er es sich gedacht hat. Er wird zum Guru und Fernsehprediger einer obskuren neuen Kirche, fortan bestimmen sein Agent und Manager, sein Verleger und eine Heerschar Fitnesstrainer sein Dasein. Außerdem ist da noch sein totgeglaubter Bruder, der ihm offenbar nach dem Leben trachtet ...

 

Chuck Palahniuk erzählt von kaputten Charakteren, die sich in Leichenschauhäusern und auf Deponien für gebrauchte Pornoartikel begegnen. Die kurzen Kapitel sind voller grotesker Details und Reflexionen über Sex, Religion, Fitness und Putzmittel. Doch eigentlich handelt die Geschichte von der Banalität unserer Zeit, von Langeweile, Todessehnsucht und der Gleichschaltung unserer Gehirne durch die Massenkultur. Das ist nicht immer leicht zu lesen, manchmal schwer erträglich und abstoßend - und gleichzeitig genial und unheimlich witzig.

 

Für alle Fans von Fightclub und Bret Easton Ellis: unbedingt lesen!

 

Christoph

 

PS: "Survivor" ist der Originaltitel. In Deutschland ist das Buch bei Goldmann erschienen und heißt "Flug 2039" (Link ungültig) (Link ungültig).

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Die Vorstellung überzeugt mich r e s t l o s, hab' das Buch gerade bestellt, die Handlung ist einfach zu abgedreht.

 

Übrigens gerade ist das neue Buch von Chuck Palahniuk erschienen, mit dem Titel "Snuff" und darum geht es (Mitglieder unter 18 bitte wegklicken!):

 

Auf einem Filmset sind 600 Männer und eine Frau zu einem ganz besonderen Ereignis zusammengekommen: In einem Snuff-Video der Extraklasse soll die alternde Pornolegende Cassie Wright von 600 Männern genommen und so ein neuer Weltrekord im Gruppensex aufgestellt werden. Allerdings wird Cassie diesen Dreh wohl kaum überleben, und das ganze Set rätselt, warum sie ihren Tod durch eine vaginale Embolie in Kauf nimmt. Keiner ahnt, dass zwei der anwesenden Männer nicht nur zum Gang-Bang-Weltrekord, sondern auch zur Lösung dieses Rätsels beitragen werden: Mann Nr. 600, ein Pornoveteran, der immer nur Cassie liebte. Und Mann Nr. 72, ein romantischer Jüngling, der mit Rosen am Set erschienen ist. Nicht zu vergessen Sheila, das Mädchen mit der Stoppuhr, das Cassie verdächtig ähnlich sieht.

 

Herzlichst

jueb

"Dem von zwei Künstlern geschaffenen Werk wohnt ein Prinzip der Täuschung und Simulation inne."  

AT "Aus Liebe Stahl. Eine Künstlerehe."

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Chuck Palahniuk kann ich auch ansonsten rückhaltlos empfehlen, wobei meine Favoriten aber "Lullaby" und "Fight Club" sind - während "Haunted" als Roman eher mau ist, aber teilweise starke Kurzgeschichten bietet.

 

Beste Grüße, Ole

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Die Vorstellung überzeugt mich r e s t l o s' date=' hab' das Buch gerade bestellt, die Handlung ist einfach zu abgedreht.[/quote']

 

Das freut mich. Ich bin gespannt auf deine Eindrücke.

 

Liebe Grüße,

Christoph

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also...

nach gut 100 Seiten komme ich mit diesem Buch nicht mehr recht weiter. Warum ist das so?

 

Christoph hat den Inhalt oder besser wohl die Aussage des Buches, wie ich finde, sehr gut auf den Punkt gebracht.

 

Doch mir scheint, dass "Survivor" nach einiger Zeit auf der Stelle tritt, die immer gleiche Lebenshaltung/Message wird in immer denselben, bzw. leicht variierten, knalligen, natürlich amüsant zu lesenden Bonmots verpackt. Ich fand das anfänglich ansteckend und die Sogwirkung überzeugend, doch nach einiger Zeit habe ich dann doch die Erwartung von Tiefe, Tiefe für die Figuren oder auch mehr Tiefe, was die Analyse gesellschaftlicher Zusammenhänge betrifft, doch da kommt nichts. Ich fühle mich ein wenig spektakulär angefüttert, aber dann doch ein wenig hungernd zurück gelassen. Auch deshalb, weil andererseits selbst die Handlung mich nach einiger Zeit nicht mehr so in Spannung versetzt.

 

Im Gegensatz zu Christoph finde ich das Buch sehr leicht zu lesen. Vielleicht zu leicht. Die kurzen Kapitel sind nach dem immer selben Schema aufgebaut. Die Handlung wird stetig umrankt von einzelnen eingängigen bildlichen Leitmotiven. Oft stehen einzelne Bonmots des schwarzen Humors für sich, dann kommt schon ein neuer Absatz, die Sätze sind kurz. Zuerst war ich schwer beeindruckt von diesem Stil, mittlerweile empfinde ich ihn ein bisschen, wie einen cleveren Fastfoodstil, stets die schnelle, leicht konsumierbare Pointe im Blick.

 

"American Psycho" von Bret Easton Ellis hat ein ähnliches Thema gewählt und einen vergleichbar pathologischen Helden und das Buch ist für mich viel überzeugender. Es berührt mich auch mehr.

 

Lust, weiter über das Buch zu diskutieren? Ich selbst werde mit Sicherheit noch etwas anderes von Palahniuk lesen - vielleicht "Fight Club", um mein Urteil zu überprüfen.

 

Herzlichst

jueb

"Dem von zwei Künstlern geschaffenen Werk wohnt ein Prinzip der Täuschung und Simulation inne."  

AT "Aus Liebe Stahl. Eine Künstlerehe."

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Lieber jueb,

 

danke für deine Eindrücke zu "Survivor".

 

Als ich schrieb, es sei nicht leicht zu lesen, meinte ich damit, die Geschichte und der darin enthaltene Zynismus seien an manchen Stellen nicht leicht zu ertragen. Du hast natürlich recht: Mit den kurzen, schematisch aufgebauten Kapitel erreicht Palahniuk eine hohe Lesbarkeit und Verständlichkeit.

 

Vielleicht liest du ja noch weiter? Der Stil bleibt zwar bis zum Ende ähnlich, aber der Plot schlägt noch einige interessante Kapriolen.

 

Liebe Grüße,

Christoph

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Ich hab das als "Flug 2039" gelesen und selten ging ein Buch für mich so in den Sturzflug, wie das hier. Das erste Drittel ist fantastisch. Diese Hausarbeit, der Haussklave, die Selbstmordhotline, das Lakonische der Sprache, die tote Sozialarbeiterin, die absurde Romanze. Alles so richtig schön kaputt.

Und danach geht der Roman furchtbar schief, finde ich. Die Messiaswerdung durch die bigotte US-Industrie, der Agent als Sinnbild des demagagoischen Kapitalismus - das hat mich gelangweilt. Wie "Land of Confusion" von Genesis in der Endlosschleife - der stromlinienförmige Fittness-Guru als Heilsbringer, der nebenbei mit der Entsorgung von Porno-Materialien die dicke Kohle macht -, da kam für mich nichts Neues mehr hinzu als eine zahnlose Gesellschaftskritik, die furchtbar auf der Stelle tritt. Der Autor häuft sehr ähnliche Ideen zu einer großen Pyramide auf.

Und die Sprache nutzt sich dann auch ab, leider. Es sind die immer gleichen Tricks, das ewige Draufbleiben auf den Bildern, die Akummulation der Details, das neurotische Name-Dropping, die Variation der Ideen, die dann nicht mehr zieht.

Ja, sie reisen als blinde Passagiere in Doppelhaushälften durch Amerika, die nie lebensfähig sind, sondern es fehlt immer ein Bad oder die Küche. Tolle Ideen, mal für eine Szene, aber damit dann 20 zu füllen, in denen sonst nichts passiert. Args, das hat mich dann wirklich gestört. Auch die Romanze verliert völlig an Tiefe, so dass die Kassandra ihm schlußendlich gesagt: "Ich liebe dich so, weil wir sonst alle gleich sind, wir sind alle mit dem Disney-Club aufgewachsen und haben dieselbe Musik gehört, nur du bist anders." Ja ... man kriegt's wirklich mit. Man kriegt den ganzen Roman so penetrant mit, dass es für mich den Reiz verloren hat. Bigotterie - zu dick aufs Butterbrot geschmiert. Zu plakativ gezeigt, was in der heutigen Wegwerfgesellschaft so alles schief geht. Und darüber ein wenig das Erzählen vergessen.

 

Aber die ersten 100 Seiten, bis er zum Messias wird - ein tolles Buch, danach Sturzflug für mich. Ich hatte beim Lesen das Gefühl, er hatte Stoff für eine Novelle, aber der Verlag brauchte halt noch Seiten für einen Roman.

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Hallo lieber Peter, lieber Christoph,

 

interessant euere postings..!

ich werde in jedem Fall weiter lesen, bin irgendwie mit dem Buch noch nicht fertig ;)

 

Herzlichst

jueb

"Dem von zwei Künstlern geschaffenen Werk wohnt ein Prinzip der Täuschung und Simulation inne."  

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